Gleichstellungsantrag (Gleichstellung)

Theo @, Monday, 30.05.2005, 12:29 (vor 6907 Tagen)

Guten Tag,

Folgendes.

Zum erstenmal erhielt ich in diesem Frühjar eine Kur wegen beidseitiger Kniegelenksarthrose.
Während dieser Kur hörte ich zum erstenmal von einer oder einem Gleichstellungsantrag.

Ich bin jetzt 44 Jahre und wurde bereits als 19 Jähriger von der Bundeswehr wegen dieser Krankheit entlassen.

Bereits vor 25 Jahren wurden beide Knie an den Innenmenisken operiert und auf anraten meines Artztes ein Antag auf Körperbehinderung gestellt.

Bereits vor einigen Jahren wurde der anfängliche Bescheid von 30 auf 40 % erhöht.

Da sich die Sache mit der Arthrose nun mal nicht verbessert und sich wohl eher weiter verschlimmert denkt mein AG wohl über eine Kündigung nach. Das hat mir der Betriebsrat mal gesteckt.


Er denkt wohl, Besser und billiger jetzt als später.

Deshalb habe ich vorsorglich einmal diesen Antrag gestellt.


Mich würde aber mal interessieren wer über diese Gleichstellung entscheidet und nach welchen Kriterien. ( Aus dem Antragsformular geht ja nicht so sehr viel hervor )

Wie werden solche Anträge entschieden>


Vielen Dank,
Theo

Gleichstellungsantrag

Theo, Monday, 30.05.2005, 12:33 (vor 6907 Tagen) @ Theo

Ach ja, bevor ich es vergesse.

Ich habe vor diesem Posting schon ein bischen geblättert und gelesen.
Klasse das es so etwas wie diese Seite gibt.

Mein Vater als Arm und Beinamputierter Schwerkriegsbeschädigter erfuhr oft nur durch Zufall von anderen Kameraden das man das eine oder andere hätte bekommen können.

Ich habe in den letzten Tagen durch lesen hier schon mehr erfahren als er in den ganzen Jahren.:-)


Theo

Gleichstellungsantrag

hackenberger, Monday, 30.05.2005, 14:39 (vor 6907 Tagen) @ Theo

Hallo Theo,

also der Reihen nach:

Über den Antrag auf Gleichstellung entscheidet die Agentur für Arbeit (http://www.arbeitsagentur.de/vam/vamController/CMSConversation/ anzeigeContent>docId=16333&rqc=2&ls=false&ut=0)

Gleichgestellt werden kann ein Behinderter mit einem GDB von mind. 30 aber weniger wie 50, sofern auf Grund seiner Behinderung die Beschäftigung gefährt ist oder er diese Gleichstellung zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnis benötigt. Dieses könnte z.B. zutreffen, wenn ein AG einen besonderen Arbeistplatz für Schwerbehinderte hat und diesen gerne auch mit einem Schwerbehinderten besetzen möchte und hierfür besondere Fördermittel der Agentur für Arbeit oder aus der Ausgleichsabgabe in Anspruch nehmen möchte.

Also das Beschäftigungsverhältnis muss aus Gründen welche in der behinderung liegen gefährdet sein. Dieses sollte der AG auch so bestätigen oder aber der Betroffene, der BR und die SchwbV können dieses nachvollziehbar begründen.

In der Regel wird diese Gefährdung u.a. unterstellt, sofern in den letzten 12 Monaten mehr wie 20 behindertenbedingte Krankenfehltage vorliegen. Man kann möglicher Weise ein Gleichstellung auch mit dem Bezug auf den § 81 (4) SGB IX begründen, wenn hier für besondere Gründe in der Behinderung liegen und diese bevorzugte Berücksichtigung aus Gründen der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnis notwendig ist.

Eine Gefährdung des Beschäftigungsverhältnissesnur, sofern die Gefährdung nicht behindertenbedingt ist zählt nicht. Also ein AG möchte einen Bereich schließen und dort sind 10 AN beschäftigt und 1 AN ist behindert. Aus diesem Grund alleine gibt es keine Gleichstellung.

Ich würde Dir aber auch mal raten, überlege ob ein Antrag auf Neufestsetzung der Behinderung (wegen Verschlimmerung des Leidens) zu stellen. Du kommst ggf. auf einen GDB von 50 und wärst somit Schwerbehindert. Hier wäre dann aber auch zu überlegen, ob ggf. weitere bisher nicht zur Anerkennung gebrachte gesundheitliche Beeinträchtigungen gegeben sind.

Also beide Anträge parallel stellen. In diesem Falle sollte man der Agentur für Arbeit nur mitteilen, dass ein weiteres laufendes Verfahren anhängig ist. Diese stellen dann ggf. ihre Entscheidung so lange zurück, bis über den andern Antrag entschieden ist.

Sollte dem Antrag auf Gleichstellung dann später stattgegeben werden, so hat man nichts verloren, da die Gleichstellung und somit der besondere Kündigungsschutz immer ab Antragstellung gewährt wird.

Ganz wichtig ist aber abschließend: Auch Schwerbehinderte können gekündigt werden, sie sind nicht unkündbar. Dewr AG hat nur eine weitere möglicher Weise schwierigere Hürde zu nehmen.:-(

Gleichstellungsantrag

Jörn, Monday, 30.05.2005, 19:54 (vor 6907 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

ich habe mal auf ein Seminar gelehrt das BR, SBV und weiter Personen, die einen erweiterten Kündigungsschutz haben, nicht gleichgestellt werden können. Stimmt das eigentlich>
Und wie sieht das mit den unetr 25 jährigen aus. Werden die nciht automatisch gleichgestellt>

Jörn

Gleichstellungsantrag

hackenberger, Tuesday, 31.05.2005, 13:26 (vor 6906 Tagen) @ Jörn

Hallo Jörn,

ja bei Personen mit einem besonderen Kündigungsschutz kann es sein, dass man sich schwer tut. Denn der Hauptgrund der Gleichstellung ist ja der Erhalt des Arbeitsplatzes. Hier muss man dann zum einen gut argumetiren (z.B. auch mit dem § 81 SGB IX aber auch § 84 (1) und selbstverständlich wenn man eine Integrationsvereinbarung gem. § 83 hat mit den sich hieraus ergebenen besonderheiten. Weiter ist ja ein besonderer Kündigungsschutz in Folge eines Mandates zeitlich auf die Mandatszeit begrenzt. Ich habe auch schon die Gleichstellung eines BR-Mitgliedes erreicht. Also auch Beamte (sind ja unkündbar können und werden gleichgestellt.

Gleichgestellte haben ja außer den Nachtteilsausgleichen Anspruch auf alle Regelungen des SGB IX. Man muss nur immer wieder darlegen, wieso die Gleichstellung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnis notwendig ist.

Es ist nicht unmöglich nur ggf. schwieriger. Als Argumente finden und vortragen.

Wegen der zweiten Frage:

Es gibt die Möglichkeit der Gleichstellung behinderter junger Menschen während der Berufsausbildung seit dem 01.05.2004. Hier ein Auszug aus dem knittelkommentar, diesen oder andere gleichwertige Kommentare sind alle SchwbV nur zu empfehlen, also gleich bestellen. Der AG muss die Kosten tragen, da für die Mandatsarbeit unbedingt notwendig.

Kommentar: Die mit Wirkung vom 1. 5. 2004 eingeführte Neuregelung ermöglicht, behinderte Jugendliche und junge Erwachsene während einer Berufsausbildung im Betrieb oder einer Dienststelle schwerbehinderten Menschen gleichzustellen. Für den Begriff der „Berufsaubildung“ sind die Definitionen der §§ 1 und 3 BBiG maßgebend. Auszubildender ist, wer aufgrund eines Ausbildungsvertrages vom Ausbildenden zu seiner Berufsausbildung eingestellt und beschäftigt wird. Hingegen gehören hierzu nicht Personen, die zu ihrer „beruflichen Bildung“ i. S. v. § 19 BBiG beschäftigt werden, also insbesondere Umschüler oder Volontäre. Praktikanten werden regelmäßig nicht zur beruflichen Bildung beschäftigt, sofern nicht die Beschäftigung ausdrücklich als Ausbildungsverhältnis ausgestaltet ist (vgl. hierzu auch Rdnr. 8 zu § 73 SGB IX). 55 Die hierdurch begünstigten jungen Menschen erwerben allerdings nicht die Rechtsstellung eines nach § 68 Abs. 2 SGB IX Gleichgestellten. Vielmehr dient diese spezielle Gleichstellung nur als Grundlage dafür, dass Integrationsämter Prämien und Zuschüsse zu den Kosten der Berufsausbildung behinderter Jugendlicher und junger Volljähriger in Betrieben nicht beschäftigungspflichtiger Arbeitgeber zahlen können. Die Rechtsgrundlage hierfür wurde ebenfalls mit Wirkung vom 1. 5.2004 durch Neufassung des § 102 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2c SGB IX geschaffen. 56
Liegt bereits ein Bescheid über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vor, dient dieser als Nachweis der Behinderung. Andernfalls ist eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit beizubringen.

Gleichstellungsantrag

Theo, Tuesday, 07.06.2005, 11:34 (vor 6899 Tagen) @ hackenberger

Vielen Dank für diese Ausführliche Antwort !!

Wie sieht denn so eine Befragung aus, und kann die denn auch negativ beeinflusst werden >


Bzw. was sollte drin stehen >


Danke,

Theo

Gleichstellungsantrag

hackenberger, Tuesday, 07.06.2005, 14:31 (vor 6899 Tagen) @ Theo

Hallo Theo,

ich bin etwas unsicher was Du nun noch für Fragen hast. Die SchwbV und auch der BR sollten nachvollziebare Gründe bringen, welche sich auf das aktuelle/betroffene Arbeitsverhältnis, die Person und die Behinderung beziehen und die sich hieraus ergebene Gefährdung des Beschäftigungsverhältnis.

Ich mache in meinem Betrieb die Stellungnahme sowohl für den AG, den BR und die SchwbV. So habe ich auch stets eine abgestimmte Sache und die anderen sind froh, dass sie keine Arbeit außer einer Unterschrift haben.

Es gibt hier aus den o.a. Gründen keine Pauschalaussage, denn jeder Fall ist in der Regel anders.

Gleichstellungsantrag

Theo, Tuesday, 07.06.2005, 15:37 (vor 6899 Tagen) @ hackenberger

» Hallo Theo,
»
» ich bin etwas unsicher was Du nun noch für Fragen hast. Die SchwbV und
» auch der BR sollten nachvollziebare Gründe bringen,


Hallo Bernhard,

entschuldige bitte die "komischen" Fragen .
Ich selbst kenne mich da ja nicht aus und eine SchwbV hat unsere Firma nicht.

Also weder die Geschäftsleitung noch der Betriebsrat hat jemals so einen Fragebogen gesehen und ist dann damit mit der Fragestellung in dem Bogen überfordert.


Der Betriebsrat fragte mich nämlich heute was er da reinschreiben müsse ....hmm..ich weiß ja nicht mal was gefragt worden ist in dem Fragebogen.


Darauf hin sagte er mir als Beispiel,,,,ob mein Arbeitsplatz Behindertengerecht gestaltet wäre.


Ich kann denen keinen Vorwurf machen , aber die sehen so ein Blatt zu ersten Mal und wissen nicht was sie schreiben sollen, so daß ich mir denke das sie vielleicht aus Unwisssenheit auch was falsches reinschreiben können weil sie den Sinn der gestellten Fragen vielleicht nicht verstanden haben.


Es ist so daß ich mit beidseitiger Kniegelenksarthrose einen Arbeitsplatz mit wechselnden Tätigkeiten wie gehen, sitzen und auch stehen benötige.

So einen Arbeitsplatz habe ich ja auch. Ich brauche keinen Z.B. extra hohen Schreibtisch oder irgendwelche Spezialmöbel.

Ist deshalb mein Arbeitsplatz nicht Behindertengerecht >

Vielleicht denken wir einfach nur zu kompliziert , bzw. habe auch ich keine Erfahrung mit der Fragestellung.


Viele Grüße,

Theo

Gleichstellungsantrag

hackenberger, Tuesday, 07.06.2005, 15:53 (vor 6899 Tagen) @ Theo

Hallo Theo,

so wie Du es schreibst gehe ich davon aus, dass dein Arbeitsplatz behindertengerecht ist. Denn wenn Du mit deiner Behinderung ohne Probleme an deinem Arbeitsplatz arbeiten kannst, kann man davon ausgehen, dass er behindertengerecht ist. Ob möglicher weise noch etas verbessert werden kann, könnte euch z.B. der technische Berater des Intergrationsamtes sagen. Einfach diesen mal ansprechen und einbestellen.

So, Sinn der Gleichstellung ist ja ein gefährdetes Arbeitsverhältnis sicherer zu machen. Die absolute Sicherheit gibt es aber nicht.

Hierzu gehört dann, dass man zum einen die Gefährdung auf Grund der Behinderung beschreibt. Also nur Gefährdung auf Grund der Behinderung!!!

Weiter könnte ein Grund sein, dass eine Gefährdung gegeben ist und man dieser entgegenwirken kann sofern man den Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung bei Qualifikationsmaßnahmen hat bzw. anderer Rechte aus § 81 (4) SGB IX.

U.U. hilft aber auch ein Gespräch mit dem Integrationsamt und der Agentur für Arbeit. Ggf. sind ja auch diese zur Beratung bereit, einfach mal sehr nett anfragen. Könnte z.B. der BR, so nach dem Motto: wir würden gerne helfen sind aber noch zu unerfahren, könnten Sie bitte!>!>! :-)

Gleichstellungsantrag

Theo, Tuesday, 07.06.2005, 16:07 (vor 6899 Tagen) @ hackenberger

» Hallo Theo,
»
» so wie Du es schreibst gehe ich davon aus, dass dein Arbeitsplatz
» behindertengerecht ist. Denn wenn Du mit deiner Behinderung ohne Probleme
» an deinem Arbeitsplatz arbeiten kannst, kann man davon ausgehen, dass er
» behindertengerecht ist.


Dann war mein Gedankengang richtig. Denn ich sagte ihm das dieser Arbeitsplatz für meine Krankheit Behindertengerecht ist , aber eben nicht für Z.B. einen Blinden.


Wahrscheinlich dachten Vorgesetzte und BR bei dem Wort Behindert wohl sogleich an einen Rollstuhlfahrer. ! >



» U.U. hilft aber auch ein Gespräch mit dem Integrationsamt und der Agentur
» für Arbeit. Ggf. sind ja auch diese zur Beratung bereit, einfach mal sehr
» nett anfragen. Könnte z.B. der BR, so nach dem Motto: wir würden gerne
» helfen sind aber noch zu unerfahren, könnten Sie bitte!>!>! :-)

Ein guter Tip ! Danke sehr für die Beantwortung meiner Fragen! :-) :-)


Theo

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