Warum so große Unterschiede? (Fragen zu einer Behinderung)

barevi, Bayern, Unterfranken, Wednesday, 25.05.2011, 07:33 (vor 4726 Tagen)

Hallo und Guten Morgen rundum!

Heute muss ich ich Euch mal mit einer Frage konfrontieren, die mir persönlich als SBV einen "dicken Hals" verursacht. Immer wieder stelle ich fest, dass zwischen den verschiedenen Versorgungsämtern anscheinend absolut unterschiedliche Auslegungen der "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" angewandt werden.

Beispiel: Ein Kollege wohnte in unserem Landkreis, stellte Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung und bekam hier (Bayern, Unterfranken) einen Gdb 30 zuerkannt. Selbst Widerspruch und Sozialgericht ergaben nicht mehr...
Dann erfolgte ein Umzug in einen Nachbarlandkreis (Baden- Württemberg), dort wurde mit original den gleichen Daten und ärztlichen Unterlagen ein Antrag gestellt und sofort, ohne Nachhaken etc. ein Gdb 60 zuerkannt.

Manchmal frage ich mich, ob die würfeln> Sorry für die Ausdrucksweise, aber sooo unterschiedlich dürfen die Bewertungen doch nicht ausfallen - oder>

Mich würden Eure Erfahrungen bzw. Eure Aktivitäten in solchen Fällen interessieren. Habe mir schon überlegt, ob es was bringt, bei der Leitung des Versorgungsamtes mal vorstellig zu werden>...


Liebe Grüße
barevi

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Nur tote Fische schwimmen MIT dem Strom

Warum so große Unterschiede?

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 25.05.2011, 11:39 (vor 4726 Tagen) @ barevi

Hallo barevi,

ich kann Deinen "Hals" gut nachvollziehen. Hier im Großraum Stuttgart ist es ebenfalls vom Wohnort abhängig, wie vergleichbare Erkrankungen bewertet werden. Es gibt hier ein VA, daß grundsätzlich erst mal nur 20 vergibt, selbst bei eindeutigen Stellungnahmen der benannten Ärzte.
Dazu kommt noch fortlaufende Schlamperei bei der Sachverhaltsermittlung. Viele geltend gemachte Funktionsstörungen werden immer wieder überhaupt nicht bearbeitet oder auch als "nicht nachgewiesen" bewertet, obwohl ärztliche Stellungnahmen dazu vorliegen.
Deswegen empfehle ich den Betroffenen, immer Widerspruch einzulegen und Akteneinsicht zu verlangen, weil man nur so diesen Praktiken auf die Spur kommt.
Leider deckt bei uns das RP als Widerspruchsbehörde diese Praktiken. Ich überlege schon länger (gemeinsam mit anderen SBV'en), wie man diese Dinge mal über den Einzelfall hinaus thematisieren könnte.

--
&Tschüß

Wolfgang

Warum so große Unterschiede?

hackenberger, Wednesday, 25.05.2011, 12:47 (vor 4726 Tagen) @ barevi

Hallo,

bitte doch einfach auch einmal in die Anhaltspunkte bzw. heute ja Versorgungsmedizin-Verordnung schauen. Dann werdet ihr feststellen, dass es dort meistens „von-bis“ Werte des GdB gibt. Nun noch den menschlichen Faktor mit einbeziehen und schon wird vieles klarer. Weiter fließen dann auch noch politische Entscheidungen und/oder wegen leerer Haushaltskassen ein, also "harte oder weiche" Auslegung der Faktoren.

Es ist durch aus seit langem bekannt, dass sich ggf. ein temporärer Umzug positiv auswirken kann.

Das dann ggf. auch einmal "ungeschickt" gearbeitet wird. Man also etwas übersieht ist dann noch ein letzter Punkt. Doch diesem kann man ja entgegenwirken. Denn die Rechtsmittel bleiben ja und hier entscheidet dann ggf. das Bundessozialgericht. Dort gibt es dann aber auch eine einheitliche / gleiche Entscheidung/ Wertung.

Warum so große Unterschiede?

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 25.05.2011, 20:35 (vor 4726 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

natürlich ist das alles erst mal richtig, was Du schreibst.
Aber wie geht man damit um, daß zB eine langjährige Depression mit aktuellem Suizidversuch und stationärem Aufenthalt erst mal nur mit Einzel-GdB 20 bewertet wird >
Oder eine nicht mit Maske behandelbare schwere (und damit lebensgefährliche) Schlafapnoe nur mit 20 >
Oder aber von 7 geltend gemachten Funktionsstörungen 4 im Bogen des Gutachters überhaupt nicht auftauchen, obwohl sie in den Akten von den behandelnden Ärzten ausdrücklich bestätigt und beschrieben werden. >
Und das Ganze wird überwiegend von der Widerspruchsbehörde gedeckt bzw. für gut und richtig befunden>
Wie geht man damit um, daß ständig auf den Bescheiden und ärztlichen Bewertungsbogen neue Namen auftauchen >

Klar kann man klagen, aber bei derzeit 23 (!) Monaten Verfahrensdauer bis zum Kammertermin ist das nur 'ne Alternative, wenn der vorläufige Rechtsschutz nötig ist oder bei Herabstufung auf Zeit gespielt werden muß.

Und das das mit der Ungleichbehandlung nicht nur gefühlt ist - vor allem in Zeiten sog. "Verwaltungsreformen"-, dafür gibt es fundierte Belege:
[link=http://]http://www.versorgungsamtreport.de/download/PM%20zur%20Entwicklung%20in%20NRW.pdf[/link]
Als SBV-Einzelkämpfer steht man dem oft mit ohnmächtiger Wut gegenüber.

--
&Tschüß

Wolfgang

Warum so große Unterschiede?

hackenberger, Wednesday, 25.05.2011, 20:55 (vor 4726 Tagen) @ albarracin

Hallo Wolfgang,

ich verstehe den Unmut und finde das Verhalten mancher VA auch als NICHT OK!

Sofern ein SB eines VA nicht gem. den Vorschriften arbeitet also belegbare Punkte welche auch in der Versorgungsmedizin-Verordnung enthalten sind missachtet, kann man eine Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen. Doch möglicher Weise trifft man dann aber eigentlich den Falschen. Denn oftmals gibt es "Anweisungen von oben".

Aber eigentlich ist hier die Politik gefordert. Dazu müssten aber einmal eine größere Anzahl Betroffener aktiv werden.

Was helfen kann ist die Unterstützung des VdK. Denn diese kennen i.d.R. die Entscheider und hat sehr gute Beziehungen dorthin.


» Und das das mit der Ungleichbehandlung nicht nur gefühlt ist - vor allem
» in Zeiten sog. "Verwaltungsreformen"-, dafür gibt es fundierte Belege:
» [link=http://]http://www.versorgungsamtreport.de/download/PM%20zur%20Entwicklung%20in%20NRW.pdf[/link]
» Als SBV-Einzelkämpfer steht man dem oft mit ohnmächtiger Wut gegenüber.
Dem allen kann ich nur zustimmen, leider!

PS: Doch was auch immer wieder helfen kann, ist neben einem sehr aussagefähigen Artest des Arztes, auch wenn der Arzt hierfür Geld möchte, eine sehr gute zusätzlich Beschreibungen der Auswirkungen, sowohl im privaten wie im beruflichen Umfeld. Aber bitte dann mit sehr genauer Beschreibung der Auswirkungen/ Einschränkungen gegenüber dem Zustand vor der Behinderung. Auch vorher, nach Entbindung von der Schweigepflicht, ein Gespräch mit dem Facharzt. Denn auch ich muss leider immer wieder feststellen, dass Ärzte meinen, es bringt nichts und wollen dann nichts schreiben. ich "erkläre" dann Ärzten teilweise, was sie schreiben sollen.

Man kann aber dann teils seltsames erleben. Mich hat einmal ein Arzt gebeten ich sollte doch das Artest schreiben und Ihm zur Unterschrift zukommen lassen. Da musste ich dem Arzt aber erklären, ich wäre geehrt aber kein Mediziner ;-)

Was ich aber auch stets mache, ich unterhalte mich immer zu erst sehr ausführlich mit den Betroffenen und lasse mir dann alle Unterlagen vor dem Absenden vorlegen und prüfe, vor allem ob dass was man mir betreffend der Behinderung erzählt hat sich entsprechend in den Unterlagen/ Artest wiederfindet.

Warum so große Unterschiede?

Hotte, Stuttgart, Thursday, 26.05.2011, 09:59 (vor 4725 Tagen) @ hackenberger

Hallo bernhard»
» Sofern ein SB eines VA nicht gem. den Vorschriften arbeitet also belegbare
» Punkte welche auch in der Versorgungsmedizin-Verordnung enthalten sind
» missachtet, kann man eine Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen.

Naja...;-)
Dienstaufsichtsbeschwerde = > dei drei F

Formlos
Fristlos
Folgenlos :-(

Ich habe für mich festgestellt, das es sich hier in Ba-Wue seit Auflösung der VAs und Eingliederung in die Landratsämter mit der Anerkennung massiv verschlechtert hat.

Liebe Grüße
Hotte

--
Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

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