Betriebsärztliche Untersuchung (AGG)

Max, Berlin, Sunday, 21.08.2011, 11:31 (vor 4644 Tagen)

Hallo Hans-Peter und Bernhard,

vorab erstmal Gratulation zum 10 jährigen Jubiläum.
Nun meine Frage:
Nach Anerkennung der Schwerbehinderung 07.2011 wurde ein Mitarbeiter zur betriebsärztlichen Untersuchung mit folgender Begründung geladen:

Tauglichkeit, Einsatzfähigkeit aufgrund der Neuanerkennung der Schwerbeschädigung.

2010 war der Mitarbeiter längere Zeit krank,dem Arbeitgeber war schon zu diesem Zeitpunkt der Grund der Erkrankung durch Info vom Betroffenen bekannt.
Oktober 2010 trat der Mitarbeiter seinen Dienst wieder an und wurde, wie oben beschrieben, erst im August 2011, nach Bescheid vom Versorgungsamt, zum BA geladen.
Der jüngere Nachfolger steht schon bereit.

Liegt in der o.g. Begründung der BA-Untersuchung eine Diskreminierung vor>

Mit freundlichen Grüßen

Max

Betriebsärztliche Untersuchung

hackenberger, Sunday, 21.08.2011, 11:43 (vor 4644 Tagen) @ Max

Hallo Max,

erst einmal Danke für die Glückwünsche aber an alle Gratulanten. Weiter auch den Hinweis, die Glückwunsche gebühren EUCH allen. Denn nur durch euch kann dieses Forum sich so darstellen.

So nun einige Nachfragen:

Max, hat der AG hier vor der geplanten Maßnahme die SchwbV gem. § 95 Abs. 2 SGB IX beteiligt, also gehört>
Wie hat dann die SchwbV reagiert>
Wenn keine Beteiligung gem. § 95 Abs. 2 SGB IX stattfand, hast Du gem. § 95 Abs. 2 auf die Aussetzung bestanden ggf. auch per Beschlussverfahren>

Was sagt unternimmt der PR>


PS: Schwerbeschädigung>>> Ich dachte er hätte eine Schwerbehinderung, Schwerbeschädigung kennt man als Kriegsfolge.

Betriebsärztliche Untersuchung

Max, Berlin, Sunday, 21.08.2011, 12:33 (vor 4644 Tagen) @ Max

Hallo Bernhard,

die SV wurde im Vorfeld mündlich über das evt. Vorhaben der Dienststelle informiert, war damit nicht einverstanden, bei der Umsetzung aber nicht beteiligt. Es fand ein Gespräch mit dem Mitarbeiter ohne Beteiligung der SV statt. Den Untersuchungstermin beim BA erfuhr die SV erfuhr kurzfristig vom Betroffenen, begleitete ihn. Ergebnis der Untersuchung: Keine Einschränkung der Tauglichkeit.
Das Verhalten vom PR ist nicht eindeutig, der jüngere evt. Nachfolger ist
Pr-Mitglied.

Noch einmal meine Frage:
Ist eine BA-Untersuchung, AG war weit vorher über den Gesundheitszustand informiert, danach keine Fehlzeiten, mit der Formulierung wegen eingetretener Schwerbeschädigung diskreminierend>

Betriebsärztliche Untersuchung

hackenberger, Sunday, 21.08.2011, 12:58 (vor 4644 Tagen) @ Max

Hallo Max,

» die SV wurde im Vorfeld mündlich über das evt. Vorhaben der Dienststelle
» informiert, war damit nicht einverstanden, bei der Umsetzung aber nicht
» beteiligt.
Leider keine Aussagen über das "was hat die SchwbV unternommen"> Nur z.K. gebracht nicht einverstanden> Oder auch mal nach der Rechtsgrundlage nachgefragt bzw. den berechtigten Verdacht geäußert es könnte gegen § 1 AGG verstoßen>

Denn, wenn der AG genau diese Formulierung/ Ausdrucksweise "Tauglichkeit, Einsatzfähigkeit aufgrund der Neuanerkennung der Schwerbeschädigung" genutzt hat bzw. es bei anderen Langzeitkranken so nicht geschieht dann ist es sehr wohl ein berechtigtes Indiz für einen Verstoß gegen § 1 AGG.

Vor allen unterstelle ich einmal "..2010 war der Mitarbeiter längere Zeit krank" es ein BEM gab, was wurde da unternommen und vereinbart>

Aber, grundsätzlich kann ein AG einen AN auch im Rahmen eines BEM nach langer Krankheit oder wenn es sonstige nachvollziehbare Gründe gibt im Rahmen seiner Fürsorgepflicht den Betriebsarzt vorstellen um zu klären ob er ggf. besondere Hilfen bereitstellen muss oder die Gesundheit gefährdet ist. Der Betriebsarzt ist aber an das Arztgeheimnis gebunden. Er darf also nur sagen AN ist ind er Lage den Job weiter auszuüben oder nicht auszuüben.

Wichtig aber auch: In Deutschland gilt immer noch der Grundsatz der freien Arztwahl. Dies ist in Sozialgesetzbuch V (SGB V) Krankenversicherung in § 76 SGB V Freie Arztwahl geregelt. Das betrifft auch arbeitsmedizinische Untersuchungen. Und: Die Teilnahme an Angebotsuntersuchungen ist nicht verpflichtend und zieht in der Regel auch keine arbeitsrechtlichen Folgen nach sich. Die Ergebnisse der Untersuchung dürfen nur mit Einwilligung des Mitarbeiters an den Arbeitgeber weitergegeben werden.

Man muss also auch immer unterscheiden, handelt es sich bei der Vorstellung beim Betriebsarzt um eine Pflichtuntersuchung oder Angebotsuntersuchung>

Diese Untersuchung hier dürfte wohl unter "Angebotsuntersuchung" fallen. Am einfachsten ist es daher immer den AG/Dienstherrn nach der Rechtsgrundlage für seinen Wunsch nach der Vorstellung beim Betriebsarzt zu fragen, und die Antwort sich schriftl. geben lassen. Selbstverständlich auch immer die Mitarbeitervertretungen sofort mit einbinden und um Unterstützung und Beratung bitten.

» Es fand ein Gespräch mit dem Mitarbeiter ohne Beteiligung der SV statt.
Hattest Du als SchwbV den Betroffenen vorher aufgeklärt, dass er hier zu allen Gespräche die SchwbV hinzuziehen kann und auch sollte>

» Den Untersuchungstermin beim BA erfuhr die SV erfuhr kurzfristig
» vom Betroffenen, begleitete ihn. Ergebnis der Untersuchung: Keine
» Einschränkung der Tauglichkeit.
Dann hätte man wegen Missachtung den § 95 Abs. 2 SGB, also Aussetzung, IX anwenden können und sollen. So hätte der AG erkennen können, dass er hier Probleme bekommen kann.

» Ist eine BA-Untersuchung, AG war weit vorher über den Gesundheitszustand
» informiert, danach keine Fehlzeiten, mit der Formulierung wegen
» eingetretener Schwerbeschädigung diskreminierend>
Ich sehe hier ein berechtigtes Indiz für einen Verstoß gegen § 1 AGG.

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Tipp: Rechtliche Einschätzung zur Frage der Diskriminierung per
elektronischem Online-Beratungsformular (rechts oben) unter
www.antidiskriminierungsstelle.de

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Rolle des Betriebsarztes bei der Wiedereingliederung

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Der Betriebsarzt – (k)ein gewöhnlicher Arzt>

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