Werksvertrag (Leih- bzw. Zeitarbeit)

chaweng, Hessen, Tuesday, 13.09.2011, 15:30 (vor 4618 Tagen)

Hallo Mitstreiter,

ich habe die Suchfunktion genutzt- aber leider nix gefunden.
Hier meine Frage:
Unser AG beschäftigt über Werkvertrag eine Firma die bei uns z.B. den Winterdienst macht.( 1 Kollege )
Nun ist von dieser Firma ein Kollege gekommen der " einfache " Tätigkeiten in einer unserer Abteilungen durchführt. Befristet bis Dezember.
Ich habe unseren Personaler gefragt ob nach § 81 SGB IX geprüft wurde und warum ich nicht informiert und beteiligt wurde. Ich habe das nur zufällig mitbekommen weil ich den neuen Kollegen beim Arbeiten gesehen habe. Die Antwort: Dies wäre eine Arbeitgeberische Entscheidung wegen Werksvertrag und er hätte selbst nichts gewusst. Der Kollege wurde " gebanft " wegen hohem Arbeitsaufkommen. Dies würde der zuständige Abteilungsleiter eigenständig machen.
Der BR sieht es genauso ( bin auch BR - sehe es aber anders ).Ich meine
das ich hier als SBV hätte beteiligt werden und das der BR hätte mitbestimmen müssen. Wie seht Ihr das>
Viele Grüße
chaweng

--
chaweng

Werksvertrag

hackenberger, Tuesday, 13.09.2011, 19:38 (vor 4618 Tagen) @ chaweng

Hallo chaweng,

hier wäre erst einmal zu prüfen, liegt hier wirklich ein Werksvertrag vor oder müsste es ein Dienstleistungsvertrag sein oder ist es ein solcher. Denn dieses sind rechtlich große Unterschiede. Werksvertrag bedeutet, ein Auftraggeber erteilt einen Auftrag ein bestimmtes feststehendes Werk zu erstellen und nach Erstellung dem Auftraggeber abzuliefern.

Er unterliegt also in der Erstellung des Werkes keiner Weisung des Auftraggebers und ist nicht in den Betrieb/ Betriebsablauf eingegliedert.

Näheres zu den Unterschieden findet man im Web!

Beim Winterdienst handelt es sich ja nicht um die Erstellung eines Werkes, sondern es ist eine Dienstleistung. Daher ist der Vertrag als Dienst- und nicht als Werkvertrag rechtlich einzustufen.

Hier wäre der BR gefordert im Rahmen seiner Beteiligung hier dieses festzustellen und zu klären. Denn es betrifft ja auch seine [link=http://www.rechtscentrum.de/search.php>db=arbeitsrecht&mode=category&feld=Betriebsverfassungsrecht&gebiet=Betriebsteil]mögliche Mitbestimmung[/link] gem. § 99 BetrVG.

» Nun ist von dieser Firma ein Kollege gekommen der " einfache "
» Tätigkeiten in einer unserer Abteilungen durchführt. Befristet bis
» Dezember.
Nun ist es ganz klar eine befristete Einstellung oder Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers, also volle Mitbestimmung und Beachtung des § 81 Abs. 1 SGB IX. Es gab somit auch eine freie Stelle im Betrieb, mit allen Pflichten des AG.

Hier nun auch eine aktuelle Entscheidung des BAG:

Mitbestimmung bei Kurzeinsatz von Leiharbeitnehmern - BAG v. 09.03.2011 - 7 ABR 137/09

Auch bei einem kurzfristigen und kurz dauernden Einsatz von Leih-AN handelt es sich um eine Einstellung, stellte das BAG gem. § 14 AüG fest. Vor der Übernahme ist der BR gem. § 99 BetrVG zu beteiligen. Zu diesem Zweck ist vor der Eingliederung der Name der Leih-AN mitzuteilen. Auch wenn ein Rahmenvertrag besteht oder wenn wechselnde Leih-AN eingesetzt werden.

Bei der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern ist weiter auch zu prüfen, hat der Verleiher überhaupt die Erlaubnis der Verleihung von Arbeitnehmern.

Hier kann der BR dann ggf. auch sich zur Klärung an die zuständigen Behörden wenden.

» Die Antwort: Dies wäre eine Arbeitgeberische Entscheidung wegen Werksvertrag
» und er hätte selbst nichts gewusst. Der Kollege wurde " gebanft " wegen
» hohem Arbeitsaufkommen. Dies würde der zuständige Abteilungsleiter
» eigenständig machen.
So ist es eben nicht ganz, der AG oder die in seinem Auftrag handelnden können eben nicht an Gesetzen vorbei handeln. Hier wird ein AN in den Betrieb eingegliedert, also Mitbestimmung § 99 BetrVG und Beachtung des § 81 SGB IX usw..

Der Vorgesetzte der hier gegen das SGB IX verstößt oder dieses zu verantworten hat, könnte sich ggf. mit einem Verfahren gem. § 156 Abs. 1 Satz 9 konfrontiert sehen. Ich habe ja auch schon einmal das Thema beschrieben, Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 6 SGB IX und die möglichen Folgen aus § 156 Abs. 1 Satz 9 SGB IX der i.d.R. meistens vorliegt wenn der AG den § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX missachtet.

» Der BR sieht es genauso ( bin auch BR - sehe es aber anders ).
Der BR liegt hier aber voll daneben und begeht sofern er es duldet eine Pflichtverletzung, denn er missachtet u.a. den § 80 BetrVG und seine Pflichten lt. BetrVG.

Aber, JA, es ist die freie Entscheidung des AG ob er und wie er Stellen besetzt oder Tätigkeiten ausüben lässt. Doch er muss die Gesetze und die Mitbestimmung und Beteiligung der Mitarbeitervertretungen beachten.

PS: Der BR hat einen Rechtsanspruch den Vertrag zur Klärung seiner ggf. vorliegenden Mitbestimmung zur Einsicht zu erhalten. Denn nur dann kann er feststellen, liegt Mitbestimmung vor. § 80 Abs. 2 BetrVG rechtzeitige und umfassende Unterrichtung des BRs auch über "Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen"

Dieses Einsichtsrecht hat die SchwbV NICHT, denn es erfolgt ja in beiden Fällen nicht die Besetzung einer freien Stelle im Betrieb.

Doch die SchwbV könnte dem AG ggf. betreffend der Dienstleistung Hinweise geben auf eine mögliche Beauftragung einer Werkstatt für Behinderte mit dieser Dienstleistung. Dieses hätte für den AG den Vorteil, dass er dieses auf die Quote angerechnet bekommt.

Kontextlink:
Leiharbeitnehmer/ Werkvertragsarbeitnehmer Handlungsmöglichkeiten der Betriebsräte

Ein gutes Buch zum Thema.

Werksvertrag

chaweng, Hessen, Wednesday, 14.09.2011, 07:06 (vor 4617 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.

Wir haben morgen BR Sitzung und ich werde das Thema auf die Tagesordnung setzen lassen.
Das mit der Werkstatt für Behinderte hatte ich vorgeschlagen- aber die werten Kollegen sind stur und festgefahren in ihrer Meinung und wirklich schwer zu überzeugen.
Noch eine Frage: Was machen wir jetzt mit dem Kollegen> Wenn wir den wegschicken, bekomme ich definitiv Stress mit den Kollegen aus der Abteilung in der er momentan beschäftigt ist.
Viele Grüße
chaweng

--
chaweng

Werksvertrag

hackenberger, Wednesday, 14.09.2011, 23:48 (vor 4617 Tagen) @ chaweng

Hallo chaweng,

» Das mit der Werkstatt für Behinderte hatte ich vorgeschlagen- aber die
» werten Kollegen sind stur und festgefahren in ihrer Meinung und wirklich
» schwer zu überzeugen.
Hier muss der AG und BA-Schwb überzeugt werden.

» Noch eine Frage: Was machen wir jetzt mit dem Kollegen> Wenn wir den
» wegschicken, bekomme ich definitiv Stress mit den Kollegen aus der
» Abteilung in der er momentan beschäftigt ist.
Das sollte der BR sich überlegen. Er ist hier gefordert, nicht die SchwbV

Werksvertrag

Hotte, Stuttgart, Thursday, 15.09.2011, 12:03 (vor 4616 Tagen) @ chaweng

Hallo chaweng

» Nun ist von dieser Firma ein Kollege gekommen der " einfache " Tätigkeiten
» in einer unserer Abteilungen durchführt. Befristet bis Dezember.

Könnte es auch sein, das der Kollege im Form eines ANÜ-Vertrages da ist>
Werkvertrag kann ich mir schlecht vorstellen. Denn dann dürfte der Kollege im internen Arbeitsablauf weder organisatorisch noch diziplinarisch eingebunden sein. Und bei der Durchführung "einfacher Tätigkeiten" ist dies doch meistens der Fall.

VG
Hotte

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Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

Werksvertrag

chaweng, Hessen, Thursday, 15.09.2011, 13:40 (vor 4616 Tagen) @ Hotte

Hallo Hotte,
genau so sehe ich es auch. Klare Mitbestimmung nach BetrVG und alle Rechte und Pflichten nach SGB IX. Habe eben den BR überzeugt ( fast alle ) und muß jetzt noch zum Personaler. Mal sehen was der sagt. Werde es wenn notwendig rechtlich klären lassen.
Bis bald
chaweng

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chaweng

Werksvertrag

hackenberger, Thursday, 15.09.2011, 14:42 (vor 4616 Tagen) @ chaweng

Hallo "chaweng",

ein Thema/ Punkt wäre dann ja positiv gelaufen. Kann man nun nur hoffen, dass der BR hier zukünftig früher aufmerksam wird und seine Rechte und Pflichten wahrnimmt.

Doch: hast Du auch beim AG und BA-Schwb einmal den Vorstoß "Winterdienst" von einer WfbM durchführen zu lassen gemacht>

Werksvertrag

chaweng, Hessen, Friday, 16.09.2011, 14:44 (vor 4615 Tagen) @ hackenberger

» » Doch: hast Du auch beim AG und BA-Schwb einmal den Vorstoß "Winterdienst"
» von einer
» WfbM
» durchführen zu lassen gemacht>

Hallo Bernhard,

gleiches Thema " Werkvertrag ". Habe schon mehrfach versucht den Dialog zu suchen und bin bisher fast ausnahmslos auf taube Ohren gestoßen. Der BR hört mir jetzt zu und ich versuche auch weiterhin Überzeugungsarbeit bei den anderen Kollegen zu leisten.Mal sehen....
Schönes Wochenende.
chaweng

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chaweng

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