BR stimmt gegen den Integrationsamt (Kündigung)

Christiane, Hessen, Thursday, 23.02.2012, 10:23 (vor 4468 Tagen)

Hallo Zusammen,
mein BR stimmt immer häufiger bei einer Anhörung zur Kündigung gegen den Zustimmungsbescheid vom Integrationsamt.
Kann der das einfach so machen>
Vielen Dank vorab für Eure Antwort!
Christiane

BR stimmt gegen den Integrationsamt

hackenberger, Thursday, 23.02.2012, 11:28 (vor 4468 Tagen) @ Christiane

Hallo Christiane,

was bedeute es genau> Der BR wird bei Kündigungen "nur" gehört. Der AG ist an die Entscheidung des BR nicht gebunden. Der AG ist aber an die Entscheidung des IA gebunden. Versagt also das IA die Zustimmung zur Kündigung, so muss der AG diesen Bescheid anfechten. § 85 SGB IX.

Hier wären also ggf. einmal Einzelheiten von Interesse, warum der BR so handelt. Der BR ist verpflichtet auch das SGB IX zu beachten. Das ergibt sich u.a. aus § 80 Abs. 1 SGB IX.

Letztlich kann die SchwbV ja Beschlüsse des BR gem § 95 Abs. 4 SGB IX aussetzen. Sie kann weiter dieses Thema in einer Schwerbehinderteninfo und -versammlung behandeln und auch in einer Betriebsversammlung dieses einbringen. Also den BR dann in der Betriebsversammlung auf dieses Thema ansprechen und Aufklärung für sein Verhalten verlangen.

Es ist nun einmal so, dass es durchaus unterschiedliche Sichten und Meinungen als beim Thema "Kündigungen allgemein" und "Kündigungen von Schwerbehinderten" gibt.

Wenn der BR aber einer Kündigung zustimmt zu welcher das IA die Zustimmung verweigert hat, wäre es bedenklich.


PS: Ergänze bitte dein Profil noch etwas, anzuwendende Arbeitsrecht/Gesetz und Anzahl der Schwbs und bei GSBV Anzahl der SBVn

BR stimmt gegen den Integrationsamt

Hotte, Stuttgart, Thursday, 23.02.2012, 11:52 (vor 4468 Tagen) @ hackenberger

Hallo miteinander
» was bedeute es genau> Der BR wird bei Kündigungen "nur" gehört.

Der BR hat bei Kündigungsanhörungen nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz die Möglichkeiten:
a) Kenntnisnahme ( also nichts machen)
b) Bedenken äußern
c) Widerspruch einlegen


Auch wenn c keine aufschiebende Wirkung hat, hilft es doch den Betroffenden beim anschliessenden Kündigungsschutzverfahren.

Bei der Kündigung von sB Kolleginnen und Kollegen, der vom IA widersprochen wurde, muss nach meinem Verständnis der BR auch Widerspruch einlegen.


Bei der Kündigung von sB Kolleginnen und Kollegen, der vom IA nicht widersprochen wurde, muss nach meinem Verständnis der BR sehr genau überlegen und den Fall genau prüfen.

VG
Hotte

--
Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

BR stimmt gegen den Integrationsamt

Hotte, Stuttgart, Thursday, 23.02.2012, 11:54 (vor 4468 Tagen) @ Christiane

Hallo Christiane,
» mein BR stimmt immer häufiger bei einer Anhörung zur Kündigung gegen den
» Zustimmungsbescheid vom Integrationsamt.
» Kann der das einfach so machen>

Interpretiere ich deine Frage so richtig, das das IA einer Kündigung zugestimmt hat, der BR aber einen Widerspruch beschlossen hat>

Ja, das kann der BR machen.

VG
Hotte

--
Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

BR stimmt gegen den Integrationsamt

hackenberger, Thursday, 23.02.2012, 12:12 (vor 4468 Tagen) @ Hotte

Hallo Christiane,

duchs Hotte(s) Antwort habe ich mir nun auch noch einmal Deine Frage etwas genauer angesehen.

Ist es wirklich so IA stimmt der Kündigung zu und BR lehnt ab als widerspricht dieser>

Wenn Dem so ist, dann verstehe ich Deine Frage ganz ehrlich als GSBV nicht. Denn eine GSBV/SBV sollte sich ja so auch das Gesetz für den Erhalt von Beschäftigungsverhältnissen einsetzen.

Dann spreche ich im Gegenteil dem BR meine Anerkennung aus. Denn BR sollten eigentlich i.d.R. immer der Kündigung widersprechen um so dem AN die "besseren Karten" in Klageverfahren zu ermöglichen, also Klage auf Weiterbeschäftigung bis zum Abschluss eines Kündigungsschutzklageverfahrens, was ja beim Gang durch die Instanzen lange dauern kann. Denn diese geht nur wenn der BR der Kündigung widersprochen hat.

Hnweis: Das IA prüft und behandelt bei § 85 SGB IX Verfahren ja nach ganz bestimmten Fakten. Weiteres hierzu siehe § 88 Entscheidung des Integrationsamtes und § 89 Einschränkungen der Ermessensentscheidung SGB IX.

So erteilt i.d.R. das IA stets die Zustimmung, wenn es um betriebsbedingte Kündigungen geht. Es sei dem IA ist es bekannt, dass hier die Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß gelaufen wäre.

Es verweigert i.d.R. die Zustimmung, wenn die Gründe der Kündigung in der Behinderung liegen. Auch i.d.R. wenn für das IA erkennbar dem AG die weitere Beschäftigung zumutbar ist.

Dieses sind alles auch Fakten welche im Rahmen der Anhörungen durch das IA behandelt werden.

Alles weitere ist dann die Sache des ArbG im Rahmen einer Kündigungsschutzklage.

BR stimmt gegen den Integrationsamt

Christiane, Hessen, Thursday, 23.02.2012, 12:27 (vor 4468 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

danke für Deine schnelle Antwort und nun mehr zu diesem Thema.
Der Mitarbeiter 61J. (GdB 100)arbeitet in der Produktion, kann einfach nicht mehr und hatte der Kündigung (mit Abfindung)zugestimmt, ich auch, das Integrationsamt hat zugestimmt und nun ging die Anhörung an den BR. Dieser hat Widerspruch erhoben. Leider ist das momentan kein Einzelfall

Das werde ich in der nächsten großen Personalausschusssitzung ansprechen. Für mich ergibt das keinen Sinn. Zumal vorher die Stellungnahme des BR eingeholt wurde.

Vielen Dank für Deine rechtlichen Hinweise. Die werde ich nutzen können.

BR stimmt gegen den Integrationsamt

Christiane, Hessen, Thursday, 23.02.2012, 12:32 (vor 4468 Tagen) @ Hotte

» Hallo miteinander
» » was bedeute es genau> Der BR wird bei Kündigungen "nur" gehört.

Hallo Hotte und vielen Dank. Die nähere Beschreibung habe ich gerade bei Bernhard eingestellt. Ich hoffe, Du kannst das lesen.»
»
Der BR hat bei Kündigungsanhörungen nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz
» die Möglichkeiten:
» a) Kenntnisnahme ( also nichts machen)
» b) Bedenken äußern
» c) Widerspruch einlegen
»
»
» Auch wenn c keine aufschiebende Wirkung hat, hilft es doch den Betroffenden
» beim anschliessenden Kündigungsschutzverfahren.
»
» Bei der Kündigung von sB Kolleginnen und Kollegen, der vom IA
» widersprochen wurde
, muss nach meinem Verständnis der BR auch
» Widerspruch einlegen.

Bei der Kündigung von sB Kolleginnen und Kollegen, der vom IA nicht
» widersprochen wurde
, muss nach meinem Verständnis der BR sehr genau
» überlegen und den Fall genau prüfen.
»
Der Mitarbeiter ist froh nicht mehr arbeiten zu müssen und hatte dies auch dokumentiert. Deshalb - unter anderem - verstehe ich den BR nicht und benötigte Argumente gegen diese Haltung.»

» VG

» Hotte

BR stimmt gegen den Integrationsamt

hackenberger, Thursday, 23.02.2012, 12:53 (vor 4468 Tagen) @ Christiane

Hallo Christiane,

schade, diese Infos gleich und man hätte besser antworten können.

Also, das der BR bei Kündigung mit Abfindung auf Wunsch des AN, dieser widerspricht bzw. nicht zustimmt kann ich durchaus nachvollziehen, denn es ist ja eigentlich so kein Grund für eine Kündigung. Der BR muss hier dann auch alle AN im Blick haben. Also, wenn dann so die "Kündigung angewendet wird" ob dieses in allen Fällen der AG so handhabt.

In diesem Falle wäre der richtige Weg, der Weg via Aufhebungsvertrag. Dann wäre der BR gar nicht dabei.

Doch letztlich verhindert ja auch das Handeln des BR nicht, dass das Beschäftigungsverhältnis auf diese Art beendet wird.

PS: Der BR verstößt hier weder gegen das BetrVG noch gegen das SGB IX. Er handelt also vollkommen rechtskonform

Du könntest aber in solchen Fällen, wo die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durchaus verständlich ist auf den Weg via Aufhebungsvertrag hinweisen.

Dass der AG diesen "Sonderweg" der Beendigung nutzen möchte kann ich mir aber erklären, denn bei einer Kündigung Seitens AG hat der Beschäftigte sofort Anspruch auf ALG I, bekommt also keine Sperre. Es sei die AfA prüft genau und erkennt, dass hier dieser "Sonderwege" als "Umgehung des Aufhebungsvertrag" gewählt wurde. Dann könnte die AfA anders handeln, da dann ja die Beendigung von AN angestrebt/ verursacht wurde.

Als "Bürger" habe ich mit diesem von AN gewählten Weg Probleme, denn hier "schützt" sich ein AN vor einer berechtigten Sperre und es geht um beim ALG I Gelder der Arbeitnehmerschaft/ Sozialtopf.

Sehr große Bitte:
Diesen Hinweistext über dem Textfeld bei Beiträgen beachten, denn sonst werden Beiträge unnötig lange und auch unübersichtlich.
"Text: Bitte nicht benötigten zitierten Text löschen --> Text löschen"

BR stimmt gegen den Integrationsamt

Hotte, Stuttgart, Thursday, 23.02.2012, 13:39 (vor 4468 Tagen) @ Christiane

Hallo Christiane

»» Der Mitarbeiter ist froh nicht mehr arbeiten zu müssen und hatte dies
» auch dokumentiert. Deshalb - unter anderem - verstehe ich den BR nicht und
» benötigte Argumente gegen diese Haltung.
»


Nein. Du benötigst keine Argumente. Wie Bernhard schon geschrieben hat, war und ist das Handeln des BR rechtskonform.

Sofern der AN einen Antrag auf Arbeitslosengeld stellen wird, so wird er, meine nicht rechtskundig gedeckte Meinung, Probleme bekommen. Er muss das Kündigungsschreiben vorlegen, er muss angeben, das er eine Abfindung erhalten hat, er muss angeben, ob Kündigungsschutzverfahren eingeleitet oder beabsichtigt ist. Ich denke, das die AFA erkennen wird, das es sich hier um eine Scheinkündigung handelt, und wird wegen der Abfindung eine Sperre (12 Wochen >) aussprechen.

Zum Tip von Bernhard (Aufhebungsvertrag) noch ein kleiner Hinweis: In solchen Fällen immer vorher Kontakt mit den zuständigen Ausschuss vom BR aufnehmen.

VG
Hotte

--
Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

RSS-Feed dieser Diskussion