handicapt (Allgemeines)

traute, Saturday, 20.08.2005, 18:36 (vor 6848 Tagen)

ich habe mal wieder eine komplizierte geschichte, für die ich euren rat benötige.
vor einem jahr wurde bei uns eine rollstuhlfahrerin (die 1. und einzige) als study nurse für forschungsarbeiten von eine oberarzt eingestellt(alles ohne ausschreibungsverfahren). bis heute hatte sie keine einstellungsuntersuchung (diese müssen alle neueingestellten durchlaufen)sie betreut ca 200 probanden in einem klitzekleinen büroraum, d.h. dort wird auch blut abgenommen. diesen raum (ca 10qm) teilt sie sich mit der stationsschwester, die selten dort anwesend ist. die tätigkeit ist halbtags. sie hat ihren speziell angefertigten bürostuhl mitgebracht.

seit mai d.j. hat sie ein anderes projekt in einer anderen klinik dazubekommen und ist ganztags tätig, muß zwischen den kliniken im rolli hin- und herpendeln. der 2. arbeitsraum war verheerend, indiskutabler bildschirmarbeitsplatz, unakzeptabler uralter stuhl, im raum halten sich 5-6 weiter kollegInnen auf, die dort pause machen, telefonieren etc. es gibt viel unruhe, der raum ist ca 20qm groß. im klartext, die arbeitsbedingungen sind unzulässig, was die kollegin mit mir gemeinsam im juni ihrem vorgesetzten (Oberarzt) mitgeteilt hat. außer leeren versprechungen ist bisher nichts konkretes geschehen. ich habe eine arbeitsplatz gefährdungsbeurteilung in die wege geleitet.

tatsache ist, die kollegin WILL arbeiten, hat keinen adequaten behindertengerechten arbeitsplatz zur verfügung, und es gibt raumnot. wie würdet ihr weiter vorgehen> ich bin ratlos.

zur kollegin selber: sie ist alleinerziehend, 3 kinder, Gdb 100.
traute

handicapt

hackenberger, Saturday, 20.08.2005, 19:55 (vor 6848 Tagen) @ traute

Hallo Traute,

ich verstehe grundsätzlich Deine Bedenken und Dein Anliegen/Wille. Doch folgende Frage muss sein: Ist der Arbeitsplatz wirklich nicht behindertengerecht Eingerichtet oder "ganz einfach" nur nicht so eingerichtet wie er nach geltendem Recht und Verstand eingerichtet sein soll. Wo ist das Problem der nichtbehindertengerchten Einrichtung Ausstattung>

Die Koll. sitz im Rollstuhl und kommt wohl auch im Rollstuhl ins Büro und wohl auch an ihre Unterlagen usw.

Bitte dei Fargen nicht falsch verstehen!!!

Es ist somit vermutlich "nur" ein Thema welches in dieser Form jeden, also auch nicht behinderten AN treffen könnte. Somit ist es vermutlich ein Thems des BetrVG/PerVG also BR/PR.

Falls Du Bedenken wegen einer nichtbehindertengrechten Einrichtung/Aussattung hast könntest Du den technischen Berater des Integrationsamtes mit einbinden, hier muss aber der AG zustimmen, zu mindest musst Du ihn vorher informieren und ihm Gelegenheit geben hier nein zu sagen. Er kann auf alle Fälle dem technischen Berater den Zutritt verwehren. Eine Möglichkeit wäre noch die Berufsgenossenschaft und den betriebsärztlichen Dienst und die interen Arbeitssicherheit einschalten. Hier kann sich der AG nicht dagegen wehren.

Wegen der Einstellungsuntersuchung würde ich mir erst einmal keine Gedanken machen. Hier trägt der AG das Risiko auch wenn er heute eine anordnen würde und als FDolge das schon nun 1 Jahr andauernde Beschäftigungsverhältnis nun beenden wollte.

Das Thema Gefährdungsbeurteilung ist auch grundsätzlich ein BR/PR Thema, es sei denn es gäbe in der Behinderung liegende besonderheiten.

handicapt

traute, Saturday, 20.08.2005, 20:24 (vor 6848 Tagen) @ hackenberger

» Hallo Traute,
»
» ich verstehe grundsätzlich Deine Bedenken und Dein Anliegen/Wille. Doch
» folgende Frage muss sein: Ist der Arbeitsplatz wirklich nicht
» behindertengerecht Eingerichtet oder "ganz einfach" nur nicht so
» eingerichtet wie er nach geltendem Recht und Verstand eingerichtet sein
» soll. Wo ist das Problem der nichtbehindertengerchten Einrichtung
» Ausstattung
>

weder das eine noch das andere ist der fall. das ganze ist überhaupt kein arbeitsplatz nach arbeitsschutzgesetzen. es handelt sich vermutlich um einen bereitschaftraum, keiner weiß das so genau. der monitor ist uralt und flimmert, der stuhl ist schrott.
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» Die Koll. sitz im Rollstuhl und kommt wohl auch im Rollstuhl ins Büro und
» wohl auch an ihre Unterlagen usw.
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die kollegin muß auf einem speziellen stuhl sitzen, nicht im rollstuhl. sie kommt und geht im rollstuhl, bewegt sich im gelände mit einem elektrostuhl. an akten in schränken kommt sie sehr schlecht ran.


»
» Es ist somit vermutlich "nur" ein Thema welches in dieser Form jeden, also
» auch nicht behinderten AN treffen könnte. Somit ist es vermutlich ein
» Thems des BetrVG/PerVG also BR/PR.
»
» Falls Du Bedenken wegen einer nichtbehindertengrechten
» Einrichtung/Aussattung hast könntest Du den technischen Berater des
» Integrationsamtes mit einbinden, hier muss aber der AG zustimmen, zu
» mindest musst Du ihn vorher informieren und ihm Gelegenheit geben hier
» nein zu sagen. Er kann auf alle Fälle dem technischen Berater den Zutritt
» verwehren. Eine Möglichkeit wäre noch die Berufsgenossenschaft und den
» betriebsärztlichen Dienst und die interen Arbeitssicherheit einschalten.
» Hier kann sich der AG nicht dagegen wehren.
»
»
habe ich alles gemacht.es dauert wochen, bis termine koordiniert sind. WO sitzt und arbeitet sie bis dahin> das ist die frage...


Wegen der Einstellungsuntersuchung würde ich mir erst einmal keine
» Gedanken machen. Hier trägt der AG das Risiko auch wenn er heute eine
» anordnen würde und als FDolge das schon nun 1 Jahr andauernde
» Beschäftigungsverhältnis nun beenden wollte.

eine KÜ würde er wohl beim integrationsamt nicht durchbekommen. § 84, 2 SGB IX
»
» Das Thema Gefährdungsbeurteilung ist auch grundsätzlich ein BR/PR Thema,
» es sei denn es gäbe in der Behinderung liegende besonderheiten.

diese besonderheiten gibt es.

das ganze problem ist, niemand fühlt sich zuständig oder weiß bescheid. der absolute hohn ist ihr vorgesetzter, ein oberarzt, der die situation auch noch verniedlichet.... und das in dem zweitgrößten universitätsklinikum deutschlands!! (nur am rande bemerkt)

leider hat bis mai d.j. niemand von dem ganzen gewußt, dann haben alle weg gesehen. ich würde diese situation gerne im direktorium unter 4 augen ansprechen. würdest du mir dazu raten>

handicapt

hackenberger, Sunday, 21.08.2005, 09:06 (vor 6848 Tagen) @ traute

Hallo Traute,

Gespräche, vor allem vertrauensvolle Gespräche sind immer der beste Weg Erfolge zu erreichen, daher auch stets mein erster Rat.

Hier aber auch einmal die Frage: Ist der Beauftragte für die Belange der Schwerbehinderten hier eingebunden und was sagt dieser bzw. unternimmt dieser. Er ist hier auf Grund seiner gesetzliche Pflichten/Aufgaben gefordert.

Hier ist möglicher Weise auch eine intensivere Zusammenarbeit zwischen SchwbV und BASchwb anzustreben.

Du schreibst weiter, dass grundsätzlich der Arbeitsplatz als Arbeitsplatz in Frage gestellt wird. Damit ist es ein grundsätzliches BR/PR Thema. Was sagt also der BR/PR hier, was hat er unternommen unternimmt dieser>

Hier besteht ganz offenbar ein sehr großer Gesprächsbedarf, vertrauensvoller Gesprächsbedarf. Dieser sollt angegangen werden. Das Gespräch, bzw. ein Gespräch mit Direktorium würde ich mir als letzte Eskalationsmöglichkeit vorbehalten. Sollten die hier vorher zu führende Gespräche aber nicht zum Ziel führen würde ich dieses auch als solches führen.

Du schreibst weiter, die Koll. bedarf auf Grund einer Behinderung besonderer Arbeitsplatzausstattung (Stuhl) und ggf. weiterer Hilfsmittel um mit den Akten/Unterlagen entsprechend händeln zu können. Hier ist der AG gem. § 81 gefordert am besten unter Einbeziehung des tech. Beraters des Integrationsamtes. Hier besteht offenbar auch ein Anspruch auf Mittel aus der Ausgleichsabgabe hierfür.

Zum Schluss aber noch die Frage: Wieso konnte es überhaupt dazu kommen, dass ein Mitarbeiter/ eine Mitarbeiterin überhaupt auf einen solchen Arbeitsplatz (Ausstattung/Einrichtung) gesetzt werden konnte und dass 1 Jahr lang> Hätte man hier nicht von Anfang an besser hinsehen und Fragen stellen sollen>>

handicapt

traute, Sunday, 21.08.2005, 09:38 (vor 6848 Tagen) @ hackenberger

»
» Hier aber auch einmal die Frage: Ist der Beauftragte für die Belange der
» Schwerbehinderten hier eingebunden und was sagt dieser bzw. unternimmt
» dieser. Er ist hier auf Grund seiner gesetzliche Pflichten/Aufgaben
» gefordert
.
»
ja bernd, nachdem ich im mai von der MA selber involviert wurde (bzgl eines parkplatzproblemes) habe ich erst kenntnis von der situation, in der sie sich befindet, erhalten und den beauftragten sowie den sicherheitsingenieur eingeschaltet. beide sind z.zt. ratlos und wissen nicht, wie oder was getan werden soll, muss etc. der sicherheitsing. würde den arbeitsplatz SOFORT beurteilen, nur alle anderen (betriebsärztlicher dienst, vorgesetzter, dienststelle) sind terminlich nicht unter einen hut zu bringen. deshalb nochmal 4 wo verzögerung.


» Hier ist möglicher Weise auch eine intensivere Zusammenarbeit zwischen
» SchwbV und BASchwb anzustreben.
»

BASchwb bedeutet was> bundesagentur für arbeit vielleicht> alles am laufen... zuständig ist das arbeitsamt für kostenübernahme eines stuhles. antrag gestellt und abgelehnt mit der begründung, sie habe einen stuhl vor jahren finanziert bekommen (den sie auch mitgebracht hat und in den einen büro nutzt) das arbeitsamt VERLANGT, sie solle tgl den stuhl von A nach B transportieren. wie das allerdings möglich sein soll, ist schleierhaft. soll sie hinter ihren rollstuhl einen karren spannen, wer hebt den stuhl darauf und runter) absoluter schwachsinn! integrationsamt ist auch eingeschaltet, die sagen, sie sind nicht zuständig. also gibt es keinen stuhl>>>>

» Du schreibst weiter, dass grundsätzlich der Arbeitsplatz als Arbeitsplatz
» in Frage gestellt wird. Damit ist es ein grundsätzliches BR/PR Thema. Was
» sagt also der BR/PR hier, was hat er unternommen unternimmt dieser>

die sind von mir informiert worden und haben ebenfalls eine arbeitsplatzgefährdungsbeurteilung eingefordert.

»
» Hier besteht ganz offenbar ein sehr großer Gesprächsbedarf,
» vertrauensvoller Gesprächsbedarf. Dieser sollt angegangen werden. Das
» Gespräch, bzw.

ein Gespräch mit Direktorium würde ich mir als letzte
» Eskalationsmöglichkeit vorbehalten. Sollten die hier vorher zu führende
» Gespräche aber nicht zum Ziel führen würde ich dieses auch als solches
» führen.
»

so habe ich auch als letzte möglichkeit gedacht.

» Du schreibst weiter, die Koll. bedarf auf Grund einer Behinderung
» besonderer Arbeitsplatzausstattung (Stuhl) und ggf. weiterer Hilfsmittel
» um mit den Akten/Unterlagen entsprechend händeln zu können. Hier ist der
» AG gem. § 81 gefordert am besten unter Einbeziehung des tech. Beraters des
» Integrationsamtes. Hier besteht offenbar auch ein Anspruch auf Mittel aus
» der Ausgleichsabgabe hierfür.

siehe oben
»
» Zum Schluss aber noch die Frage: Wieso konnte es überhaupt dazu kommen,
» dass ein Mitarbeiter/ eine Mitarbeiterin überhaupt auf einen solchen
» Arbeitsplatz (Ausstattung/Einrichtung) gesetzt werden konnte und dass 1
» Jahr lang> Hätte man hier nicht von Anfang an besser hinsehen und Fragen
» stellen sollen>>

diese frage habe ich mir auch gestellt. die MA ist bei vorstellungsgesprächen, die nur zwischen ihr und dem oberarzt stattgefunden haben (alles ohne stellenausschreibung!!) davon ausgegangen, dass ein adequater arbeitsplatz zur verfügung steht. ihre behinderung ist ja offensichtlich. leider lief alles ganz anders und erst im juni hatte sie darüber ein klärendes gespräch mit ihrem vorgesetzten. bisher nur leere versprechungen.
jetzt muß natürlich die ganze sache von hinten aufgerollt werden und die MA hat terminliche vorgaben in ihren studien zu erfüllen!! für mich grenzt das an "körperverletzung".

handicapt

hackenberger, Sunday, 21.08.2005, 18:04 (vor 6847 Tagen) @ traute

Hallo Traute,

hier hilft ggf. nur ein vertrauensvolles Gespräch mit dem Direktorium weiter. Du solltest dieses aber gemeinsam mit dem BR/PR-Vorsitzenden führen. Denn offenbar kommt ja auch dieser nicht weiter und ist so vermute ich mal hier bei der Einstellung übergangen worden oder wie kommt es, dass Du erst so spät von der Beschäftigung informiert wurdest>

Zu Deiner Frage BASchwb = Beauftragte für die Belange der Schwerbehinderten des AG!

Hier hat der AG ganz klar gegen die §§ 81 und 95 offenbar verstoßen. Es wäre ggf. mal zu prüfen ob man hier gegen den verantwortlichen Ober-/Stationsarzt (der welcher hier das ganze zu verantworten hat) ein Ordnungsgelg (geht bis 10.000,- €) beantragt werden. Diese wird ja gegen den Verantwortlichen persönlich verhangen und darf vom AG nicht erstattet oder übernommen werden. Dieses wäre ein Verstoß gegen das Ordnungswidrigkeitengesetz. Weiter glaiube ich auch bei den negativen Kassenlagen nicht, das sie dazu bereit wären. Zumindest ein ganz deutliches Gespräch mit dem Verantwortlichen hierüber, also deutlicher Hinweis auf diese Möglichkeit/Summe. Es wäre auch ein Thema für das Gespräch mit dem Direktorium. Ggf. reicht ja erstmals ein deutlicher HInweis auf den § 156.

Seit ihr noch öffentl. Dienst> Dann wäre ja auch der § 82 noch zu beachten.

Wie auch immer, eine Einstellung ganz egal welcher Art unterliegt der Mitbestimmung des BR/PR und bei Schwb auch dem § 95 SGB IX. EinVerstoß gegen den § 95 ist der Weg zum § 156 und den hier gegebenen Folgen.

Zum Schluß noch die Frage: Wenn auch der BR/PR hier bei der Einstellung übergangen wurde, was unternimmt dieser> Ist er nicht übergangen worden, stellt sich die Frage, wieso wurde die SchwbV nicht eingebunden bzw. erhielt erst so spät Kenntnis von allem>>

handicapt

traute, Sunday, 21.08.2005, 18:42 (vor 6847 Tagen) @ hackenberger

hallo bernd,
die einstellungsmaßnahme war in der mitbestimmung. jedoch hat offensichtlich
niemand gewußt, dass diese frau ein handicap hat. (außer dem Oberarzt) im
klartext gesagt, die ganze sache ist "hintenrum" (nicht offiziell) gelaufen.
die MA war offensichtlich froh, dass sie einen job hatte und ist deshalb auch nicht
auf mich bzw PR zugekommen.

jetzt habe ich natürlich ein fass aufgemacht. ich kann ur hoffen, dass es
nicht insgesamt zum nachteil der MA wird.

auf der anderen seite ist diese geschichte das beste beispiel, wie NICHT mit
behinderten menschen umgegangen werden DARF. auch der AG beauftragte ist
ratlos. sowas war noch nie da.

eine GROSSE herausforderung für alle beteiligten, hauptsächlich der
dienststelle. morgen mache ich einen termin mit dem PR
vorsitzenden beim dienststellenleiter . dann sehen wir weiter.

wir sind anstalt des ÖD. noch....

danke für deinen rat.
traute

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