grundlose Versetzung... (BEM)

silke, Niedersachsen, Wednesday, 25.07.2012, 20:19 (vor 4319 Tagen)

Liebe Mitstreiter,

Heute habe ich eine Kollegin zu einem ( 2 ten>>>>>)Bem-Gespräch begleitet.
Die Mitarbeiterin hat aufgrund einer Krebserkrankung eine Schwerbehinderung beantragt...Verfahren läuft noch.
Die Mitarbeiterin hatte nach ihrer akuten Krebserkrankung ein erstes Bem und eine Wiedereingliederung begonnen, während dieser Wiedereingliederung hatte sie einen Unfall und musste sich ein Schulter-op unterziehen, es erfolgte eine Reha und da haute das Schicksal nochmal zu...
Beim Rehasport wurde sie an der Hand so schwer von einem Ball getroffen, das die Hand operiert werden musste...( dieser Unfall wurde über die BG als Arbeitsunfall gewertet). Nun soll sie wegen der Hand eine Wiedereingliederung machen, gefördert über die BG.
Bezüglich ihrer Krebserkrankung ist sie wieder voll einsatzfähig.
Die Mitarbeiterin ist in Vollzeit im Nachtdienst ,seit über 20 Jahren,beschäftigt.

In unserer Einrichtung werden Nachtdienste abgebaut und umstrukturiert...., die Vorgesetzte wollte nun den Bem-termin nutzen, um die Mitarbeiterin aus den Nachtdienst 3,5 Tage Woche in den Tagdienst 5,75 Tage Woche versetzen.... unter dem Deckmantel Fürsorgepflicht.
Einer Wiedereingliederung will sie nicht zustimmen.
Habe sie darauf hingewiesen, das eine Wiedereingliederung nun immer erfolgen muss ( Hamburger Model).Zum anderen gäbe es ohne Erprobung keine Veranlassung für eine Umsetzung.
Nachdem die Vorgesetzte komplett blockte, haben wir das Gespräch abgebrochen und einen neuen Termin ins Auge gefasst. Ich habe veranlasst,das das Integrationsamt bzw.der Betriebsarzt hinzugezogen werden wird.
Wer hat noch nen Tip>>>
Dem AG geht es nicht um Fürsorge sondern nur um günstig ne Vollzeitkraft zu reduzieren und die MA ist mit den vielen Arbeitstagen und einer neuen Aufgabe nach so langer Zeit erheblich unter Druck.

Lieben Dank Silke

PS: mit Integrationsfachdienst hab ich schon nen Termin und der Betriebsarzt hat die Gesundheit der Mitarbeiter wirklich imAuge

grundlose Versetzung...

hackenberger, Wednesday, 25.07.2012, 20:52 (vor 4319 Tagen) @ silke

Hallo Silke,

» die Vorgesetzte wollte nun den Bem-termin nutzen, um die Mitarbeiterin aus
» den Nachtdienst 3,5 Tage Woche in den Tagdienst 5,75 Tage Woche.
Wenn sie einen Arbeitsvertrag über 3,5 Tage hat kann der AG nicht einfach im Rahmen des Direktionsrechtes daraus einen ArbV mit 5,75 Tage machen. Das bedürfte der freiwilligen Änderung des ArbV. Denn auch mit einer Änderungskündigung kann der Ag nicht aus Teilzeit Vollzeit machen.

Doch Du schreibst "Die Mitarbeiterin ist in Vollzeit im Nachtdienst, seit über 20 Jahren, beschäftigt."
Das verstehe ich bei einer 3,5 Tage Woche nicht ganz. Oder hat sie 10 Std. Schichten>

Wenn sie aber einen ArbV hat der "nur" Nachschicht vorsieht, müsste der AG eine Änderungskündigung aussprechen. Das wäre dann ein Fall des Kapitel IV SGB IX, also § 85 ff SGB IX.

PS: Schwerbehinderte haben einen ggf einklagbaren Anspruch auf Wiedereingliederung § 81 SGB IX!

Hier aber auch noch ein Auszug eines Urteils, welche ALLE Beschäftigte betrifft.

Betriebliches Eingliederungsmanagement - Hamburger Modell jetzt immer durchzuführen!

LAG Hamm, Urteil v. 04.07.2011 - 8 Sa 726/11

Bei vielen Arbeitgebern herrscht die Vorstellung, das Modell der stufenweisen Wiedereingliederung (so genanntes Hamburger Modell) sei nicht zwingend; hierüber könne frei entschieden werden. Dies ist nicht mehr zutreffend. Im Rahmen der notwendigen Maßnahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gehört auch die Durchführung einer ärztlich empfohlenen stufenweisen Wiedereingliederung nunmehr zum Pflichtprogramm. Arbeitgeber, die daher das Hamburger Modell ablehnen, müssen mit Schadensersatzansprüchen rechnen. Welche Grundsätze hier gelten, hat nun das Landesarbeitsgericht Hamm in einem aktuellen Urteil entschieden (LAG Hamm, Urteil v. 04.07.2011 - 8 Sa 726/11).

Anmerkung:
Die Herausnahme könnte aber auch ein begründetes Handeln des AG aus Fürsorgegründen darstellen. Wenn z.B. sie im Nachtdienst viel alleine wäre und der AG dann befürchtet, dass sie aus Gesundheitsgründen ggf. gefährdet ist. Da sollte der Betriebsarzt ggf. eine Aussage treffen.

Das man seit > 20 Jahren Nachdienst macht ist kein Grund. Es gibt hier kein Besitzstand. Auch hierzu ein Auszug aus einem Urteil.

Allein aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über längere Zeit hinweg ausschließlich in der Nachtschicht beschäftigt hat, resultiert für diesen kein Anspruch darauf, auch künftig nur nachts arbeiten zu müssen. Das hat das LAG Hamm entschieden (Urt. vom 13.01.2012 - 10 Sa 1225/11).

grundlose Versetzung...

silke, Niedersachsen, Wednesday, 25.07.2012, 21:22 (vor 4319 Tagen) @ hackenberger

» Hallo Bernhard,
»
Unsere Nachtwachen arbeiten immer 7 Tage und haben dann 7 Tage frei.
In der Tat ist dies eine langer Dienst mit 10,5 Stunden gerechneter Arbeitszeit.
Leider hat die Mitarbeiterin keinen "reinen " Nachtdienst-Vertrag. Lediglich als Mitarbeiterin in der Betreuung in Vollzeit.
Dadurch hat der AG natürlich jede Menge Handhabe....
Mir geht es zum einen darum, das hier einfach so Versetzung stattfinden soll,statt Sozialauswahl zu machen.
Die Mitarbeiterin hat keine Leistungseinschränkungen von ihren ( allen ) Ärzten bekommen .
Sie kann ihre Tätigkeit voll umfänglich ausfüllen und ihr Gyn wertet eher die Möglichkeit von einer Freiwoche einer Dienstwoche als positiv, bzw. die im Tagdienst erhöhte Tagewoche als belastend.
Leider ist die Tagewoche arbeitsvertraglich auch nicht festgeschrieben...

Uns bleibt nur die Chance über Wiedereingliederung bzw.Gutachten zu belegen,das sie die Tätigkeit ausfüllen kann..und eine Umsetzung kontraproduktiv wäre.

Immerhin kann der AG ja auch offen und ehrlich eine Umsetzung anstreben...dann soll er dies auch so tun...aber doch nicht im Rahmen BEM. Jedenfalls nicht, wenn es NICHT der Gesundheit der Mitarbeiter zuträglich ist.

Hab vielen Dank für Deine schnelle und gut nutzbare Antwort.
Silke

grundlose Versetzung...

hackenberger, Wednesday, 25.07.2012, 21:45 (vor 4319 Tagen) @ hackenberger

Hallo Silke,

Eine BEM-Maßnahme ist und kann nie eine Versetzung sein. Der AG muss also IMMER eine formelle Versetzung ggf machen. Hier dann auch die Mitbestimmung des BR vollumfänglich sowie bei Schwerbehinderten den § 95 Abs 2 SGB IX beachten.

Wenn hier ein Ratio Maßnahme erfolgen soll, so ist auch hier das BetrVG und ggf SGB IX zu beachten.

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