MdE anerkannt, wie stehts mit dem GdB (Antragstellung / Widerspruch)

Ute, Thüringen bzw. bundesweit, Tuesday, 16.10.2012, 09:01 (vor 4220 Tagen)

Hallo im Forum,
obwohl ich eine eifrige Nutzerin des Forums bin, komme ich mit einem aktuellen Fall nicht weiter. Ich habe einen Kollegen, der 2007 einen ersten Arbeitsunfall hatte. Ihm wurde durch die Berufsgenossenschaft ein MdE von 30% festgestellt und im Januar diesen Jahres die Rente dazu entfristet. Nun hatte er im Frühjahr diesen Jahres einen erneuten Arbeitsunfall. Im September kam der Bescheid der BG über einen 2. MdE von 30% mit einer erst mal befristeten Rente. Laut Aussage seines Arztes summieren sich beide MdEs :lookaround: . Muss jetzt ein Erstantrag auf Feststellung eines GdB erfolgen, oder reichen die Bescheide über den MdE um ihn als Schwerbehinderten in unserer Firma zu führen> Mein Gefühl sagt GdB feststellen lassen. Liege ich richtig>
Danke schon mal im Voraus.

Viele Grüße
Ute

MdE anerkannt, wie stehts mit dem GdB

hackenberger, Tuesday, 16.10.2012, 12:31 (vor 4220 Tagen) @ Ute

Hallo Ute,

also MDE ist auch nicht so ganz mein Gebiet, daher habe ich mich heute extra nochmals mit meinen Fachleuten beim Versorgungsamt kurz geschlossen.

Also, die beiden MdE von 30% werden weder von der BG noch vom Versorgungsamt zu einem MdE von 60% bzw. zu einem GdB von 60 addiert. Es bleibt also bei einem MdE von 30%.

Wenn nun Betroffene einen Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung stellen, wird vom Versorgungsamt da eine Anerkennung einer Behörde getroffen ist, der Antrag abgelehnt.

Betroffene könnten dann ggf., sofern die Gründe lt. SGB IX gegeben wären, einen Antrag auf Gleichstellung bei der Agentur für Arbeit stellen.

Sofern aber Betroffene weitere gesundheitliche Einschränkungen, z.B. Taubheit/ Diabetis mit zur Anerkennung beim Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung bringen, wird der Antrag nicht abgelehnt und vom Versorgungsamt alles gemeinsam bewertet. Dann könnte ggf ein GdB > 30 herauskommen.


TIPP
Bei solchen Fragen ist eine schnelle Antwort oft am einfachsten durch einen kurzen Anruf bei den zuständigen Ämtern/Behörden zu erhalten. Auch ein grundsätzlicher guter Kontakt der SchwbV zu den zuständigen Ämtern/ Behörden ist immer empfehlenswert. Denn dann kennt man sich. ;-)

Fazit:
Der Artzt lag/liegt leider mit seiner Einschätzung etwas daneben. :-(

MdE anerkannt, wie stehts mit dem GdB

Ute, Thüringen bzw. bundesweit, Tuesday, 16.10.2012, 13:22 (vor 4220 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

vielen Dank für die schnelle Antwort.

» Der Artzt lag/liegt leider mit seiner Einschätzung etwas daneben. :-(

Das hätte mich auch gewundert, aber nichts ist unmöglich. Als erstes werden wir einen Gleichstellungsantrag stellen und dann werden wir weiter sehen.

Viele Grüße
Ute

MdE anerkannt, wie stehts mit dem GdB

albarracin, Baden-Württemberg, Tuesday, 16.10.2012, 16:09 (vor 4220 Tagen) @ Ute

Hallo,

reden wir über unterschiedliche Funktionseinschränkungen als Folgen der zwei Arbeitsunfälle>
Falls ja, wäre der Anspruch auf Feststellung eines GdB wegen evtl. steuerrechtlicher Konsequenzen (Freibeträge) sehr wohl gegeben, da hier dann ein Gesamt-GdB von 40 denkbar wäre.
Ich hatte letzes Jahr einen derartigen Fall mit einmal MdE 30 und einmal MdE 20 mit unterschiedlichen Auswirkungen (Psyche und Bewegungsfähigkeit) und selbst das sonst übermäßig geizige VA Stuttgart hat dann einen entsprechenden Bescheid mit GdB 40 erlassen.

--
&Tschüß

Wolfgang

MdE anerkannt, wie stehts mit dem GdB

hackenberger, Tuesday, 16.10.2012, 16:24 (vor 4220 Tagen) @ albarracin

Hallo Wolfgang,


Sorry muss die widersprechen. Habe ausdrücklich bei meiner Nachfrage beim Versorgungsamt genau es so besprochen. Also zwei unterschiedliche und zeitlich getrennte Unfälle mit zwei unterschiedlichen Folgen.

Habe dann auch nochmals bei einem anderen SB des Versorgungsamtes nachgefragt und dann gesagt.
Beispiel:
1. Unfall Verlust eines Fingers an der linken Hand.
2. Unfall Verlust eines Finger an der rechten Hand.

Beide dann mit getrennter Zuerkennung eines MdE von je 30%. Ändert dieses dann etwas, weil ja dann die Auswirkungen / Beeinträchtigungen ganz anders, ja deutliche sind.

Antwort, es bleibt dabei. Es gibt dann zwei getrennte Feststellungen der BG von je MdE 30%. Auch dann, sofern nicht Beeinträchtigungen welche nichts mit dem Feststellungsbescheid der BR zur Anerkennung gebracht werden, lehnt das Versorgungsamt den Antrag ab. Also wie oben.

Auch für mich nicht einfach verständlich, aber ist leider so.

Antwort auch noch, eine Behörde, greift nicht die Entscheidung hier der anderen Behörde an, auch weil für die Entscheidung die gleichen Grundsätze (Tabelle) zur Anwendung kommen.

Also überlegen, gibt es noch eine weiter gesundheitliche Beeinträchtigung welche nun zur Anerkennung gebracht werden kann.

Hier auch der passende Auszug aus dem Gesetz/ Knittelkommentar § 69 Rn 81, 82
Eine eigenständige Feststellung des GdB ist dann nicht zu treffen, wenn bereits in einer Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung eine anderweitige Feststellung über den Grad der MdE getroffen ist. Dies gilt insbesondere für Bescheide über Renten, Kapitalabfindungen und sonstige Versorgungs- oder Entschädigungsleistungen, in denen der jeweilige Leistungsträger einen bestimmten MdE-Grad zugrunde gelegt hat

Die Feststellungen binden insoweit, als das Versorgungsamt bzw. die nach Landesrecht zuständige Behörde zuungunsten des behinderten Menschen hiervon nicht abweichen darf. Ist in einem Festsetzungsverfahren nach dem Recht der Unfallversicherung eine unfallbedingte MdE rechtsverbindlich festgesetzt worden, ist für eine niedrigere Festsetzung des GdB nach dem SGB IX kein Raum mehr (SG Karlsruhe Urteil vom 8. Juni 1994 – S 4 Vs 2673/93 = Breithaupt 1995, 275 = HVBG-INFO 1995, 1170). Die Entscheidung eines Unfallversicherungsträgers über den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit schließt nach § 69 Abs. 2 SGB IX eine von ihr abweichende Feststellung des Grades der Behinderung durch das Versorgungsamt auch dann aus, wenn diesem bei der Entscheidung über die Höhe des Grades der Behinderung oder über dessen Herabsetzung nach § 48 SGB X der Bescheid des Unfallversicherungsträgers nicht bekannt war und der behinderte Mensch sich erst nachträglich – z. B. im Gerichtsverfahren – auf ihn berufen hat (vgl. LSG Berlin Urteil vom 16. November 2000 – L 11 SB 15/99 = SGb 2001, 184 [Kurzwiedergabe]).

Rn 83 (ist dann wenn zusätzliche Beeinträchtigungen zur Anerkennung gebracht werden)
Die Bindungswirkung des Abs. 2 besteht aber nicht, soweit ein berufsgenossenschaftliches Verfahren nur einen Einzel-GdB betrifft. Bei der Einschätzung des Gesamt-GdB kann die Behörde nicht darauf verzichten, in eine eigene Prüfung der durch die Unfallfolgen verursachten Funktionsbehinderungen einzutreten (SG Aachen Gerichtsbescheid vom 11. Januar 2005 – S 18 SB 212/04, zit. nach JURIS). Denn eine Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Arbeitsunfallfolgen ist für die Versorgungsbehörde nicht verbindlich, wenn sie den Grad der Behinderung unter Berücksichtigung weiterer gesundheitlicher Beeinträchtigungen festzustellen hat (BSG Urteil vom 5. Juli 2007 – B 9/9a SB 12/06 R = SozR 4-3250 § 69 Nr. 4 = Breithaupt 2008, 39 = SuP 2008, 116). Die Vorschrift des § 69 Abs. 2 SGB IX lässt – in Bezug auf die Beurteilung einzelner Funktionsbeeinträchtigungen – einen nur teilweisen (partiellen) Verzicht auf eigenständige Feststellungen der Versorgungsbehörden nach Abs. 1 dieser Vorschrift nicht zu. In Satz 1 des Abs. 2 heißt es gerade nicht: „Feststellungen nach Abs. 1 sind nicht zu treffen, soweit eine Feststellung ...”. Mit der Verwendung des Wortes „wenn” macht das Gesetz deutlich, dass die Absätze 1 und 2 des § 69 SGB IX einander ausschließen (BSG Urteil vom 5. Juli 2007 a. a. O.).

ff Rn


PS: Ich hätte nun folgendes Gedankenspiel. Im Nachgang nun, also nach gewisser Zeit, bekomme ich nun je nach Art des Unfalles und der Auswirkungen physische Probleme und bin / gehe aus diesem Grund nun auch in ärztliche Behandlung. Dann hätte ich eine weitere gesundheitlich Beeinträchtigung, welche bisher noch nie zur Anerkennung gebracht wurde.


Anmerkung:
Mein einer Ansprechpartner beim Versorgungsamt ist übrigens der Leiter der Widerspruchsstelle.

Ach ja: Einen Steuerfreibetrag kann es ja auch bei einem NdE/GdB von 30 geben.
Behinderte mit GdB/MdE ab 25 sowie für Angehörige

Bei einem GdB von wenigstens 25, aber unter 50 wird der Pauschbetrag nur gewährt, wenn die Behinderung
•die körperliche Beweglichkeit dauernd beeinträchtigt (z. B. auch als Folge innerer Krankheiten oder einer Seh-/Hörbehinderung) oder
•durch eine typische Berufskrankheit hervorgerufen wird oder zum Bezug einer Rente berechtigt.

Der letzte Punkt trifft hier ja zu! Also, Rücksprache mit dem Finanzamt!

MdE anerkannt, wie stehts mit dem GdB

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 17.10.2012, 12:12 (vor 4219 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

daß die Bewertungen der VA mittlerweile ziemlich "auseinanderlaufen" - gerade auch innerhalb von Bundesländern, die die eigenständige Versorgungsverwaltung aufgelöst haben - ist ja nix Neues. Insoweit widerspreche ich Dir nicht, was deine Auskünfte betrifft, aber ich habe halt den von mir geschilderten Fall schwarz auf weiss rechtskräftig in meinen Akten.
ME - und da finde ich mich durch den Knittel auch bestätigt - besteht die Bindungswirkung des MdE für das VA ausschließlich als untere Grenze. Schließlich ist der Behinderungsbegriff des GdB auch weitgehender als der Begriff der "Erwerbsminderung".
Natürlich erhöhte sich dadurch der Steuerfreibetrag (GdB 40 statt MdE 30) für den betroffenen Kollegen..
Auch bei "nur" einem vorliegenden MdE kann im Einzelfall ein GdB-Antrag notwendig sein. So zB bei einem Fall in meinem Betrieb, als die BG eine komplette Impotenz gem. Nr. B 13.2 VG nicht beim MdE berücksichtigt hatte, das VA dies aber sehr wohl berücksichtigen (mußte) und durch den Einzel-GdB 20 auch der MdE 40 zu einem Gesamt-GdB 50 wurde.

Dein "Gedankenspiel" zu psychischen Spätfolgen aufgrund schwerer Unfälle spielt bei mir im ÖPNV öfter eine Rolle. Auch hier besteht mE oft ein eigenständiger Bewertungsanspruch durch das VA (der eine Berücksichtigung durch die BG aber nicht ausschließt) , da die Folgen für das private Umfeld und das soziale Leben gravierender sein können als für das berufliche Feld.

--
&Tschüß

Wolfgang

MdE anerkannt, wie stehts mit dem GdB

hackenberger, Wednesday, 17.10.2012, 17:39 (vor 4219 Tagen) @ albarracin

Halo Wolfgang,

wir liegen ja eigentlich nicht auseinander. Denn auch deine positiven Erfahrungen betreffen ja den Punkt auf welchen ich aus hingewiesen habe. Nämlich eine gesundheitliche Beeinträchtigung gibt welche die BG eben nicht mit berücksichtigt/ behandelt/ bewertet hat.

In meinem Beispiel mit den jeweils 1 Finger an einer Hand, wäre dann ja auch zu prüfen, hat die BG beim letzten Unfall im Anerkennungsverfahren nur den Verlust des zeiten einen Finger, insgesamt nun ja 2 Finger behandelt oder auch, dass nun auf Grund der Gesamtheit der Behinderung, nämlich jeweils der Verlust eines Finger ja Hand ein Gesamtbeeinträchtigung und Gesamt MdE ergeben kann welche höher liegt, beachte/ bewertet> Also einen nun neuen ggf höheren Gesamt-MdE gebildet.

Es wäre dann aber in solchen Fällen auch zu prüfen und ggf zu raten den Beschluss/ Bescheid der BG anzufechten. Denn dann würde ja auch ggf eine höhere Rente am Ende stehen.

Doch dieses sind dann eben leider keine Themen der SchwbV, sondern von Fachleuten/ Anwälten oder Fachverbänden.

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