Rücknahme Antrag" Befreiung von Mehrarbeit" nach §124 SGB IX (Antragstellung / Widerspruch)

motoraddiver, Bernau a.Ch., Tuesday, 30.07.2013, 09:55 (vor 3933 Tagen)

Hallo zusammen

Heute mal für die Experten im Forum.
Wir als SBV wissen hier nicht mehr weiter.
Wir haben einen Mitarbeiter (Schwerbehindert) der einen Antrag auf Befreiung von Mehrarbeit nach §124 SGB IX gestellt hat. Er wollte aber eigentlich nur von der angeordneter Mehrarbeit befreit werden, hat also den Antrag falsch formuliert. Nun wurde der Antrag wie erwartet vom AG genehmigt. Problem ist nun, er ist aus der Gleitzeit geflogen, darf nur noch 8 Std täglich arbeiten, und muß jetzt auch Freitag bis 16.00 Uhr arbeiten, vorher hat er von Mo-Do.immer 9 Std. gearbeitet und Freitag bis 12.00 Uhr. Wir haben aber bei uns in der Fa. auch eine BV Gleitzeit flexibele Arbeitszeit. Nun meine Fragen.

Kann ich einen gestellten Antrag wieder zurücknehmen>
Gilt hier tatsächlich die 8 Std täglich oder allgemein die 40 Std. Woche>
Ist die BV Gleitzeit für diesen Mitarbeiter nun nicht mehr gültig>

Vielen Dank für euere Hilfe

Gruß Motoraddiver

Rücknahme Antrag" Befreiung von Mehrarbeit" nach §124 SGB IX

hackenberger, Tuesday, 30.07.2013, 10:13 (vor 3933 Tagen) @ motoraddiver

Hallo,

würde ja gerne antworten, doch leider gibt es hier nur ein sehr unvollständiges Profil.

Rücknahme Antrag" Befreiung von Mehrarbeit" nach §124 SGB IX

motoraddiver, Bernau a.Ch., Tuesday, 30.07.2013, 10:42 (vor 3933 Tagen) @ hackenberger

» Hallo,
»
» würde ja gerne antworten, doch leider gibt es hier nur ein sehr
» unvollständiges Profil.

Sorry, habe jetzt alles soweit ausgefüllt.
Viele Grüße

Rücknahme Antrag" Befreiung von Mehrarbeit" nach §124 SGB IX

hackenberger, Tuesday, 30.07.2013, 11:12 (vor 3933 Tagen) @ motoraddiver

Hallo,

also gehen wir die hier betroffenen Sachverhalte an.

1. Gleitzeit ist wohl in einer BV geregelt. Dort auch wer in den Geltungsbereich dieser BV fällt. Eine BV wird zur Ergänzung/ Bestandteil des ArbV. Daher kann jeder AN der in den Geltungsbereich fällt die Einhaltung/ Beachtung/ Umsetzung durch den AG einklagen. Auch der BR sollte auf vollständige Beachtung/ Umsetzung achten und notfalls per Beschlussverfahren einklagen.

Eine Herausnahme Einzelner AN aus dem Geltungsbereich ist nur durch Änderung der BV möglich. Da müsste der BR also zustimmen.

2. § 124 SGB IX. Jeder Schwerbehinderter hat das Recht sich von Mehrarbeit, temporär oder dauerhaft befreiein lassen. Er muss dieses nicht begründen. Es bedarf auch keiner ärztlichen Bescheinigung. Es bedarf auch keiner Genehmigung durch den AG. Schwerbehinderte müssen dieses nur so zeitig dem AG mitteilen, dass er dieses bei seinen Planungen entsprechend berücksichtigen kann.

Wenn der AG weil ein Schwerbehinderter sein Recht aus § 124 SGB IX in Anspruch nimmt, aus der Gleitzeit heraus nimmt, wäre dieses rechtswidrig, weil Verstoß gegen die BV und auch ein berechtigtes Indiz für einen Verstoß gegen das AGG, da eine Benachteiligung aus Gründen der Behinderung. Gleiches wäre es auch, wenn aus diesem Grund der Geltungsbereich der BV geändert würde. Also Betroffene aus dieser BV herausgenommen würden.

Letztlich Gleitzeit hat nichts mit Mehrarbeit zu tun. Doch sollten Schwerbehinderte welche den § 124 SGB IX in Anspruch nehmen, auch aus Gründen der Glaubhaftigkeit darauf achten, dass sie bei der Nutzung der Gleitzeit nicht aus den zeitlichen Grenzen des § 124 SGB IX, also 8 Std. täglich herazsfallen, also diese nicht überschreiten.

Klar kann jeder Schwerbehinderte auch von der Inanspruchnahme des § 124 SGB IX zurücktreten oder von dauerhaft auf temporär wechseln.

PS: Beim Thema Mehrarbeit auch den § 81 Abs 4 SGB IX beachten, denn auch der könnte hier ggf betroffen sein. Das haben wir ja mehrfach behandelt.

Weiter, Mehrarbeit fällt auch unter § 95 Abs. 2 SGB IX. Wie auch das Ansinnen des AG hier. Auch hätte er hier die MB des BR beachten müssen § 87 Abs 1, Satz 2 und 3.

Rücknahme Antrag" Befreiung von Mehrarbeit" nach §124 SGB IX

williniesky, Dresden/Sachsen, Tuesday, 30.07.2013, 11:41 (vor 3933 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

das sehe ich etwas anders. Es gibt ein Urteil des BAG, dass besagt, alles über 8 Stunden tägliche Arbeitszeit, ist Mehrarbeit. Das würde für den Kollegen bei gleitender Arbeitszeit bedeuten, er kann den Beginn der Arbeitszeit selbst festlegen, aber dann immer 8 Stunden. Das ergibt sich aus dem Problem, wenn er mal 7 Stunden arbeitet, wie will er die fehlende Stunde rausarbeiten, wenn er von Mehrarbeit befreit ist>
Der Kollege sollte aus meiner Sicht die Befreiung zurücknehmen und individuell nach § 81 Abs.4 Punkt 4 SGB IX sein Bedürfniss regeln. Das machen wir bei uns so, um den Kollegen noch die gleitende Arbeitszeit zu ermöglichen.

--
MfG
Williniesky

Rücknahme Antrag" Befreiung von Mehrarbeit" nach §124 SGB IX

hackenberger, Tuesday, 30.07.2013, 12:00 (vor 3933 Tagen) @ williniesky

Hallo,

was ist nun anders. Auf das Thema 8 Std. habe ich doch hingewiesen. Weiter, wenn ein AN und auch schwerbehinderter AN im Rahmen der Gleitzeit mal mehr wie 8 Std. arbeitet, bedeutet dieses nicht dass sie Mehrarbeit machen. Sie müssen nur den lt. Gleitzeit BV möglichen Zeitrahmen und das ArbZG beachten.

Der § 81 Abs 4 SGB IX regelt hier auch nichts anderes. Weiter bedarf es um diesem betreffend der Arbeitzeit in Anspruch nehmen zu können eines ärztlichen Attestes das bescheiningt, dass dieses aus den Gründen der anerkannten Behinderung erforderlich ist.

Diesen Weg nutzt man idR wenn es um Mehrarbeit geht welche die 8 Std. Grenze unterschreitet.

Weiter, auch bei Inanspruchnahme des § 81 Abs 4 SGB IX bleibt das Problem, wenn ein Betroffener im Rahmen der Gleitzeit die Arbeitzeitgrenzen des Attestes überschreitet. Im Gegenteil, dann kann der AG die genaue Einhaltung der max. Zeiten dey Attestes verlangen, was dann ein gleiten fast unmöglich macht, wenn hier die max. Zeiten des ArbV als Grenze aufgeführt sind.

PS: Auch wenn man den § 124 SGB IX in Anspruch nimmt, kann man gleiten. Denn man kann zB 8 Std. 5 Minuten arbeiten um Gleitpolster zu schaffen. Denn diese 5 Minuten hat das BAG beim § 124 SGB IX zugestanden. Weiter sind heute viele ArbV mit weniger als 8 Std. täglich. Auch kann man sofern im Betrieb möglich auch den Samstag als Ausgleich nutzen.

Anmerkung in eigener Sache.
Ich möchte auf ein gutes Fachbuch an welchem ich mitgearbeitet habe hinweisen, welches nun angeboten wird.
Inklusion behinderter Arbeitnehmer - Rechtliche Grundlagen für Arbeitgeber, Personalabteilungen, Schwerbehindertenverteter und Betriebsräte

Rücknahme Antrag" Befreiung von Mehrarbeit" nach §124 SGB IX

motoraddiver, Bernau a.Ch., Tuesday, 30.07.2013, 12:12 (vor 3933 Tagen) @ hackenberger

Hallo zusammen

Vielen Dank für die schnelle und ausfürlichen Antworten.

Wir werden uns jetzt so wie Bernhard beschrieben hat,gegenüber den AG positionieren.

Viele Grüße

motoraddiver

Rücknahme Antrag" Befreiung von Mehrarbeit" nach §124 SGB IX

motoraddiver, Bernau a.Ch., Monday, 02.09.2013, 11:02 (vor 3899 Tagen) @ hackenberger

Hallo
Leider ist das Thema noch nicht von Tisch. Habe letzte Woche ein Schlichtungsgespräch mit GL gehabt. Die Fa. argumentiert und versteckt sich meiner Meinung nach, hinter Ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den betroffenen MA.
Sie akzeptieren die Rücknahme des Antrags" Befreiung von Mehrarbeit" nicht, und bringen immer wieder ihre Fürsorgepflicht ins Spiel.
Habe schon Std.im Internet verbracht, leider ohne Erfolg. Wenn ich z.B. ein Urteil von einen vergleichbaren Fall finden würde, wäre mir ja schon geholfen.
Mein Rechtsempfinden ist es, wenn der MA sein Antrag zurück nimmt, dann fällt er doch automatisch wieder in den gesetzlichen Regelungen. Oder liege ich hier falsch.
Vielleicht hat hier einer neue Argumente für mich.

Danke und viele Grüße
Motoraddiver :-)

Rücknahme Antrag" Befreiung von Mehrarbeit" nach §124 SGB IX

hackenberger, Monday, 02.09.2013, 13:22 (vor 3899 Tagen) @ motoraddiver

Hallo,

der AG kann sich hier nicht einfach auf die Führsorgepflicht berufen. Dieses müsste er dann als notwendig belegen. Also mit einer Ärztlichen Bescheinigung. Der Betroffene sollte sich von seinem Arzt doch einfach bestätigen lassen, dass aus ärztlicher Sicht keine Bedenken/ Einschränkungen betreffend Mehrarbeit im gesetzlichen Umfang ergeben.

Dann dem AG mitteilen, dass sollte er bei seiner Haltung bleiben, man den AG auf Schadenersatz wegen Verstoß der Duskriminierung gem AGG verklagen werde. Aber klagen müsste hier der AN.

Doch auch der BR kann und sollte hier helfen. Er sollte dem AG mitteilen, dass man sofern dieser hier sein Haltung nicht ändert, man als BR wegen Benachteiligung dieses Koll. KEINER Mehrarbeit mehr zustimmen würde.

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