Ablehnung eines Seminares (Seminare / Fortbildung)

Peter Molter @, Kaiserslautern, Thursday, 20.10.2005, 09:09 (vor 6772 Tagen)

Hallo,
gerne haette ich mal eure Meinung gehoert.
Der AG hat mir ein Seminar abgelehnt. Wie soll ich vorgehen>

Das “Mobbing – Psychoterror am Arbeitsplatz” war nicht speziell fuer die Schwerbehinderten vertretung ausgeschrieben, sondern fur unseren Arbeitsbereich (Betriebsraete).

Peter

Ablehnung eines Seminares

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Thursday, 20.10.2005, 09:31 (vor 6772 Tagen) @ Peter Molter

Hallo Peter,

wenn die so was (keine Ausschreibung nach SGB IX) wieder auffällt, dann melde dich im Vorfeld beim Anbieter.
Das kann dann seine Ausschreibung ergänzen (meistens wird es einfach vergessen). :-(
Dann kann dein Arbeitgeber diesen formalen (leider richtigen) Punkt nicht anführen um dir eine Teilnahme zu verweigern.

Was du weiterhin (Begründung) noch beachten musst, findest du hier:
http://www.komsem.de/hilfe.html

--
Herzlichen Gruß
Hans-Peter

Ablehnung eines Mobbing-Seminars: Rechtsprechung

Wolfgang E., Thursday, 20.10.2005, 14:37 (vor 6771 Tagen) @ Peter Molter

Wenn Arbeitgeber die SBV nicht auf Mobbingseminare lassen, berufen sie sich gerne auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus den 90er Jahren (BAG, Urteil vom 15.01.1997, 7 AZR 670/ 94). Diese Gerichtsentscheidung aus den 90er Jahren dürfte überholt sein und kann insbesondere auch nach den zahlreichen SGB IX-Änderungen 2004 und dem geänderten § 81 Abs. 2 SGB IX im Jahre 2006 jedenfalls für die Schwerbehindertenvertretung keinen Bestand haben. Dazu folgende Anmerkungen:

1. Es kommt bei einem Seminarbesuch nicht darauf an, ob dem Arbeitgeber eine konkrete betriebliche Konfliktlage dargelegt wird oder bekannt ist. Auch ist es ohne Belang, ob eine solche Mobbing-Konfliktlage etwa dem Integrationsteam bekannt ist und den Arbeitgeber über das Problem konkret informiert. Eine solche Info an den Arbeitgeber wäre evtl. sogar strafbar, wenn sie ohne Einverständnis des Mobbingopfers namentlich erfolgen würde.

2. Die Prävention, das betriebliche Eingliederungsmanagement sowie die Integrationsvereinbarung wurden durch die Gesetzesänderungen 2004 deutlich ausgeweitet und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz 2006 erlassen. Es gilt u.a., dem vielfach unterschätzten Massenphänomen Mobbing vorzubeugen. Je früher man präventiv gegensteuert, umso besser. Besonders für potentiell gefährdete Beschäftige wie schwerbehinderte Menschen bzw. Frauen ist es wichtig, umfassende, schnelle und rechtzeitige Informationen und Hilfestellungen von ihren gewählten Interessensvertretungen wie der SBV zu erhalten - nicht zuletzt auch im Interesse des Betriebs. Abgesehen vom Leid der Betroffenen durch Mobbing wird die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern eines Betriebs dadurch erheblich gestört und damit dessen Rentabilität herabgesetzt.

Es wäre geradezu kontraproduktiv, erst dann - verspätet - mit einer Schulung zu beginnen, wenn sich ein Mobbingproblem zuspitzt und das Mobbingopfer ggf. monatelang leiden zu lassen bis zum nächsten Seminar, bei dem dann aber möglicherweise bereits alle Plätze belegt sind. Jederzeit können Menschen plötzlich in derartige Krisensituationen geraten, in denen sie kompetenter und rascher Hilfe bedürfen. Ohne vorherige Schulung ist die gebotene frühzeitige bzw. professionelle Hilfe, die Betroffene von ihrer gewählten SBV erwarten, regelmäßig ausgeschlossen.

Man kann derartige Schulungsmaßnahmen auch mit einer Grippeschutzimpfung vergleichen. Eine Grippeschutzimpfung wird auch "vor" der Zeit vorgenommen, in der eine Grippe drohen könnte. Man impft dann gegen einen Virus, der drohen könnte, um es erst gar nicht zu einer entsprechenden Erkrankung (Grippe) kommen zu lassen.

3. Die Arbeitsgerichtsbarkeit ist nach alledem, soweit ersichtlich, zwischenzeitlich von der oben zitierten apodiktischen BAG-Rechtsprechung zu Recht abgerückt zugunsten einer effizienten Prävention durch das betriebliche Integrationsteam entsprechend den SGB IX-Änderungen 2004, dem auch die SBV angehört.

Arbeitsgericht München, Beschluss vom 16.10.2001, 33 BV 157/01 (rechtskräftig)
Arbeitsgericht Bremen, Beschluss vom 17.12.2003, 9 BV 81/03 (rechtskräftig)

Kontextlinks:
[link=http://www.hensche.de/Arbeitsrecht_aktuell_Gleichbehandlungsgesetz_Mobbing.html>printer=true]Mobbing und das AGG[/link]
www.arbeiterkammer.at
[link=http://books.google.de/books>id=QKIj_zFiKU0C&printsec=frontcover&dq=%22die+45+mobbing-Antworten%22&source=bl&ots=uRi3UAuIHD&sig=jaGgIW3EqkGQfyUmNhMrOLTWypc&hl=de&ei=xNjzS7uDMpqImwOLl8GpDQ&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=3&ved=0CCUQ6AEwAg#v=onepage&q&f=false]Die 45 Mobbing-Antworten[/link]

Ablehnung eines Seminares

hackenberger, Friday, 21.10.2005, 18:17 (vor 6770 Tagen) @ Peter Molter

Hallo Peter,

vieles wurde ja schon geschrieben dazu. Hier noch folgende Anmerkung. Auch BR haben nicht grundsätzlich das Recht an allen Seminaren welchen nach § 36 (7) bzw. 37 (6) ausgeschrieben sind teilzunehmen. Dieses gilt besonders bei solchen besonderen Themen. Hier sagt die Rechtsprechung folgendes:

1. Es muss einen begründeten Bedarf geben.
2. Es muss das in den Seminaren vermitteltes Wissen im BR-Gremium an ander BR-Mitglieder weitergegeben werden. Also interne Weitervermittlung.

Bei SchwbV muss nicht unbedingt eine Maßnahme nach § 96 (4) SGB IX ausgeschrieben sein, ist aber besser. Die SchwbV muss die Notwendigkeit im Rahmen ihrer Mandatstätigkeit begründen. Also Notwendigkeit weil ein Schwb von einem solchen Thema betroffen ist.

Ich rate stets dazu, rechtzeitig dem AG den Teilnahmewunsch mitteilen und entsprechend begründen.

Z.B. .... ich beabsichtige an der Maßnahme xy teilzunehmen. Die Notwendigkeit im Rahmen meiner Mandatstätigkeit, meinen Aufgaben gem. § 95 ist gegeben/notwendig (ggf. kurze weitere Begründung). Die Kosten hat gem § 96 (4) der AG zu tragen. Sollte ich bis zum xx.xx.xx (ca 8-14 Tage Zeit einräumen) keine negative Aussage haben gehe ich davon aus, dass von Seiten des AG keine Bedenken bestehen.

Ist ein belegbarer Grund gegeben und der AG verweigert die Kostenübernahme, muss man vor dem Arbeitsgericht die Teilnahme bzw. die Kostenübernahme beklagen.

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