Beteiligung b.Bewerbungsgesprächen (Einstellung)

Andrea, Monday, 14.11.2005, 14:56 (vor 6757 Tagen)

Hallo Kolleginnen und Kollegen,
ewig das alte Lied - Beteiligung bei Bewerbungsgesprächen - immer wieder wird dagegen verstoßen, obwohl man gebetsmühlenartig alle Beteiligte immer wieder darauf hinweist. Unsere Personalabteilung (krankenhaus) ist zwar in der Zwischenzeit sehr kooperativ, nur die untergeordneten Abteilungen, bei denen die Stellen ausgeschrieben sind (vornehmlich im ärztlichen Bereich und Sekretariate) wird dies immer wieder ignoriert. In der Zwischenzeit bin ich schon dazu übergegangen bei Kenntnis von sb Bewerbern, die Abteilungsleitungen speziell mit einem Schreiben auf die Vorgehensweise bei Bewerbungen hinzuweisen. Trotzdem kommt es immer wieder zu "Irritationen". Jüngster Fall: Ein Abteilungsleiter lädt o h n e Einbeziehung der Personalabteilung!! und nicht zuletzt auch der Schwerbehindertenvertretung Bewerberinnen am 11.11. telefonisch ein. Die SBV hat derzeit nur Kenntnis von der Bewerbung der sb, ein Vergleich zu den anderen fehlt. Die Bewerbungsgespräche wurden kurzfristig f. den 15.11. anberaumt, an der die SBV aus Termingründen nicht teilnehmen kann. Nach Rücksprache mit dem ärztlichen Abteilungsleiter mußte sich die SBV beschimpfen und in unflätigem Ton zum Bewerbungsgespräch zitieren lassen (was ich mir selbstverständlich verboten habe, u.a. auch mit dem Hinweis, dass ich als Schwerbehindertenvertretung sehr wohl terminliche Prioritäten setzen kann und verwies weiterhin auf im Haus gültige Regeln, u.a. auch auf die Integrationsvereinbarung. Mit viel Aufwand konnte nun die Stellvertretung aktiviert werden, die sich heute noch kurzfristig in die anderen Bewerbungen einlesen muß und morgen an den Terminen teilnimmt. Ebenso mußte sich die Personalabteilung einen Termin freischaufeln, um den Wünschen eines Chefarztes "gerecht zu werden" Die sb Bewerberin ist im übrigen geladen worden. Was gibt es denn noch für Möglichkeiten solche "Ignoranten" in die Schranken zu weisen, wenn es der Arbeitgeber schon nicht schafft> Die von Chefärzten gewünschten VErfahrensweisen verursachen ungemein viel Ärger und führt irgendwann wieder einmal dazu, dass eine Einstellung nicht erfolgen kann, bzw. ein Beschluss ausgesetzt werden muß. Für alle Beteiligten eine unangenehme und lästige Maßnahme, die eigentlich mit etwas Disziplin vermieden werden kann. Wer hat einen guten Ratschlag, wie man mit dieser Art von lernunwilligen Leitungsfunktionsinhabern umgehen kann. Sachliche Diskussionen helfen bei manchen "Persönlichkeiten" leider nicht weiter! Sicher habt ihr diesbezüglich auch schon solche Erfahrung gemacht, wie habt ihr bestimmte schwierigen Persönlichkeiten in den Griff bekommen> Charme, Geduld, Sachlichkeit und fachliches Wissen hatten in meinem jüngsten Fall leider keinen Erfolg, vielleicht weiß einer von Euch ja ne Lösung>
Gruß und Danke vorab
Andrea

Beteiligung b.Bewerbungsgesprächen

hackenberger, Monday, 14.11.2005, 15:09 (vor 6757 Tagen) @ Andrea

Hallo Andrea,

da hilft offenbar nur der Weg zum Geld. Also § 156 usw.! Vorschlag, Du hast das eigenständige Recht dir anwaltlichen Rat zu holen. Ich würde vorschlagen, sofern Du nicht schon einen guten Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht kennst, erkundige Dich nach einem solchen bei deiner Gewerkschaft oder bei VdK. Er sollte nur Kenntnisse und Erfahrungen in beiden Rechtsgebieten haben.

Kläre mit diesem die Problematik kurz ab und auch dass Du seine Hilfe ganz offiziell als VPSchwb holen möchtest. Er soll Dir bitte auch schon vorab behilflich sein, bei der Meldung über diesen Sachverhalt und der Begründung der Notwendigkeit dieses an den AG. Darf nur als solche Position nicht auf der Rechnung auftauchen. ;-)

Er kennt bestimmt alle Möglichkeiten, außer dem § 156 SGB IX, wie Androhung eines Bußgeldes (diese können weit aus höher sein als die möglichen Bußgelder gem. § 156) gegen den AG im Rahmen einer Einstweiligen Verfügung, bei wiederholtem/r Verstoß/Missachtung des SGB IX.

Beteiligung b.Bewerbungsgesprächen

Andrea, Monday, 14.11.2005, 16:37 (vor 6757 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,
den Weg der Anzeige einer Ordnungswidrigkeit bin ich bereits vor Jahren gegangen, hat zwar trotz Rückzug nach Einlenken der Personalabteilung zum Erfolg geführt - seitdem läuft die Beteiligung ziemlich komplikationslos, aber die Monate danach waren hart und steinig, das kann ich Dir versichern.
Erneut eine Ordnungswidrigkeit zur Anzeige zu bringen, denke ich ist wenig sinnvoll, zumal es eigentlich nur wieder den selben treffen würde wie vor ein paar Jahren, nämlich den Arbeitgeberbeauftragten und Personalleiter als Verantwortlicher. Und der kann d i e s m a l nun wirklich nichts für die Disziplinlosigkeit und Selbstherrlichkeit eines Chefarztes. Darüberhinaus bin ich mir in der Zwischenzeit fast sicher, dass der ganze Aufwand mehr oder weniger umsonst war, da die sb Bewerberin im Vergleich zu den anderen Bewerberin nicht die Qualifikation hat. Zumindest habe ich dies von meinem Stellvertreter signalisiert bekommen. Also viel Zeit, Überstunden (natürlich ohne Bezahlung) Ärger und Verbrauch von Energien aufgrund unzureichender Informationen, die ein Abteilungsleiter nicht gewillt ist rechtzeitig und umfassend weiterzuleiten und vertrauensvoll mit der Schwerbehindertenvertretung zusammenzuarbeiten. So kann man auch "sinnvoll Arbeitszeit" verbrauchen und Ressourcen verschleudern!! Ausgerechnet die, die über die Bürokraten schimpfen, komplizieren die Verfahrensweise bis zur Unkenntlichkeit und merkens nicht mal. Wenn ich in meiner Arbeit nicht immer wieder auch Erfolge zu verbuchen hätte, hätte ich den Kram schon länst hingeschmissen. Frag mich immer öfter, warum ich mir das eigentlich antue - weißt Du's vielleicht> Wenns Dich interessiert, werde ich Dir gerne eine Rückmeldung geben, was weiter passiert ist. Unkommentiert werde ich die Angelegenheit auf jeden Fall nicht lassen.
Ciao, gehe jetzt nach Hause und höre hoffentlich auf mich zu ärgern ! Andrea

Beteiligung b.Bewerbungsgesprächen

hackenberger, Monday, 14.11.2005, 19:26 (vor 6757 Tagen) @ Andrea

Hallo Andrea,

wir machen es weil es uns am Herzen liegt!

So nun zum Thema selbst, beantrage das Bußgeld gegen den Cheftarzt, denn der ist es welcher hier das SGB IX misachtet. Weiter ist es nun aber auch mal die Aufgabe des BASchwb und auch des Personalleiters hier den Chefarzt zur Ordnung zu rufen. Wenn diese dem nicht mit dem notwendigen Nachdruck nachkommen, sind sie auch für die Folgen mitverantwortlich.

Weiter kann man hier ja auch den AG mittel den weiteren Rechtsmittel zum Handel bewegen, Einweilige Verfügung mit Bußgeldandrohung usw.

Selbst wenn es dieses Mal nicht das gebracht hätte, was auch Deinem Wunsch entsproche hätte, so MUSS zukünftig für die Beachtung/Einhaltung des SGB IX Sorge getragen werden. Also zukünftig stets SGB IX konformes Handeln. Somit auch bei Berwerbungen/-gesprächen Info und Teilnahme über alle sofern auch nur 1 Schwerbehinderter/Gleichegstellter unter den Bewerbern ist.

Vieleicht hilft ja auch ein sehr intensives Gespräch mit der Leitung und hierbei dann der HInweis, dass sollte es nicht klappen die weiteren Schritte unausweichlich sind. Man möge diese auch dem Chefarzt ("Gott in Weiss") so vermitteln.

Aber bitte nicht aufgeben, weitermachen in der guten Sache!!:-)

Beteiligung b.Bewerbungsgesprächen

Magdalena @, Monday, 14.11.2005, 21:08 (vor 6757 Tagen) @ Andrea

Hallo Andrea, ich kann Dich gut verstehen! Zu deinen Ausführungen hätte ich noch eine Frage: es heißt immer, wenn unter den Bewerbungen ein schwerbehinderter Bewerber dabei ist, so ist dem SBVler sämtliche entscheidungsrelevanten Bewerbungsunterlagen zur Einsicht auszuhändigen. Mein AG, mein Beauftragter des Arbeitsgebers und der Sachbearbeiter der Personalstelle wollen davon nichts hören, weil sie dies so noch nie gelesen hätten und ich muß zugeben, ich selbst habe auch noch nicht die Stelle gefunden, in dem steht, dass dem SBVler sämtliche Bewerbungsunterlagen, wie oben beschrieben, zur Einsicht zur Verfügung gestellt werden muß. Mit Argumenten, daß man ja einen Vergleich bzw. sich ein Bild über sämtliche Bewerber machen muß, komme ich einfach nicht weiter! Es ist zum Haareraufen! Bzgl. Bewerbungsgespräche möchte ich garnichts sagen, hierzu kann sich ja jeder denken, wie diese bei uns ablaufen! Kein Schwerbehindertenvertreter! Ich weiß nicht einmal, ob der Personalrat anwesend ist. Wird auch nicht gesagt. Alles wird schön geheim gehalten! Ich weiß nicht, vielleicht fällt das auch unter Schweigepflicht!!!! Es wäre alles so einfach!!!!

Für Hilfe wäre ich Dir oder von den Forumsleser sehr dankbar!

Beteiligung b.Bewerbungsgesprächen

Sozialportal ⌂, Stuttgart, Monday, 14.11.2005, 21:46 (vor 6757 Tagen) @ Magdalena

Hallo Magdalena,

§ 81 SGB IX ist die Stelle, die den Arbeitgeber verpflichtet, die SBV einzuschalten.

Grüße
J.Schmitt

Beteiligung b.Bewerbungsgesprächen

hackenberger, Tuesday, 15.11.2005, 09:24 (vor 6757 Tagen) @ Magdalena

Hallo Magdalena,

also wie Jürgen es auch schon geschrieben hat, der § 81 Abs. 1 SGB IX ist die Rechtsgrundlage.

Ich füge Dir aber auch mal einen Auszug aus einem sehr zu empfehlenden Kommentar (siehe auch Startseite - Knittel-) zum Abs. 1 § 81 SGB IX bei.

".... Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung bei Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen hinzuzuziehen (Abs. 1 Satz 6). Sobald der Arbeitgeber erkennen kann, dass es sich bei einem Bewerber um einen schwerbehinderten Menschen handelt, muss der Vertrauensmann bzw. die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten beteiligt werden.

Die Schwerbehindertenvertretung sollte hierbei von Anfang an eng mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten (näher hierzu Schwarzbach AiB 2002, 621). 25
Bei einer größeren Zahl von Bewerbern auf eine Stelle muss die Schwerbehindertenvertretung bereits bei der Vorauswahl beteiligt und ihr die beabsichtigte Auswahlentscheidung mitgeteilt werden. Dazu ist ihr gem. § 95 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 81 Abs. 1 Satz 6 SGB IX Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und anschließend das Ergebnis der Vorauswahlentscheidung mitzuteilen (Müller-Wenner / Schorn Rdnr. 17). 26
Die Schwerbehindertenvertretung hat weiterhin gem. § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX das Recht auf Teilnahme an Vorstellungsgesprächen und Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen. Das bezieht sich auch auf Vorstellungsgespräche und Unterlagen nicht behinderter Bewerber, wenn diese um die Einstellung mit einem schwerbehinderten Menschen konkurrieren. Denn über die Eignung des schwerbehinderten Bewerbers kann sich die Schwerbehindertenvertretung nur im Vergleich aller Bewerber eine fundierte Meinung bilden (Müller-Wenner / Schorn Rdnr. 41 zu § 95; Hansen NZA 2001, 986 <988>; vgl. in diesem Sinne auch die Stellungnahme des BR zum RegE in BT-Drucks. 14/5531 S. 10 f. sowie den Bericht des BT-Ausschusses für AuS BT-Drucks. 14/5800 S. 30). 27

Die Schwerbehindertenvertretung ist bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen allerdings dann nicht zu beteiligen, wenn der Betroffene diese Beteiligung ausdrücklich ablehnt (Abs. 1 Satz 10). Eine solche Ablehnung berührt nicht die Beteiligungsrechte der betrieblichen Interessenvertretungen, da diese auch die Interessen anderer nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer vertreten (Müller-Wenner / Schorn Rdnr. 28). Außerdem gilt stets das allgemeine Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung gem. § 95 Abs. 2 SGB IX, da hier kein Ablehnungsgrund geregelt ist. Die Anhörungs- und Unterrichtungsrechte der Schwerbehindertenvertretung werden deshalb durch die Ablehnung eines einzelnen schwerbehinderten Bewerbers nicht ausgeschlossen. Er kann lediglich die Erörterung seiner Bewerbung durch diese und deren Teilnahme an seinem eigenen Vorstellungsgespräch ablehnen. Über eine solche behauptete Ablehnung kann die Schwerbehindertenvertretung gegebenenfalls vom Arbeitgeber einen Nachweis verlangen. "


Diesen vergleichenenden Rechtsanspruch beanspruche ich auch, mit gleicher Argumentationslage, bei anderen Themen bei welchen die SchwbV gem. § 95 zu beteiligen ist. Es geht ja immer darum, dass Schwerbehinderte/ Gleichgestellte eben wegen dieser Tatsache nicht schlechter behandelt werden als Nichtbehinderte.

Diskriminierungsschutz, Grundlage hierfür ist in unserm "höchsten deutschen Gesetz", dem Grundgesetz (GG) Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 verankert.

Dort heißt es: "GG Art. 3 Gleichheit vor dem Gesetz Abs. 3 Satz 2 ....Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden."

Also, erkläre diese am besten so Deinem AG und bitte einen guten Kommentar zum SGB IX beschaffen/ beschaffen lassen durch den AG, Du hast einen Rechtsanspruch darauf und es ist wie Du erkennst zur Erledigung deiber Mandatsaufgaben unverzichtbar!!!

:-) :-)

Beteiligung b.Bewerbungsgesprächen

Magdalena @, Tuesday, 15.11.2005, 15:59 (vor 6756 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard, zunächst danke für die Antwort. Leider habe ich den Kommentar von Müller-Wenner/Schorn nicht. Ist es möglich, mir den Auszug von Rdnr. 41 zu § 95 - irgendwie - elektronisch zukommen zu lassen> Im Internet konnte ich nur den Kommentar finden, jedoch nicht den Inhalt öffnen! Danke im voraus für die Bemühungen.

Viele Grüße, Magdalena

SBV-Beteiligung bei Bewerbungsgesprächen

Wolfgang E., Sunday, 09.03.2008, 14:24 (vor 5911 Tagen) @ Andrea

» Ewig das alte Lied - Beteiligung bei Bewerbungsgesprächen - immer wieder wird dagegen verstoßen, obwohl man gebetsmühlenartig alle Beteiligte immer wieder darauf hinweist. Unsere Personalabteilung (krankenhaus) ist zwar in der Zwischenzeit sehr kooperativ, nur die untergeordneten Abteilungen, bei denen die Stellen ausgeschrieben sind (vornehmlich im ärztlichen Bereich und Sekretariate) wird dies immer wieder ignoriert...

Hier kann vielfach eine enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat/Personalrat weiterhelfen (§ 93 und [link=http://beck-online.beck.de/default.aspx>typ=reference&y=400&w=NeumannPMPSGBIXKO_12&name=ID_597]§ 99[/link] SGB IX, § 99 BetrVG), um die Beteiligungsrechte der SBV sicherzustellen. Dazu zwei recht aufschlußreiche Webbeiträge:

Beispiele der Beteiligung bei Einstellungen, die zeigen, welche große Chancen eine enge Zusammenarbeit von SBV und Betriebsrat in der praktischen Arbeit bietet, um die rechtlichen Möglichkeiten zur Integration ausschöpfen zu können.
www.schwbv.de/einstellungsmoeglichkeiten.html

Anzeige bei der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit: Im Interesse einer vertrauensvollen Zusammenarbeit sollte mit dieser Möglichkeit der Interessendurchsetzung sehr sensibel umgegangen werden. In jedem Fall sollte eine Absprache mit dem Betriebs- oder Personalrat erfolgen.
www.integrationsamt.bayern.de

Nachdem es hier um "untergeordnete Abteilungen" geht, sieht das nach einem Organisationsverschulden der Personalverwaltung, der Personalverantwortlichen bzw. des AGB aus, die es nicht für nötig finden, ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen. Was die Rechtsprechung dazu für den öD sagt, ist nachzulesen unter
www.schwbv.de/urteile/64.html

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