Nachuntersuchung zum Feststellungsverfahren (Antragstellung / Widerspruch)

sandra72, Bayern, Wednesday, 17.06.2015, 11:26 (vor 3242 Tagen)

Hallo liebe Kollegen/innen!
Heute habe ich eine Frage an Euch, die mich zum Erstaunen gebracht hat.
Eine Mitarbeiterin hat einen GdB von 30 und eine Gleichstellung. Die Gleichstellung hat sie seit April 2015.
Nun hat sie ein Schreiben bekommen "Feststellungsverfahren nach dem SGB IX - Nachuntersuchung" in dem steht ...." wir haben zu prüfen, ob seit der letzten Feststellung des GdB usw. Funktionsbehinderung der Hals-und Lendenwirbelsäule,Bandscheibenschmerzausstrahlungen in beide Beine, Fußheberschwäche rechts eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Hierzu bitten wir Sie, das vorbereitete Antwortschreiben auszufüllen und umgehend an uns zurückzusenden...."
Was soll das???? Sowas habe ich noch nie gehört??? Warum wird das gemacht und wie verhalten wir uns jetzt????

Bitte helft uns, wir wissen hier gar nicht weiter!!!


Vielen Dank!!!

Nachuntersuchung zum Feststellungsverfahren

Ola, Berlin, Wednesday, 17.06.2015, 12:23 (vor 3242 Tagen) @ sandra72

Hallo Sandra72!
In der Regel wird eine Nachuntersuchung veranlasst, wenn die zur Behinderung geführte Beeinträchtigung nach medizinischer Sicht nur temporär sein könnte, sprich besser werden kann oder ab einem bestimmten Zeitraum als geheilt gilt (z.B. die Tatsache, dass Krebs als geheilt gilt, wenn er innerhalb von 5 Jahren nicht wiederkommt und dann ist der GdB auch weg oder wenn eine Frau im gebärfähigen Alter eine Totaloperation hat und dann später in die Wechseljahre kommt, dann wird der GdB auch herabgestuft).
Der Bogen sollte ausgefüllt und zurückgeschickt werden. Meines Wissens werden die behandelnden Ärzte nicht automatisch mit angeschrieben und um eine nachträgliche Einschätzung gebeten. Das passiert nur, wenn man diese im Fragebogen benennen muss/ soll. Ggf. kann man selbst seinen behandelnden Arzt darauf hinweisen, dass vom Amt eine Nachfrage kommt und er doch bitte im Sinne des Behinderten seine Einschätzung abgibt, dass es nicht besser geworden ist. Falls man einen solchen Arztbericht schon hat, sollte man den ggf. dem Fragebogen beifügen. Nur wenn die Angaben im Fragebogen den Schluss zulassen, dass eine Verbesserung des Zustandes eingetreten sein könnte, wird auch eine Einladung zu einem Amtsarzt verschickt. Denn nur der alleine kann durch eine ärztliche Nachuntersuchung abschließend beurteilen, ob der damals festgestellte Zustand gleich ist, besser oder schlechter geworden ist. Der Mitarbeiter vom Amt kann das aus dem Fragebogen allein nicht herleiten. Ist ja kein Arzt.
Ich denke, dass es damals bei der Feststellung des GdB schon Anhaltspunkte gab (eventuell eine angekündigte OP), wonach eine Nachuntersuchung gerechtfertigt sein konnte und dann wurde der Vorgang auf Frist gelegt. Vielleicht mal in den Feststellungsbescheid gucken. Die Nachuntersuchung ist die Regel bei seelischen Erkrankungen und bei Erkrankungen die zum Zeitpunkt der Feststellung noch nicht komplett austherapiert waren. Sie wird ggf. zwei bis dreimal widerholt (Zeitabstände zwischen ein und fünf Jahren). Erst dann bleibt der Zustand unbefristet. Bei einer Erwerbsminderungsrente auf zeit ist das Verfahren genauso.
Ich denke, um das Verfahren kommt der Behidnerte nicht herum.
LG Ola

Nachuntersuchung zum Feststellungsverfahren

sandra72, Bayern, Thursday, 18.06.2015, 09:22 (vor 3241 Tagen) @ Ola

Vielen Dank Ola für deine ausführliche Antwort!
Aber mich wundert es, dass sie "nachuntersucht" wird, denn den GbB hat sie nicht befristet erhalten. Ist das dann in der Regel so, dass man damit rechnen muss, nachuntersucht zu werden????

Gruß Sandra :-)

Nachuntersuchung zum Feststellungsverfahren

Ola, Berlin, Thursday, 18.06.2015, 13:30 (vor 3241 Tagen) @ sandra72

Nein, in der Regel nicht, eben nur bei Einschränkungen, wo ein Arzt/ Gutachter mal meinte, dass das wieder besser werden könnte. Welche Kriterien da im Einzelnen herangezogen werden, weiss ich so aus dem Hut auch nicht, aber ich belese mich. Das was ich geschrieben habe, sind die Erfahrungen, die ich selbst schon in meinem Amt gemacht habe. Melde mich wieder.

Nachuntersuchung zum Feststellungsverfahren

Ola, Berlin, Thursday, 18.06.2015, 13:41 (vor 3241 Tagen) @ sandra72

Liebe Sandra72!
Ich habe mal eine Vorschriftenreihe gefunden, die die Überprüfung des GdB gesetzlich wohl rechtfertigt/ regelt: § 2 i.V. m. §§ 68,69 i.V. § 116 SGB IX. Vielleicht kannst Du dazu noch eine Kommentierung lesen, welche das etwas präzisiert.
Gruß Ola

Nachuntersuchung zum Feststellungsverfahren

sandra72, Bayern, Thursday, 18.06.2015, 14:01 (vor 3241 Tagen) @ Ola

Vielen,vielen lieben Dank für deine Mühen und Hilfe!!!! Danke!!!:-)


LG Sandra

Nachuntersuchung zum Feststellungsverfahren

Göri ⌂, Brandenburg, Friday, 26.06.2015, 09:02 (vor 3233 Tagen) @ sandra72

Hallo an Alle,

wie verhält es sich aber dann, wenn eine Kollegin, welche seit 2010 einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis besitzt auf einmal aufgefordert wird, einen Fragebogen zur Überprüfung auzufüllen.
Ich war immer der Meinung eine Unbefristung bleibt eine Unberfistung.
Hat jemand mit diesem Sachverhalt schon Erfahrungen gemacht?

Nachuntersuchung zum Feststellungsverfahren

Heinrich, Thursday, 13.08.2015, 21:01 (vor 3185 Tagen) @ sandra72

Hallo,

geht ggf auch in diese Richtung!

Urteil: Aufhebung der Schwerbehinderteneigenschaft

Das Versorgungsamt stellte dem Kläger einen unbefristeten SchwerBehindertenausweis aus. Allerdings rechtfertigte der Gesundheitszustand des Klägers seinen Schwerbehindertenstatus seit vielen Jahren nicht mehr. Macht die jahrzehntelange Untätigkeit des Versorgungsamtes die Aufhebung für die Zukunft rechtswidrig?

Die Entscheidung

Zu Recht, wie das Bundesozialgericht jetzt entschieden hat. Bereits 1997 rechtfertigte der Gesundheitszustand des Klägers seinen Schwerbehindertenstatus nicht mehr. Seine Krebserkrankung war nicht wieder aufgetreten, ansonsten war er weitgehend gesund. Die jahrzehntelange Untätigkeit des Versorgungsamtes macht die Aufhebung für die Zukunft nicht rechtswidrig. Der Kläger durfte nicht darauf vertrauen, für alle Zeiten seinen Status als Schwerbehinderter behalten zu können, obwohl sein Gesundheitszustand dies schon lange nicht mehr rechtfertigte.

Das Versorgungsamt hatte sein Aufhebungsrecht auch nicht verwirkt. Es hatte dem Kläger niemals ausdrücklich zu verstehen gegeben, trotz der Besserung seines Zustands auf die Aufhebung verzichten zu wollen. Das lange Untätigbleiben des Versorgungsamtes allein führte nicht zur Verwirkung. Auch die unbefristete Ausstellung des Schwerbehindertenausweises begründete für sich genommen keine Rechte, sondern dokumentierte nur die zu Grunde liegende Feststellung. Sie aufzuheben hatte das Versorgungsamt lediglich aus Versehen unterlassen.

Gericht:
Bundessozialgericht, Urteil vom 11.08.2015 - B 9 SB 2/15 R
Quelle:
http://www.rechtsindex.de/sozialrecht/5149-urteil-aufhebung-der-schwerbehinderteneigenschaft-nach-erfolgreicher-heilung-auch-noch-nach-vielen-jahren

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