erneuter Gleichstellungsantrag möglich? (Gleichstellung)

Ipsen, Schleswig-Holstein, Tuesday, 30.06.2015, 14:39 (vor 3228 Tagen)

Hallo liebe Mitstreiter/innen,

ich habe eine Kollegin, die in 2014 einen Gleichstellungsbescheid erhielt, der im 2. Absatz den folgenden Hinweis enthielt:

„Der bisherige Arbeitsplatz bei (…) ist jedoch nicht geeignet. Die Gleichstellung erstreckt sich daher nicht auf diesen Arbeitsplatz“

Leider hat meine Kollegin gegen diesen Bescheid aufgrund damaliger Krankheit keinen Widerspruch eingelegt / einlegen können.

Ist es eigentlich möglich einen neuen Antrag auf Gleichstellung (ähnlich dem Änderungsantrag beim Feststellungsverfahren) zu stellen, um die obige Aussage zu korrigieren?

Für Tipps bin ich sehr dankbar!

Viele Grüße aus dem ausnahmsweise auch mal warmen Norden!

Kai-Reiner

--
Nicht behindert zu sein ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jederzeit genommen werden kann.
(R.v.Weizsäcker)

erneuter Gleichstellungsantrag möglich?

garda, Berlin, Wednesday, 01.07.2015, 08:44 (vor 3227 Tagen) @ Ipsen

Hallo,

in den Sozialgesetzbüchern besteht grundsätzlich die Möglichkeit einen Überprüfungsantrag zu stellen, wenn die Fristen des Widerspruchs erschöpft sind. Ohne wirklich fachkundige Hilfe ist das aber eher aussichtslos, da es hier auf die Begründung ankommt.

Es bleibt hier die Frage, ob die Behauptung über den Arbeitsplatz zutreffend ist oder nicht. Ein weiterer Antrag auf Gleichstellung macht sicherlich nur dann Sinn, wenn dies geklärt ist.

--
Mit freundlichen Grüßen

Michael

erneuter Gleichstellungsantrag möglich?

Ipsen, Schleswig-Holstein, Wednesday, 01.07.2015, 13:19 (vor 3227 Tagen) @ garda

Hallo Michael,
vielen Dank für Deinen Hinweis.
Werde die Kollegin an SoVD / VdK verweisen - die können es besser als ich :-|
VG
Kai-Reiner

--
Nicht behindert zu sein ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jederzeit genommen werden kann.
(R.v.Weizsäcker)

erneuter Gleichstellungsantrag möglich?

Heinrich, Wednesday, 01.07.2015, 19:31 (vor 3227 Tagen) @ garda

Hallo,

ich frage mich was soll dieses hier wieder mit dem § 44 SGB X???

Denn Sinn und Inhalte des § 44 SGB X ist:
Der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X bietet im deutschen Sozialrecht jedem Betroffenen die Möglichkeit, einen nicht rechtskonform erlassenen Verwaltungsakt durch die zuständige Behörde überprüfen zu lassen. Auch, wenn der Verwaltungsakt bereits bestandskräftig geworden ist und/oder (Widerspruchs-) fristen bereits verstrichen sind.
Quelle: http://www.hartziv.org/

Denn es bringt hier wiederum nichts. Denn die Verwaltung prüft dann IHREN Bescheid und kommt zur Feststellung, alles richtig und rechtens.

Genau dieses wird dann dem Antragsteller auch so mitgeteilt. Das VA macht hier dann keine Neufeststellung, muss es auch nicht. Es muss ja nur prüfen ob sie fehlerhaft oder rechtwidrig entschieden haben.

Somit bleibt nur ein möglicher Weg hier ggf eine Veränderung (kann dann übrigens positiv und/oder negativ sein) zu erreichen mit einem neuen Antrag auf Zuerkennung einer Gleichstellung.

PS: HARZ-IV ist eigentlich der Schwerpunkt für diesen §§. Denn dort geht es um mögliche Leistungen des Staates.
http://www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mdk4/~edisp/l6019022dstbai390427.pdf?_ba.sid=L6019022DSTBAI390430

Ich empfehle in solchen Fällen einfach einmal die Stelle welche den Bescheid erlassen hat anzurufen und ganz einfach mit diesen reden.

erneuter Gleichstellungsantrag möglich?

garda, Berlin, Thursday, 02.07.2015, 08:48 (vor 3226 Tagen) @ Heinrich

Hallo,
ich frage mich was soll dieses hier wieder mit dem § 44 SGB X???
Denn Sinn und Inhalte des § 44 SGB X ist:
Der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X bietet im deutschen Sozialrecht jedem Betroffenen die Möglichkeit, einen nicht rechtskonform erlassenen Verwaltungsakt durch die zuständige Behörde überprüfen zu lassen. Auch, wenn der Verwaltungsakt bereits bestandskräftig geworden ist und/oder (Widerspruchs-) fristen bereits verstrichen sind.
Quelle: http://www.hartziv.org/
Denn es bringt hier wiederum nichts. Denn die Verwaltung prüft dann IHREN Bescheid und kommt zur Feststellung, alles richtig und rechtens.

Hallo,

dann erkläre ich dir das gerne und hier erst mal der Paragraph selbst:

§ 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

Hier ist der relevante Teil des Paragraphen. Er bezieht sich keineswegs nur auf Das SGB II, sondern als allgemeine Vorschrift im SGB X auf alle Bücher des SGB.

Im Rahmen dieses Überprüfungsverfahrens kann ich einen bereits rechtsfähigen Bescheid auf eine falsche Rechtsanwendung aber auch auf eine falsche Tatsachenwürdigung überprüfen lassen. das dies immer so endet wie du es hier behauptest ist schlicht falsch. Wieso soll die Verwaltung so zwingend zu dem von dir angegeben Schluss kommen?

Angewandt wird dieser allgemein wenig bekannte Paragraph übrigens gerne auch im Rentenrecht und längst nicht nur bei Hartz-IV. Im Rentenrecht ist er sogar meist die einzige Chance.

Es kommt hier zwingend auf die sehr gute Begründung an, ohne Akteneinsicht und einen qualifizierten Berater ist tatsächlich nichts zu machen.

PS: HARZ-IV ist eigentlich der Schwerpunkt für diesen §§. Denn dort geht es um mögliche Leistungen des Staates.

http://www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mdk4/~edisp/l6019022dstbai390427.pdf?_ba.sid=L6019022DSTBAI390430

Du zitierst hier eine Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit und ziehst dann diese seltsame Schlussfolgerung? Sozialleistungen sind nicht nur ausgezahlte Beträge, sondern auch Nachteilsausgleiche oder selbst das ungenutzte Anrecht darauf.

Ich empfehle in solchen Fällen einfach einmal die Stelle welche den Bescheid erlassen hat anzurufen und ganz einfach mit diesen reden.

Da schließe ich mich an. Allerdings ist längst nicht jede Behörde problemlos am Telefon zu erreichen, gerade die Bundesagentur für Arbeit leider nicht.

--
Mit freundlichen Grüßen

Michael

erneuter Gleichstellungsantrag möglich?

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 01.07.2015, 22:25 (vor 3227 Tagen) @ Ipsen

Hallo,

evtl. ist hier gar kein Neuantrag bzw. eine Überprüfung notwendig, da auf Grund der Fallschilderung eine unzulässige Einschränkung einer grundsätzlichen Gleichstellung vorliegen könnte

Die Möglichkeit einer Begrenzung der Gleichstellung für bestimmte Arbeitgeber bzw. bestimmte Arbeitsplätze wurde bereits 1974 aus dem SchwbG gestrichen. 2001 hat das BSG (B 7 AL 46/99 R) zum wiederholten Mal festgestellt, daß eine derartige Begrenzung nicht zulässig ist. Eine rechtswidrige Begrenzung führt als Rechtsfolge dazu, daß die Gleichstellung bestehen bleibt und lediglich die unzulässige Begrenzung wegfällt.

Ob dies hier anwendbar ist, hängt allerdings von der Prüfung des vollständigen Bescheidtextes ab, die von einem Fachanwalt erfolgen sollte. Aufgrund des zitierten "Schnipsels" ist eine halbwegs rechtssichere Einschätzung nicht wirklich möglich.

Im Bereich "meiner" AAen wurden derartige Bescheide mit unzulässigen Beschränkungen in der Vergangenheit anstandslos korrigiert.

Allerdings stellt sich anhand des Textschnipsels auch die Frage, was eigentlich die SBV in ihrer Stellungnahme geschrieben hat, daß der derzeitige Arbeitsplatz als ungeeignet bezeichnet wurde. Das ist nämlich eigentlich schon ein Ablehnungsgrund.

--
&Tschüß

Wolfgang

erneuter Gleichstellungsantrag möglich?

Ipsen, Schleswig-Holstein, Thursday, 02.07.2015, 10:51 (vor 3226 Tagen) @ albarracin

Hallo Wolfgang,

vielen Dank für Deine Kommentierung.

Fachanwalt, sprich SoVD / VdK, habe ich der Kollegin bereits empfohlen.

Ausser den üblichen Floskeln / Textbausteinen ist in dem Bescheid nichts wesentliches mehr enthalten.

Die SBV konnte in der damaligen Stellungnahme nicht wirklich Stellung nehmen, weil die Kollegin zu dem Zeitpunkt als sie abgefordert wurde zum einen nicht mehr im Betrieb war, zum anderen weil die SBV weder in Hinsicht auf ihre Behinderung noch wg. des Feststellungsverfahren / des Gleichstellungsantrages in irgendeiner Form kontaktiert wurde, sprich in diesem Fall einfach ahnungslos war.

Nochmals DANKE!

VG Kai-Reiner

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Nicht behindert zu sein ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jederzeit genommen werden kann.
(R.v.Weizsäcker)

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