Angabe mehrer Gesundheitsstärungen (Antragstellung / Widerspruch)

siffertmi, Tuesday, 28.07.2015, 07:32 (vor 3202 Tagen)

Guten Tag zusammen,
ich habe bei bisherigen Antragstellungen die Erfahrung gemacht, dass wenn ich mehrere Gesundheitsstörungen angebe die Bewertung meist immer negativ für den Antragsteller ausgeht.
Mir ist klar, dass immer der höchste GdB ausschlaggebend ist und nicht addiert wird.
Aktuell habe ich den Fall, dass mehrere voneinander unabhängige Gesundheitsstörungen angegeben wurden, die nicht unerheblich sind, trotz allen nur ein GbB von 20 vergeben werden soll. Aus meiner Sicht völlig daneben. Ich habe mit dem Antragsteller Widerspruch eingelegt und fordere Akteneinsicht. Meine Frage wäre nun! Macht es Sinn bei mehreren Gesudnfheitsstörungen mehrere (Verschlimmerungsanträge) zu stellen und alles einzeln einzureichen? Würde sich der GdB dadurch nach und nach erhöhen? Ich hoffe auf hilfreiche Kommentierung!

Herzlichen Dank und viele Grüße

Angabe mehrer Gesundheitsstärungen

albarracin, Baden-Württemberg, Tuesday, 28.07.2015, 11:16 (vor 3201 Tagen) @ siffertmi

Guten Tag zusammen,

Hallo,

ich habe bei bisherigen Antragstellungen die Erfahrung gemacht, dass wenn ich mehrere Gesundheitsstörungen angebe die Bewertung meist immer negativ für den Antragsteller ausgeht.

Was heißt in diesem Zusammenhang "Negativ" ?

Mir ist klar, dass immer der höchste GdB ausschlaggebend ist und nicht addiert wird.

Schon, aber es kann "Zuschläge" auf den höchsten Einzel-GdB geben, wenn andere Funktionsstörungen, die sich unterschiedlich auswirken, einen eigenen Einzel-GdB von mindestens 20 ergeben.
Hast Du Dich schon mal intensiv mit der Nr. A3 der versorgungsmedizinischen Grundsätze auseinandergesetzt ?

Aktuell habe ich den Fall, dass mehrere voneinander unabhängige Gesundheitsstörungen angegeben wurden, die nicht unerheblich sind, trotz allen nur ein GbB von 20 vergeben werden soll. Aus meiner Sicht völlig daneben.

Das bedeutet dann, daß es keinen zweiten Einzel-GdB mit 20 gibt.

Ich habe mit dem Antragsteller Widerspruch eingelegt und fordere Akteneinsicht.

Das ist zwingende Voraussetzung. Zur Akteneinsicht gehört dann auch das Bewertungsblatt, aus dem die Einzel-GdBs hervorgehen. Dies prüft man dann schon Punkt für Punkt, ob sich für Einzel-GdBs Widerspruchsgründe (mangelnde/fehlende Sachverhaltsaufklärung, falsche Bewertungsgrundlage, falscher Einzel-GdB) finden lassen und arbeitet dies dann auch in der Widerspruchsbegründung Punkt für Punkt ab.
Anhand der Akteneinsicht sollte auch versucht werden, den Gutachter zu ergoogeln. Zumindest bei externen Gutachtern finden sich immer wieder regelrechte Tausendsassas. Bei meinem Lieblings-VA wird gerne mal ein externer Unfallchirurg zur Begutachtung herangezogen, der so superkompetent ist, daß er auch Psychiatrie, Urologie, HNO, Kardiologie und, und, und bewerten kann.

Meine Frage wäre nun! Macht es Sinn bei mehreren Gesudnfheitsstörungen mehrere (Verschlimmerungsanträge) zu stellen und alles einzeln einzureichen?

Das ist Quatsch und zieht das Verfahren unnötig in die Länge.

Würde sich der GdB dadurch nach und nach erhöhen?

Die Grundsätze für die Einzel- und Gesamtbewertung ändern sich dadurch nicht.

Ich hoffe auf hilfreiche Kommentierung!

Man sollte sich immer überlegen, ob man wirklich kompetent genug ist, Widerspruchsbegründungen zu schreiben. Ich habe mich erst nach ca. 3-4 Jahren an einfache Fälle herangetraut. Zu professionellem Handeln gehört auch, seine eigenen Grenzen zu kennen. Ggfs. muß man halt die Schäfchen zum gewerkschaftlichen Rechtsschutz oder zum Fachanwalt schicken. Schließlich, wenn man als SBV eine Widerspruchsbegründung verpatzt, kann man sich auch u.U. gegenüber dem Antragsteller schadensersatzpflichtig machen.
allerdings gibt es seit einiger Zeit zumindest eine (für juristische und/oder versorgungsmedizinische Laien) beschränkt nutzbare Hilfe zur Einarbeitung in das Thema, nämlich diesen Fachkommentar:
http://referenz-verlag.de/sbeb.php
den ich zumindest als sehr hilfreich empfinde


Herzlichen Dank und viele Grüße

--
&Tschüß

Wolfgang

Angabe mehrer Gesundheitsstärungen

siffertmi, Tuesday, 28.07.2015, 15:12 (vor 3201 Tagen) @ albarracin

Hallo Wolfgang,

vielen lieben Dank für deine ausführlichen Erklärungen auf meine Fragen.
Zur Frage „Negativ“
Damit meinte ich, dass die Bewertung immer negativ ausfällt weil die Teilhabe am Leben in Wirklichkeit nicht genügend gewürdigt wurde.
Zum Thema Begründung möchte ich noch kurz erwähnen, dass ich immer darauf hinweise hier nur beratend tätig zu sein und keine Verantwortung übernehme falls es zu einer Ablehnung kommt.
Alles ist mit den Antragstellern genauestens abgesprochen und ich lasse mir vorab eine selbst verfasste Stellungnahme der Antragsteller zukommen im denen sie mir ihre eigene Formulierung zu den körperlichen Einschränkungen zukommen lassen (Beeinträchtigung im täglichem Leben)
Ich gebe diese persönlichen Stellungnahmen sehr gerne ab weil sie auch Einfluss auf die Entscheidung des VA nehmen können. Also ein Mix aus Begründung zur Begutachtung und behinderungsbedingte Probleme.
Das mit den Gutachtern ist ja ein toller Hinweis! War mir bis heute so nicht bekannt. Das sie aber manchmal nicht so viel auf den Kasten haben habe ich schon bemerkt.
Mit den versorgungsmedizinischen Grundsätze habe ich schon gearbeitet, ich werde deine Rat befolgen und mir A3 nochmal genaustens anschauen.

Also herzlichen Dank nochmal für deine Kommentierung!

Viele Grüße

Michael

Angabe mehrer Gesundheitsstärungen

elschwoabos, NRW, Wednesday, 29.07.2015, 07:05 (vor 3201 Tagen) @ albarracin

"Einarbeitung in das Thema, nämlich diesen Fachkommentar:
http://referenz-verlag.de/sbeb.php"

Danke für den Tipp, direkt bestellt. :-)

Hardy

--
Hardy

Das Licht am Ende des Tunnels könnte ein einfahrender Zug sein.

Angabe mehrer Gesundheitsstärungen

boschuma, Tuesday, 28.07.2015, 12:52 (vor 3201 Tagen) @ siffertmi

Hallo siffertmi,

nein - es macht keinen Sinn mehrere Verschlimmerungsanträge zu schreiben. Ich habe allerdings das Gefühl, dass VÄ dem sb Menschen gerne einen extrem niedrigen GdB "anbieten" in der Hoffnung, dass es heißt: "Ich hab's versucht; es hat nicht geklappt - dann lass ich es". Deshalb ist es vollkommen richtig, dass du deinem Kollegen geholfen hast den Widerspruch zu schreiben. Sobald alle Unterlagen da sind, müsst ihr beide die Widerspruchsbegründung schreiben. Dafür habe ich vor einiger Zeit einen Vordruck aus dem Netz geholt:

http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=5&ved=0CDoQFjAEahUKEwis6JqZ0P3GAhUF0RQKHW38DTs&url=http%3A%2F%2Fwww.vdk.de%2Fov-weilheim-teck%2Fdow...

Das ist eine pdf vom VdK. Sie hilft dir den Widerspruch gut zu formulieren und nichts zu vergessen.

Auch meine Kollegen bekommen vom VA gerne (es sei denn, es ist Krebs) den GdB 20 "angeboten". Beim letzten Mal war der Kollege Diabetiker, spritzte 4x am Tag, 1x zur Nacht, muss jedes Mal den Wert bestimmen und die Einheiten errechnen, hat bereits Nervenschädigungen etc. Zudem hatte er eine üble Wundheilungsstörung nach einer Bein-OP, dass er vor Schmerzen Morphium nehmen musste. Nachdem wir erst den Widerspruch und nachdem ich dann gesehen habe, welchen EGdB er für jede Krankheit erhalten hat die Begründung geschrieben habe, hat er nun den GdB 50 (!) erhalten. Ich denke, dass du bei einem GdB 20 mit einem Widerspruch nichts verschlimmerst, du wirst dem Kollegen mit einer vernünftigen Begründung helfen! Viel Erfolg :-)

Gruß, boschuma

Angabe mehrer Gesundheitsstärungen

siffertmi, Tuesday, 28.07.2015, 15:13 (vor 3201 Tagen) @ boschuma

Hallo boschuma,

vielen lieben Dank für deine Hilfestellung.
Ich werde dann nach Eingang die Begutachtung alles unter die Lupe nehmen und demensprechend eine Begründung mit dem Antragsteller formulieren.
Mal sehen was dabei herauskommt.

LG

Michael

Angabe mehrer Gesundheitsstärungen

Monica99, Friday, 08.02.2019, 10:19 (vor 1910 Tagen) @ siffertmi

Hallo,

der Grund kann hier ganz einfach darin liegen, dass die Auswirkungen/ Einschränkungen durch diese nicht optimal beschrieben wurden. Das Beste ist, das Betroffene vorher sich zu den jeweiligen Fachärzten begeben, dort ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen UND deren negative Auswirkungen darlegen und sich dann von den jeweiligen Fachärzten einen ausführlichen Befundbericht ausstellen lassen. Der kostet idR. etwas, doch es ist dann gut angelegtes Geld und steuerlich absetzbar.

Zu beachten ist hier aber § 2 Abs. 1 SGB IX Begriffsbestimmungen

--
mfg Monica

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