Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen (Umgang mit Arbeitgeber)

Pernille, Tuesday, 16.02.2016, 08:09 (vor 3015 Tagen)

Hallo Zusammen

unser Betrieb ist dabei eine Betriebsvereinbarung über (freiwillige) Soziale Leistungen zu schließen. Es geht darum, jeden Mitarbeiter einen Zuschuss in der Kantine zu geben statt andere Zuschüsse wie Urlaubs-, Essen etc.

Essen-Allergie ist eine Krankheit, die auch bei einem Feststellungbescheid berücksichtigt werden kann. Gegen diesem Hintergrund, ist dann diese neue Betriebsverinbarung inklusive von Schwerbehinderten Menschen? Argument: der SB kann eventuell nicht von diesem Zuschuss profitieren, weil er das Essen in der Kantine nicht essen kann.

Die Einstellung von BR scheint zu sein: "es ist eine freiwillige Leistung vom Arbeitgeber. Da können wir nicht viel machen". Der SBV wird außerdem nicht zu diesen Gesprächen mit dem Arbeitgeber eingeladen aus diesem Grund. Sollte das passieren?

Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen

ciralifan, Tuesday, 16.02.2016, 08:26 (vor 3015 Tagen) @ Pernille

Eine Beteiligung der SBV wäre hier doch sehr an den Haaren herbei gezogen.
Reines BR Thema.
Wenn ich deine Frage recht verstehe will euer AG etwas freiwillig leisten und dafür Urlaubsgeld streichen ?

Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen

Pernille, Tuesday, 16.02.2016, 11:13 (vor 3015 Tagen) @ ciralifan

Danke für die Antwort.

Es wird gestrichen ein ausbezahlter Betrag der jährlich stattfand. Stattessen wird dann die AN aufgefordert die Kantine zu nutzen. Dafür gibt es einen Tagesbetrag von x Euro. Wenn man den Betrag nicht aufbraucht an einem Tag verfällt es. Es wird daher nicht mehr den Jahresbetrag bezahlt.

Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen

ciralifan, Tuesday, 16.02.2016, 13:56 (vor 3015 Tagen) @ Pernille

Da handelt euer AG korrekt.
Auch wir haben eine Kantine und jeder der dort isst bekommt das Essen bezuschußt.
Wer dort nicht essen mag, der halt nicht. Dies kann und muss jeder für sich entscheiden. Monatszuschuß gäbe es bei uns auch nur dort, wo keine Kantine vorhanden ist und der BR dies so verhandelt hat.

Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen

albarracin, Baden-Württemberg, Tuesday, 16.02.2016, 14:47 (vor 3015 Tagen) @ Pernille

Hallo,

würde dieser Zuschuß komplett neu eingeführt, wäre die SBV zwar ebenfalls zu hören, im Ergebnis würde ich aber Ciralifan zustimmen.

Da aber nach Deinen Aussagen eine bestehende Leistung geändert wird bzw. eine Leistung des AG wegfällt, sehe ich das sehr viel kritischer.

Durch die Änderung werden in der Tat sbM mit anerkannten Nahrungsallergien benachteiligt.
Zu prüfen wäre bezüglich der bisherigen Leistung auch noch deren Charakter, insbesondere mit Blick auf ein evtl. bestehende "betriebliche Übung".

--
&Tschüß

Wolfgang

Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen

Heinrich, Tuesday, 16.02.2016, 15:37 (vor 3015 Tagen) @ albarracin

Hallo Wolfgang,


wo siehst Du den Rechtsgrund, dass wenn es eine neue Maßnahme wäre, hier dass der AG hier den § 92 beachten müsste.

Denn es geht, ginge nur um einen Zuschuss für AN (alle gleich) welche die Kantiene in Anspruch nehmen. Es besteht ja KEINE Pflicht der Inanspruchnahme.

Anders wäre es, wenn die Kantiene bedondere und damit teuere Essen anbieten würde für AN welche auf Sondernahrung angewiesen wären. Dann könnte es mit § 81, 4 begründet werden. Dann hier mit dem Ziel in diesen Fällen ggf höherer Zuschuss.

Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen

albarracin, Baden-Württemberg, Tuesday, 16.02.2016, 17:05 (vor 3014 Tagen) @ Heinrich

hallo Heinrich,

wie ich geschrieben hatte, sehe ich das abhängig von dem Vorgehen des Ag, da dieser ja wohl eine bestehende Leistung für alle AN aufheben will. Da wäre dann mE zu prüfen, wie genau eine evtl. Koppelung der Maßnahmen erfolgt. Abhängig vom Ergebnis der Prüfung wäre dann eine evtl. Schlechterstellung des von Pernille angesprochenen Personenkreises anzusprechen.

Aber das sind - wie geschrieben - erst mal nur Eventualitäten.

--
&Tschüß

Wolfgang

Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen

Heinrich, Tuesday, 16.02.2016, 17:39 (vor 3014 Tagen) @ albarracin

Hallo,

und wo bitte ist hier die BESONDERE Betroffenheit der Schwerbehinderten, welche sofern es nicht personelle Einzelmaßnahmen sind, die Pflicht der Beteiligung der SBV gem. § 95 auslösst?

Das hier BR Rechte bestehen ist kein Thema der SBV.

Der AG beendet ggf eine freiwillige Leistung und gewährt eine andere. Alles Themen des BR.

Weiter fehlt immer noch der Rechtsgrund der nach deiner Auffassung bei der neuen freiwilligen gleichen Leistung für ALLE AN den § 95 auslösen sollte.

Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen

JS, Land Brandenburg, Tuesday, 16.02.2016, 19:45 (vor 3014 Tagen) @ Heinrich

Hallo liebe Forumsmitglieder,

ich sehe hier durchaus eine besondere Betroffenheit eines SB,
nämlich wenn hier eine Ungleichbehandlung für den Fall eintreten würde, dass der „betroffene“ MA, der behinderungsbedingt diesen neuen gewährten Vorteil nicht nutzen kann und - was ja der Fall wäre - damit eine Schlechterstellung erfahren würde.

Hier ließe sich doch im Rahmen der freiwilligen BV eine Regelung realisieren für den Fall, dass die Nutzung der Kantine behinderungsbedingt nicht möglich und objektiv ausgeschlossen ist,
eine vernünftige Alternative (Regelung) gefunden würde, die anstelle der Bezuschussung Anwendung findet…
...es sei natürlich jedem MA freigestellt, betrieblich zugesicherte Möglichkeiten und finanzielle Unterstützungen zu nutzen oder nicht, nur sollte jeder MA dann auch tatsächlich obj. die Möglichkeit dazu erlangen können (vgl. § 81 Abs. 2 SGB IX = Einhaltung des AGG i.V. mit § 95 Abs. 2 und 4 sowie § 80 BetrVG Allg. Aufgaben des BR = darauf achten, dass bestehende Gesetzte eingehalten werden).
Insofern hätte die SBV hier im BR eine Möglichkeit zur Argumentation und der BR die Aufgabe, diese einfließen zu lassen.

MFG JS

Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen

Heinrich, Wednesday, 17.02.2016, 09:55 (vor 3014 Tagen) @ JS

Hallo,

man muss hier einiges beachten und Dinge unterscheiden.

1. Kein AG muss eine Kantine haben, also Essen anbieten.
Er muss nur ggf Pausenräume/Sozialräume anbieten
2. Kein AG muss Diät oder Sondernahrung anbieten.

Daraus ergibt sich, wenn AN wegen der Gesundheit oder ggf auch des Glaubens oder weil sie das angebotene Essen ggf nicht vertragen oder nicht mögen, weil es nicht schmeckt, haben sie daraus keine Ansprüche gegen den AG.

Somit kann hier auch keine Diskriminierung oder Benachteiligung welche rechtlich gewürdigt werden kann entstehen! Also kein Fall des AGG!

Die SBV ist nur zu beteiligen sofern der AG eine Kantine einrichtet. Hier ist die SBV gem. § 81 Abs. 4 SGB IX zu beteiligen. Denn es muss technisch möglich sein, dass auch Schwerbehinderte diese besuchen können. Also ggf barrierefreier Zugang.

Das hier ggf Schwerbehinderte u.U. auch aus Gründen der Behinderung angebotenes Kantinenessen nicht in Anspruch nehmen können und hierfür keinen Ausgleich erhalten oder aus diesem Grund den Zuschuss nicht nutzen können, ist kein Verstoß gegen dass AGG, da kein Rechtsanspruchauf solches Essen, also Diät oder Sondernahrung. Gleiches gilt für AN die aus anderen Gründen, sei es die Art der Zubereitung, Bestandteile des Essens oder ggf Glauben usw. dieses nicht nutzen,

Wenn aber wie hier der AG einen freiwilligen Zuschuss zu Essen zahlt oder das Essen grundsätzlich ggf sogar kostenfrei bereitstellt (hier wäre es dann für die Nutzer ein Thema des geldwerten Vorteil/Steuerrecht), ist eine BV hierzu einzig ein Thema des BR.

Der BR könnte dann in der BV mit dem AG regeln, dass Koll. die aus welchen Gründen auch immer dieses nicht in Anspruch nehmen, nehmen können einen Ersatz erhalten. Der AG müsste hierauf aber nicht eingehen.

Es ist hier dann aber KEIN Thema der SBV. Denn es geht nicht um Regelungen welche die technische Möglichkeit der Nutzung, siehe oben, behandeln.

PS: Auch vergleichbar mit dem Fall, AG gibt Zuschuss oder zahlt Kitakosten einer bestimmten Kita komplett. Auch hier haben AN welche dieses nicht in Anspruch nehmen oder nicht können, keinen Anspruch auf Ausgleich/ Ersatz.

Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 17.02.2016, 14:40 (vor 3014 Tagen) @ Heinrich

Hallo Heinrich,

jetzt muß ich mich aber wundern.
Ob eine Unterrichtungspflicht nach § 95 Abs. 2 SGB IX besteht, hat weder etwas mit Freiwilligkeit einer Leistung zu tun, noch ob es auch ein "Thema" für den BR/PR ist - sei es als Information, Anhörung oder Mitbestimmung.

Schließlich gibt § 95 der SBV eine "informationelle Allzuständigkeit" (Dau/Düwell/Joussen, SGB IX, Düwell, § 95 Rn 35).
Ausnahmen gibt es lediglich, wenn die Angelegenheiten alle AN berühren und keine spezifischen Belange von sbM berührt werden. Düwell führt hier als Beispiel die Gewährung eines freiwilligen Weihnachtsgeldes an.

Wenn aber eine allgemeine Leistung aus behinderungsbedingten Gründen von einzelnen sb AN nicht genutzt werden kann oder aber zukünftig nicht genutzt werden könnte, liegt bereits eine Berührung der Interessen vor.

"Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine konkrete aktuelle Betroffenheit nicht vom Gesetz gefordert wird ... Es genügt das Berührtwerden. Damit werden auch Auswirkungen erfasst, die zwar noch nicht aktuell, aber künftig zu besorgen sind." (Düwell, a.a.O., Rn 35)
Und auch der immer noch gern zitierte Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, Pahlen, § 95 Rn 10 meint hierzu:
"Die Schwerbehindertenvertretung ist deshalb nicht nur von .... solchen personellen Maßnahmen, die den sbM unmittelbar betreffen, zu unterrichten und vor den Maßnahmen zu hören, sondern auch bei entsprechenden Maßnahmen, durch die sbM übergangen, benachteiligt oder sonst berührt werden."

Wenn also eine allgemeine freiwillige Maßnahme - wie von Pernille beschrieben - allgemein (rechtswirksam) widerrufen wird, besteht wohl keine spezielle "Berührtheit" von sbM
Wenn der AG eine freiwillige Leistung neu einführt, die evtl. einzelnen sbM aus behinderungsbedingten Gründen nicht zu Gute kommen kann (Essenszuschuß für Kantine), mag man über die "Berührtheit" schon unterschiedlicher Meinung sein,

Wenn aber diese beiden Vorgänge offensichtlich gekoppelt sind, und somit ggfs. sbM aus behinderungsbedingten Gründen faktisch Ansprüche verlieren könnten, sehe ich diese "Berührtheit" in jedem Fall als gegeben an und diese löst nun mal den Anspruch auf Information und Anhörung gem. § 95 Abs. 2 SGB IX aus.

--
&Tschüß

Wolfgang

Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen

Heinrich, Wednesday, 17.02.2016, 17:38 (vor 3013 Tagen) @ albarracin

Hallo Wolfgang,

jetzt muß ich mich aber sehrwundern!

Liest Du deine eigene Einträge nicht?

Ob eine Unterrichtungspflicht nach § 95 Abs. 2 SGB IX besteht, hat weder etwas mit Freiwilligkeit einer Leistung zu tun, noch ob es auch ein "Thema" für den BR/PR ist - sei es als Information, Anhörung oder Mitbestimmung.

Schließlich gibt § 95 der SBV eine "informationelle Allzuständigkeit" (Dau/Düwell/Joussen, SGB IX, Düwell, § 95 Rn 35).<

JA!!

Ausnahmen gibt es lediglich, wenn die Angelegenheiten alle AN berühren und keine spezifischen Belange von sbM berührt werden. Düwell führt hier als Beispiel die Gewährung eines freiwilligen Weihnachtsgeldes an.

Dieses Thema hier ist vergleichbar mit dem Thema Weihnachtsgeld! ALLE Beschäftigten haben den gleichen Anspruch! Es gibt KEINE Besonderheiten für Schwerbehinderte!

Auch das BAG hat dieses so entschieden, dass der § 95 Abs. 2 SGB IX nur gilt bei personellen Einzelmaßnahme oder wenn die Gruppe der Schwerbehinderten besonders betroffen ist.

Das Thema hier trifft diese eben nicht besonders. Auch Nichtbehinderte AN welche ggf das Essen wegen der Art der Zubereitung oder verwendete Inhaltsstoffe oder Bestandteilen oder weil es ihnen nicht schmeckt oder sonstige Gründe zB auch weil sie nur Koscheres essen gehen hier ggf leer aus. Also KEINE besondere Betroffenheit der Gruppe der Schwerbehinderten.

Denn auch Schwerbehinderte bekommen den gleichen Zuschuss, wenn sie die Kantine nutzen. Schwerbehinderte welche sie nicht nutzen bekommen wie die Nichtbehinderten die sie nicht nutzen keinen Zuschuss.Damit keine BESONDERE Betroffenheit

Betriebsvereinbarung - freiwillige soziale Leistungen

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 18.02.2016, 09:47 (vor 3013 Tagen) @ Heinrich

Hallo Wolfgang,

Hallo Heinrich

Schließlich gibt § 95 der SBV eine "informationelle Allzuständigkeit" (Dau/Düwell/Joussen, SGB IX, Düwell, § 95 Rn 35).<


JA!!

Schön, das wir uns da einig sind.

Ausnahmen gibt es lediglich, wenn die Angelegenheiten alle AN berühren und keine spezifischen Belange von sbM berührt werden. Düwell führt hier als Beispiel die Gewährung eines freiwilligen Weihnachtsgeldes an.


Dieses Thema hier ist vergleichbar mit dem Thema Weihnachtsgeld! ALLE Beschäftigten haben den gleichen Anspruch! Es gibt KEINE Besonderheiten für Schwerbehinderte!

Das sehe ich zumindest in dem von mir beschriebenen Szenario der koppelung beider Vorgänge anders.


Auch das BAG hat dieses so entschieden, dass der § 95 Abs. 2 SGB IX nur gilt bei personellen Einzelmaßnahme oder wenn die Gruppe der Schwerbehinderten besonders betroffen ist.

Ist völlig unstrittig


Das Thema hier trifft diese eben nicht besonders. Auch Nichtbehinderte AN welche ggf das Essen wegen der Art der Zubereitung oder verwendete Inhaltsstoffe oder Bestandteilen oder weil es ihnen nicht schmeckt oder sonstige Gründe zB auch weil sie nur Koscheres essen gehen hier ggf leer aus. Also KEINE besondere Betroffenheit der Gruppe der Schwerbehinderten.

Du vergleichst Äpfel und Birnen. Evtl. individualrechtliche Ansprüche aus anderen Gesetzen wie zB AGG sind nicht vergleichbar mit kollektivrechtlichen Ansprüchen der SBV aus dem SGB IX.


Denn auch Schwerbehinderte bekommen den gleichen Zuschuss, wenn sie die Kantine nutzen. Schwerbehinderte welche sie nicht nutzen bekommen wie die Nichtbehinderten die sie nicht nutzen keinen Zuschuss.Damit keine BESONDERE Betroffenheit

Das sehe ich nun mal unter bestimmten Bedingungen des Vorgehens des AG anders, wenn die Gründe für die Nichtnutzung behinderungsbedingt sind.
Vielleicht müssen wir das jetzt einfach mal als Meinungsunterschied so stehen lassen.
Taktisch gesehen kann aber die SBV auch mal einen nicht eindeutigen Anspruch geltend machen - soll sich doch auch mal der AG den Kopf darüber zerbrechen. :-D

--
&Tschüß

Wolfgang

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