GdB bei Schwerhörigkeit (Allgemeines)

Kasimir, Saarland, Friday, 10.02.2017, 20:29 (vor 2634 Tagen)

Guten Tag,
wer hat Erfahrung über die Höhe GdB bei Schwerhörigkeit bds.?
Habe jetzt bei zwei sbM jeweils nur 20 GdB erreicht.
Anderer sbM hat bei in etwa gleichen Audiogrammen vor ca. 8 Mon. 40 GdB erreicht.
Was könnte ich falsch gemacht haben?
Möchte einige Monate abwarten, dann Verschlimmerungsantrag stellen um den Kollegen zu helfen.

Für Infos wäre ich sehr dankbar
LG und schönes WE
K.

GdB bei Schwerhörigkeit

Downunder, Baden-Württemberg, Friday, 10.02.2017, 22:04 (vor 2634 Tagen) @ Kasimir

Hallo,

wenn ich es richtig verstanden habe liegt eine Schwerhörigkeit beidseits vor. Nach den VMG http://www.versorgungsmedizinische-grundsaetze.de/Hör%20und%20Gleichgewichtsorgan%20Versorgungsmedizinische%20Grundsätze.html richtet sich die Beurteilung nach der Ziffer 5.2.4.
Vielleicht helfen die Anmerkungen zu 5.2. der VMG weiter:

Die von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie empfohlene Tabelle (Nr. 5.2.4 Tabelle D VNG) erscheint nicht ganz schlüssig, da sich in ihren Vorgaben Überschneidungen finden (z.B. Normalhörigkeit 0 - 20 und geringe Schwerhörigkeit 20 - 40, so dass sich - bezogen auf das Beispiel - die Frage stellt, in welche Kategorie ein Hörverlust von 20 % fällt). Auf diese eher mathematische Sicht dürfte es indes nicht ankommen. Denn die Bestimmung des Hörverlustes an sich ist von so erheblichen subjektiven Elementen seitens des Probanden abhängig, dass ein objektiv exakter prozentualer Hörverlust kaum festzulegen sein dürfte. Damit fehlt aber auch die Grundlage für eine mathematisch genaue Festlegung aufgrund der genannten Tabelle. Es verbleibt im Ergebnis bei der anhand mehrerer Kriterien zu treffenden Gesamteinschätzung des sachverständigen Arztes. Dieser kann und sollte ggf. darauf hinweisen, dass bei einer Bewertung anhand der o.a. Tabelle ein Grenzfall vorliegen könnte, dem dann bei der Gesamtbewertung mit einem "schwachen" bzw. "starken" GdB weiter Genüge getan werden kann. Ein Rückgriff auf die Klassifizierung der World Health Organization (WHO) - 5 Stufen mit "keine", "leichte", "mittlere", "schwere" und "sehr schwere" Hörverluste - und die jeweilig Zuordnung "25 oder besser", "26 - 40", "41 - 60", "61 - 80" und "81 und mehr" scheint deshalb nicht erforderlich.

Von wesentlichem größerem Interesse, gerade für die nicht-medizinischen Beteiligten (z.B. den behinderten Menschen, dessen Bevollmächtigten oder den angerufenen Richter), ist die genannte Klassifizierung der WHO aus anderen Gründen. Hier wird nämlich verständlich und insbesondere für die Bildung des Gesamt-GdB von Bedeutung angeführt, wie sich die Auswirkungen der Schwerhörigkeit im alltäglichen Leben tatsächlich darstellen:

25 dB oder besser (am besseren Ohr) = Keine oder nur sehr geringe Hörprobleme. Kann Flüstern verstehen.
Leichter Hörverlust 26 - 40 dB (am besseren Ohr) = Kann in normaler Lautstärke gesprochene Wörter aus 1 Meter Entfernung hören und wiederholen. Beratung, ggf. Hörgeräte erforderlich.
Mittlerer Hörverlust 41 - 60 dB (am besseren Ohr) = Kann in mit lauter Stimme gesprochene Wörter aus 1 Meter Entfernung hören und wiederholen. Hörgeräte empfohlen.
Schwerer Hörverlust 61 - 80 dB (am besseren Ohr) = Kann einzelne Wörter hören, wenn sie in das bessere Ohr geschrien werden. Hörgeräte erforderlich. Ohne Hörgeräte sollten Lippenablesen und Gebärdensprache erlernt werden.
Sehr schwerer Hörverlust einschließlich Taubheit 81 dB oder mehr (am besseren Ohr) = Kann auch Schreien nicht hören und verstehen
.

Demnach ist die rein "mathematische Betrachtung offenbar nicht zielführend. Dies sollte am Besten mit einem Facharzt des Vertrauens erörtert werden und in einem fachärztlichen Gutachten festgesteallt werden, dass dann in einem Widerspruchsverfahren vorgetragen werden.

--
Gruß

Downunder

GdB bei Schwerhörigkeit

Kasimir, Saarland, Saturday, 11.02.2017, 11:13 (vor 2634 Tagen) @ Downunder

Einen schönen guten Morgen

liebe Dank für die schnelle und detailierte Antwort.
Bin begeistert - werde das am WE weiter ausarbeiten und dann mit den Kollegen die kommende Woche besprechen.

Grund: Das Versorgungsamt im Saarland mißt bei der Beurteilung nur mit eingesetzten Hörgeräten. Klar, dann hören die Leute in den unterschiedlichen Frequenzen - schon abgetan ...

In älteren HNO-Büchern habe ich jedoch gelesen, dass einmal mit Hörgerät und einmal ohne Hörgerät gemessen und beurteilt werden sollte.
Wir werden sehen - vielleicht kommen die Kollegen mit Deiner / Eurer Hilfe zu einem höheren Ausgleich und dementsprechend zu einer adäquaten Ausstattung

Liebe Grüße
K.

GdB bei Schwerhörigkeit

albarracin, Baden-Württemberg, Saturday, 11.02.2017, 13:25 (vor 2634 Tagen) @ Kasimir

Einen schönen guten Morgen

Hallo,


Grund: Das Versorgungsamt im Saarland mißt bei der Beurteilung nur mit eingesetzten Hörgeräten.

dann sollte man mal diesem Versorgungsamt den einleitenden Satz zu Teil B5 der VG zur Kenntnis geben, nachdem sich der GdB ausschließlich nach den Meßergebnissen ohne Hörhilfen bestimmt.

Dann nämlich ist das erst mal ohne Vorliegen besonderer Umstände bei der Auswertung des Tonaudiogramms eine reine und relativ einfache Rechenaufgabe anhand der vorgegebenen Werte der Tabelle 5.2.2, deren aufsummierte Werte für jedes Ohr dann anhand der Tabelle 5.2.4 in Schwerhörigkeitsgrade und dann in den GdB umgerechnet werden.

Ggfs. müssen dann noch die für einen Laien schwieriger zu berechnenden Werte der Tabelle 5.2.1 berechnet werden. Ist der Grad der Schwerhörigkeit nach 5.2.1 und 5.2.2 deutlich unterschiedlich, zählt der höhere Grad.

--
&Tschüß

Wolfgang

GdB bei Schwerhörigkeit

Kasimir, Saarland, Saturday, 11.02.2017, 15:44 (vor 2634 Tagen) @ albarracin

Hallo albarracin,

vielen Dank für die Hinweise, werde ich sehr gerne berücksichtigen und einsetzen.

Ein Problem stellt sich nun für mich als SBV - die Widerspruchsfrist ist verstrichen.
Also - Kollegen gehen zu einem HNO-Arzt zu erneuter Untersuchung, dann Verschlimmerungsantrag.

Und dann können die lieben Kollegen hoffentlich ihr SBV hören, wenn es heißt ....

Herzlichen Dank und viele Grüße in ein erholsames WE
K.

GdB bei Schwerhörigkeit

SBV Thales, Ditzingen, Wednesday, 15.02.2017, 14:41 (vor 2630 Tagen) @ Kasimir

Hallo Kasimir,
vieleicht hilft Dir es weiter, wenn entsprechende Arbeitsumgebung vorliegt.
Bei uns gibt es Großraumbüros und Kollegen die Probleme mit dem Gehör haben, müßen
Schreien um sich zu verständigen. Den wenn jeder telefoniert oder sich Kollegen unterhalten wird die Geräuschkulisse zu groß.
Bei unseren Kollegen war es so, dass entsprechend dem Hördiagramm der HNO Arzt ein Hörgerät empfohlen hat.
Es gibt in der Gesundheitstabelle der GdB auch bei Hörverluste entsprechende Werte.
Aus Internet:
Hörverluste kann man auch über eine „sprachaudiometrische Untersuchung“ kurz S
prachtest ermitteln. Dieser Test hat durchaus seine Berechtigung bzw. Vorteile z.B. für eine Feinabstimmung der Hörhilfen. Normalerweise sollten bei dieser Methode dieselben oder zumindest sehr ähnliche Werte herauskommen, wie beim Audiogramm. Leider verfälschen viele Hörgeschädigte diesen Test zu ihren Ungunsten. Sie haben im Laufe ihres Lebens gelernt Wörter zu kombinieren und zu raten und so raten sie auch beim Sprachtest Wörter, die der Audiologe als „richtig erkannt“ in seine Testprotokolle einträgt. Eine Testperson hört beispielsweise den Laut „ei“ und ergänzt das zum Wort „Drei“, einfach weil davor lauter Zahlen an der Reihe waren („Brei“ oder „Eis“ können deshalb ausgeschlossen werden). Oder er hört „isch“ und ergänzt das zum Wort „Tisch“, weil davor Alltagsgegenstände abgefragt wurden - es könnte natürlich auch „frisch“, „Fisch“ oder „Quiche“ gemeint gewesen sein, was allerdings wesentlich unwahrscheinlicher wäre. Zudem kann es durchaus sein, dass der Hörgeschädigte den Test schoneinmal im Laufe seines Lebens gemacht hat und daher die
Antwortmöglichkeiten noch in Erinnerung hat.
Hörgeschädigte sollte bei Sprachtests, die ohne Hörhilfen gemacht werden, nur
antworten wenn sie sich zu 100% sicher sind das abgefragte Wort erkannt zu haben.
Anderenfalls wird ihr Hörverlust besser eingestuft als er in Wirklichkeit ist.Gut-
achtern bzw. Mitarbeitern der Versorgungsämter ist es selbst überlassen welchen
Test(Audiogramm oder Sprachtest) sie zur Berechnung des Hörverlustes und damit zur Einstufung des GdB heranziehen. Es fällt aber auf, dass häufig der Test genommen wird, der eine geringere Einstufung des GdB zur Folge hat. Wenn der GdB wegen eines zu gut ausgefallenen Sprachtests heruntergestuft worden ist, hat man leider nicht viele Möglichkeiten dagegen anzugehen. Das Einfachste wäre noch die Herabstufung zunächst hinzunehmen und nach dem nächsten Hörtest (z.B. in 1/2 Jahr) einen Verschlechterungsantrag zu stellen vorrausgesetzt beim neuen Sprachtest wurde nicht wieder geraten und somit ist er günstiger für den Antragsteller ausgefallen.
Eine weitere Besonderheit ist noch, dass die Ergebnisse aus dem Sprachtest den Hörverlust immer in 10er Schritten angeben. Z.B. 60% für das rechte Ohr und 60% für das Linke - laut Audiogramm wären die Werte sehr viel genauer z.B.62% links und 65% rechts. Nach dem Audiogramm wäre also eindeutig eine „hochgradige Schwerhörig-
keit“ auf beiden Ohren gegeben und der GdB mit 50 einzustufen. Die 60% aus dem S
prachtest sind leider genau auf der Grenze in „Tabelle D“ und viele Gutachter geben daher eine Einstufung von „beidseitiger mittelgradiger Schwerhörigkeit“ (GdB 40)

Ich hoffe eshilft Dir weiter

--
Z. Prikryl

SBV - MLS Ditzingen

GdB bei Schwerhörigkeit

Kasimir, Saarland, Wednesday, 15.02.2017, 23:27 (vor 2629 Tagen) @ SBV Thales

Hallo und Guten Abend,

herzlichen Dank für die ausführlichen Informationen.
Meno - womit habe ich dass verdient?
Ich Danke sehr herzlich!

Viele Grüße aus dem Saarland
K.

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