Unterbrechung der 6-stündigen Eingliederung (BEM)

Apanatshi, Bayern, Tuesday, 05.12.2017, 13:39 (vor 2334 Tagen)

Liebe Kollegen,
habe hier ein kuriosen Fall, der nach meiner Meinung so nicht Schule machen darf.
Eine Mitarbeiterin ist in einer stufenweisen Wiedereingliederung
1. Woche 3 Stunden
2. Woche 4 Stunden
3 Woche 5 Stunden
4 Woche 6 Stunden
Die Mitarbeiterin ist eine Vollzeitkraft (7,7 Std.) und soll wieder an ihre volle Belastung herangeführt werden.
Nun kommt die Vorgesetzte auf die Idee, die Mitarbeiterin vormittags 4 Stunden arbeiten zu lassen, gibt ihr 1 Stunde Pause und soll dann wieder 2 Stunden arbeiten.
nach meiner Meinung ist das nicht zielführend. in der ärztlichen Anordnung steht auch nichts von einer Pause. Darüber hinaus hat die Mitarbeiterin im "Echtbetrieb" auch keine Stunde Pause, sondern muss spätestens nach 6 Stunden erst eine Pause von 30 Minuten nehmen. Eine andere Arbeitszeit gibt es nicht.
Da sich die Mitarbeiterin weigerte so zu arbeiten, soll sie nun einen Abmahnung bekommen.

Wie ist denn die Rechtslage. Könnte der AG in der Tat eine 6-stündig angeordnete Tätigkeit vom Facharzt auf 2x aufsplitten? Der MA wird ja durch diese Aufsplittung auch die Möglichkeit genommen, Termin zur Therapie und Ärzten wahrzunehmen und das obwohl sie noch defacto im krank ist und auch Krankengeld bezieht. Leider kann ich zu dieser Thematik nichts finden, das mich wirklich weiterbringt. vielleicht könnt ihr mir noch was dazu beitragen.
Im übrigen - wir sind ein Klinikbetrieb, umso kurioser erscheint diese Verfahrensweise für mich.

Gruß A.

Unterbrechung der 6-stündigen Eingliederung

Cebulon, Tuesday, 05.12.2017, 20:10 (vor 2334 Tagen) @ Apanatshi

Da sich die Mitarbeiterin weigerte so zu arbeiten, soll sie nun eine Abmahnung bekommen.

Prima, während der Arbeitsunfähigkeit, in der die kranke Rehabilitandin während ihres ruhenden Arbeitsverhältnis rechtlich eine freiwillige med. Reha im Betrieb macht. Die Begründung für so eine "arbeitsrechtliche Abmahnung" während einer med. Reha nach § 74 SGB V würde mich schon brennend interessieren. Bin insoweit auf weitere Meinungen gespannt.

durch Aufsplittung auch die Möglichkeit genommen, Termin zur Therapie und Ärzten wahrzunehmen.

Ist denn diese Vorgesetzte etwa eine Ärztin? Mit welcher genauen Begründung kam die auf eine derartige Idee? Hat diese Vorgesetzte das etwa mit Unterzeichner des fachärztlichen Wiedereingliederungsplans abgestimmt? Oder rein eigenmächtige "Weisung" nach § 106 GewO aus sachfremden Erwägungen, welche mit dem Zweck der verordneten Wiedereingliederung womöglich sogar kollidiert, bzw ohne Angabe von Gründen? Ist denn die betroffene Rehabilitandin schwerbehindert und wurde die SBV davon umfassend unterrichtet bzw. angehört?

Darüber hinaus hat die Mitarbeiterin im "Echtbetrieb" auch keine Stunde Pause, sondern muss spätestens nach 6 Stunden eine Pause von 30 Minuten nehmen.

Was soll mit Aufteilung bezweckt werden? Personelle Lücken am Nachmittag "stopfen"? Wäre nicht primärer Regelungszweck einer Stufenweisen Wie­der­ein­glie­de­rung! Es handelt sich m. E. arbeitsrechtlich nicht um "Arbeit" als Gegenleistung für Lohn, sondern vielmehr um fremdfinanzierte "Maßnahme einer medizinischen Rehabilitation", sagt BMAS, die nicht zweckentfremdet werden darf. Sinn und Zweck der Wiedereingliederung ist es, die Arbeitsfähigkeit für die bisherige Tätigkeit nach und nach wiederzuerlangen und nicht die Arbeitsleistung gegen Entgelt. Wie soll jemand an den 6-Stunden-Takt bzw. die volle Arbeitsbelastung stufenweise gewöhnt werden, wenn diese/r bei der Eingewöhnung anders eingesetzt wird? Erscheint ziemlich kurzsichtig bzw. womöglich dilettantisches Personalmanagement. Wie sieht das BEM-Team das rücksichtslose Vorgehen bei dieser BEM-Maßnahme?

Gruß,
Cebulon

Unterbrechung der 6-stündigen Eingliederung

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 06.12.2017, 09:13 (vor 2334 Tagen) @ Apanatshi

Hallo,

während einer WE ist die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers ggü. einer ANin suspendiert, da ja weiterhin AU besteht. Der AG hat den akzeptierten WE-Plan 1:1 umzusetzen und kein Recht, diesen eigenmächtig zu ändern.

Ggfs. sollte auch die KK einbezogen werden, da diese ja die ANin bezahlt und ein Interesse daran hat, daß die WE erfolgreich ist.

--
&Tschüß

Wolfgang

Unterbrechung der 6-stündigen Eingliederung

Cebulon, Wednesday, 06.12.2017, 19:30 (vor 2333 Tagen) @ albarracin

Während WE ist die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers ggü. einer ANin suspendiert, da ja weiterhin AU besteht.

Hallo, die Aussage ist aber etwas weitgehend, pauschal bzw. missverständlich: Weisungsrecht aus Arbeitsvertrag zwar nein, jedoch Weisungsrecht ggü. der Rehabilitandin aus der Eingliederungsvereinbarung.

Neben dem wegen der AU ruhenden Arbeitsverhältnis wird durch eine Eingliederungsvereinbarung ein neues Rechtsverhältnis begründet. Und aus diesem ruhenden Arbeitsverhältnis ergeben sich allerdings Nebenpflichten: Der AG muss auf Belange des Rehabilitanden Rücksicht nehmen, der Arbeitnehmer muss den Weisungen des Arbeitgebers Folge leisten.

Der AG hat den akzeptierten WE-Plan 1:1 umzusetzen und kein Recht, diesen eigenmächtig zu ändern.

Sehe ich genauso. Absolut richtig, jedenfalls bei sbM.

Gruß,
Cebulon

Unterbrechung der 6-stündigen Eingliederung

Apanatshi, Bayern, Friday, 08.12.2017, 14:12 (vor 2331 Tagen) @ Cebulon

hallo liebe Kommentatoren,
ich bin ganz Eurer Meinung nur leider konnte mir noch keiner sagen, wo ich das rechtsverbindlich abdecken kann. Eine Antwort der Krankenkasse steht noch aus. Der Arzt hat allerdings definitiv erklärt, dass es sei Ansinnen war, dass die Mitarbeiterin die Belastung 6 Stunden am Stück testet und war erbost, dass das willkürlich verändert wurde.
Ich kann das Hamburger Modell auch durchlesen so lange ich will, aber ich habe keine Stelle gefunden auf die ich mich definitiv beziehen könnte. Im Grunde bleibt der Mitarbeiterin wohl nichts anderes übrig, als das anwaltlich klären zu lassen. Sehr ärgerlich für sie und die Interessensvertretungen! Der Arbeitgeber macht sich gar nicht die Mühe, das zu klären.

Gruß, Andrea

Unterbrechung der 6-stündigen Eingliederung

Cebulon, Friday, 08.12.2017, 14:23 (vor 2331 Tagen) @ Apanatshi

Hallo, nochmalige Nachfrage: Ist diese Rehabilitandin schwerbehindert oder gleichgestellt, und hat deren Vorgesetzte für diese eigenmächtige Abweichung von dem Plan irgendeine Begründung gegeben? Welche?

Gruß,
Cebulon

Unterbrechung der 6-stündigen Eingliederung

Apanatshi, Bayern, Friday, 08.12.2017, 15:22 (vor 2331 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,
Bei der Mitarbeiterin läuft erst ein Antrag auf Feststellung.
Des Weiteren wollte die Vorgesetzte natürlich, dass ihr Dienst abgedeckt ist durch diese Konstellation. Wir haben ihr gesagt, dass die Kollegin nicht regulär eingeteilt werden kann, sondern on top ist, aber das scheint nicht zu ihr vorgedrungen zu sein. Eher hätte es wenn schon Sinn gemacht, die Kollegin erst um 9 oder 10 beginnen zu lassen und die 6 Stunden durcharbeiten zu lassen. Aber sie wollte die Kollegin "schonen" mit einer Stunde Pause..
A.;-)

Unterbrechung der 6-stündigen Eingliederung

Cebulon, Friday, 08.12.2017, 15:45 (vor 2331 Tagen) @ Apanatshi

läuft erst ein Antrag auf Feststellung.

Ich würde bei VA kurz anrufen und um Beschleunigung bitten wegen Gefährdung der Eingliederung. Evtl. läßt sich ja eine verständige Versorgungsverwaltung darauf ein, sofern alle Befunde vorliegen. Sonst konkret fragen, was noch fehlt. Sobald mindestens GdB 50, kann man natürlich mit BAG aus 2006 argumentieren ...

Eher hätte es wenn schon Sinn gemacht, die Kollegin erst um 9 oder 10 beginnen zu lassen und die 6 Stunden durcharbeiten zu lassen.

Dann sollte Facharzt das im Wiedereingliederungsplan auch konkret reinschreiben. Das kann er noch während der laufenden Wiedereingliederung nachtragen, da der Stufenplan ja nicht "in Stein gemeißelt" ist, sondern bei Bedarf vom behandelndem Arzt nachzujustieren ist zur Sicherung des Eingliederungserfolgs! Es geht darum, dass unter realen Arbeitsbedingungen nach ärztlichem Plan die Arbeitsbelastung individuell, schrittweise und maßgeschneidert erprobt wird.

Genau dieses Ziel wird aber durch diese Vorgesetzte vereitelt bzw gefährdet. Halte das für dilettantisch bzw. kurzsichtiges unprofessionelles Personalmanagement.

Gruß,
Cebulon

Unterbrechung der 6-stündigen Eingliederung

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Friday, 08.12.2017, 16:35 (vor 2331 Tagen) @ Apanatshi

Ist das so oder wurde dies alles mündlich besprochen?

Der Wiedereingliederungsplan regelt im Einzelnen den Ablauf der schrittweisen Arbeitsaufnahme. Ihm müssen alle Beteiligten (Versicherter, behandelnder Arzt, Arbeitgeber) durch Unterschrift zustimmen.
Insbesondere konkretisiert der Plan den Verlauf der Wiedereingliederungsphase vor dem Hintergrund der bestehenden krankheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Versicherten einerseits und seiner zu erwartenden gesundheitlichen und leistungsmäßigen Fortschritte andererseits.
Er enthält demnach Informationen über
• die zeitliche Abstufung und Ausdehnung des Wiedereingliederungsverlaufs, die Abfolge und Dauer der einzelnen Belastungsstufen;
• die notwendige Vermeidung bestimmter arbeitsbedingter Belastungen und nicht geeigneter Tätigkeiten sowie
• flankierende Maßnahmen am Arbeitsplatz (z. B. Arbeitserleichterungen, technische Hilfen).
Vor allem sind in ihm die tägliche Arbeitszeit und die Tätigkeiten angegeben, die der Versicherte während der Phase der Wiedereingliederung ausüben kann bzw. denen er nicht ausgesetzt werden darf. Die schrittweise Arbeitsaufnahme vollzieht sich nach den im Wiedereingliederungsplan enthaltenen Vorgaben
.

--
Herzlichen Gruß
Hans-Peter

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