Fristen für Rückäußerung (Lektüre / Gesetze)

Jule, Brandenburg, Thursday, 15.02.2018, 21:26 (vor 2261 Tagen)

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

ich wende mich mit einer Frage an Euch, in der ich alleine nicht weiterkomme.

Im SGB IX gibt es keinerlei Fristen für eine Rückäußerung an den AG, wenn dieser nach § 178 Abs. 2 SGBIX die Schwerbehindertenvertretung beteiligt/einbindet. In § 32 Abs. 3 BGleiG wird eine Frist von 10 Tagen für eine Rückäußerung der Gleichstellungsbeauftragten genannt. Die Personalvertretungsgesetze haben gleiche Fristen.

Unser Arbeitgeber möchte diese Fristen jetzt "zur Straffung" in den Personalangelegenheiten einkürzen. Angeblich wäre dies bereits bei anderen Arbeitgebern selbstverständliches Handeln.

Gibt es Erkenntnisse oder eine Fundstelle, weshalb die Bundesregierung auch mit Einführung des BTHG ausdrücklich weiterhin keine Fristenregelung in das SGB IX aufgenommen hat?

Ich freue mich auf Eure Rückmeldungen.

--
Herzliche Grüße

Jule

Fristen für Rückäußerung

WoBi, Thursday, 15.02.2018, 22:53 (vor 2261 Tagen) @ Jule

Hallo Jule,

eine Frist für die Stellungnahme ist im SGB IX nicht definiert. Es wird häufig von Arbeitgebern und manchmal auch von Arbeitsgerichten ein Bezug auf die Fristen zur Mitbestimmung des BR genommen. Vielleicht weil das BetrVG bekannter ist oder mehr Entscheidungen dafür vorliegen. Die SBV hat aber keine Mitbestimmung. Dies wurde auch durch das BTHG nicht gewährt. Die SBV hat bezüglich ihrer Dauer für die Stellungnahme den Grund z.B. fristlose Kündigung zu berücksichtigen. Hier können die bis zu 3 Tage für eilbedürftige oder 7 Tage für normale Maßnahmen für den BR ein guter Anhaltspunkt für die SBV sein. SBV im Bereich der Personalvertretungsgesetze sollten diese Fristen einbeziehen. So sieht z.B. das BayPVG 14 Tage für normale Angelegenheiten für den PR vor.
Warum sollten wir uns hier einschränken und uns in ein Korsett zwängen lassen. Vertrauenspersonen führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt aus und handeln damit weisungsfrei und eigenverantwortlich.
Die SBV ist eine Einpersonenvertretung und kein Kollektivgremium mit Verteilungsmöglichkeiten der anstehenden Aufgaben an die Mitglieder. Dies zumal der Arbeitgeber den Arbeitsanfall der SBV eigenverantwortlich z.B. durch vermehrte Vorstellungsgespräche steuern kann.

Fristen beginnen mit Vorliegen aller Informationen. Fragen oder Anforderungen hemmen den Fristbeginn.

Der Informationsaustausch nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX hat 3 Phasen:
1. Unverzügliche und umfassende Unterrichtung durch den Arbeitgeber – Die SBV hat Anspruch auf den gleichen Wissensstand wie der Arbeitgeber, damit auf „Augenhöhe“ ohne eigene Erkundigungen beurteilt werden kann.
2. Die Stellungnahme der SBV – Der Arbeitgeber ist verpflichtet die Stellungnahme als Anhörung vor einer Entscheidung in seine Überlegungen ernsthaft mit einzubeziehen.
3. Nach der Anhörung die unverzügliche Mitteilung der getroffenen Entscheidung an die SBV.

Und es gibt die Aussetzung nach § 178 Abs. 2 Satz 2, falls der Arbeitgeber die Fragen oder die Stellungnahme nicht beachtet.

Hält sich denn dein Arbeitgeber selbst an die gesetzlichen Pflichten?
Wird z.B. die Prüfpflicht vor Stellenausschreibung mit Einbindung der SBV und PR nach § 167 Abs 1. SGB IX i.V.m. § 168 SGB IX durchgeführt?
Werden die dann noch nicht besetzten Stellen der Agentur für Arbeit inklusiv mit ausdrücklichem Vermittlungswunsch und anderen Stellen die Personen vermitteln gemeldet?
Vielleicht erst die Einhaltung der Gesetze durchführen, bevor undefinierte Fristen verkürzt werden sollen und damit die Arbeit der SBV eingeschränkt werden soll.

--
Gruß
Wolfgang

Fristen für Rückäußerung

WoBi, Thursday, 29.11.2018, 11:42 (vor 1975 Tagen) @ WoBi

Hallo zusammen,

habe gerade festgestellt, dass sich damals der Fehlerteufel eingeschlichen hat.
Die §§ sind falsch in:
"Hält sich denn dein Arbeitgeber selbst an die gesetzlichen Pflichten?
Wird z.B. die Prüfpflicht vor Stellenausschreibung mit Einbindung der SBV und PR nach § 167 Abs 1. SGB IX i.V.m. § 168 SGB IX durchgeführt?"

Richtig ist:
Hält sich denn dein Arbeitgeber selbst an die gesetzlichen Pflichten?
Wird z.B. die Prüfpflicht vor Stellenausschreibung mit Einbindung der SBV und PR nach § 164 Abs 1. SGB IX i.V.m. § 165 SGB IX durchgeführt?

Wobei § 164 von allen Arbeitgeber anzuwenden ist. § 165 nur für öffentliche Arbeitgeber

Sorry

--
Gruß
Wolfgang

Fristen für Rückäußerung

Thomas-SBV, Friday, 16.02.2018, 08:51 (vor 2261 Tagen) @ Jule

Hallo Jule,

bei ungenauer Konkretisierung wird immer ein bezug auf die Regelungen für den BR/PR genommen.

Bei Fristen richte ich mich daher immer an die des BRs.

Bei diesen Vorgehen habe ich immer den BR auf meiner Seite und es ist für den AG nachvollziebar.

Rechtsgrundlage für meine Ansicht sind die gängigen Kommentierungen.

Tschüss

Thomas

Fristen für Rückäußerung

Jule, Brandenburg, Sunday, 18.02.2018, 09:59 (vor 2259 Tagen) @ Jule

Ich bedanke mich für Eure Antworten und Unterstützung. :-)

--
Herzliche Grüße

Jule

Fristen für Rückäußerung

WoBi, Tuesday, 20.02.2018, 08:31 (vor 2257 Tagen) @ Jule

Hallo Jule,

noch ein Gedanken zu einer "automatischen" Frist. Es gibt den rechtlichen Grundsatz, dass Schweigen weder ein Ja noch ein Nein bedeutet. Dies wird z.B. von Arbeitgeber herangezogen, wenn es um die Kostenübernahme von Schulungen geht. Jetzt will der Arbeitgeber eine gesetzliche Regelung aus dem BetrVG (Zustimmungsfiktion) auf ein anderes Gesetzeswerk anwenden! Im SGB IX ist aber keine Regelung enthalten und es fehlt somit die Grundlage für das Verlangen und der allgemeine Grundsatz ist anzuwenden.

Die Zustimmungsfiktion gilt im BetrVG für die Mitbestimmung z.B. in § 99 Abs. 3 BetrVG oder § 102 Abs. 2 BetrVG. Bei Maßnahmen nach § 99 BetrVG gibt es weitere Regelungen in den §§ 100 / 101 BetrVG und die Möglichkeit der gerichtlichen Ersetzung.
Diese weiteren Regelungen sind im SGB IX nicht vorhanden.

--
Gruß
Wolfgang

RSS-Feed dieser Diskussion