Wahlberechtigung (Wahlen)

R.S., Monday, 17.09.2018, 16:10 (vor 2065 Tagen)

Hallo allerseits,

ich verfolge das Forum seit einiger Zeit und stelle eine etwas ungewöhnliche Fragestellung ein. Die Fragestellung hat sich aus den Besonderheiten unseres Arbeitgebers (Frankfurter Verein) und einer Schulung des Wahlvorstandes, bei der für unseren Arbeitgeber zuständigen Gewerkschaft, ergeben.

Der Frankfurter Verein ist ein freier sozialer Träger, der Angebote in verschiedenen Bereichen des Sozialbereiches anbietet. Unter anderem betreibt der Verein mehrerer Rehawerkstätten und eine überbetriebliche Ausbildungsstelle. In diesem Jahr muss der Verein erstmalig das förmliche Wahlverfahren anwenden und wir befinden uns augenblicklich in der Prüfung, welche Personengruppen Wahlberechtigt sind.

Bei vorliegender Schwerbehinderteneigenschaft gehen wir von einer Wahlberechtigung folgender Personengruppen aus:
- Auszubildende innerhalb der überbetrieblichen Ausbildungsstelle.
- Personen die, im Rahmen einer Betriebsintegrierten Beschäftigung, in Arbeitsprozesse außerhalb
einer Rehawerkstatt eingegliedert sind.
- Personen die innerhalb einer Außenarbeitsgruppe einer Rehawerkstatt tätig sind, wenn die
Außenarbeitsgruppe in andere Betriebsteile eingegliedert ist.

Unsererseits besteht Unsicherheit bezüglich der Wahlberechtigung von Personen, die innerhalb einer Rehawerkstatt und dort innerhalb einer Arbeitsgruppe, beschäftigt sind. Diese Personen Besitzen einen Werkstattvertrag, erhalten eine Art Vergütung (Werkstattlohn) und es werden Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt.
Wir haben bereits folgende Information erhalten. Die Gewerkschaft geht von einer Wahlberechtigung der Werkstattbeschäftigten aus und begründet dies mit verschiedenen Urteilen der Arbeitsgerichte. Das für uns zuständige Integrationsamt geht von keiner Wahlberechtigung aus. Das Integrationsamt begründet dies damit, dass es sich bei Mitarbeitern einer Rehawerkstatt nicht um Arbeitnehme im eigentlichen Sinne handelt. Wir gehen davon aus, bei unserem Arbeitgeber könnten ca. 150 Werkstattbeschäftigte das aktive Wahlrecht besitzen.
Ich möchte nachfragen, ob sich bereits andere Arbeitgeber um eine rechtssichere Klärung der Problematik bemüht haben.

Grüße und vielen Dank im Voraus

Rainer

Wahlberechtigung

Cebulon, Monday, 17.09.2018, 17:45 (vor 2065 Tagen) @ R.S.

Betriebsintegrierte Beschäftigung

Hallo, spannende Rechtsfrage, leider noch nicht höchstrichterlich geklärt. Kommentar zum Thema ausgelagerte Arbeitsplätze auf Reha-Recht

Unsererseits besteht Unsicherheit bezüglich der Wahlberechtigung von Personen, die innerhalb einer Rehawerkstatt und dort innerhalb einer Arbeitsgruppe beschäftigt sind. Diese Personen Besitzen einen Werkstattvertrag, erhalten eine Art Vergütung (Werkstattlohn) und es werden Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt. Wir haben bereits folgende Information erhalten. Die Gewerkschaft geht von einer Wahlberechtigung der Werkstattbeschäftigten aus und begründet dies mit verschiedenen Urteilen der Arbeitsgerichte.

Welche "Urteile" hat denn da die Gewerkschaft im Blick? Gibts genauere Quellen mit Aktenzeichen? Die Werkstattbeschäftigten wählen doch alle einen "Werkstattrat" in ihrer WfbM, oder?

Gruß,
Cebulon

Wahlberechtigung

R.S., Tuesday, 18.09.2018, 09:29 (vor 2065 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,
vielen Dank für deine zeitnahe Antwort. Der von dir aufgeführte Rechtsentscheid war uns bekannt und wird, auf Grund der Bedingungen der von unserem Arbeitgeber betriebenen Außenarbeitsgruppen, als Begründung für die Wahlberechtigung der Mitarbeiter/innen gewertet. Beide Außenarbeitsgruppen sind aus Rehawerkstätten räumlich ausgegliedert, die räumliche Distanz zu den Rehawerkstätten beträgt ca. 20 Kilometer. Eine Arbeitsgruppe ist in ein anderes Unternehmen eingegliedert und übernimmt dort Produktionsaufgaben. Aus unserer Sicht besteht für die Mitarbeiter/Innen dieser Außenarbeitsgruppe, Wahlberechtigung innerhalb des anderen Unternehmens. Die andere Arbeitsgruppe ist, an anderer Stelle, in den Frankfurter verein eingegliedert und übernimmt dort Produktionsaufgaben für ein anderes Unternehmen und den Frankfurter verein. Aus unserer Sicht sind besteht für die Mitarbeiter/Innen dieser Arbeitsgruppe, Wahlberechtigung innerhalb des Frankfurter Vereins.
Bezüglich der Wahlberechtigung von Mitarbeiter/Innen einer Rehawerkstatt, bezieht sich die Gewerkschaft auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahr 2003
Aktenzeichen: 7 ABR 27/02. Fundstelle: AiB 2004, 446
Die Gewerkschaft argumentiert, die Schwerbehindertenvertretung nimmt andere Aufgaben als der Werkstattrat war.

Grüße
Rainer

Wahlberechtigung

albarracin, Baden-Württemberg, Tuesday, 18.09.2018, 11:19 (vor 2064 Tagen) @ R.S.

Hallo,

der LPK-SGB IX (Düwell, § 94 Rn 13) bejaht eine Wahlberechtigung von "normalen" Rehabilitanten in einem privatwirtschaftlichen Berufsbildungswerk auch mit Verweis auf BAG vom 27.6.2001, 7 ABR 50/99
https://www.jurion.de/urteile/bag/2001-06-27/7-abr-50_99/

Lediglich bei Werkstattmitarbeitern, die eindeutig unter die Definition des § 221 Abs. 3 iVm mit § 51 SGB IX fallen und ein "arbeitnehmerähnliches" Rechtsverhältnis haben, wählen ihren eigenen Werkstattrat.
Im Zweifelsfall hat der Status als AN Vorrang ggü. dem "arbeitnehmerähnlichen" Verhältnis (LPK-SGB IX, Jacobs, § 138 Rn 6)

--
&Tschüß

Wolfgang

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