zur (vereinfachten) Wahl eingeladen, aber die Wahl wurde nicht durchgeführt (Wahlen)

fisch21, Tuesday, 30.10.2018, 13:46 (vor 2014 Tagen)

Hallo,

ich bin der Gesamt-Schwerbehindertenvertreter in unserer GmbH, die aus mehreren Betrieben besteht. In einem Betrieb hat die amtierende lokale Vertrauensperson für gestern eine Wahlveranstaltung (vereinfachtes Wahlverfahren) angesetzt. Zur Wahlveranstaltung kam neben der amtierenden Vertrauensperson nur noch 1 weitere Wahlberechtigte. D.h. es waren letztendlich nur 2 von 15 Wahlberechtigten anwesend. Die Vertrauensperson - offensichtlich von der geringen Resonanz entäuscht - hat dann ad hoc gestern entschieden, dass sie nun überhaupt keine Wahl durchführt. Damit würde es in diesem Betrieb bis zur nächsten Wahlperiode keine lokale Schwerbehindertenvertretung mehr geben.

Meine Fragen in diesem Zusammenhang sind:

1. kann die amtierende Vertrauensperson so etwas überhaupt entscheiden? Wenn sich jedoch auch niemand
als Wahlleiter aufstellen läßt, dann scheitert ja die Wahl schon daran, oder sehe ich das falsch.
2. muss die Situation nun so akzeptiert werden oder muss nun nochmals zu einer Wahl in diesem Betrieb
eingeladen werden?
3. wenn in d. Betrieb in 2018 keine SBV-Wahl mehr stattfindet, dann werden die betroffenen Schwerbehinderten +
Gleichgestellten zukünftig direkt von der Gesamt-SBV betreut?

Im voraus vielen Dank für Eure Antworten.

Viele Grüße
Karl

zur (vereinfachten) Wahl eingeladen, aber die Wahl wurde nicht durchgeführt

ciralifan, Tuesday, 30.10.2018, 14:04 (vor 2014 Tagen) @ fisch21

Hi,
nun keine Wahl durchzuführen geht nicht. Die SBV sollte umgehend einen neuen Wahltermin "ausrufen" .
Zeit genug ist ja noch.
Zur Wahlleitung kann ja auch die existierende SBV gewählt werden.
Und bis dahin sollte die SBV die Werbetrommel rühren - selbst wenn nur 3 wahlberechtigte zusammen kämen könnte regulär gewählt werden.

zur (vereinfachten) Wahl eingeladen, aber die Wahl wurde nicht durchgeführt

fisch21, Tuesday, 30.10.2018, 14:37 (vor 2014 Tagen) @ ciralifan

Hallo,
könntest Du mir mitteilen, aus welcher Regelung Du das ableitest? Bzw. besteht ein gesetzlicher Zwang, dass die amtierende Vertrauensperson die Wahl durchführt? Aber auch bei 2 anwesenden Wahlberechtigten wäre eine Wahl durchführbar, oder?

Danke!

Viele Grüße,
Karl

zur (vereinfachten) Wahl eingeladen, aber die Wahl wurde nicht durchgeführt

Carsten Siebert, Bremerhaven, Tuesday, 30.10.2018, 15:53 (vor 2014 Tagen) @ fisch21

Vereinfachtes Wahlverfahren

Besteht der Betrieb
•nicht aus räumlich weit auseinander liegenden Teilen und
•sind dort weniger als 50 Wahlberechtigte beschäftigt, ist die Schwerbehindertenvertretung in einem vereinfachten Wahlverfahren zu wählen.

Die Bestellung des Wahlvorstandes ist nur im förmlichen Wahlverfahren zwingend erforderlich, nicht im vereinfachten Wahlverfahren.

Die Aufgabe der Durchführung der Wahl übernehmen im vereinfachten Wahlverfahren die Wahlversammlung und der/die von ihr gewählte Wahlleiter/in.

Zur Wahlversammlung laden entweder
•das Integrationsamt (§ 177 Abs. 6 Satz 4 SGB IX),
•die Schwerbehindertenvertretung oder
•drei Wahlberechtigte
•oder der Betriebsrat bzw. Personalrat (§ 176 SGB IX) ein.

Spätestens drei Wochen vor Ende ihrer Amtszeit lädt die Schwerbehindertenvertretung zur Wahlversammlung ein, zum Beispiel durch Aushang.
Gewählt werden die Schwerbehindertenvertretung und mindestens ein stellvertretendes Mitglied.
Die Stimmen werden unverzüglich öffentlich ausgezählt und das Ergebnis festgestellt.

Steht auch so auf der Seite unter Wahlen

Gruß
Carsten Fels (ex Siebert)
SBV bei Firma Faun Umwelttechnik

Abbruch der Wahl durch SBV

Cebulon, Tuesday, 30.10.2018, 16:58 (vor 2014 Tagen) @ fisch21

Besteht ein gesetzlicher Zwang, dass die amtierende Vertrauensperson die Wahl durchführt?

Hallo, diese amtierende VP muss einladen, sonst Amtspflichtverletzung. Sie darf m.E. auch zweiten Anlauf starten, evtl. mit Unterstützung/Beratung durch die GSBV, sofern ihre Amtszeit noch nicht abgelaufen ist. In § 19 SchwbVWO steht nichts von "kann". Die VP hat aber diese Wahlen nicht durchzuführen, sondern lediglich einzuladen und vorzubereiten. Die Durchführung liegt bei der zu wählenden Wahlleitung nach § 20 SchwbVWO.

Gruß,
Cebulon

Abbruch der Wahl durch SBV

Cebulon, Tuesday, 30.10.2018, 15:51 (vor 2014 Tagen) @ fisch21

Die Vertrauensperson - offensichtlich von der geringen Resonanz enttäuscht - hat dann ad hoc gestern entschieden, dass sie nun überhaupt keine Wahl durchführt.

Hallo, krasser Rechtsbruch! Abbruch einer SBV-Wahl kommt grds. nur bei Nichtigkeit in Frage laut ständiger Rechtsprechung. Davon kann hier aber nicht mal ansatzweise die Rede sein bloß wegen geringer Wahlbeteiligung. Die hätte halt etwas Werbung machen müssen, so wie das ja andere auch tun bzw. einen auf den Betrieb zugeschnitten Wahlaufruf starten sollen. Da gibts wirklich genug teils professionelle Ratgeber im Internet mit sehr guten und einfach umsetzbaren Praxistipps von Gewerkschaften u.v.a. Die Vertrauensperson hat einzuladen, ist aber nicht befugt auszuladen, bloß weil ihr was nicht passt.

Wenn sich jedoch auch niemand als Wahlleiter aufstellen läßt, dann scheitert ja die Wahl schon daran, oder sehe ich das falsch?

Das siehst Du insoweit "falsch", als sich notfalls ausnahmsweise auch die GSBV zur Wahlleitung wählen lassen könnte, wenn sich sonst niemand im Betrieb dazu in der Lage sieht.

Gruß,
Cebulon

Abbruch der Wahl durch SBV

fisch21, Tuesday, 30.10.2018, 21:25 (vor 2014 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,

danke Dir für die hilfreiche Info.

Zu Deiner Anmerkung, dass sich notfalls die GSBV als Wahlleiter wählen lassen sollte. Mein Arbeitsplatz ist ca. 600 km vom Wahlort entfernt und ich bin normalerweise nicht bei jeder lokalen SBV-Wahl innerhalb unserer GmbH am Wahlort. Ich kann im Vorfeld auch gar nicht wissen, dass sich niemand zum Wahlleiter aufstellen läßt. Falls nun nochmals zu dieser lokalen SBV-Wahl geladen wird und sich am Wahltag keiner als Wahlleiter zur Verfügung stellt, was passiert dann? Ist die amtierende Vertrauensperson verpflichtet jemand ad hoc vor Ort zu finden (z.b. ein BR-Mitglied)?

Danke.

Abbruch der Wahl durch SBV

Cebulon, Tuesday, 30.10.2018, 22:58 (vor 2014 Tagen) @ fisch21

Falls nun nochmals zu dieser lokalen SBV-Wahl geladen wird und sich am Wahltag keiner als Wahlleiter zur Verfügung stellt, was passiert dann?

Hallo, das gehört nach meinem Verständnis eindeutig zur Vorbereitung, dass sich die VP im Vorfeld schon mal nach geeigneter potentieller Wahlleitung umschaut, deren Bereitschaft abklärt. Oder sie sondiert beim BR, der ja auch auf die Wahl hinwirken soll nach § 176 SGB IX zwecks "Abstellung" eines Mitglieds oder Ersatzmitglieds, wenn VP es nicht selbst machen will.

Ohne eine Wahlleitung läuft jedenfalls nichts, da Wahlversammlung nicht handlungsfähig wäre ohne Wahlleitung, sagt die allg. Literaturmeinung. Sollte VP zum Zeitpunkt der Einladung aber nicht mehr im Amt sein, ginge Einladung nur über drei Wahlberechtigte, den BR oder "theoretisch" das Integrationsamt nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 SchwbVWO. Umstritten ist in Literatur, ob auch GSBV einladen könnte zur örtl. Wahl.

Gruß,
Cebulon

Abbruch der Wahl durch SBV

SFliege, Wednesday, 31.10.2018, 07:14 (vor 2014 Tagen) @ Cebulon

Nachdem zu der regulären Wahlversammlung nur zwei Wahlberechtigte erschienen sind und einer davon die noch amtierende Vertrauensperson war, die offenbar dieses Amt selbst nicht mehr weiter ausüben wollte, und sofern der zweite Teilnehmer ebenfalls kein Interesse an diesem Amt signalisiert hat, so wäre es für mich völlig nachvollziehbar, wenn die noch amtierende Vertrauensperson dadurch auch den Sinn an einer Durchführung der Wahl nicht mehr gesehen hat.
Nachdem die Wahlordnung keine Niederschrift vorschreibt, wissen jedoch nur die beiden erschienenen Wahlberechtigten, was auf dieser Wahlversammlung tatsächlich geschehen ist.

Möglicherweise fühlen sich die Schwerbehinderten in diesem Betrieb recht wohl und sehen deshalb gar keinen Bedarf an einer eigenen Vertretung. Dann wäre auch nicht damit zu rechnen, dass sich nach dem Amtsende der SBV jetzt plötzlich drei Wahlberechtigte finden, die eine SBV wählen wollen und zur Versammlung einladen.

Möglicherweise hat aber auch die Einladung zur Wahlversammlung nicht in einer geeigneten Weise stattgefunden. In diesem Fall wäre schon eine zweite Einladung zur Wahlversammlung als notwendig anzusehen.

Die BIH-Wahlbroschüre sieht vorrangig die Stufenvertretung in der Pflicht zu einer Wahlversammlung einzuladen, wenn keine örtliche Schwerbehindertenvertretung (mehr) besteht. (Seite 62)
Aber nach Aussage von Cebulon ist dies wohl in der Literatur umstritten.
In der Wahlordnung steht nichts von dieser Verpflichtung.

Abbruch der Wahl durch SBV

albarracin, Baden-Württemberg, Wednesday, 31.10.2018, 09:37 (vor 2013 Tagen) @ SFliege

Hallo,

wie Cebulon schon schrieb, kann so eine Wahl ja vorbereitet werden. Die alte SBV kann sehr wohl sich um entsprechende Kandidatinnen kümmern.
Weder Versammlungsleitung noch SBV müssen zwingend selbst wahlberechtigt sein.
Und wenn die Betroffenen Interesselosigkeit zeigen, dann heißt das nicht zwingend, daß sie zufrieden sind. Es kann auch bedeuten, daß die bisherige SBV so agiert hat, daß den Betroffenen Sinn und Zweck der SBV nicht klar ist.

--
&Tschüß

Wolfgang

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