Begründetes Ablehnungsschreiben nach Auschreibung (Einstellung)

Gothmog, Wednesday, 06.03.2019, 10:20 (vor 1884 Tagen)

Hallo zusammen,

unter welchen Bedingungen muss der Arbeitgeber ein begründetes Ablehnungsschreiben an einen
schwerbehinderten Bewerber senden bzw. kann der Kandidat eine einsprechende ausführliche Begründung
auf seine Ablehnung einfordern?

Begründetes Ablehnungsschreiben nach Auschreibung

Hotte, Stuttgart, Wednesday, 06.03.2019, 10:50 (vor 1884 Tagen) @ Gothmog

Hallo zusammen,

unter welchen Bedingungen muss der Arbeitgeber ein begründetes Ablehnungsschreiben an einen
schwerbehinderten Bewerber senden bzw. kann der Kandidat eine einsprechende ausführliche Begründung
auf seine Ablehnung einfordern?


Hey,
nein. Kann er nicht. Wenn der AG schreibt: ....wir bedanken uns für die Bewerbung. Leider haben wir uns für einen anderen bewerber entschieden.....muss das reichen.
VG
Hotte

--
Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

Begründetes Ablehnungsschreiben nach Auschreibung

Cebulon, Wednesday, 06.03.2019, 11:14 (vor 1884 Tagen) @ Gothmog

Hallo, das kommt darauf an: Wird Beschäftigungs-Quote (noch) nicht erfüllt und ist SBV oder BR/PR nicht einverstanden, dann hat dieser Arbeitgeber "alle Beteiligten unter Darlegung der Gründe zu unterrichten" nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 164 Absatz 1 Satz 9 SGB IX.

Gruß,
Cebulon

Begründetes Ablehnungsschreiben nach Auschreibung

Hotte, Stuttgart, Wednesday, 06.03.2019, 11:26 (vor 1884 Tagen) @ Cebulon

Hallo, das kommt darauf an: Wird Beschäftigungs-Quote (noch) nicht erfüllt und ist SBV oder BR/PR nicht einverstanden, dann hat dieser Arbeitgeber "alle Beteiligten unter Darlegung der Gründe zu unterrichten" nach § 164 Abs. 1 Satz 9 SGB IX.

Gruß,
Cebulon


Hey,
Er hat es ... ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern.....

Die Rechtsabteilung meines ehemahligen Arbeitgeber hat der Pers-Abt. sogar gnaz drinegnd ans Herz gelegt, Ablehnungsschreiben so neutral und kurz wie möglich zu machen. Man wollte damit eventuelle AGG Verfahren aus dem Weg gehen, die sich aus dem Ablehungsschreiben ergeben könnten.
VG
Hotte

--
Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

Begründung der getroffen Auswahlentscheidung bei Einstellungen?

Cebulon, Wednesday, 06.03.2019, 14:23 (vor 1884 Tagen) @ Hotte

Die Rechtsabteilung meines ehemaligen Arbeitgebers hat der Pers-Abt. sogar ganz dringend ans Herz gelegt, Ablehnungsschreiben so neutral und kurz wie möglich zu machen.

Hallo, das mag ja so sein und auch legitim, wenn z.B. Quote von 5 Prozent erfüllt: Jedenfalls in den Fällen des § 164 Abs. 1 Satz 9 SGB IX wäre allein eine derartige nichtssagende "Begründung" aber kraft Gesetzes viel zu "kurz" bzw. diskriminierend, kommentiert umfassend Prof. Düwell, LPK-SGB IX, 5. Auflage 2019, § 164 Rn. 156-161, mit fundierten Hinweisen auf BAG und EuGH, zur "Begründung der getroffen Auswahlentscheidung".

Gruß,
Cebulon

Begründung der getroffen Auswahlentscheidung bei Einstellungen?

Hotte, Stuttgart, Wednesday, 06.03.2019, 14:29 (vor 1884 Tagen) @ Cebulon

Die Rechtsabteilung meines ehemaligen Arbeitgebers hat der Pers-Abt. sogar ganz dringend ans Herz gelegt, Ablehnungsschreiben so neutral und kurz wie möglich zu machen.


Hallo, das mag ja so sein und auch legitim, wenn z.B. Quote von 5 Prozent erfüllt: Jedenfalls in den Fällen des § 164 Abs. 1 Satz 9 SGB IX wäre allein eine derartige nichtssagende "Begründung" aber kraft Gesetzes viel zu "kurz" bzw. diskriminierend, kommentiert umfassend Prof. Düwell, LPK-SGB IX, 5. Auflage 2019, § 164 Rn. 156-161, mit fundierten Hinweisen auf BAG und EuGH, zur "Begründung der getroffen Auswahlentscheidung".

Gruß,
Cebulon

Hey,
bitte untercheide zwischen Beteilugung der Intressenvertretungen und Absagebrief. Natürlich muss es mit den Intressenvertretungen anders laufen. Da muss ausführlich begründet werden. Das ist kein Thema.
Zur Beteilung des Bewerbers heisst es:
Rz. 12

Nach Abs. 1 Satz 8 ist im Rahmen des Erörterungsverfahrens der schwerbehinderte Mensch anzuhören, ihm ist Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben. Für eine solche Unterlassung sieht § 238 keine Folgen vor.


Wenn der AG also einen abgesagtne Bewerber nicht beteiligt, was i.d.R. der Fall sein wird, so ist dies ohne Folgen für ihn.
VG
Hotte

--
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Begründung der getroffen Auswahlentscheidung bei Einstellung?

Cebulon, Wednesday, 06.03.2019, 17:11 (vor 1884 Tagen) @ Hotte

Da muss ausführlich begründet werden.

Hallo, aber nicht nur Begründung gegenüber den Interessenvertretungen, sondern auch gegenüber dem betroffen schwerbehinderten Bewerber als "Beteiligten" muss ausführlich begründet werden (in welcher Form auch immer). Denn insoweit geht es allein um den § 164 Abs. 1 Satz 9 SGB IX und gerade nicht um dessen Satz 8. Oder meint etwa die "Rechtsbteilung", dass der schwerbehinderte Bewerber kein Beteiligter im Sinne des Satzes 9 sei?

Wenn der AG also einen abgesagten Bewerber nicht beteiligt, was i.d.R. der Fall sein wird, so ist dies ohne Folgen für ihn.

Das sieht die Rechtsprechung jedoch u.U. ganz anders im Falle des Absatz 1 Satz 9.

Gruß,
Cebulon

Begründung der getroffen Auswahlentscheidung bei Einstellung?

Hotte, Stuttgart, Wednesday, 06.03.2019, 18:01 (vor 1884 Tagen) @ Cebulon

Da muss ausführlich begründet werden.


Hallo, aber nicht nur Begründung gegenüber den Interessenvertretungen, sondern auch gegenüber dem betroffen schwerbehinderten Bewerber als "Beteiligten" muss ausführlich begründet werden (in welcher Form auch immer). Denn insoweit geht es allein um den § 164 Abs. 1 Satz 9 SGB IX und gerade nicht um dessen Satz 8. Oder meint etwa die "Rechtsbteilung", dass der schwerbehinderte Bewerber kein Beteiligter im Sinne des Satzes 9 sei?

Wenn der AG also einen abgesagten Bewerber nicht beteiligt, was i.d.R. der Fall sein wird, so ist dies ohne Folgen für ihn.


Das sieht die Rechtsprechung jedoch u.U. ganz anders im Falle des Absatz 1 Satz 9.

Gruß,
Cebulon

Hey,
die Empfehlung der Rechtsabteilung ( von einem Dax Konzern) hat alle Absagen betroffen, egal ob sb oder nicht sb.

Hast du eine entsprechende Quelle der Rechtssprechung, was Anhörung von abgesagten sb Bewerber bzgl. der Begründung der Absage betrifft?
In meiner über 10jährigen Tätigkeit als SBV ist mir kein Urteil in dieser Hinsicht bekannt geworden. Auch von Seiten der IGM kamen keinerlei entsprechende Hinweise
VG
Hotte

--
Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

Begründung der getroffen Auswahlentscheidung bei Einstellungen?

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 07.03.2019, 09:17 (vor 1883 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,

für den geschilderten Fall ist im LPK auch die Rn 155 interessant.
Denn die ausbleibende persönliche Erörterung der Ablehnungsgründe unter den Voraussetzungen des § 164 Abs. 1 Satz 7-9 SGB IX bezeichnet Düwell als ein "Indiz iSv § 22 AGG, das für die Vermutung der Benachteiligung spricht." Düwell verweist in diesem Zusammenhang auch auf ein Urteil des BAG vom 28.9.2017, 8 AZR 492/16 zum § 81 SGB IX aF.

Da haben offensichtlich dann die im Thread angesprochenen Rechtsabteilungen diesen Spezialfall nicht sachgerecht geprüft.

--
&Tschüß

Wolfgang

Begründung der getroffen Auswahlentscheidung bei Einstellungen?

Cebulon, Thursday, 07.03.2019, 10:49 (vor 1883 Tagen) @ albarracin

Da haben offensichtlich dann die im Thread angesprochenen Rechtsabteilungen diesen Spezialfall nicht sachgerecht geprüft.

Danke für den Hinweis. Die pauschale Ansicht der Rechtsabteilung dieses Dax-Konzerns wäre nur dann korrekt, falls sämtliche Konzernunternehmen die Mindestbeschäftigungsquote erfüllen würden (so auch Feldes/Kohte, SGB IX, § 164 Rn. 23, für AG, die der gesetzl. Mindestbeschäftigungspflicht von sbM nicht nachkommen - zu dem bereits seit dem Jahr 2000 geltenden Rechtsstand).

Soweit die 5-Prozent-Quote aber in einzelnen Unternehmen des Konzerns nicht erfüllt und SBV oder BR nicht einverstanden sein sollte, muss auch ggü. dem SB Bewerber ("Beteiligter") in solchen Unternehmen unter fünf Prozent ggf. begründet werden ("unter Darlegung der Gründe"). Es muss also demnach insoweit differenziert werden. Insoweit ist die Kommentierung von Schell, der es eigentlich besser wissen sollte, in Rz. 13 dürftig, lückenhaft, unpräzise bzw. eher irreführend, da er explizit nur von Entscheidung spricht, aber nicht auch von der ausdrücklich in Satz 9 erwähnten Darlegung der Gründe.

Gruß,
Cebulon

Begründetes Ablehnungsschreiben nach Auschreibung

Gothmog, Wednesday, 06.03.2019, 11:30 (vor 1884 Tagen) @ Gothmog

Danke für die Infos. Gibt es aber außer dem Passus im SGB IV nach andere gesetzliche Quellen?

Begründung der getroffen Auswahlentscheidung bei Einstellung?

Cebulon, Wednesday, 06.03.2019, 14:37 (vor 1884 Tagen) @ Gothmog

Im öffentlichen Dienst ist teilweise über das Gesetz hinausgehend in Erlassen einiger Länder geregelt, dass auch bei Überschreitung der Quote von 5 % u.U. anzuhören, zu erörtern und zu begründen ist, z.B. Abschnitt 4.4.7 der Teilhaberichtlinien Bayern

Gruß,
Cebulon

Begründung der getroffen Auswahlentscheidung bei Einstellung?

WoBi, Thursday, 07.03.2019, 12:19 (vor 1883 Tagen) @ Cebulon

Dazu zur Info noch ein Sonderfall:
Öffentliche Arbeitgeber des Bundes sind zu einer Quote von mindestens 6% verpflichtet, wenn die Beschäftigungsquote am 31.10.1999 mindestens 6% betragen hatte. Steht in den Übergangsregelungen § 241 Abs. 1 SGB IX.

Hier sollte die SBV und/oder PR genau die Quote im Auge behalten und bei Bewerbungen prüfen, ob sie als gewählte Interessensvertretung, einer getroffenen Bewerberauswahl zu Ungunsten eines schwerbehinderten Bewerbers widerspruchslos zustimmen.

Bei Nichterfüllung der Quote und das fehlende Einverständnis mit der Entscheidung des Arbeitgebers kann auf eine korrekte Durchführung des Stellenbesetzungsverfahrens durch SBV und BR/PR hingewirkt werden. Also von der Vorprüfung, ob es geeignete schwerbehinderte Beschäftigte vor Stellenausschreibung, über die Stellenausschreibung, Abfrage der AfA mit Bitte um Vorschläge geeigneter Bewerber, Bewerbungseingang, Vorstellungsgespräche, Ranking der Bewerber bis zum Erörterungsgespräch, wenn eine Bewerbung eines schwerbehinderten Bewerbers nicht erfolgreich war. Steht alles für jeden (privater/öffentlicher) Arbeitgeber in § 164 Abs. 1 SGB IX.

Die SBV hat die Einhaltung der Gesetze,... zu Gunsten der schwerbehinderten Menschen zu überwachen. Dies erklärt oft die Auskünfte durch den Arbeitgeber oder arbeitgebernahe Stellen.

--
Gruß
Wolfgang

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