Stellenanzeige (Einstellung)

nachteilsausgleich, München, Tuesday, 12.03.2019, 18:21 (vor 1877 Tagen)

Hallo zusammen,

ich bin Thomas aus einer Behörde im öD in Bayern.

Als GSBV musste ich mich unlängst über die neueste Formulierung in unseren Stellenanzeigen wundern:

Wir fördern aktiv die Gleichstellung aller Beschäftigten. Die Stelle ist für die Besetzung mit schwerbehinderten Menschen geeignet. Schwerbehinderte Menschen werden bei ansonsten im Wesentlicher gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt eingestellt.

Schwerbehinderte Menschen haben das Recht, bei Vorstellungsgesprächen auf die Teilnahme der Schwerbehindertenvertretung zu verzichten. Sofern Sie als schwerbehinderter Mensch bei einem etwaigen Vorstellungsgespräch von diesem Recht Gebrauch machen wollen, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis im Bewerbungsschreiben.

Nun könnte ich mit dem ersten Absatz ja gut leben, aber bei dem zweiten Absatz würde ich als schwerbehinderter Bewerber mir sagen "Die wollen wohl keine SBM einstellen".

Bin ich da zu sensibel, oder wie seht ihr das?

In der Kommentierung zum § 164 Abs. 1 Satz 10 SGB IX wird nur ausgeführt, dass im Bewerbungsgespräch nicht aktiv nachgefragt werden darf.

Freue mich auf eure Einschätzung.

Danke euch

Grüße

Thomas

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Emph, Wednesday, 13.03.2019, 08:27 (vor 1877 Tagen) @ nachteilsausgleich

[...] Schwerbehinderte Menschen haben das Recht, bei Vorstellungsgesprächen auf die Teilnahme der Schwerbehindertenvertretung zu verzichten. Sofern Sie als schwerbehinderter Mensch bei einem etwaigen Vorstellungsgespräch von diesem Recht Gebrauch machen wollen, bitten wir um einen entsprechenden Hinweis im Bewerbungsschreiben.[/i] [...]
Bin ich da zu sensibel, oder wie seht ihr das?

Beim Lesen stellt man sich unweigerlich die Frage, warum man einen solchen Passus überhaupt im Text unterbringt (Mir kämen da allenfalls organisatorische Umstände in den Sinn). Insofern kann ich das grundsätzlich Unbehagen nachvollziehen. Gleichwohl dürfte die Formulierung formal nicht angreifbar sein. Kritisch wäre Sie meines Erachtens sehr wohl dann zu sehen (und auch zu verhindern), wenn vom Bewerber die eine Teilnahme der SBV explizit gewünscht werden sollte.

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WoBi, Wednesday, 13.03.2019, 13:11 (vor 1877 Tagen) @ nachteilsausgleich

Hallo Thomas,

in einem laufenden AGG-Verfahren wird einem öffentlichen Arbeitgeber unter anderem vorgeworfen eine Benachteiligung von behinderten Bewerbern zu betreiben, weil im Bewerbungsportal, nachdem der Bewerber mitgeteilt hat, dass er einen GdB hat, eine Zusatzabfrage ohne Erklärung zur Markierung eingeblendet: „Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erlaubt?“.

Im Schriftsatz wird dazu ausgeführt, dass diese Art der Frage zum Ankreuzen eine Umkehrung des grundsätzlichen Beteiligungsrechtes der Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX zum Schutz des schwerbehinderten Klägers ist. Die Schwerbehindertenvertretung ist nur dann nicht am Vorstellungsgespräch zu beteiligen, wenn der Kläger diese Beteiligung nicht wünscht und dieses unaufgefordert gegenüber der Beklagten mitgeteilt wird. Dieser Wunsch muss aber extra ohne Fremdeinflussnahme durch den Kläger erfolgen. Eine Herbeiführung, auch durch kreative Text- und Verfahrensgestaltung, durch den Beklagten ist unzulässig.

Die Fragestellung durch den Beklagten ist „suggestiv“, daher unzulässig bzw. klar diskriminierend nach der Fachliteratur (ausführlich Prof. Dr. Knittel, SGB IX, § 82 Rn. 22; ebenso Prof. Düwell in LPK-SGB IX, § 164 Rn. 152 / 5. Auflage Seite 694).

Denn durch die Gestaltung mittels dieser für den Kläger überraschende Abfrage, wird eine „Erwartungshaltung“ der Beklagten ausgedrückt. Für den Kläger war nicht erkennbar, ob eine Verhinderung der durch das SGB IX vorgesehene Beteiligung durch die Schwerbehindertenvertretung seine Bewerbungschancen erhöhen oder durch die Inanspruchnahme zustehenden Rechts seine Bewerbungschance negiert werden. Der schwerbehinderte Kläger wurde dadurch in seinen Schutzrechten in unzulässiger Weise beschnitten. Die Gestaltung hat eine „abschreckende Wirkung“ auf den Kläger gehabt, da erhebliche Zweifel bezüglich einer Angabe der bestehenden Schwerbehinderteneigenschaft aufgekommen sind und dieses letztendlich durch die Ablehnung bestätigt wurden.

In der Stellungnahme des Arbeitgebers wird ausgeführt, dass die Frage ob der Bewerber eine „Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erlaubt“, stellt nichts anderes dar als ein Hinweis auf die gesetzliche Regelung, wonach es dem Bewerber freigestellt ist, die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung auch abzulehnen. Dass diese Möglichkeit überhaupt besteht, dürfte den wenigsten Merkmalträgern bekannt sein. Demzufolge handelt es sich nicht um eine wie auch immer geartete „Suggestivfrage“. Und es ist nicht nachvollziehbar, wie aus diesem Hinweis eine Benachteiligung resultieren könnte. Denn dem Bewerber allein verbleibt die Entscheidung darüber, ob er eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ablehnt oder nicht.

Es stellt sich die Frage welche Absicht der öffentliche Arbeitgeber mit seinem Aufklärungswunsch „Dass diese Möglichkeit überhaupt besteht, dürfte den wenigsten Merkmalträgern bekannt sein.“ hat. Zumal die Beteiligung der SBV der vorgesehene gesetzliche Normalfall darstellt. Es könnte auch unterstellt werden, dass mit dieser Frage auf eine Verhinderung der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung der spezifischen betrieblichen Interessensvertretung der SBV hingewirkt werden soll und somit eine mögliche Maßnahme zur Behinderung der ehrenamtlichen Arbeit der SBV darstellen kann, zumindest die gesetzliche Aufgabenstellung der SBV erschwert wird.

Zwischenzeitlich wurde die Frage im Bewerbungsportal abgeändert in „Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung wird abgelehnt (§164 Abs. 1 Satz 10 SGB IX)“. Ob dies besser ist?

Diesen "Hinweis zur Aufklärung von behinderten Bewerbern" gleich in die Stellenausschreibung zu schreiben geht für mich in die gleiche Richtung.

Der schwerbehinderte oder gleichgestellte Bewerber soll auf seine Rechte im Vorstellungsgespräch durch die Unterstützung durch die SBV verzichten. Dies ohne über die Folgen und die Möglichkeiten der SBV aufgeklärt zu werden.

Die Teilnahme der SBV an den Vorstellungsgesprächen soll verhindert werden und damit die Arbeit der SBV erschwert werden. Der Arbeitgeber greift in die Arbeit der SBV entgegen § 182 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ein. Eine Beteiligung der SBV kann dadurch aber nicht verhindert werden.
Als GSBV bist du direkt in Betrieben/Dienststellen ohne eigene SBV betroffen. Für die örtlichen SBV könnte hier zentral gehandelt werden oder die jeweilige örtliche SBV versucht eine Klärung ggf. mit rechtlicher Unterstützung.

--
Gruß
Wolfgang

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Cebulon, Wednesday, 13.03.2019, 15:12 (vor 1876 Tagen) @ WoBi

In der Stellungnahme des Arbeitgebers wird ausgeführt, dass die Frage ob der Bewerber eine „Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erlaubt“, stellt nichts anderes dar als ein Hinweis auf die gesetzliche Regelung, wonach es dem Bewerber freigestellt ist, die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung auch abzulehnen.

Hallo, das ist natürlich kein Hinweis, sondern es wird eine Entscheidung abverlangt. Dafür bedarf es keiner Erlaubnis, weil das so nicht im Gesetz steht (etwa im Unterschied zum BEM). Das ist ganz schön dreist von dieser Behörde. Das ist nach richtiger Ansicht von Knittel und Düwell klar diskriminierend bzw. unzulässig. Es wird so getan, als dürfte die Behörde nur mit "Erlaubnis" des sbM die SBV beteiligen. Ist dieses eine Kommune oder Staatsbehörde? Dieses Urteil mit Gründen würde mich interessieren, da es dazu kaum Urteile gibt.

Arbeitgeber darf solche suggestiven Fragen nicht stellen, auch nicht in solchen Webformularen per Mausklick. Zu gezielten Suggestivfragen vgl. auch entsprechend BVerwG, 08.12.2010, 2 WD 24.09, zur Beteiligung der Vertrauensperson nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz (SBG), wo man auch systematisch bzw. trickreich am SBG vorbei eine Beteiligung zu vereiteln suchte.

Gruß,
Cebulon

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Cebulon, Wednesday, 13.03.2019, 18:50 (vor 1876 Tagen) @ WoBi

Behörde: die Frage stellt nichts anderes dar als ein Hinweis auf die gesetzliche Regelung

Echt kreativ. Seit wann ist eine Frage ein Hinweis? Was für eine bestechende "Logik". Ist dieses auch SBV-Position, oder hat sie das ebenfalls moniert?

Behörde: Denn dem Bewerber allein verbleibt die Entscheidung darüber, ob er eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ablehnt oder nicht.

Richtig, ist hier aber nicht die Frage: Denn eine solche "Entscheidung" darf eben vom Bewerber nicht verlangt werden, da gerade nicht gesetzliche Voraussetzung für SBV-Beteiligung. Dafür gibt es kein Fragerecht, keine sachliche Rechtfertigung. Darauf, ob stets abschreckend ist, kommt es ohnehin nicht an. Denn es kann durchaus abschreckend sein. Dazu Knittel auszugsweise: "Unzulässig wäre aber die ausdrückliche Nachfrage, ob der Bewerber die Be­tei­li­gung der SBV wünsche. Dies könnte nämlich dem Betroffenen möglicherweise den Eindruck vermitteln, die als gesetzlicher Regelfall vorgesehene Einschaltung der SBV sei dem Arbeitgeber nicht willkommen und eine Ablehnung ihrer Beteiligung durch den Bewerber erwünscht."

Zusatzabfrage ohne Erklärung zur Markierung eingeblendet: „Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erlaubt?“.

Diese Behörde nimmt also billigend in Kauf, dass der sbM die SBV aus sachfremden Grund allein und nur deshalb ablehnt, weil er besorgt bzw. verunsichert sein könnte, ob das günstig oder ungünstig für seine Bewerbung sein könnte. Das wird gemeinhin als bedingter Vorsatz angesehen bzw. als vorsätzliche Verfahrensdiskriminierung. Man hat den Eindruck, als wollte die Behörde sich eine Ablehnung der SBV so "erschleichen". Es wird der Eindruck erweckt, als hänge die Beteiligung der SBV von einer solchen "Erlaubnis" ab, bzw. als würde ohne Erlaubnis keine SBV-Beteiligung erfolgen, also haarsträubende Desinformation. Dieser Verantwortliche hat es m.E. "verdient", dass er entschädigen muss, weil er den gesetzlich vorgesehenen Chancenvorteil der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung dem Anschein nach negativ beeinflussen möchte und daher wegen Behinderung benachteiligt.

Es dürfen keine Fragen gestellt und keine Daten erfasst werden, die nicht erforderlich sind nach elementaren Grundsätzen der EU-DSGVO bzw. Landesdatenschutzgesetz. Ist folglich wohl auch sehr schöner Fall etwa für Datenschutzaufsicht.

Zwischenzeitlich wurde die Frage im Bewerbungsportal abgeändert in „Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung wird abgelehnt (§164 Abs. 1 Satz 10 SGB IX)“.

Naja, auch das ist kein Hinweis, sondern reine Abfrage, die nicht auf Initiative des Bewerbers beruht. Welche Auswahlmöglichkeiten werden denn als Antwort angeboten bei dieser Frage? Muss diese Frage beantwortet werden? Wie Hinweise wirklich diskriminierungsfrei und auch neutral formuliert werden, vergl. beispielsweise ministerielles Muster mit Hinweisen statt Frage. Auch diese geänderte Frage ist illegal, weil für Begründung des Beschäftigungsverhältnisses ganz offensichtlich nicht erforderlich! Das sollte eigentlich auch diese Behörde und ihr Advokat kapieren.

Gruß,
Cebulon

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nachteilsausgleich, München, Wednesday, 13.03.2019, 19:06 (vor 1876 Tagen) @ Cebulon

Hallo,

Danke euch für die Einschätzung. Dann lieg ich offensichtlich nicht so falsch. Vielen Dank auch für die Fundstellen.

Das werde ich mal hinterfragen bei uns im Haus.

Grüße

Thomas

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WoBi, Thursday, 14.03.2019, 11:36 (vor 1876 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,

ob die zuständige SBV bzw. die SBVen und die GSBV dieser Behörde einverstanden sind, konnte ich bis jetzt nicht ergründen, da die Struktur der Vertretungen und Zuständigkeiten nicht öffentlich zugänglich ist. Die SBV, der PR und der Inklusionsbeauftragte wurden zeitgleich mit dem obersten Dienstherr über die AGG-Forderung informiert. Eine Reaktion der Interessensvertretungen war nicht feststellbar.

Zur Beeinflussung des Verhaltens gegenüber behinderten Bewerbern wurde das Urteilsverfahren eingeleitet. Wobei die möglicherweise zugestandene Entschädigung von max. 3 Monatsgehälter was bewirkt, dürfte sehr unwahrscheinlich sein. Denn die Summe ist Grundrauschen bei dem Etat der Behörde. Es wäre was anderes, wenn ein Verein/Verband die Möglichkeit hätte zu klagen und dann die Bewerbungen der letzten drei Jahre von behinderten Menschen mit dieser Fragestellung als Bemessungsgrundlage heranziehen könnte. Da würde eine nennenswerte Summe, auch als Streitwert zusammenkommen.

Welche Auswahlmöglichkeiten werden denn als Antwort angeboten bei dieser Frage?
Es gibt keine Auswahl zu dieser Frage, sondern nur ein quadratisches Feld zum markieren. Wenn das Feld markiert wird, erscheint ein Hacken in dem quadratischen Feld. Der Hacken kann als "Ja" / "Richtig" angesehen werden. Aber dies ist nur eine Annahme, da die Gestaltung nicht eindeutig ist wie z.B. bei zwei Markierungsfelder in der Form quadratisches Feld "Ja" / quadratische Feld "Nein".

Muss diese Frage beantwortet werden?
Es ist kein Zwang zur Markierung vorgegeben, was bei nur einem Markierungsfeld auch problematisch wäre. Der Bewerber kann sich nur Gedanken darüber machen ob er der Frage mit der Markierung zustimmt oder ablehnt. Da dies nicht eindeutig hervorgeht.

--
Gruß
Wolfgang

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nachteilsausgleich, München, Wednesday, 13.03.2019, 19:20 (vor 1876 Tagen) @ WoBi

Hallo Wolfgang,

kannst du mir evtl. das AZ des AGG Vorgangs schreiben?

Danke dir!

Grüße

Thomas

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WoBi, Thursday, 14.03.2019, 10:48 (vor 1876 Tagen) @ nachteilsausgleich

Hallo Thomas,

es ist ein laufendes Verfahren, vor einem Kammertermin der ersten Instanz, im Urteilsverfahren. Also noch nichts spruchreifes.
Es gibt oben den Briefumschlag.

--
Gruß
Wolfgang

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WoBi, Tuesday, 10.09.2019, 15:25 (vor 1696 Tagen) @ WoBi

Hallo,

Kurze Rückmeldung: Der Kammertermin ist seit einiger Zeit vorbei. Es ist zu einem Vergleich gekommen. Die beklagte Stadt zahlt einen Geldbetrag von 500,- € , welcher direkt an eine gemeinnützige Einrichtung gespendet worden ist.
Da während der Laufzeit das Bewerbungsportal durch die Stadt geändert worden ist, besteht keine "Gefahr" der Wiederholung durch die Abfrage der Zulassung der Beteiligung der SBV. Ob der neue Satz "Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung wird abgelehnt (§164 Abs. 1 Satz 10 SGB IX)" besser ist, könnte eine anderer Bewerber klären.
Für das Urteilsverfahren wurden je 75,- € für 50% Gerichtskosten fällig. Der freie RA der Stadt hat wenigstens gutes Geld gekostet.
Soweit zu einer abschreckenden Wirkung durch eine AGG-Klage. Solange nur Teilsummen von bis zu 3 Monatsgehalter zugesprochen werden, ist die Abschreckung nicht hoch. Zumal soviel Geld bei der Stadt vorhanden ist, um auch bis zum BAG zu gehen.

--
Gruß
Wolfgang

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Cebulon, Wednesday, 13.03.2019, 14:36 (vor 1877 Tagen) @ nachteilsausgleich

Hallo, derartige "Hinweise" dürfen zwar gegeben werden, dann allerdings in betont neutraler Form, so z.B. ausführlich Prof. Knittel und Düwell. DIe Hinweise des Justizministeriums in Bayern lauten beispielsweise unter "Bewerbungsmodalitäten":

"Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber haben bei im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Vorrang bei der Einstellung vor nicht schwerbehinderten Bewerbern. Nach § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX ist die Schwerbehindertenvertretung über Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Die Schwerbehindertenvertretung ist nicht zu beteiligen, wenn die schwerbehinderte Bewerberin / der schwerbehinderte Bewerber dies ausdrücklich ablehnt (§ 164 Abs. 1 Satz 10 SGB IX). Eine solche ablehnende Erklärung kann gemeinsam mit den Bewerbungsunterlagen eingereicht werden."

Gruß,
Cebulon

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WoBi, Tuesday, 26.03.2019, 09:50 (vor 1864 Tagen) @ Cebulon

Hallo,

um dem aufgezeigten "Aufklärungsanliegen zur Verwaltungsvereinfachung" entgegenzuwirken, könnte folgender Ansatz zur Anwendung kommen:
Nach dem Knittel-Kommentar ist eine neutrale Rechtsaufklärung möglich, aber dann besteht eine Verpflichtung zur Aufklärung über die Folgen eines Verzichtes. Es wird auf einen mir nicht vorliegenden SGB IX Kommentar von Trenk-Hinterberger verwiesen. Ob dort eine Rechtsanwendung genannt wird?

Kommentar-Auszug aus § 81 SGB IX – Knittel – Seite 33 – Lfg. 84 – 01.10.2015; Randnummer 75
"Allerdings hat der Arbeitgeber den Verzichtenden im Rahmen des bestehenden Anbahnungsverhältnisses gemäß § 311 Abs. 2 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB über die Rechtsfolgen seines Verzichts aufzuklären (HK-SGB IX/Trenk-Hinterberger Rn.26)."

Diesem Hinweis folgt eine Erweiterung mit Appellcharakter, aber mit einem wichtigen Hinweis zum Erhalt der Handlungsfähigkeit der SBV. Voraussetzung ist allerdings, dass mindestens 2 Bewerbungen schwerbehinderter Menschen vorliegen.

"Diese Aufklärung sollte den Hinweis einschließen, dass die Schwerbehindertenvertretung im Fall der Einbeziehung weiterer schwerbehinderter Bewerber in die Auswahl für die Stellenbesetzung ohnehin das Recht auf Teilnahme an Vorstellungsgesprächen und Einsicht in die Bewerbungsunterlagen hat und sich also auch indirekt weiterhin mit dem betroffenen Bewerber befassen muss (vgl. oben Rdn. 73 )."

Ich sehe in der Textgestaltung ein Versuch den gesetzlich vorgesehenen Sonderfall zur Regel zu machen, um die SBV aus dem Stellenbesetzungsverfahren zu drängen und die Handlungsmöglichkeiten durch Reduktion der direkten Informationserlangung einzuschränken.

--
Gruß
Wolfgang

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