Unterrichtung der SBV bei Bewerbungen (Einstellung)

Ibi 06 @, Tuesday, 04.07.2006, 07:03 (vor 6516 Tagen)

:-( Ich habe durchgesetzt, das der Arbeitgeber die SBV über Bewerbungen von Schwerbehinderten unterrichtet.

Allerdings lehnt der Arbeitgeber es ab, der SBV die Matrix der kompletten Bewerber zukommen zu lassen.
Begründung , in der Matrix sind Informationen über nicht schwerbehinderte.

Frage>
Hat die SBV das Recht Bewerbungsunterlagen anderer Bewerber einzusehen >>
Hat die SBV insbesondere das Recht auf Einsicht in die Matrix>>
Gibt es darüber Rechtsprechungen bzw, Urteile>>

Nach meiner Meinung sind das relevante Unterlagen auf deren Grundlage Stellen vergeben werden, und daher ohne diese keine objektive Beurteilung möglich ist.

Unterrichtung der SBV bei Bewerbungen

BirgitKE, Berlin, Tuesday, 04.07.2006, 08:53 (vor 6516 Tagen) @ Ibi 06

Hallo Ibi 06,
benutze doch hier im Forum einmal die Suche Funktion (Bewerbung Unterlagen), da findest du dann bereits Antworten auf deine Frage. Aber um es abzukürzen, Bernhard Hackenberger hat hierzu bereits einmal folgendes geantwortet:

".... Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung bei Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen hinzuzuziehen (Abs. 1 Satz 6). Sobald der Arbeitgeber erkennen kann, dass es sich bei einem Bewerber um einen schwerbehinderten Menschen handelt, muss der Vertrauensmann bzw. die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten beteiligt werden.

Die Schwerbehindertenvertretung sollte hierbei von Anfang an eng mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten (näher hierzu Schwarzbach AiB 2002, 621). 25
Bei einer größeren Zahl von Bewerbern auf eine Stelle muss die Schwerbehindertenvertretung bereits bei der Vorauswahl beteiligt und ihr die beabsichtigte Auswahlentscheidung mitgeteilt werden. Dazu ist ihr gem. § 95 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 81 Abs. 1 Satz 6 SGB IX Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und anschließend das Ergebnis der Vorauswahlentscheidung mitzuteilen (Müller-Wenner / Schorn Rdnr. 17). 26
Die Schwerbehindertenvertretung hat weiterhin gem. § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX das Recht auf Teilnahme an Vorstellungsgesprächen und Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen. Das bezieht sich auch auf Vorstellungsgespräche und Unterlagen nicht behinderter Bewerber, wenn diese um die Einstellung mit einem schwerbehinderten Menschen konkurrieren. Denn über die Eignung des schwerbehinderten Bewerbers kann sich die Schwerbehindertenvertretung nur im Vergleich aller Bewerber eine fundierte Meinung bilden (Müller-Wenner / Schorn Rdnr. 41 zu § 95; Hansen NZA 2001, 986 <988>; vgl. in diesem Sinne auch die Stellungnahme des BR zum RegE in BT-Drucks. 14/5531 S. 10 f. sowie den Bericht des BT-Ausschusses für AuS BT-Drucks. 14/5800 S. 30). 27

Die Schwerbehindertenvertretung ist bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen allerdings dann nicht zu beteiligen, wenn der Betroffene diese Beteiligung ausdrücklich ablehnt (Abs. 1 Satz 10). Eine solche Ablehnung berührt nicht die Beteiligungsrechte der betrieblichen Interessenvertretungen, da diese auch die Interessen anderer nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer vertreten (Müller-Wenner / Schorn Rdnr. 28). Außerdem gilt stets das allgemeine Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung gem. § 95 Abs. 2 SGB IX, da hier kein Ablehnungsgrund geregelt ist. Die Anhörungs- und Unterrichtungsrechte der Schwerbehindertenvertretung werden deshalb durch die Ablehnung eines einzelnen schwerbehinderten Bewerbers nicht ausgeschlossen. Er kann lediglich die Erörterung seiner Bewerbung durch diese und deren Teilnahme an seinem eigenen Vorstellungsgespräch ablehnen. Über eine solche behauptete Ablehnung kann die Schwerbehindertenvertretung gegebenenfalls vom Arbeitgeber einen Nachweis verlangen. "


Diesen vergleichenenden Rechtsanspruch beanspruche ich auch, mit gleicher Argumentationslage, bei anderen Themen bei welchen die SchwbV gem. § 95 zu beteiligen ist. Es geht ja immer darum, dass Schwerbehinderte/ Gleichgestellte eben wegen dieser Tatsache nicht schlechter behandelt werden als Nichtbehinderte.

Diskriminierungsschutz, Grundlage hierfür ist in unserm "höchsten deutschen Gesetz", dem Grundgesetz (GG) Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 verankert.

Dort heißt es: "GG Art. 3 Gleichheit vor dem Gesetz Abs. 3 Satz 2 ....Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden."

Also, erkläre diese am besten so Deinem AG und bitte einen guten Kommentar zum SGB IX beschaffen/ beschaffen lassen durch den AG, Du hast einen Rechtsanspruch darauf und es ist wie Du erkennst zur Erledigung deiber Mandatsaufgaben unverzichtbar!!!

Gruß
Birgit

--
MfG
Birgit

Unterrichtung der SBV bei Bewerbungen

Tiefsee, Wednesday, 21.09.2011, 22:51 (vor 4610 Tagen) @ BirgitKE

Hallo liebe MitstreiterInnen,

leider muß ich kurz dieses Thema noch einmal aufgreifen.

Die SBV in unserem Unternehmen ist noch sehr jung, ich selbst auch "nur" Stellvertreter (z.Z. hinzugezogen, da Vertrauensperson längerfristig verhindert).

Nun habe ich vor 2 Wochen die Mitteilung bekommen, dass sich auf eine Stelle in unserem Unternehmen eine Schwerbehinderte beworben hat. Diese Tatsache hat die Bewerberin im Vorstellungsgespräch geäussert.

Schön und gut, dass die Personalabteilung mich (noch nicht einmal sofort) informiert hat.
Ich habe gestern zum 5.!!!!! Mal die gesamten Bewerbungsunterlagen angefordert und um Ladung zu den Gesprächen gebeten.
Nach dem ich den § 95 Abs. 2 wortwörtlich in die Mail geschrieben habe und den Rechtsweg angedroht habe, bekam ich für heute 2 Ladungen zu Vorstellungsgesprächen 2 nichtbehinderter Bewerber und auch die angeforderten Bewerbungsunterlagen.

BR und SBV haben sich über diesen kleinen Etappensieg sehr gefreut.

Nun zu meiner Frage:
Während der beiden Vorstellungsgespräche stellte sich heraus, dass bereits im Vorfeld am heutigen Tag zu beiden Bewerbern jeweils ein Assessment-Center stattgefunden hat, wo z.B. ein Kundentelefonat nachgestellt wurde und kleinere schriftliche Aufgaben abverlangt wurden.

Hätte ich hierzu auch eingeladen werden müssen>
Steht das in § 95 Abs. 2 zwischen den Zeilen>
Zitat: ... das Recht auf Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen und Teilnahme an Vorstellungsgesprächen.

Entschuldigt bitte, sollte dies eine dumme Frage sein. Leider habe ich bisher keine Antwort hierauf gefunden.

Vielen Dank für Eure Mithilfe!!!

Viele Grüße!

Tiefsee

Unterrichtung der SBV bei Bewerbungen

hackenberger, Thursday, 22.09.2011, 09:21 (vor 4610 Tagen) @ Tiefsee

Hallo Tiefsee,

ja, Du hast Recht mit Deinen Annahmen. Doch auch dieses Thema ist behandelt und man findet also hier auf den Seiten und im Gesetz und Kommentierung alle Antworten.

Hinweis, wurde aber auch schon hier behandelet. Erfährt der AG im Laufe eines Vorstellungsgespräches davon, dass ein Bewerber Schwerbehinderte ist, so muss er dieses gespräch sofort unterbrechen und die SchwbV sofort verständigen und vollumfänglich einbinden.

Da hier ja dir Zusammenarbeit mit dem BR klappt er also wohl auch die SchwbV unterstützt, sollte er dem AG sehr deutlich machen, dass er seine Rechte auf Verweigerung der Zustimmung vollumfänglich nutzt, sofern der AG nicht ALLE Gesetze also nicht nur das BetrVG sondern auch SGB IX und die weiteren sofort und vollumfänglich beachtet.

Auch die SchwbV sollte/ muss dann ihre Möglichkeiten des Handelns, also Aussetzungen von Maßnahmen des AG, Beschlussverfahren und OWI-Verfahren gem. § 156 Abs. 1 Satz 9 SGB IX nutzen. Dieses auch den Betroffenen also zuständige SB, BA-Schwb und AG mitteilen.

Also diese Auffordern, dass sie unverzüglich und vollumfänglich die SchwbV gem. SGB IX zu beteiligen haben, sonst ohne weitere Hinweis diese rechtlichen Schritte/ Maßnahmen unter zu Hilfenahme eines von der SchwbV beauftragten Anwaltes einleiten würde.

Das die SchwbV hier diese Unterstützung eines Anwaltes nutzen darf, steht ja im SGB IX und wurde auch hier mehrfach behandelt. Man findet also hier in vielen Forumsbeiträgen und unter A-Z sehr vieles dazu. Einfach nur einmal ALLES lesen und auch ggf. die Suchfunktion nutzen.

Ich hatte ja auch schon darauf hingewiesen, dass die SchwbV auch einen Anwalt hinzuziehen kann, um dem AG z.B. einmal zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens einen "deutlichen Brief" betreffend der Pflicht des AG die SchwbV unverzüglich und vollumfänglich gem. SGB IX zu beteiligen schreiben lassen kann, wie aber auch zur Unterstützung bei der Anzeigenerstattung. vgl. LPK Nomos Kommentar (Autor Franz Düwell) § 96 SGB IX, Rn 94.

Siehe auch Knittelkommentar zum § 96 SGB IX, Rn 125 ff.

Nur auch immer bedenken, es gibt den Spruch "Hunde die bellen beißen nicht". Auch der AG kennt diesen und handelt ggf. entsprechend.

Fazit: Mehr wie hinweisen, können wir hier nicht. Handeln muss jede SchwbV selbst.

Unterrichtung der SBV bei Bewerbungen

Tiefsee, Thursday, 22.09.2011, 17:52 (vor 4610 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

vielen Dank für Deine Antwort.

Deine Ausführungen helfen mir schon sehr.

Habe heute auch einen Anwalt kontaktiert, den BR im Rücken.

Zu Beginn der Amtsausführung und ohne jegliche Schulungen ist es ziemlich schwer und umfangreich.
Danke für das Verständnis!

Viele Grüße!

Tiefsee

RSS-Feed dieser Diskussion