Tendenzbetrieb, Mutter- und Tochtergesellschaften (Allgemeines)

StephanT, Sunday, 19.01.2020, 20:09 (vor 1558 Tagen)

Hallo zusammen,

ich habe zunächst die Frage, ob sich in diesem Forum jemand mit dem Thema Tendenzbetrieb, Mutter- und Tochtergesellschaften auskennt?

Als SBV bin ich für unseren Verband e.V.und einer 100%igen Tochter tätig.
Die Mutter (Verband e.V.) beschäftigt nur 3 schwerbehinderte Mitarbeiter*innen. In der 100%igen Tochter sind 10 schwerbehinderte Mitarbeiter*innen angestellt. Wenn für Mutter- und Tochtergesellschaft keinen gemeinsamen BR gewählt worden wäre, gäbe es in der Muttergesellschaft wahrscheinlich keinen BR (da nur 1 Mann-BR) und keine SBV, da nur 3 Beschäftigte mit einem GdB.
Die Mutter (Verband e.V.) ist an zwei Standorten vertreten. An diesen beiden und weiteren Standorten werden 100%ige Tochtergesellschaften betrieben. An zwei Standorten gibt es jeweils einen BR und SBV, die die Mitarbeiter der Tochter- und Muttergesellschaft vertreten. Der GBR hat nun ein Wirtschaftsausschuss gegründet und es ist nicht klar, ob der WA auch die Zahlen der Mutter einsehen kann. In verschiedenen Kontexten (z.B. auch bei Gründung des WA) wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ist die Mutter (Verband e.V.) ein Tendenzbetrieb oder nicht.
Für mich stellt sich u.a. die Frage, kann ein Verband e.V., wenn er denn als Tendenzbetrieb gelten würde, Tochtergesellschaften, Stiftungen usw. gründen und trotzdem als Tendenzbetrieb gesehen werden?

Das Thema ist m.E. nach sehr komplex und für mich nicht durchschaubar.
Kann jemand aus diesem Gremium behilflich sein?
Vielen DANK für eure Rückmeldungen.

Viele Grüße
Stephan

Tendenzbetrieb, Mutter- und Tochtergesellschaften

garda, Berlin, Monday, 20.01.2020, 07:42 (vor 1558 Tagen) @ StephanT

Für mich stellt sich u.a. die Frage, kann ein Verband e.V., wenn er denn als Tendenzbetrieb gelten würde, Tochtergesellschaften, Stiftungen usw. gründen und trotzdem als Tendenzbetrieb gesehen werden?

Hallo Stephan,

das ist steuerrechtlich sehr wohl möglich. Stiftungen sowieso, wenn der Zweck passend ist, Tochtergesellschaften auch, wenn sie notwendig sind um eine förderliche praktische Tätigkeit umzusetzen.

Kleines Beispiel: das evangelische Johannesstift in Berlin betreibt eine Buchhandlung und ein Café um damit Einnahmen zu erzielen die dem Hauptbetrieb zugute kommen und um Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. Hier haben wir zwar eine KdÖR statt eines e.V. bei deinem Fall aber das Prinzip ist gleich. Nennt sich steuerrechtlich "Zweckbetrieb".

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Mit freundlichen Grüßen

Michael

Tendenzbetrieb, Mutter- und Tochtergesellschaften

albarracin, Baden-Württemberg, Monday, 20.01.2020, 08:59 (vor 1558 Tagen) @ StephanT

Hallo,

es kommt auf die jeweilige konkrete Struktur an.
§ 118 BetrVG erstreckt den Schutz nicht nur auf Betriebe, sondern auch auf Unternehmen, wenn diese überwiegend Zwecke des § 118 Abs. 1 BetrVG verfolgen. In einem Konzern muß dann für jedes eigene Tochterunternehmen geprüft werden, ob es Tendenzschutz geltend machen kann.

In einem kirchlichen Konzern kann das dann zur Folge haben, daß zB eine "Service-GmbH", in die Putz- und Küchenkräfte ausgegliedert wurden, nicht nur keinen Tendenzschutz hat, sondern überhaupt keine kirchlichen Privilegien mehr hat und auf einmal das BetrVG statt MAV-Recht gilt.

Die Rechtsprechung des BAG ist sehr einzelfallbezogen und je nach Senat nicht ganz einheitlich.
Im Zweifelsfall muß halt professioneller Rechtsrat eingeholt werden.

--
&Tschüß

Wolfgang

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