Sicherung der BR Arbeit während Coronakrise

WoBi, Thursday, 26.03.2020, 08:45 (vor 1492 Tagen) @ Downunder

Hallo,

ein Minister hat eine Meinung zu einem bestehen Gesetz. Es ist also eine Einschätzung zur Anwendung einer bestehenden rechtlichen Regelung.

Rechtswirksame Beschlüsse können nur von den im Rahmen einer Betriebsratssitzung anwesenden Betriebsratsmitgliedern gefasst werden (so steht es ausdrücklich in § 33 BetrVG). Das heißt immer noch: persönlich anwesend!
Deshalb wären alle Beschlüsse, die im so genannten "Umlaufverfahren" gefasst werden unzulässig und damit rechtsunwirksam. Dabei spielt es keine Rolle, auf welche Art dieser "Umlauf" stattfindet.
Telefonkette, E-Mail-Umfrage, Herumgehen von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz, oder eben eine Video-/Audiokonferenz. Alles das darf für eine ordnungsgemäße Beschlussfassung nach dem Betriebsverfassungsgesetz (noch) nicht gemacht werden.
Außerdem kommt noch hinzu, dass z.B. im Fall einer Telefon- oder Videokonferenz nicht mehr garantiert werden kann, dass die Sitzung tatsächlich nicht-öffentlich stattfindet. Denn es wäre ja möglich, dass jemand neben dem telefonierenden Betriebsratsmitglied sitzt und zuhört oder dass bei einer Audio-/Videokonferenz irgendein Techniker dabei ist.
Wie soll dies sicher gestellt werden, wenn eine (externe) Dienstleistung zur Bereitstellung der Verbindungstechnik genutzt wird. Vor allem, wenn dies über TCP/IP, also im Internet abgewickelt wird.
Wo steht der Verbindungsserver?
Wer hat auf die Kommunikationsdaten zugriff?

Das ArbG Heilbronn hat am 13. 6. 1989 in 4 Ca 116/89 zur Wirksamkeitsvoraussetzungen für Betriebsratsbeschlüsse entschieden.

Betriebsratsbeschlüsse im Umlaufverfahren sind unzulässig und unwirksam. Eine Betriebsvereinbarung, die auf einem unwirksamen Betriebsratsbeschluss beruht, ist nichtig. Im mitbestimmungspflichtigen Bereich kann sich der Arbeitgeber nicht darauf berufen, von der Fehlerhaftigkeit der Beschlussfassung und damit der Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung nichts gewusst zu haben.

Weiteres zu der Meinung des Ministers:
https://www.betriebsrat.de/betriebliches-gesundheitsmanagement/veroenderungen-des-betrieblichen-gesundheitschutzes/ministererklaerung-zur-beschlussfassung-im-betriebsrat-per-videokonferen...
https://www.bund-verlag.de/aktuelles~Hubertus-Heil-Beschluesse-per-Videokonferenz-sind-zulaessig~
und sicher vieles mehr

--
Gruß
Wolfgang

Sicherung der BR Arbeit während Coronakrise

Hotte, Stuttgart, Thursday, 26.03.2020, 10:57 (vor 1492 Tagen) @ WoBi

Hallo,

ein Minister hat eine Meinung zu einem bestehen Gesetz. Es ist also eine Einschätzung zur Anwendung einer bestehenden rechtlichen Regelung.

Rechtswirksame Beschlüsse können nur von den im Rahmen einer Betriebsratssitzung anwesenden Betriebsratsmitgliedern gefasst werden (so steht es ausdrücklich in § 33 BetrVG). Das heißt immer noch: persönlich anwesend!
Deshalb wären alle Beschlüsse, die im so genannten "Umlaufverfahren" gefasst werden unzulässig und damit rechtsunwirksam. Dabei spielt es keine Rolle, auf welche Art dieser "Umlauf" stattfindet.
Telefonkette, E-Mail-Umfrage, Herumgehen von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz, oder eben eine Video-/Audiokonferenz. Alles das darf für eine ordnungsgemäße Beschlussfassung nach dem Betriebsverfassungsgesetz (noch) nicht gemacht werden.
Außerdem kommt noch hinzu, dass z.B. im Fall einer Telefon- oder Videokonferenz nicht mehr garantiert werden kann, dass die Sitzung tatsächlich nicht-öffentlich stattfindet. Denn es wäre ja möglich, dass jemand neben dem telefonierenden Betriebsratsmitglied sitzt und zuhört oder dass bei einer Audio-/Videokonferenz irgendein Techniker dabei ist.
Wie soll dies sicher gestellt werden, wenn eine (externe) Dienstleistung zur Bereitstellung der Verbindungstechnik genutzt wird. Vor allem, wenn dies über TCP/IP, also im Internet abgewickelt wird.
Wo steht der Verbindungsserver?
Wer hat auf die Kommunikationsdaten zugriff?

Das ArbG Heilbronn hat am 13. 6. 1989 in 4 Ca 116/89 zur Wirksamkeitsvoraussetzungen für Betriebsratsbeschlüsse entschieden.

Betriebsratsbeschlüsse im Umlaufverfahren sind unzulässig und unwirksam. Eine Betriebsvereinbarung, die auf einem unwirksamen Betriebsratsbeschluss beruht, ist nichtig. Im mitbestimmungspflichtigen Bereich kann sich der Arbeitgeber nicht darauf berufen, von der Fehlerhaftigkeit der Beschlussfassung und damit der Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung nichts gewusst zu haben.

Weiteres zu der Meinung des Ministers:
https://www.betriebsrat.de/betriebliches-gesundheitsmanagement/veroenderungen-des-betrieblichen-gesundheitschutzes/ministererklaerung-zur-beschlussfassung-im-betriebsrat-per-videokonferen...
https://www.bund-verlag.de/aktuelles~Hubertus-Heil-Beschluesse-per-Videokonferenz-sind-zulaessig~
und sicher vieles mehr

Hey Wolfgang,
Es ist die Rede von "anwesenden" BR-Mitglieder.
Das kann also auch eine Videokonferenz sein. Denn auch dort ist man anwesend.
Der Minister spricht nicht von Umlaufverfahren.
Er verlangt auch, das die Nichtöffentlichkeit gewährleistet sein muss.
Die BR Arbeit darf in der jetzigen Situation nicht zum erliegen kommen. Also müssen Wege gefunden werden, um dies sicherzustellen., ohne das die BR-Mitglieder in ihrer Gesundheit gefärhdet werden
VG
Hotte

--
Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

Sicherung der BR Arbeit während Coronakrise

Birgit, Friday, 27.03.2020, 09:52 (vor 1491 Tagen) @ Hotte

Hallo

wir machen im Moment unsere Sitzungen als WEBEX Meeting und fassen dort auch Beschlüsse,
allerdings haben wir mit unserem AG eine Regelungsabrede getroffen, dass er diese Beschlüsse nicht anfechten
kann. Unsere Teilnahme an den Sitzungen bestätigen wir mit einer Online-Unterschrift.

Da dies ja eine Ausnahmesituation ist, muss man sehen, dass man für alle eine bestmögliche Lösung findet.

Kommt Gesund durch diese Zeit

Birgit

Sicherung der BR Arbeit während Coronakrise

Nobi69, Potsdam, Friday, 27.03.2020, 11:12 (vor 1491 Tagen) @ Birgit

Bei uns hat der BR in seiner letzten Sitzung vor einer Woche beschlossen, dass der geschäftsführende BR (5Pers.) ...alle im Zusammenhang mit der Pandemie stehenden Beschlüsse trifft. Dazu zählen Dienstpläne etc.

Die Anwesenheit der SBV wurde abgelehnt, weil..."es keine BR, oder Ausschuss-Sitzungen" sind...! ..an denen die SBV per Gesetz die Teilnahme zu erlauben ist.

Findet ihr das richtig...?

Sicherung der BR Arbeit während Coronakrise

Cebulon, Friday, 27.03.2020, 13:38 (vor 1491 Tagen) @ Nobi69

Die Anwesenheit der SBV wurde abgelehnt, weil..."es keine BR, oder Ausschuss-Sitzungen" sind...! ..an denen die SBV per Gesetz die Teilnahme zu erlauben ist.

Offensichtlicher dreister Rechtsbruch mit haltloser Begründung und SBV-Behinderung. Skandalös und völlig unvereinbar mit BetrVG und SGB IX sowie ständiger Rechtsprechung, da echte Entscheidungsdelegation!

Ich würde Teilnahmerecht schriftlich einfordern und mich noch heute an Hotline des BMAS, Tel: 030 / 221 911 006, oder direkt an Sozialminister Hubertus Heil wenden per eMail.

Gruß,
Cebulon

Sicherung der BR Arbeit während Coronakrise

Monica99, Friday, 27.03.2020, 18:12 (vor 1491 Tagen) @ Cebulon

Hallo, sofort vom Recht der Aussetzung von Beschlüssen des BR Gebrauch machen. Den AG darüber verständigen, mit dem Hinweis, dass ausgesetzte Beschlüsse nicht umgesetzt werden dürfen, da nichtig. Dann muss der BR alles nochmals und Rechtskonform machen.

--
mfg Monica

Sicherung der BR Arbeit während Coronakrise

Monica99, Friday, 27.03.2020, 18:16 (vor 1491 Tagen) @ Monica99

Hallo, besonders bei Dienstplänen, wenn davon Schwerbehinderte betroffen sind wird dieses sehr interessant, da diese dann nicht angewandt werden dürfen. Gilt auch für Kurzarbeitregelungen die Schwerbehinderte betreffen.

--
mfg Monica

Sicherung der BR Arbeit während Coronakrise

albarracin, Baden-Württemberg, Friday, 27.03.2020, 14:18 (vor 1491 Tagen) @ Nobi69

Hallo,

wenn überhaupt können Entscheidungen des BR nur an einen Ausschuss des BR delegiert werden - zB den Betriebsausschuss. Bestimmte Entscheidungen wie zB BVen sind dem Gesamt-Gremium ausschließlich vorbehalten. Und natürlich hat die SBV in jedem BR-Ausschuss das Recht auf Ladung, Anwesenheit und Rede.
Ihr scheint ein gravierendes Problem in Sachen Zusammenarbeit zu haben.

--
&Tschüß

Wolfgang

Sicherung der BR Arbeit während Coronakrise

Nobi69, Potsdam, Friday, 27.03.2020, 15:33 (vor 1491 Tagen) @ albarracin

Habe gerade nochmal Rücksprache mit dem BRV gehalten, er sagt .. es ist kein Ausschuss, also auch keine Beteiligung der SBV ...!

Sicherung der BR Arbeit während Coronakrise

Hotte, Stuttgart, Friday, 27.03.2020, 16:59 (vor 1491 Tagen) @ Nobi69

Habe gerade nochmal Rücksprache mit dem BRV gehalten, er sagt .. es ist kein Ausschuss, also auch keine Beteiligung der SBV ...!

Hey,
ich würde jetzt AG und BRV schriftlich darüber unterrichten, das du nächste Woche anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen wirst. Kosten hat natürlich der AG zu tragen.
Manchmal helfen solche Hinweise zum Umdenken.
VG
Hotte

--
Richard v. Weizsäcker:
"Nicht Behindert zusein,ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jeder Zeit genommen werden kann."

Sicherung der BR Arbeit während Coronakrise

Cebulon, Friday, 27.03.2020, 18:30 (vor 1491 Tagen) @ Nobi69

Habe gerade nochmal Rücksprache mit dem BRV gehalten, er sagte, es ist kein Ausschuss, also auch keine Beteiligung der SBV ...

Darauf, ob ein BR-Gremium als Ausschuss bezeichnet wird oder nicht, kommt es nicht zwingend an. Da ist dieser Vorsitzende offenbar nicht auf der Höhe der Zeit und „klebt“ am Gesetzeswortlaut. Wenn Eilantrag beim Arbeitsgericht, dann aber zügig einreichen, weil sonst das Arbeitsgericht aus rein formalen Gründen zurückweisen könnte. Vergl. beispielsweise einstweilige Verfügung des VG Frankfurt vom 16.10.2003, 23 LG 5583/03 (V). Und zur Rechtsfrage einer Entscheidungsdelegation siehe den zutreffenden Beitrag von Wolfgang.

Bei uns hat der BR in seiner letzten Sitzung vor einer Woche beschlossen, dass der geschäftsführende BR (5 Pers.) ... alle im Zusammenhang mit der Pandemie stehenden Beschlüsse trifft.

Vergleiche z.B. sinngemäß LAG München, Beschluss vom 14.11.2008, 5 TaBV 36/08 (PR-Vorstandssitzung), LAG Kiel, 10.09.2008, 3 TaBV 26/08, II 2 b ee (BR-Arbeitsgruppen), und br 4/2007, Seite 104 (Betriebliche Kommission). Auch solche „Gremien“ werden nicht als „Ausschüsse“ bezeichnet, dennoch wurde SBV-Teilnahmerecht jeweils durch Rspr. bzw. Literatur klar bestätigt - weil echte Entscheidungsdelegation, diese Gremien also statt dem BR/PR entscheiden - eben wie ein Ausschuss. Das sollte eigentlich auch ein BRV kapieren. Steht so in jedem Standardkommentar zum SGB IX und BetrVG, beispielsweise Düwell, HaKo-BetrVG, § 32 Rn. 47.

Gruß,
Cebulon

Sicherung der BR Arbeit während Coronakrise

Nobi69, Potsdam, Friday, 27.03.2020, 19:55 (vor 1491 Tagen) @ Cebulon

Vielen Dank für die Hilfe...

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