Mangelnde Beteiligung der SBV beim BEM (Allgemeines)

Nobi69, Potsdam, Wednesday, 09.08.2023, 22:37 (vor 264 Tagen)

Hallo zusammen…

Als Vertrauensperson selber 6 Monate krank, aber als.. nicht verhindert erklärt… wundere ich mich, dass in dieser Zeit keine BEM Verfahren unter Beteiligung der SBV stattgefunden haben sollen. Schließlich war ich regelmäßig im Betrieb um an BR Sitzungen und seinen Ausschüssen teilzunehmen. Aber auch die vorhandenen Stellis wurden nicht vertretend informiert, oder gar geladen…

Meine Frage an dem externen BEM Koordinator bezüglich BEM von SBM wurde von ihm verneint… „sonst hätte er mich doch informiert „

Nun erfahre ich ganz zufällig von einem SB Kollegen, dass er sehr wohl vor Wochen zu einem BEM geladen war. Meine Anfrage diesbezüglich an dem Koordinator und dem Teamleiter wurden bisher nicht beantwortet.

Gerade rief mich eine SB Kollegin an, ob ich bei einem Reha-Antrag helfen könne, auch sie hat nebenbei erwähnt, morgen ein BEM und hätte mich gern dabei…

Ich geh dann mal da ohne Einladung des AG hin.

Zunehmend habe ich den Verdacht, dass man den Betroffenen regelrecht einredet ,die SBV Teilnahme sei auf dem Einladungsformular nicht zwingend erforderlich anzukreuzen .

Frage… ist der Arbeitgeber generell verpflichtet die SBV über ein durchgeführtes BEM zu unterrichten, wenn der Betroffene die Beteiligung der SBV abgelehnt hat ?

Ist derAG grundsätzlich verpflichtet die SBV zu informieren , wenn SBM länger als 6 Wo krank und somit BEM „fähig“ sind … ?

Wie würdet ihr in diesem Falle „verständnis und vertrauensvoll“ vorgehen, ohne gleich den Hammer rauszuholen… ?

Vielen Dank im Voraus und kollegiale Grüße an alle…

Nobi69

Mangelnde Beteiligung der SBV beim BEM

Cebulon, Thursday, 10.08.2023, 14:50 (vor 263 Tagen) @ Nobi69

Ist der AG grundsätzlich verpflichtet, die SBV zu informieren, wenn sbM länger als 6 Wo krank und somit BEM „fähig“ sind … ?

JA – generelle Pflicht, sobald BEM-Berechtigung bei schwerbehinderten und gleichgestellten behinderten Beschäftigten und zwar ohne Ausnahme!

BVerwG, 23.06.2010, 6 P 8.09

Gruß,
Cebulon

Mangelnde Beteiligung der SBV beim BEM

Hendrik1, Niedersachsen, Thursday, 10.08.2023, 17:47 (vor 263 Tagen) @ Nobi69

Moin moin Nobi,

das ist mal wieder ein Fall für den § 178,2 SGB IX: Der Arbeitgeber hat die SBV unverzüglich und umfassend in allen Belangen, die eine:n Schwerbehinderte:n betzreffen zu unterrichten und die SBV vor einer Entscheidung anzuhören.

Im § 167,2 SGB IX steht auch, dass der AG bei schwerbehinderten Menschen beim BEM die SBV zu beteiligen hat. Somit muss er Euch informieren, wenn BEM Berechtigung vorliegt.

Ich würde zu dem Gespräch hingehen und ein Schreiben dabei haben, dass Du die Entscheidungen dieses BEM Gespräches nach § 178,2 SGB IX aussetzt, weil Du nicht beteiligt wurdest und dieses abgeben, wenn Sie Deine Anwesenheit nicht dulden wollen. Sollte es schon vor dem Termin in der Angelegenheit des Kollegen Entscheidungen gegeben haben, die hier nur noch verkündet werden, würde ich diese ebenfalls nach dem § aussetzen, weil die SBV vor einer Entscheidung anzuhören ist.

Da die § von einer Muss Entscheidung sprechen, musst Du angehört werden. Wenn die/der Kolleg:in die Beteiligung ausdrücklich ablehnt, ist es schwieriger. Über die BEM Berechtigung bist Du auf jeden Fall zu unterrichten. Falls diese Formulierung so in dem BEM Schreiben steht, solltest Du dieses rechtlich prüfen lassen. Die Kosten muss der Arbeitgeber tragen. Kenntnis von diesem Schreiben kannst du auf jeden Fall nach § 178,2 SGB IX verlangen. Ansonsten würde ich dieses über den PR besorgen, der ja auch Kenntnis haben muss und mit Euch vertrauensvollzusammenarbeiten soll.

Habt ihr eine:n Inklusionsbeauftragte:n in Eurem Betrieb?
Diese:r hat darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber seine gesetzlichen Pflichten einhält ....

Entweder diesen erst einmal einschalten, oder den Arbeitgeber direkt.

Sollten beim BEM Entscheidungen gefällt worden sein, würde ich diese aussetzen, dieses ist eine Muss Bestimmung, d.h. der Arbeitgeber muss Euch binnen 7 Tagen beteiligen und darf erst dann endgültig entscheiden.

Zudem würde ich, wenn der Arbeitgeber dieses Spiel weiter spielen will, die Schwerbehinderten informieren, auch darüber, dass dieses gegen die oben genannten §§ verstößt.

Auch die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, auch wenn diese für Euch als kommunales Unternehmen nicht direkt zuständig ist, und das Integrationsamt kannst du ins Boot holen.

Habt ihr eine Stufenvertretung, dann diese unbedingt informieren.

Als letztes Mittel bleibt die Klage.

Liebe Grüße

Hendrik

Mangelnde Beteiligung der SBV beim BEM

WoBi, Friday, 11.08.2023, 10:42 (vor 262 Tagen) @ Hendrik1

Hallo Nobi69,

der Start für das BEM ist das objektive Datum des 43. Fehltages. Ab diesem Zeitpunkt hat der Arbeitgeber das Verfahren einzuleiten. Oft wird dieser Zeitpunkt mit dem 43. Fehltag innerhalb von 12 Monaten als Beginn eines BEM durch den Arbeitgeber (langfristig) ignoriert.

Habe gerade so einen Fall im persönlichen Umfeld, wo die Arbeitgeberin kurz vor dem Ausspruch einer Kündigung in Juni ein BEM nach seltsamen Regeln "durchgeführt" hat. Die Einladung erfolgte z.B. nach § 84 Abs. 2 SGB IX! Haben wohl das BTHG "verschlafen".

In der Anhörung des Inklusionsamtes und der BR-Anhörung wurde aber von der Arbeitgeberin dann behauptet ein BEM nach § 167 SGB IX durchgeführt zu haben.
Auch wenn BEM keine zwingende Kündigungsvoraussetzung ist, wollte die Arbeitgeberin die Durchführung eines BEM-Verfahrens als Begründung für eine betriebsbedingte Kündigung wegen Wegfall des Arbeitsplatzes ausführen.
Mal sehen was das Arbeitsgericht zur eingereichten Kündigungsschutzklage ausführt.

--
Gruß
Wolfgang

Mangelnde Beteiligung der SBV beim BEM

Remhagen, NRW, Friday, 11.08.2023, 16:30 (vor 262 Tagen) @ WoBi

Hallo WoBi,

ist in deinem geschilderten Fall ein BEM nicht zwingende Kündigungsvoraussetzung?

BEM - Arbeitsgerichte

--
MfG

Remhagen

(P.S. Ich gebe hier nur meine Meinung wieder)

Mangelnde Beteiligung der SBV beim BEM

albarracin, Baden-Württemberg, Friday, 11.08.2023, 17:05 (vor 262 Tagen) @ Remhagen

Nein,

das ist es nicht im Sinn einer absoluten Wirksamkeitsvorraussetzung.
Kann der AG nachweisen, daß ein BEM von vorneherein völlig aussichtslos gewesen wäre, kann er auch ohne vorheriges BEM krankheitsbedingt kündigen. BAG vom 13.5.2015, 2 AZR 565/14
https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/2-azr-565-14/?highlight=2+AZR+565%2F14 (ab Rn 25)

--
&Tschüß

Wolfgang

Mangelnde Beteiligung der SBV beim BEM

WoBi, Monday, 14.08.2023, 11:31 (vor 259 Tagen) @ Remhagen

Hallo Remhagen,

BEM ist nicht absolut zwingend vorgegeben, wie von anderen ausgeführt. BEM findet im Rahmen von "ultima ratio" Berücksichtigung.

Nachdem vorliegend bereits das BTHG vom 23.12.2016 bei der Durchführung von BEM nicht berücksichtigt wurde, setzen wir auch auf die Änderung mit Wirkung vom 10.06.2021 durch Art.7 Nr.21a des Teilhabestärkungsgesetzes vom 02.06.2021 (BGBl I, S.1387 ff.).
Zu diesem Zeitpunkt wurde als neuer Satz 2 in § 167 Abs.2 SGB IX eingefügt:
"Beschäftigte können zusätzlich eine Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen."

Die Rechtsaufklärung des Arbeitnehmers für die BEM-Durchführung durch die Arbeitgeberin war u.a. ohne diesen Hinweis und deshalb m.E. das BEM-Einladungsschreiben rechtlich unzureichend.:-P
Das BEM wurde durch die Arbeitgeberin m.E. nicht bzw. nicht ausreichend angeboten.;-)

Mal sehen wie es das Arbeitsgericht im nächster Schritt beim Gütetermin sieht.

--
Gruß
Wolfgang

Mangelnde Beteiligung der SBV beim BEM

Nobi69, Potsdam, Sunday, 13.08.2023, 18:44 (vor 260 Tagen) @ Hendrik1

Vielen Dank für die sehr hilfreichen Antworten…

Danke…

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