TVöD: Leistungsorientierte Bezahlung (LOB)? (TVöD / TV-L)

wolfram @, Langenfeld, Friday, 06.10.2006, 08:40 (vor 6418 Tagen)

Guten Morgen allerseits,

1.)Hat Jemand schon gute Ideen, wie man die Rechte schwerbehinderter Menschen in einer Dienst/Betriebsvereinbahrung zum § 18 TVöD VKA durchsetzen kann> :-|

2.)In der Protokollerklärung zu § 18 TVöD/VKA Abs 2 heißt es:
"Leistungsgeminderte dürfen nicht grundsätzlich aus Leistungsentgelten ausgenommen werden......................" Dies ist absolut mißverständlich, es müsste heißen:"Leistungsgeminderte dürfen grundsätzlich nicht......", oder das Wort "grundsätzlich" muß gestrichen werden.
Bitte schreibt alle an den Kollegen Raabe in der Bundestarifkommission der VER.DI, dass in den nächsten Tarifverhandlungen (2008) dieser Fehler berichtigt wird, und stellt Anträge in Euren entsprechenden Gewerkschaftsgremien, dass diese Forderung unterstützt wird.
Meinerseits ist beides bereits erfolgt.
Füür Eure Unterstützung wäre ich Euch dankbar.
Euch allen ein schönes Wochenende
Wolfram:-|

TVöD - Leistungsorientierte Bezahlung?

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Friday, 06.10.2006, 15:07 (vor 6418 Tagen) @ wolfram

Hallo Wolfram,

» 1.)Hat Jemand schon gute Ideen, wie man die Rechte schwerbehinderter
» Menschen in einer Dienst/Betriebsvereinbahrung zum § 18 TVöD VKA
» durchsetzen kann>
Der neue §81(2) und §95(2) SGB IX müssten ein paar Anhaltspunkte liefern um einer Benachteiligung entgegenzuwirken.
Sollte der AG Druck machen (Info kam in einer zusätzlichen Mail), dann lasst euch (PR und SchwbV) doch nicht drängen. Meines Wissens muss auch im LPVG für NRW hier Zustimmung des PR (Schlagwort: Stufenvertretung bzw. Einigungsstelle) gegeben werden.
Im LPVG kenne ich mich aber nicht aus - da muss dein PR oder jemand anderes im Forum besser Bescheid wissen.

» "Leistungsgeminderte dürfen nicht grundsätzlich aus
» Leistungsentgelten ausgenommen werden......................"
Das bedeutet für mich, dass kein Vorgesetzter auf die Idee kommen soll einem "Leistungsgeminderten" nicht für eine leistungsortientierte Bezahlung vorzusehen, weil der u.U. "weniger leistet" als ein anderer.

--
Herzlichen Gruß
Hans-Peter

TVöD: Leistungsorientierte Bezahlung (LOB)?

Detlev Hestermann @, Tuesday, 14.11.2006, 12:09 (vor 6379 Tagen) @ wolfram

Nun die Protkollerklärung Nr.2 hat ja einen Satz 2 der klarstellt, was gemeint ist: "Ihre jeweilige Leistungsminderung soll angemessen berücksichtigt werden"

Was das Wort "Leistungsgeminderte" meint, definiert § 38 in Abs.4. Die Erwerbsminderung im Sinne des SGV VI ist es nicht.

Das Problem ergibt sich bei der Leistungsbewertung. Bei uns wird ein Punktesystem auf der Basis des systematischen Leistungsbewertung diskutiert. Da könnte man auf die Idee kommen, einen Korrekturfaktor einzubauen. Wenn der Beschäftigte z.B. durch ärtzliche Bescheinigung nachweist, dass er nur 80% Leistung bringen kann, dann könnte seine Leistung um den Faktor 1,25 aufgewertet werden. Seine 80% Leistung würde dann zu einer 100% Leitung aufgewertet.
Doch unsere Skala soll keine 0 Punkte für ungenügende Leistung vorsehen, sondern 0 Punkte für durchschnittliche Leistung. Das soll verhindern, dass Kollegen demotiviert oder gar gekündigt werden.

Doch wie soll man nun mit den Leistungsgeminderten umgehen, die keine durchschnittliche Leistung erbringen können. 0*1,25= 0.

Alternativ könnte ein Zuschlag gewährt werden, z.B. + 3 Punkte. Doch auch das ist nicht gerecht. Der Leistungsgeminderte, der sich gar nicht bemüht, bekäme eine Prämie. Der nicht geminderte Kollege, der sich mittelmäßig bemüht, bekommt keine.

Ich schätze, dass es nur auf der Ebene derjenigen Möglichkeiten der "Berücksichtigung" geben kann, welche die Bewertung vornehmen. Ob es dafür eine "gerechte" Formel geben kann, weiß ich nicht.

Dem Grunde nach wurde mit dem TVöD das Tabu gebrochen, im öff. Dienst nicht nach den Leistungen zu bezahlen. Wenn das jetzt anders werden soll, dann dürfen die "Leistungsgeminderten" nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Aber eine Gleichstellung scheint grundsätzlich nicht einfach zu sein. (Hoffe das Wortspiel löst das Verständnis Problem, das Bewertungsproblem löst es nicht)

TVöD: Leistungsorientierte Bezahlung (LOB)?

hackenberger, Tuesday, 14.11.2006, 12:56 (vor 6379 Tagen) @ Detlev Hestermann

Das Problem sehe ich schon in der unglücklichen Wortwahl "Leistungsgeminderte" es führt leider oft zu dem Drugschluss "Minderleistung". Hier wäre das Wort "in der Leistung eingeschränkte " besser geswesen.

Grundsätzlich aber einmal der Hinweis und die feste Feststellung wie ich sie auch immer vertrete vom mir: Alle Schwerbehinderte sind ("grundsätzlich") Leistungsträger. Ihre leistung kann sich nur auf Grund der Behinderung von der Leistung Nichtbehinderter unterscheiden, ggf. sogar positiv z.B. Gehörlose werden in der Arbeit nicht abgelenkt. Dieses hat frührer oftmals dazugeführt, dass man z.B. bei tech. Zeichnern aus diesem Grunde gerne Gehörlose beschäftigt hat.

Selbstverständlich dürfen hier Schwerbehinderte welche auf Grund der Behinderung eine Leistungseinschränkung haben nicht benachteiligt/ ausgegrenzt werden. Dieses wäre ein verstoß gegen das SGB IX und auch gegen das AGG.

Man sollte bei behinderungsbedingten Leistungseinschränkungen neben der Anpassung der 100% Marke dieser AN auch immer daran denken, dass der AG als Ausgleich für die Leistungseinschränkungen auf Mittel der Ausgleichsabgabe zurückgreifen kann (Lohnkosten-/Betreuungszuschüsse).

Man muss aber auch aufpassen, dass durch die Umstellung der Entlohung/Einführung von leistungsentgelten nicht ein unvertretbarer Leistungsdruck auf in der Leistung eingeschränkte AN ausgeführt wird. Sofern man Teile der bisher festen Entlohnung in Leistungsabhängige Entlohung umwandelt, sollte man überlegen, ob man Schwerbehidnerten sofern es in der Behinderung liegende Gründe gibt hier ein Verbleibt in der alten festen (kompletten) Entlohung läßt. Sie also auf Wunsch aus dem Thema Leistungsabhängige Entlohung heraus läßt.

Wäre auch eine Überlegung für unsere älteren Koll., welche ja nun auf Wunsch der Regeirenden in den Betrieben/Unternehmen zunehmen werden (sollen). Denn es ist ja auch durchasus nicht neues, dass auch auf Grund des Alters eine Leistungseinschränkung gegeben sein kann, was bitte nicht negativ zu verstehen ist. Hier ist dann oftmals das Wissen und die sich hieraus ggf. ergebene bessere Umsetzung bzw. die Weitergabe dieses Wissen das besondere.

TVöD: Leistungsorientierte Bezahlung (LOB)?

Detlev Hestermann @, Tuesday, 14.11.2006, 16:49 (vor 6379 Tagen) @ hackenberger

Vielen Dank für den Beitrag.
Er hilft mir zu einer anderen Sicht. Das Problem des neuen Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst besteht darin, dass er selbst keine verbindlichen Regeln darüber enthält, nach welchen Kriterien die Leistungsprämien vergeben werden sollen.

Diese Normen sollen der örtliche Personalrat und die Arbeitgebervertreter erst selbst schaffen (Dienstvereinbarung). Und dann definiert der TVöD in § 38 Abs.4:
Leistungsgeminderte Beschäftigte sind Beschäfigte, die ausweislich einer Bescheinigung des beauftragten Arztes (§ 3 Abs.4) nicht mehr in der Lage sind, auf Dauer die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung in vollem Umfang zu erbringen, ohne deswegen zugleich teilweise oder in vollem Umfang erwerbsgemindert im Sinne des SGB VI zu sein.

Das frühere Schwerbehindertengesetz heißt heute SGB IX (neun) mit dem Untertitel Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen. Das SGB VI heißt gesetzliche Rentenversicherung.

Die im Ausgangsbeitrag genannte Protokollerklärung zu § 18 (Leistungsprämie) bezieht sich also wohl nicht auf die Kolleginnen und Kollegen mit anerkannter Schwerbehinderung, sondern auf diejenigen, bei denen es zur Zeit noch nicht für eine (Teil-) Erwerbsunfähigkeitsrente reicht, aber Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit für den konkreten Arbeitsplatz (geschuldete Arbeitsleistung) vorliegen.

Die Schwerbehinderten haben mit dem SBG IX insb. § 81 Abs.2 einen Anspruch auf Gleichbehandlung und eine Reihe weiterer Ansprüche sowie eine eigene Vertretung.

Das haben diejenigen, die sich in längjähriger Tätigkeit für den Arbeitgeber die Knochen zerschunden haben eben nicht. Offenbar soll die Protokollerklärung dieser Gruppe helfen.

Was ich hier dazu gelernt habe:
auf jeden Fall wird die Schwerbehinderenvertretung mit einbezogen, bevor eine Dienstvereinbarung zur Leistungsprämie zustande kommt;
und
ein gründlicher Blick ins Gesetz schärft die Rechtskenntnis.

Dank an alle, die mir zu diesen Erkenntnissen verholfen haben.

TVöD: Leistungsorientierte Bezahlung (LOB)?

hackenberger, Tuesday, 14.11.2006, 17:12 (vor 6379 Tagen) @ Detlev Hestermann

Hallo,

schaue Dir u.a. einmal den Beitrag: http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=3634 an.

Weiter: Hier werden mit der Anmerkung "...die nicht mehr in der Lage
sind, auf Dauer die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung in vollem
Umfang zu erbringen, ohne deswegen zugleich teilweise oder in vollem
Umfang erwerbsgemindert im Sinne des SGB VI" schließ Schwerbehindert oder Behinderte/Gleichgestellte nicht aus. Denn Schwerbehindert oder Gleichgestellt bedeutet eben nicht "im Sinne des SGB VI" erwerbsgemindert. So gibt es ja bekanntlich viele Schwerbehinderte mit einem GdB 100 welche eben nicht "im Sinne des SGB VI erwerbsgemindert" sind.

Der § 81 Abs.2 gibt hier eben auch nicht den absoluten Schutz. Denn es kommt darauf an wie das Thema "Leistungsorientierte Bezahlung" geregelt/gewerte/umgesetzt wird.

Für Schwerbehinderte/Gleichgestellte könnte man hier die entsprechnden Regelungen auch in der Integrationsvereinbarung gem. § 83 SGB IX regeln, z.B. mit dem Hinweis, dass zum Ausgleich von behindetenbedingten Leistungseinschränkungen der AG alle Möglichkeiten der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben gem. Schwerbehinderten-Ausgleichabgabeverordnung (SchwbAV) ausschöpft.

TVöD: Leistungsorientierte Bezahlung (LOB)?

Detlev Hestermann @, Wednesday, 15.11.2006, 17:54 (vor 6378 Tagen) @ hackenberger

Hallo Berhard,
wir sind uns einig, dass die § 38 Abs.4 TVöD Regelung die Kollegen mit anerkannter Schwerbehinderung nicht ausschließt. Die Geltungsbereiche von SGB IX und von § 38 Abs.4 TVöD können sich überlappen, sie müssen es aber nicht - 2 Regelungen, die völlig unabhängig nebeneinander stehen.

Der Hinweis auf den Link und der Tipp zum Thema Wiedereingliederung ist klasse. Alles was mit technischen Hilfsmitteln gemacht werden kann, um Hilfe zur vollen Leistung zur Verfügung zu stellen, soll natürlich gemacht werden.

Wenn Leser dieses Forums schon Formulierungsvorschläge für diesen Part der Dienstvereinbarung haben, dann mögen sie bitte eingestellt werden.

Ein praktisches Problem, dass auch die beste Formulierung wohl kaum lösen kann, ist der Umstand, dass Menschen (Beurteiler/Vorgesetze) Leistungen der Beschäftigen beurteilen sollen, die sich nicht einfach zählen, wiegen oder metrisch abmessen lassen. Damit entsteht ein Beurteilungsspielraum, den der Beurteiler ausfüllt. Auf dessen Verständnis wird es dann schon ankommen müssen. Wenn der Vorgesetzte (unter Berücksichtigung des indivduellen Leistungsvermögens) angemessene Ziele setzt, dann mag das tarifvertragliche Ziel der Motivationssteigerung erreicht werden.

Ich bin jedenfalls froh, hier offene Ohren und kompetenten Rat gefunden zu haben.
Also besten Dank und herzliche Grüße

Detlev

TVöD: Leistungsorientierte Bezahlung (LOB)?

hackenberger, Thursday, 16.11.2006, 12:20 (vor 6377 Tagen) @ Detlev Hestermann

Hallo Detlev,

dass von Dir hier beschriebene "Probelm" der Messbarkeit von Zielen kenne ich auch. Auch wir hatten in unserm Unternehmen das Thema "Leistungsentgelte". Heute haben wir das Thema etwas anders, nämlich Zielvereinbarungen mit Entgeltauswirkungen. Auch hier ergeben sich dann immer wieder die diese Themen wie wer kann auf Grund seiner ggf. vorliegenden behinderung oder auch Leistungseinschränkungen welches Ziel erfüllen.

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