Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen (AGG)

hackenberger, Tuesday, 14.11.2006, 15:51 (vor 6376 Tagen)

Hinweis zum Thema Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) - auch unter der Bezeichnung Antidiskriminierungsgesetz bekannt- dem hier zur Anwendung kommenden Begriff der "Behinderung".

Das AGG verbietet u.a. die Benachteiligung/ Diskriminierung wegen der Behinderung. Wichtig ist hier, dass es hier der Begriff nicht an die uns bekannten GdB-Grenzen 30 oder 50 gebunden ist.

Also auch eine Behinderung welche mit einem GdB von 10 bewertet wird ist hier angesprochen. Auch dieser Personenkreis fällt in diese Regelung des AGG. Wichtig ist hier nur, dass eine anerkennungsrelevante Behinderung im Sinne des § 2 SGB IX Teil 1 vorliegt.

Somit macht es auch durchaus Sinn einen Antrag auf Anerkennung einer Behinderung zu stellen, wenn im Vorfeld schon klar ist, dass "nur" ein GdB von 10 festgestellt wird.

Denn gemäß § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden. Die hier gemeinten Gründe sind: Rasse, ethnischen Herkunft, Geschlechts, Religion, Weltanschauung, sexuellen Identität, Alter und/oder Behinderung.

Nochmals: Unter Behinderung ist hier der, nach internationalen Sprachgebrauch der Weltgesundheitsorganisation, zu verstehende Begriff gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX gemeint. Also, jede Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, sofern sie eine länger als sechs Monate andauert und eine für das Lebensalter typischen Abweichung von der körperlichen Funktion, geistigen Fähigkeit oder seelischen Gesundheit darstellt.

Damit ist gegenüber § 81 Abs.2 Satz 1 SGB IX eine deutliche Ausweitung des geschützten Personenkreises auf alle behinderten Menschen gegeben

Es bedarf keiner Schwerbehinderung und keiner Gleichstellung. Dieses ist eine deutliche Erweiterung und auch ggf. Erschwerung für die Praxis. Denn im Unterschied zur Schwerbehinderung, die - sofern sie nicht offensichtlich ist - nach § 69 Abs. 5 Satz 2 SGB IX durch einen Ausweis nachgewiesen wird, fehlt es hier häufig an entsprechenden Nachweisen oder behördlichen Feststellungen..

Hier ist es daher durchaus sehr hilfreich, wenn man auch Behinderungen welche ggf. "nur" einen GdB von < als 30 ergeben, durch ein entsprechendes Antragsverfahren auf Anerkennung einer Behinderung, beim Versorgungsamt feststellen lässt.

Man denke z.B. an einen/eine Verkäufer/Verkäuferin in einem Kosmetikgeschäft welche unter einer "leichten" Art von sichtbarer Neurodermitis leidet die keinen Gesamt-GdB von >= 30 ergibt, aber wegen dieser sichtbaren Erkrankung nicht eingestellt werden soll. Oder einem Arbeitnehmer mit einer Skeletterkrankung (Bandscheibenvorfall) welcher keinen Gesamt-GdB von >= 30 ergibt und er aber wegen ggf. zu erwartender Krankenausfallzeiten nicht eingestellt werden soll.

Daher ist es durchaus hilfreich, dass auf AU-Bescheinigungen für den AG vermerkt ist, dass es sich um eine behindertenbedingte Arbeitsunfähigkeit (AU) handelt.

Ihr seht, es gibt hier einige gute Gründe der Beratung der KollegenInnen.

Doch bitte beachten, die Zuständigkeit für diese Koll. liegt beim BR, da sie nicht den Regelungen/Schutzregeln des SGB IX unterfallen sondern den Regeln/Schutzregeln des AGG.

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

Friederich, Wednesday, 15.11.2006, 15:36 (vor 6375 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard, seit wann stellt denn das VA einen Bescheid von GdB 10 fest>

Grüssle Friederich

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

hackenberger, Wednesday, 15.11.2006, 17:46 (vor 6375 Tagen) @ Friederich

Hallo Friederich,

ich stelle einen Antrag. Das VA macht seine Feststellungen und ich bekomme einen Bescheid. Ggf. auch nur mit dem Inhalt, dass der festgestellte GdB < 30 ist.
Dann lege ich Widerspruch ein und beantrage Akteneinsicht. Hier kann ich mir dann alle Unterlagen kopieren lassen, incl. des Merkblattes mit den jeweiligen festgestellten Einzel-GdB. Hier sehe ich dann auch GdB-Werte < 20. Somit habe ich eine amtliche Feststellung aller medizinischer Einschränkungen/Behinderungen incl. Bewertung. ;-)

Denn der medz. Dienst der VA arbeitet gut und gewissenhaft!;-)

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

traute, Sunday, 19.11.2006, 18:58 (vor 6371 Tagen) @ hackenberger

eine akteneinsicht ist unabhängig von der einlegung eines widerspruches. die kann jederzeit genommen werden.
gruß, traute

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

hackenberger, Tuesday, 21.11.2006, 16:01 (vor 6369 Tagen) @ traute

Hallo Traute,

Akteneinsicht wird i.d.R. nur bei offenen Verfahren (also lfd./nicht abgeschlossenen) gewährt. So die Auskunft der VA wie ich sie seit sehr vielen Jahren kenne.

Sollte es aber eine Rechtsgrundlage für ein stetiges Recht der Akteneinsicht geben bin ich hierfür immer zu haben. Es würde auch mir teils die Aufgabe erleichtern.

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

Rol Mayer @, Sunday, 19.11.2006, 14:48 (vor 6371 Tagen) @ hackenberger

>>Daher ist es durchaus hilfreich, dass auf AU-Bescheinigungen für den AG >>vermerkt ist, dass es sich um eine behindertenbedingte Arbeitsunfähigkeit (AU) >>handelt.

Werden mit dieser Angabe auf der AU-Bescheinigung die jährlichen Kranksheitstage irgendwie anders in der Gesamtsumme verrechnet >

MfG
Rolf Mayer

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

hackenberger, Sunday, 19.11.2006, 17:31 (vor 6371 Tagen) @ Rol Mayer

Hallo Rolf Mayer,

nein, weiter könnte eine negative Auswirkung aus diesen behindertenbedingten Krankenfehltage ein Indiz für einen Verstoß gegen das AGG § 1 darstellen.

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

Martha, Tuesday, 21.11.2006, 08:33 (vor 6369 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,
vielen Dank für Deine sehr ausführlichen und wichtigen Informationen!!!
Ich bin seit einem Jahr Leser dieser superguten Seite und konnte
mir schon viele Ratschläge und Hinweise für meine Arbeit als SchwbV hollen.
Dass finde ich sehr Wichtig für diese Verantwortungsvolle Aifgabe.
Da ich wiedergewählt worden bin freue ich mich umso mehr gute Infos
zu bekommen.
Vielen Dank Dafür!!!
Gruß Martha

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

BirgitKE, Berlin, Tuesday, 21.11.2006, 16:34 (vor 6369 Tagen) @ hackenberger

Sorry, aber wieder einmal ne "doofe" Frage... :-D habe ich hier irgendetwas verpasst... > Seit wann gibt es denn so einen Vermerk auf der AU für den Arbeitgeber > Oder stehe ich gerade auf dem Schlauch >>> Hilfe !!!

Gruß
Birgit

--
MfG
Birgit

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

hackenberger, Tuesday, 21.11.2006, 20:38 (vor 6369 Tagen) @ BirgitKE

Hallo Birgit,

nein, Du hast nichts verpasst. :-)
Doch wenn ich hier eine auch gegenüber dem AG oder nachweisbare Dokumentation über die behindrtenbedingte AU haben möchte ist dieses eine empfohlene Handlungsweise. Es wird ja keine Diagnose verraten.

Der andere Weg wäre sonst sich beim Arzt bei Bedarf/Notwendigkeit ein entsprechendes Artest zu holen. Dieses kosten dann Zeit und auch Euros, denn Ärtze arbeiten nicht umsonst. Ich habe mit dieser Vorgehensweise nur positive Erfahrungen.

So war es früher, also zu Zeiten der guten alten Deutschen Bundespost (öffentl. Dienst) son, dass z.B. behindertenbedingte Krankenfehltage sich nicht negativ auf Beförderungen (Pflichwartezeiten) auswirken dürfen. Da war es dann immer sehr hilfreich diese entsprechend ausgewiesen zu haben um die dann so zum Wohle der Koll. belegen zu können.;-)

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

BirgitKE, Berlin, Wednesday, 22.11.2006, 06:36 (vor 6368 Tagen) @ hackenberger

Danke Bernhard,

jetzt hast Du mich aber vor dem tagelangen Grübeln bewahrt... :-D
Habe ich noch gar nicht gehört, dass Ärzte solche Vermerke machen würden... Na, ein Versuch ist es das nächste Mal wert... Wird nur teilweise schwierig werden, mit dem Arzt auszudiskutieren, ob z.B. der Infekt jetzt ggf. aufgrund Mangelernährung wegen Nahrungsmittelallergien aufgetreten bzw. begünstigt wurde und es damit doch eine behinderungsbedingte Erkrankung ist. Hat mit solchen Fragestellung schon mal jemand gekämpft > Argumentationshilfen >> ;-)

Und noch eine Vorwarnung. Wurde Anfang November wieder zur 1. Stellvertreterin gewählt und werde ab 2008 wegen Vorruhestand meines "Chefs" in die vorderste Position aufrücken. Werde mich also weiterhin vertrauensvoll mit meinen Fragen in diesem Forum zu Wort melden... :-D

Betriebsvereinbarung zum BEM ist bei uns noch immer in der Beratung, aber ich habe mein Versprechen nicht vergessen, bei Abschluss ein Exemplar zur Verfügung zu stellen !!!

Gruß
Birgit

--
MfG
Birgit

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

micha, Rheinland/Pfalz, Wednesday, 22.11.2006, 06:36 (vor 6368 Tagen) @ hackenberger

Hallo zusammen,
Behindertenbedingte AU...
und wie sieht so was aus> Was steht dann auf der AU Bescheinigung> Das ist ja ein wertvoller Hinweis den man seinen "Schäfchen" im Betrieb mitgeben kann. Habe ich vorher auch noch nicht gehört.

--
Gruß Micha

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

hackenberger, Wednesday, 22.11.2006, 08:59 (vor 6368 Tagen) @ micha

Hallo Mischa,

"behindertenbedingte Erkrankung bzw. AU".

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

micha, Rheinland/Pfalz, Wednesday, 22.11.2006, 14:31 (vor 6368 Tagen) @ hackenberger

» "behindertenbedingte Erkrankung bzw. AU".

Hallo Bernhard,
verstehe ich das jetzt richtig>
Wenn das dann auf der AU draufsteht.... Hätte doch kein AG die Möglichkeit jemand krankheitsbedingt kündigen zu können.
Beispiel:
Jemand hat mit Rückenproblemen (nach Bandscheiben OP seine 30% bekommen. Dann hat er ja noch kein gesonderten Kündigungsschutz) Nun geht er zum Arzt und wird häufig deswegen krankgeschrieben. Wenn der Arzt dann jedesmal den Vermerk auf die AU schreibt, kann die doch kein AG mehr Krankheitsbedingt kündigen. Sonst wäre das ein Verstoß gegen das neue AGG. Somit hat man durch dieses Gesetz auch schon bei weniger als 50% einen gewissen Kündigungsschutz.
Hoffe ich hab das richtig verstanden.

--
Gruß Micha

Hinweis zum AGG und seinen Auswirkungen

hackenberger, Wednesday, 22.11.2006, 17:57 (vor 6368 Tagen) @ micha

Hallo Micha,

"Hoffe ich hab das richtig verstanden." Nein deine Hoffnung trügt leider. Der AG kann auch krankheitbedingt kündigen, er muss nur die geltenden Gesetze z.B. SGB IX § 84 (2) und die Regelungen des AGG einhalten.
Eines wäre z.B. die Anbietung eins betrieblichen Eingliederungsmangement (BEM) § 84 (2) SGB IX.

Du findet zu diesem Thema reichlich Infos auf diesen Seiten.

Hier solltest Du einmal dich entsprechend schlau machen. Notfalls eine Schulung besuchen.

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