Befangenheit der SBV?? (Allgemeines)

OPL, Friday, 02.02.2007, 17:07 (vor 6295 Tagen)

Hallo zusammen,

ich lese schon länger in diesem Forum und habe bisher auch einiges mitnehmen können, aber für eine aktuelle Situation habe ich nichts finden können, würde aber gerne weitere Meinungen hierzu hören:

man stelle sich folgendes vor:

-A ist Vertrauensperson der SBV
-Arbeitgeber B hängt eine Stellenausschreibung aus
-A als auch sein Stellvertreter C bewerben sich auf diese Stelle
-A und C sind die einzigen Scherbehinderten in diesem Verfahren
-für die SBV wurden nur die Vertrauensperson und ein Stellvertreter gewählt
-A verlangt nun nach §95 (2)Einsicht in die entscheidungsrelevanten Unterlagen
-Arbeitgeber B verweigert dies natürlich mit dem Hinweis auf Befangenheit

wie würdet ihr diese Situation bewerten>
ich bin mir zwar ziemlich sicher, da das SGB9 keine Befangenheit vorsieht, aber ebenso bin ich auf eure Meinungen hierzu gespannt :-)

Gruss

oliver

Befangenheit der SBV??

hackenberger, Saturday, 03.02.2007, 11:38 (vor 6294 Tagen) @ OPL

Hallo oliver,

BR gelten als Zeitweilig verhindert, wenn es von der Beschlussfassung persönlich unmittelbar betroffen ist (Interessenkollision). Die zeitweilige Verhinderung gilt nur für diesen Beratungsgegenstand und nur bei der Anhörung und Beratung, nicht dagegen bei einer Information.

Dieses kann man auch so auf die SchwbV übertragen. Also das berufen auf Befangeheit könnte der AG nicht geltend machen sofern es hier nur um die Informetion geht. Sollte es hier zu Beteiligungen gem. § 95 (2) kommen, sollte man es so einrichten, dass der jeweils nicht Betroffene (zum Zuge kommende) diese Stellungnahme verfasst.

Befangenheit der SBV??

OPL, Saturday, 03.02.2007, 14:27 (vor 6294 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

vielen Dank für Deine Antwort.

In diesem Fall ginge es Atatsächlich nur um die reine Information.
Der AG und die SBV wären noch in der Lernphase, da dieses Gremium erstmalig in dem betreffenden Betrieb gewählt wurde.
Es hätte zwar in diesem Zusammenhang bereits Verstösse gegen das SGB9 gegeben:
-die SBV hat von der Stellenausschreibung erst durch Aushang erfahren
-eine personelle Entscheidung hat bereits stattgefunden;die betroffenen Personen
haben vom AG bereits eine Zu-, oder Absage erhalten;offizielles Announcement
steht noch aus;die SBV ist nicht involviert gewesen

Dies wird A aber soweit tolerieren, da er dem AG hier keine Mutwilligkeit unterstellen kann-der AG ist der SBV durchweg positiv gegenüber eingestellt und auch am Dialog und der Zusammenarbeit interessiert-soviel nur am Rande.

Um zum Thema zurück zu kommen:

Der AG verweigert der VP, als auch dem Stellvertreter die Einsicht und beharrt auf dem Argument der Befangenheit. Durchaus nachvollziehbar, aber auch rechtens>

Bitte korrigier mich wenn ich falsch liege, aber nach meinem Vertändnis sieht die Sachlage folgendermaßen aus:

- die SBV ist ein eigenständiges Gremium
- die persönliche Rechtsstellung ist die gleiche, die der BR hat
es gelten die gleichen Regelungen für Kündigung, Abordnung etc, aber das war
auch bereits das Ende der Fahnenstange nach §96(3)
- die Arbeit der SBV ist im SGB9 geregelt und nirgendwo anders -->
daher ist m.E. die Zeitweilige Verhinderung, die beim BR zum Tragen käme
hier nicht gegeben

Um die Sache noch etwas komplexer zu machen:

nehmen wir noch zusätzlich an, dass die Stellvertretung nicht an diesem Bewerbungsverfahren teilgenommen hätte ; selbst hier wäre, auf Grundlage der Regelungen der Vertretung nach dem SGB9, eine Heranziehung des Stellvertreters nur möglich, wenn die VP tatsächlich durch Abwesenheit, oder betriebliche Gründe verhindert wäre - man würde dies aber sicherlich aus Vernunftgründen tun

- selbst die Kommentierungen zum SGB9 geben nichts über Befangenheit her und
in der aktuellen Rechtssprechung bin ich auch nicht fündig geworden

--> wenn ich all das in meine Überlegungen mit einbeziehe, komme ich zu
folgendem Ergebnis:

-der VP steht es zu, die gewünschten Unterlagen einzusehen
-der AG hätte der VP seine Entscheidung vorab mitteilen und begründen müssen
-läge eine Benachteiligung vor, könnte A widersprechen, auch wenn es um seine
Person geht
-zunächst entscheidet nur die VP, ob eine Benachteiligung eines SB Menschen
stattgefunden hat, oder nicht
-auch wenn es in dem Betrieb einen BR gibt, obliegt dies der SBV in jedem Fall

Natürlich muss man dabei genügend objektivität voraussetzen, das ist klar.
Ob das jeder mitbringt, ist natürlich fraglich.Deswegen sehe ich das Ganze auch eher rein theoretisch.

Das Einzige, was passieren könnte, wäre eine Amtsenthebung wenn:

-die VP gegen ein geltendes Gesetz verstösst

Das wäre z.B. der Fall, wenn sie ihr Amt missbraucht, um sich ungerechtfertigt zu bevorteilen.

Und wenn mir jetzt noch einer sagt, wo mein Denkfehler liegt, wäre ich dankbar

Früher nannte ich Leute wie mich Klugsch** ** :-D

Gruss

Oliver

Befangenheit der SBV??

hackenberger, Saturday, 03.02.2007, 16:28 (vor 6294 Tagen) @ OPL

Hallo Oliver,

du hast Recht mit deiner Feststellung, dass die SchwbV die gleiche Rechtsstellung hat wie der BR (BR-Vorsitzende).

Das Thema „Verhinderung“ ist ja bei der SchwbV etwas anders (großzügiger) geregelt wie beim BR. Sie kann im Dienst sogar im Mandat sein und trotzdem verhindert sein, z.B. wegen mehrerer zeitgleicher Termine.

Ich handele in eigenen Angelegenheiten immer so, dass ich mich für verhindert erkläre und hier dann den Stelli ins Boot nehme. Es gibt ja viele Termine/Dinge zu erledigen.

Es stimmt auch, dass man in den Kommentaren usw. hier nichts findet, zumindest ich habe auch noch nichts gefunden. Es ist aber auch so, dass man auch in anderen Themen auf die Rechtslage bei BR zurückgreift, daher finde ich auch hier ein solches handeln für ok. Klar ist aber auch, der AG musste die SchwbV beteiligen, also ihr auch alle Unterlagen zur Verfügung stellen. Ein anders handeln stellt einen Verstoß gegen das SGB IX dar und auch gegen das AGG, bzw. ist ein berechtigtes Indiz hier für.

Die SchwbV hätte hier auch die Möglichkeit gehabt, so lange die Sache noch nicht abgeschlossen war, ein Beschlussverfahren hinsichtlich der Beteiligung gegen den AG zu erwirken.

Die SchwbV hätte auch die ganze Maßnahme, also Besetzung der Stelle gem. § 95 (2) aussetzen zu lassen.

Weiter hätte aber auch der BR hier die Möglichkeit gehabt, die Zustimmung zu verweigern weil der AG die SchwbV nicht beteiligt hat.

Der AG hätte schon die SchwbV von der Stellenausschreibung informieren müssen. Der SchwbV muss bei Stellenausschreibungen/-besetzung den § 81 beachten. Das bedeutet, sofern die Stelle auch extern besetzt werden kann anfragen nach geeigneten schwerbehinderten Bewerbern bei der AfA/ARGE. Bei ausschließlicher interner Besetzung, die Prüfung ob es im Betrieb geeignete Schwerbehinderte gibt die entweder bei entsprechender Berücksichtigung in der Beschäftigung gesichert oder gefördert werden können. Bei all diesen Vorgängen ist die SchwbV gem. § 95 (2) i.V. mit § 81 zu beteiligen, damit sie ihren Verpflichtungen gem. SGB IX nach kommen kann. Nämlich dafür Sorge zu tragen, dass möglichst viele Schwerbehinderte im Betrieb beschäftigt werden, also auch Beschäftigungssicherung.

Befangenheit der SBV??

OPL, Sunday, 04.02.2007, 16:46 (vor 6293 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

da die Entscheidung / Besetzung im vorliegenden Fall noch nicht offiziell bekanntgegeben wurde, sondern noch aussteht, wäre eine Aussetzung nach §95(2) ja durchaus noch möglich.
Die Sache ist zwar schon durch den BR und dort auch genehmigt, aber die Frist beginnt ja erst mit Bekanntgabe der Entscheidung.

Aber das liegt aus diversen Gründen nicht in meiner Intention.Es geht hier vielmehr um die grundsätzliche Frage, ob und ab wann man der SBV eine Befangenheit unterstellen kann.
Wenn ich in dieser Situation etwas ändern, oder anzweifeln wollte, wäre ich sicherlich auch "Verhindert" - schliesslich möchte ich mit meiner Arbeit meine Kollegen unterstützen/fördern und nicht in eigener Sache im Amt tätig werden, dafür stünden mir ja genügend Individualrechte aus dem SGB9 und dem AGG zur Verfügung.Und ausserdem wäre das eine Form von Amtsmissbrauch-jedenfalls in meinen Augen-und das würde ich auch bei keinem anderen dulden.

Momentan wäge ich noch das Für und Wieder ab in dieser Angelegenheit.
Zum Einen sieht das auf den ersten Blick recht kindisch aus, nach dem Motto "ich hab recht"..."nein, ich hab Recht", wenn Du verstehst, was ich meine.
Aber insgesamt liegt da schon ein tieferer Sinn dahinter.
An dieser Stelle geht es nämlich um nichts anderes, als das Prinzip.Wie gesagt, die SBV ist erstmalig vertreten und beide Seiten lernen noch.
Wenn man jetzt in dem beschriebenen Fall eine Absegnung durch eine andere Institution bekäme, wäre das u.U. bei zukünftigen Belangen, in denen es um etwas geht, durchaus eine gesunde Grundlage für Verhandlungen.Denn, wenn man schon bei solchem "Pipikram" zurückstecken muss, brennt sich das eventuell ein und erweitert den Spielrahmen.Schliesslich ist die stärkste Waffe der SBV nicht immer wirksam.
Auf der anderen Seite könnte man als Besserwisser un Klugsch** ** abgestempelt werden und die Türen für Vehandlungen sind zukünftig nicht mehr so weit geöffnet, wie sie es im Moment sind.

Wie dies ausgeht, wenn man es bis zum Ende durchzieht, richtet sich danach, wen man fragt.
Die Spezies für Arbeitsrecht gehen konform mit der Ansicht, dass man die Regelung für den BR zu Grunde legt und somit contra SBV entschieden würde.
Fragt man jedoch jemanden aus dem Sozialrecht, so ergibt sich hier genau das umgekehrte Bild:eine Entscheidung muss pro SBV ausfallen, da nur die SBV beurteilt, ob eine Benachteiligung eines SB stattgefunden hat.Unabhängig davon, ob sie selbst betroffen ist.Dem BR steht eine Beurteilung nur dann zu, wenn keine SBV vorhanden ist.

Nun ja, ich finde die Situation recht interessant und spannend.

Gruss

Oliver

Befangenheit der SBV??

hackenberger, Sunday, 04.02.2007, 18:14 (vor 6293 Tagen) @ OPL

Hallo Oliver,

ich gehe einmal davon aus, dass der BR die Besetzung/Entscheidung gut geprüfte hat und daher auch die Entscheidung des AG für diese Besetzung voll und zu Recht mittragen konnte.

Daher wäre es dann hier nun wirklich nur eine Prinzipsache. Da man aber hier ein neues Thema/ neue Art der Zusammenarbeit und hiermit verbunden eine Lernphase beginnen muss, sollte man hier nun nicht dieses unnötig erschweren. Daher würde ich dann auch vorschlagen alle Betroffenen, also AG incl. Beauftragen für die Belange der Schwerbehinderten des AG, BR und SchwbV setzen sich zusammen und reden über dieses Thema und vor allem darüber, wie man es zukünftig mit einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit bringen kann. Hierzu ist die Beachtung der Regeln durch alle Beteiligten unverzichtbar.

Man kann sich ja auch z.B. darauf verständigen hier eine unparteiische rechtliche Prüfung der Sachlage vornehmen zu lassen. Da aber dann bitte darauf achten, dass man eine Fachkraft/-anwalt für Arbeits- und Sozialrecht heranzieht.

Bitte aber auch der BR muss lernen, er hätte hier die Nichtbeteiligung der SchwbV beanstanden müssen und notfalls den Vorgang der Besetzung der Stelle wegen Unvollständigkeit (es fehlte die Stellungnahme der SchwbV, diese müsste der AG dem Vorgang an den BR beifügen) zurückgeben, auch mit dem Hinweis, dass eine Nichtbeteiligung der SchwbV ein berechtigtes Indiz für einen Verstoß gegen das AGG mit seinen möglichen Folgen darstellt.

Aber auch die SchwbV hat es verpasst den Beschluss des BR auszusetzen.

Fazit: Alle versuchen zu lernen und es zukünftig besser zu machen und vor allem vertrauensvoll zum Wohle aller zusammen zu arbeiten.

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