AGG und bevorzugte Einstellung v.SB bei gleicher Eignung (AGG)

Apanatshi, Bayern, Wednesday, 28.02.2007, 13:56 (vor 6270 Tagen)

Hallo liebe Forumsbesucher,
wer kann mir hier weiterhelfen.
In unseren internen und externen Stellenbeschreibungen wurde bisher der Vermerk angebracht, "Schwerbehinderte und Gleichgestellte werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt". Dies will nun unser Arbeitgeber entfernen lassen, mit der Begründung, das würde gegen das Gleichbehandlungsprinzip verstoßen.
Diese Meinung vertrete ich nicht, da ich der Auffassung bin, dass hier die Bestimmungen im SGB stärker wiegen. Außerdem habe ich im AGG den § 20 entdeckt, der meines Erachtens die Forderung des Arbeitgebers nicht unterstützt. Wer kann mir dazu mehr sagen> Bin ich auf dem Holzweg, oder welche Argumentationen habt ihr>

Gruß Apanatshi

AGG und bevorzugte Einstellung v.SB bei gleicher Eignung

hackenberger, Wednesday, 28.02.2007, 14:52 (vor 6270 Tagen) @ Apanatshi

Hallo Apanatshi (Indianer> :-) ),

diese Frage wurde in einschlägigen Gremien schon mehrfach aufgeworfen. Es gibt hierzu kein klares stimmt oder stimmt nicht.

Es gibt Aussagen und denen schließe ich mich an die besagen: das AGG lässt ja durch aus bei entsprechender nachvollziehbarer Begründung solche Ausnahme/Einschränkungen zu.

So, ist es z.B. auch nicht als Verstoß gegen das AGG zu bewerten, wenn ein Frauenarzt nur Arzthelferinnen (also Frauen) einstellt, weil Frauen nachvollziehbar Probleme haben könnten wenn hier ein Mann als Arzthelfer tätig werden würde. Ganz besonders z.B. bei strenggläubigen Muslimen.

Im Notfall einfach einmal das für das Gesetz zuständige Ministerium mit genau dieser Fragestellung anschreiben und bitten hierzu eine Aussage zutätigen. Ich habe auch schon in vergleichbaren Fällen die Ministerien angeschrieben, man bekommt auch eine Antwort. Notfalls auch einfach einmal den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Schwerbehinderten hierzu anschreiben
www.behindertenbeauftragter.de/index.php5>nid=96&Action=home
info@behindertenbeauftragte.de

AGG und bevorzugte Einstellung v.SB bei gleicher Eignung

Apanatshi, Bayern, Wednesday, 28.02.2007, 15:08 (vor 6270 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

das ist ja eine gute Idee. Auf die wäre ich so schnell nicht gekommen.:-)
Und im übrigen, der Name "apanatshi" kommt nicht von ungefähr: Schwerbehindertenvertretungen gehören zu einer aussterbenden, vom weißen "großen Mann" (Arbeitgeber) ungeliebten Rasse, die zäh ums überleben kämpfen und oft nicht ohne Skalp das "Schlachtfeld" verlassen:-P :-D . Außerdem gibt es zuviel Forumsbesucherinnen mit dem Namen Andrea ....
Werde Euch informieren, wenn ich eine entsprechend Antwort auf meine Anfrage habe.

Bis dann, Apanatshi

AGG und bevorzugte Einstellung v.SB bei gleicher Eignung

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Wednesday, 28.02.2007, 16:05 (vor 6270 Tagen) @ Apanatshi

Hallo Apanatshi,
dies ist genau der Fall, wie du im §20 vermutet.

Wenn der AG begründet, dass z.B. die Quote nicht erfüllt ist, kann er bevorzugt sbM einstellen.
Dies (begründung) gilt für alle Fälle in dem eine Personengruppe "bevorzugt" wird.

Viel Erfolg!

--
Herzlichen Gruß
Hans-Peter

AGG, Stellenausschreibung, bevorzugte Berücksichtigung bei Einstellungen

Wolfgang E., Thursday, 01.03.2007, 10:32 (vor 6269 Tagen) @ Apanatshi

» In unseren internen und externen Stellenbeschreibungen wurde bisher der Vermerk angebracht, "Schwerbehinderte und Gleichgestellte werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt". Dies will nun unser Arbeitgeber entfernen lassen, mit der Begründung, das würde gegen das Gleichbehandlungsprinzip verstoßen.

Hier geht es nicht um diskriminierende Ungleichbehandlung, sondern um gesetzliche Arbeitgeberpflichten bei der bevorzugten Berücksichtigung schwerbehinderter Menschen! Diese Pflichten gelten unabhängig davon, ob sie in Stellenausschreibungen vermerkt werden oder nicht.

Derartige Stellenausschreibungen sind nach meiner Auffassung schon deshalb vereinbar mit dem AGG, da eine mögliche Benachteiligung „Nichtbehinderter“ von vorne herein nicht vom Anwendungsbereich des AGG erfasst ist.

In einem AGG-Praktikerseminar der Universität Regensburg wurden sinngemäß folgende beiden Fragen gestellt zur Stellenausschreibung und zur bevorzugten Berücksichtigung schwerbehinderter Bewerber:

1.
Ist es vereinbar mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), wenn ein Arbeitgeber in Stellenausschreibungen vermerkt, dass schwerbehinderte Beschäftigte bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt werden, wenn er die derzeitige gesetzliche Beschäftigungsquote von 5 % nicht erfüllt und der Arbeitgeber daher eine Ausgleichsabgabe zahlen muss bis zu 260 Euro monatlich pro unbesetzten Platz>

2.
Ist es vereinbar mit dem AGG, wenn ein Arbeitgeber in Stellenausschreibungen vermerkt, dass schwerbehinderte Beschäftigte bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt werden, wenn dieser Arbeitgeber die derzeitige gesetzliche Mindest-Beschäftigungsquote von 5 % (oder von 6 % beim Bund) bereits erfüllt hat>

Beide Fragen zur Stellenausschreibung hat die Professorin uneingeschränkt bejaht mit der Bemerkung, dass Stellenausschreibungen mit dem Hinweis, dass schwerbehinderte Beschäftigte bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt werden, nicht diskriminierend sind und nicht gegen das AGG verstoßen.

Entsprechende Rechtsauffassungen zu den Stellenausschreibungen mit besonderen Vermerken zur bevorzugten Berücksichtigung schwerbehinderter Bewerber teilen, um nur zwei Beispiele zu nennen, auch das

Land Bayern in Nr. IV.4.2 der Fürsorgerichtlinen für den Öffentlichen Dienst in Bayern für interne und externe Stellenausschreibungen sowie das
www.sozialministerium.bayern.de

Land Niedersachsen in Nr. 3.1 seinen "Richtlinien zur gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen am Berufsleben im Öffentlichen Dienst", wonach bei allen Stellenausschreibungen darauf hinzuweisen ist, dass "schwerbehinderte Menschen bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt werden".
www.mi.niedersachsen.de

Meint denn dieser Arbeitgeber, dass bei gleicher Eignung dem nichtbehinderten Bewerber der [link=http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=410#p3913]Vorrang[/link] gegeben werden müsste statt dem schwerbehinderten Bewerber> Die bevorzugte Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen als gesetzliche Arbeitgeberpflicht ergibt sich kraft Gesetzes aus Kapitel 2 und Kapitel 3 des Schwerbehindertenrechts, insbesondere aus § 71, § 81 und § 82 SGB IX.
Der durch nichts zu rechtfertigenden Einzelmeinung dieses Arbeitgebers stehen die Stellenausschreibungen von tausenden Arbeitgebern entgegen, darunter das Bundesministerium der Justiz, nachzulesen unter
[link=http://www.google.de/search>as_q=+schwerbehinderte&hl=de&rls=GGLG%2CGGLG%3A2005-31%2CGGLG%3Ade&num=100&btnG=Google-Suche&as_epq=bei+gleicher+eignung+&as_oq=&as_eq=&lr=&as_ft=i&as_filetype=&as_qdr=all&as_occt=any&as_dt=i&as_sitesearch=&as_rights=&safe=images]www.google.de[/link]

Kontextlinks:
§ 122 SGB IX
§ 79 Nr. 1 SGB IX
§ 159 Abs. 1 SGB IX
§ 13 Abs. 1 Satz 3 LbV
[link=http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=410#p3913]www.schwbv.de/forum[/link]

AGG und Stellenausschreibungen

hackenberger, Thursday, 01.03.2007, 15:35 (vor 6269 Tagen) @ Wolfgang E.

Hallo,

habe dieses Thema auch noch einmal mit dem Büro des "Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Schwerbehinderten" heute besprochen. Es wurde auch dort noch einmal ganz ausdrücklich wie beschrieben bestätigt.

Also kein Verstoß gegen das AGG, wenn ich diese Formulierung in Stellenauschreibungen so nutze.

Ich bekomme es auch noch einmal schriftlich und werde diese Antwort dann auch hier einstellen.

Siehe: www.schwbv.de/agg_bevorzugte_einstellung_von_behinderten.html

PS: Man sieht einmal wieder, wenn man höflich anfrägt bekommt man auch stets netten Antorten. ;-)

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