Aussetzung nach § 95 SGB IX (Umgang mit Arbeitgeber)

jomibö, Thursday, 17.05.2007, 20:30 (vor 6209 Tagen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich brauche Euren Rat:

Am Mittwoch dieser Woche hat der Personalrat meiner Verwaltung (öffentlicher Dienst) dem Entwurf einer Dienstvereinbarung zum § 18 TVöD (Leistungsentgelt) zugestimmt.

EINE Stunde vor dieser Sitzung hat der Arbeitgeber mir diesen Entwurf mit der Bitte um Stellungnahme nach § )5 Abs. 2 SGB IX zugesandt.

Aus taktischen Gründen (er will diese Vereinbarung) hat der Personalrat meinem Wunsch, nicht über diesen Entwurf zum jetzigen Zeitpunkt abzustimmen, abgelehnt.

Nach erstem kurzen Querlesen habe ich noch Änderungsvorschläge, die ich in meine Stellungnahme als Vertrauensperson einarbeiten will. Dies ist dem Personalrat bekannt.

In der nächsten Woche soll nun die Dienstvereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Personalrat abgeschlossen werden, wobei beiden Seiten bekannt ist, dass ich so kurzfristig keine fundierte Stellungnahme abgeben kann.

Trotz mehrfacher Bitte um Beteiligung (in beratender Funktion) an der Betrieblichen Kommission ist mir dies durch den Arbeitgeber nicht gestattet worden.

Was kann ich nun tun>

In welcher Frist muss ich eine Stellungnahme abgeben> Eine Woche dürfte reichlich kurz sein, vor dem Hintergrund, dass Arbeitgeber und Personalrat schon eineinhalb Jahre beraten haben.

Aussetzung nach § 95 SGB IX

hackenberger, Friday, 18.05.2007, 16:07 (vor 6209 Tagen) @ jomibö

Hallo,

grundsätzlich möchte ich Dir erst einmal mitteilen, dass ich es verstehen kann, dass Du enttäuscht vielleicht sogar verbittert bist hier sowohl vom AG und PersRat nicht eingebunden worden zu sein.

Ich kenne leider keine Rechtsprechung, welche in solchen Fällen der SchwbV das Teilnahmerecht an solchen Kommissionen einräumt.

So nun zu deiner Fragestellung:

Grundsätzlich sollte eine Woche ausreichend sein um diese Regelung dahingehend zu überprüfen ob hier behindertenbedingte spezifische Themen noch eingearbeitet werden sollten/ müssen.

Du hast nun die Möglichkeit den Beschluss des PersRat gem. § 95 (4) auszusetzen. Hierzu musst Du Gründe für die Aussetzung benennen. Diese müssen auch Bezug zum Thema Schwerbehinderung/SGB IX haben. Der AG ist über die Aussetzung des Beschlusses zu informieren, damit auch er ggf. hier nachsteuern kann. Der PersRat muss dann innerhalb von 7 Tagen erneut über diesen Beschluss beraten.

Hier ein Kommentarauszug zum § 95 (4):

Die Schwerbehindertenvertretung kann einen Beschluss des Betriebs- oder Personalrats auf ihren Antrag auf die Dauer von einer Woche vom Zeitpunkt der Beschlussfassung an aussetzen (Abs. 4 Satz 2). Dies setzt aber voraus, dass die Schwerbehindertenvertretung den Beschluss des Gremiums als eine erhebliche Beeinträchtigung wichtiger Interessen der Schwerbehinderten erachtet. Hierbei hat sie einen Beurteilungsspielraum, der vom Betriebs- bzw. Personalrat nur eingeschränkt überprüft werden kann. Die Interessenbeeinträchtigung muss nicht objektiv bestehen.

Du solltest deine Punkte/Fakten auch dem AG mitteilen und auch diesen bitten diese noch einzuarbeiten. Du hast auf alle Fälle ein Recht auf Beratung. Sollte der AG seiner Pflicht/deinem Recht auf Beratung nicht nachkommen, kannst Du auch ggf. die Umsetzung der Maßnahme (hier die Einführung der Regelung) für 7 Tage gem. § 95 (2) aussetzen.

Du könnest ggf. sowohl den AG wie auch den PersRat, sofern begründbar weil z.B. Deine berechtigten/objektiven Gründe nicht berücksichtigt wurden, hier auf mögliche Verstöße gegen das AGG und die sich hieraus ggf. ergebenen Folgen hinweisen.

Dann sind aber auch schon Deine Möglichkeiten (die der SchwbV) erschöpft.

Der PersRat ist verpflichtet die besonderen Rechte der Schwerbehinderten umzusetzen. Dieses ergibt sich auch aus dem BPersVG/LPersVG. Hierauf sollte man den PersRat auch noch einmal hinweisen. Weiter auch auf die Pflicht der vertrauensvollen Zusammenarbeit, was aber auch für die SchwbV gilt.

PS: Das hier PersRat und AG eineinhalb Jahre verhandelt haben, spielt für die SchwbV und ihre Fristen keine Rolle. Es zeigt vielmehr, dass die SchwbV hier ja auch Zeit gehabt hatte sich aus ihrer Sicht mit dem Thema zu befassen, also zu überlegen, welche Punkte/Fakten hätten hier aus ihrer Sicht eingebracht/berücksichtigt werden können/müssen. Der PersRat hat u.U. sogar während dieser Zeit aus den Verhandlungen berichtet bzw. die Sachstände in den Sitzungen/Gremien beraten. So kenne ich es zu mindest.

Es geht übrigens Schwerbehinderten und auch Dir als SchwbV nicht verloren, selbst wenn es in der Regelung zu keinen besonderen Regelungen kommt. Denn das SGB IX ist als Gesetz das höherwertige Rechtsgut. Es könnte dann nur zu es was schwierigeren Umsetzungen der Rechte kommen. Der hier gem. SGB IX Infragekommende § ist der § 81 (4). Der AG hat die Möglichkeit sofern es behindertenbedingte Leistungseinschränkungen/-minderungen gibt, Leistungen aus der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) in Anspruch nehmen.

Du kannst sollte es nicht gelingen deine Punkte in diese Regelung einzubringen, diese in eine Integrationsvereinbarung (§ 83) einbringen.

Aussetzung nach § 95 SGB IX

Heinz SBV, Monday, 21.05.2007, 09:38 (vor 6206 Tagen) @ jomibö

Hallo,

bei mir ist es ähnlich. Ich habe den Beschluss des PR ausgesetzt.

In weiteren Gesprächen u.a. mit der Behördenleitung habe ich unmissverständlich klargemacht, dass ich erstens an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit sehr interessiert bin, ich aber andererseits kraft meines Mandates die Interressen der Behinderten zu vertreten habe und auf die Einhaltung der zu ihrem Schutz erlassenen Gesetze zu achten habe. Der Dienstvereinbahrungsentwurf wurde daraufhin leicht verändert. Ein Teilnahmerecht an den Sitzungen der betrieblichen Kommission konnte ich aber immer noch nicht durchsetzen.

Ich beabsichtige den am kommenden Dienstag zur Abstimmung im PR stehenen Beschluss abermals auszusetzen weil ich nach wie vor der Meinung bin, dass die SBV kraft Gesetzes beratendes Mitglied in der betrieblichen Kommission ist und eine Dienstvereinbahrung die dieses auschließt gegen geltendes Recht verstößt.

Hat jemand schon Rückmeldung von der Initiative die Ede vom Bayerwald angeregt hat>
http://www.schwbv.de/forum/board_entry.php>id=4743#p4908

Welche Möglichkeiten haben wir noch>
Wie oft können Beschlüsse des PR ausgesetzt werden>
Wie läuft es in anderen Verwaltungen>

Herzliche Grüße

Heinz SBV :ok:

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