Team stärken unter Kollegen (Hilfsmittel)

Teamwork, Friday, 01.06.2007, 22:40 (vor 6180 Tagen)

Hallo,

ich wende mich heute mit einem Problem an Sie, in der Hoffnung, hier Lösungsansätze zu erhalten. Bitte versuchen Sie beim Lesen beide Seiten zu verstehen. Vielen Dank.

Unser Team besteht aus 16 Mitarbeitern, die vor einigen Monaten von kleinen Büros in ein Großraumbüro zusammengesetzt wurden. Jeder von uns hat seine eigenen Prozesse, die zu bearbeiten sind, arbeitet also fast immer selbstständig. Überwiegend geht es um Prozessoptimierungen, es werden neue Arbeitsabläufe erstellt und auf ihre Wirksamkeit geprüft. Diese Tätigkeiten erfordern häufig ein hohes Maß an Konzentration. Daher ist es in unserem Büro eher ruhig. Klar, gibt es auch mal ein kurzes Smalltalkgespräch, aber eben ein kurzes.

In unserem Team arbeitet ein behinderter Mitarbeiter, der bisher ein Einzelbüro hatte und auf eigenen Wunsch mit in das Großraumbüro gewechselt ist. Er ist ein total netter Kollege, dennoch wird dass Arbeiten immer schwieriger. Er ist sehr kommunikativ, redet wirklich ununterbrochen, entweder mit den Kollegen, mit sich selbst oder er telefoniert. Dazu kommt dass er nicht ruhig sitzen kann, ständig hantiert er mit Sachen rum oder stellt einfach nur 10 Mal die Tasse von links nach rechts. Erschwerend kommt seine Schwerhörigkeit hinzu, man muss alles sehr laut besprechen und manchmal auch mehrfach wiederholen. Unterhalten sich zwei Kollegen und wechseln einfach nur ein Paar kurze Worte, kommt sofort ein „Kannst du das noch mal wiederholen, ich habe es nicht verstanden.“ Da hilft dann auch kein „War nicht so wichtig.“ Der Sachverhalt muss ihm erklärt werden.

Sein Privatleben ist leider auch eher einsam, er wohnt alleine und hat nicht wirklich Freunde und Familie. Somit werden seine Erlebnisse oder Probleme während der Arbeitszeit bei uns abgelassen, was wohl auch verständlich, leider aber total kontraproduktiv ist. Es wird immer schwieriger sich auf seine eigene Arbeit zu konzentrieren. Er hat die Angewohnheit, die ihm aufgetragenen Aufgaben sehr gründlich zu erledigen, bevor er diese abliefert, wird jedoch jeder von uns befragt, ob wir nicht eine Idee hätten oder wie wir seine Aufgaben finden. Dadurch werden viele seiner Aufgaben im Grunde durch uns erledigt. Bis zu einem gewissen Grade ist es auch ok, aber es kostet eben viel Zeit und auch Nerven. Viele von uns möchten beruflich weiterkommen, dass gelingt jedoch nur, wenn wir gute und vor allen Dingen schnelle Ergebnisse liefern und genau das aber ist bei diesem Arbeitsklima kaum möglich.

Er ist wirklich sehr nett, aufmerksam, interessiert sich für jeden Kollegen und deren Hobbys, versteht aber nicht, dass wir während der Arbeitszeit einfach keine Zeit haben längere private Gespräche zu führen. Es ist auch nicht jeder bereit aus seinem Privatleben zu plaudern. Wenn man ihm zu verstehen gibt, dass keine Zeit für ein Gespräch ist, dann entschuldigt er sich mehr als einmal, fängt nach 10 Minuten aber wieder an zu erzählen, als sei nichts gewesen. So ist man schon fast eher bereit, sich auf ein Gespräch einzulassen, in der Hoffnung, dass es schnell vorbei ist.

Das alles klingt jetzt vielleicht hartherzig und ignorant aber es kann doch nicht angehen, dass 15 Leute total genervt arbeiten gehen und einfach nicht mehr in der Lage sind, die bisherige Leistung zu halten. Wir haben schon in Ansätzen versucht, die Behindertenvertretung unseres Betriebsrates anzusprechen, jedoch ist es sehr schwierig, da wenig Verständnis für unseren Standpunkt aufgebracht wird, weil es uns ja sooo viel besser geht. Damit mag unser BR ja Recht haben, jedoch sind wir auch Mitarbeiter.
Wir bringen eine Menge Verständnis auf und wollen ihn ja auch nicht loswerden, schließlich ist er in den letzten Jahren durch viele Abteilungen „durchgereicht“ worden, weil es eben auch anderen so ging wie uns jetzt. Wir versuchen wirklich einen Weg zu finden, bei dem wir alle wieder Spaß an unsere Arbeit und unserem Team haben. Jeder von uns ist auch bereit ihm zu helfen und sich auch mal seine Probleme anzuhören, dennoch ist es in der Firma unsere primäre Aufgabe, die gewünschten Ergebnisse zu liefern. Was das Privatleben angeht, ist es ähnlich. Die meisten haben Familie, Freunde, Hobbys u.s.w. und da muss es auch verstanden werden, wenn man sich eben nicht mit seinen Kollegen trifft.

Wir würden uns wirklich freuen, wenn es hier Leser gibt, die uns vielleicht Tipps geben könnten oder vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht haben und Wege gefunden haben, beide Seiten zu befriedigen. Vielen Dank.

Team stärken unter Kollegen

Sozialportal ⌂, Stuttgart, Saturday, 02.06.2007, 16:08 (vor 6179 Tagen) @ Teamwork

Ihr solltet einmal Zeit für ein gemeinsames Gespräch finden.
Vielleicht sogar außerhalb der Arbeit. Sinnvoll wäre natürlich auch, die SBV mit einzubeziehen.
Trefft euch mal nach der Arbeit in einer Pizzeria oder so...ab einem Nebentisch oder in einem Nebenraum.
Und habt auch mal die Geduld, euerem Kollegen zuzuhören, ebenso, wie er euch zuhören sollte...
Macht euere Probleme in lockerer Runde klar, wie auch ihm die Gelegenheit dazu gegeben werden sollte.

Zum Thema Schwerhörig solltet ihr vielleicht mal hier nachschauen zum Umgang mit Hörbehinderten

Vielleicht hilft es....
Grüßle
Jürgen

Team stärken unter Kollegen

hackenberger, Sunday, 03.06.2007, 11:55 (vor 6178 Tagen) @ Sozialportal

Hallo,

Jürgen hat ja schon auf das erste was ihr anstreben sollt richtig hingewiesen. Sollte ein sehr vertrauensvolles Gespräch nicht zum Ziel führen, sollte ihr überlegen auch einmal externen Sachverstand/Unterstützung hinzuzuziehen. Hier ist das IA bestimmt gerne bereits Hilfestellung zu geben.

Der Koll. hat möglicher weise auch einfach einen Kommunikationsbedarf den er im Büro kompensieren möchte weil es zu Hause nicht möglich ist. Auch dieses Thema sollte dann einmal besprochen werden. Mit dem Ziel/Hinweis, wir reden ja sehr gerne mit Dir, aber wir müssen auch unsere Arbeiten erledigen.

Der Koll. ist u.U. auch, trotz seines Willens mit in das Großraumbüro umzuziehen etwas überfordert. Die Umstellung Einzelbüro/Großraumbüro war vielleicht doch etwas zu viel. Hier wäre u.U. eine Zwischenlösung mit einem Büro mit 2-3 Koll. eine Möglichkeit.

Team stärken unter Kollegen

Xajorkith, Wednesday, 06.06.2007, 17:22 (vor 6175 Tagen) @ Teamwork

Klar ist man als Schwerhöriger dankbar wenn man Leute gefunden hat die einen zuhören können und mit einem reden so das man dieses auch versteht. Da sein Privatleben als einsam bezeichnet wurde, er aber doch sehr kommunikativ zu sein scheint, wird er sich da sicherlich an seine Kollegen wenden.

Allerdings finde ich auch, dass das geschilderte doch zu weit geht. Ich würde ihm da Grenzen setzen.

Zum Beispiel sagen, dass man heute absolut keine Zeit hat. Oder wenn diese Arbeit zu tun ist brauche ich meine Ruhe usw.

Wegen seiner Rastlosigkeit ...
Wenn es optisch stört würde ich den direkten Sichtkontakt irgendwie verbauen. Akustisch kann ich nicht nachvollziehen. :-D
Kann mir aber gut vorstellen, dass er nicht bemerkt das seine Geräuschkullisse andere stören könnte.
Da sollte man ihn dann darauf hinweisen. Trägt er Hörgeräte> Dann macht mal den Vorschlag, dass er eine zeitlang seine Hörgeräte aufdrehen soll.

Wegen alles noch mal sagen (War nicht so wichtig)
Sagen das es nur uns zwei betrifft oder das es privat ist. Aber Vorsicht er wird euch garantiert von den Lippen ablesen können. Auch wenn er nicht alles versteht so wird er doch ein paar Wörter mitbekommen. Also Unwahrheiten hier dann vermeiden.

Aber dein Text ist doch sehr schön geschrieben. Vielleicht gibst du ihm den Link zu diesem Thread.
Totschweigen würde ich diese Sache aber nicht. Als Schwerhöriger hat man schon irgendwie ein dickes Fell.


Wegen den Link zu der Seite Hörbehinderung
Da wird mehrmals gesagt, dass man selbiges in gleicher Art nochmal neu sagen sollte falls es nicht verstanden wird.
Also da muss ich sagen, dass ist so nicht das Optimum.
Viele Leute die nuscheln einfach nur vor sich hin. Da nützt sowas dann überhaupt nichts. Aber selbst bei Leuten die normal reden sollte es möglich sein, dass wenn man 3 mal nachfragt das dann irgendwann mal etwas lauter von sich zu geben. Am besten natürlich mit deutlicher Aussprache.

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