stellvertretendes Mitglied

maria @, Tuesday, 09.11.2004, 15:53 (vor 7111 Tagen)

Liebe Kollegen und Kolleginnen,

ich bin in einem Betrieb mit ca. 30.000 Beschäftigten, davon ca. 900
schwerbehinderten/gleichgestellten KollegInnen als Vertrauensperson (kein
BR)gewählt. Erstgewält 1998, seit 2002 auch als Gesamtschwerbe-
hindertenfrau gewählt. Für die Wahlperiode 2002 bis 2006 wurden 3
stellvertretende Mitglieder gewählt.

Bis vor kurzem war es mir möglich meine Arbeit in der Vertretung recht gut
alleine zu bewältigen. Ich war in den Räumen des Betriebsrates mit einem
eigenen Büro (gemeinsame Empfangsdame) vertreten. Seit ca. 1/2 Jahr habe
ich mein Büro (auf Bitten des BR wegen Büromangel) gewechselt, ich bin
also nicht mehr zentral untergebracht.

Da auch in unserem Unternehmen die "sieben fetten Jahre" um sind, die
Aufgaben immer mehr werden, ich diese alleine nicht mehr händeln kann,
informierte ich das erstgewählte stellvertretende Mitglied (kein gewähltes
BR-Mitglied), dass ich sie zu bestimmten Aufgaben und zwar bis zur
Dauerbesetzung des Büros heranziehen werde. Bisher war meine
Stellvertreterin von mir in den wöchtlich einmal tagenden Ausschuss für
personelle Angelegenheit Angestellte entsandt worden.

Diese ständige Heranziehung lehnt sie ab mit der Begründung, sie ist für
eine Dauerfreistellung nicht bereit, ihre Arbeit (Sachbearbeitung) möchte
sie nicht verlassen, und sie sowieso 2006 nicht mehr kandidieren will.

Die Situation hat sich zwischenzeitlich so aufgeschaukelt, dass sie sich
beim Betriebsrat über meine "Forderung" ausgeweint hat, der BR mir
mangelnde Teamfähigkeit vorwirft und eine Rechtsberatung über das
Schwerbehindertenrecht einholt.

Meine konkrete Frage:

Wie kann ich die unbefriedigende Situation lösen>

Kann ich mir von ihr schriftlich erklären lassen, dass sie für
die "Freistellung von der Arbeit" nicht bereit ist> Ist damitz der Weg für
die nächstgewählten Stellvertreter frei>

Wie erkläre ich mich dem Arbeitgeber gegenüber>

Für ein rasche Hilfestellung wäre ich dankbar, da, wie bereits erklärt,
der BR in einer noch einzuberaumenden Betriebsausschussitzung über "den
Fall" befinden will.

Kann ich für die "Sitzung" eine neutrale (ggf. auch externe) Person
mitnehmen, ich habe Bedenken dass hier ein Tribunal abgehalten wird!!

Vielen Dank bereits im Voraus
Maria

Re: stellvertretendes Mitglied

Harald Junge @, Wednesday, 10.11.2004, 11:12 (vor 7110 Tagen) @ maria

Hallo Maria,
in § 95 Abs. 1 SGB IX (Aufgaben der SBV)ist die Vertretung/Heranziehung
dargelegt. Auszug: "... In Betrieben und Dienststellen mit in der Regel
mehr als 100 schwerbehinderten Menschen kann sie nach Unterrichtung des
Arbeitgebers das mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stelvertretende
Mitglied zu bestimmten Aufgaben heranziehen, in Betrieben mit mehr als 200
schwerbehinderten Menschen, das mit der nächsthöchsten Stimmzahl gewählte
weitere Mitglied. Die Heranziehung zu bestimmten Aufgaben schließt die
Abstimmung untereinander ein."
Will Deine 1. stellvetretende Vertrauensperson nicht zu den Aufgaben
herangezogen werden, soll sie sich für verhindert erklären. Dann ist die
2. stellvertretende Vertrauensperson heranzuziehen. Bei dauerhafter
Verweigerung der gewählten Stellvertreter Aufgaben zu übernehmen, frage
ich mich, warum diese Person dann nicht aus dem gewählten Amt zurück
tritt. Sollten alle Stellvertreter zurücktreten, so sind neue
Stellvertreter für den Rest der Amtszeit zu wählen. Bei 900
schwerbehinderten Beschäftigten in Deinem Betrieb ist es sinnvoll, mehr
als nur 3 StellverteterInnen zu wählen. Im Übrigen sollte dich der
Betriebs- bzw. Personalrat bei Deinen Aufgaben unterstützen
(§93 SGB IX).

Ich hoffe, dass Du zukünftig gute Unterstützung bekommst und wünsche zum
Gelingen viel Erfolg.

Gruß
Harald

Re: stellvertretendes Mitglied

hackenberger, Wednesday, 10.11.2004, 18:08 (vor 7110 Tagen) @ maria

Hallo Maria,

der Koll. hat ja schon alles wichtige erklärt. Die wirklich sauberste
Lösung wäre, wenn deine 1. Vertreterin ihr Mandat niederlegt sofern sie
ihre Aufgaben (ihre Verpflichtungen) nicht warnehmen will.

Das mit der Erklärung der Verhinderung könnte Probleme geben, wenn sie
nicht tatsächlich verhindert ist, wenn der AG diese Verhinderung
bezweifelt. Die normale berufliche Tätigkeit ist nämlich kein Grund der
Verhinderung, da die Mandatsarbeit stets vor geht. Notfalls bleibt
die "normale" Arbeit liegen. Verhinderung ergibt sich nur aus folgenden
Gründen: Krankheit, Urlaub, Besuch einer mehrtägigen Fortbildung oder
Verhinderung wegen anderweitiger Mandatsarbeit.

Bernhard

Re: stellvertretendes Mitglied

Sozialportal ⌂, Stuttgart, Wednesday, 17.11.2004, 09:15 (vor 7103 Tagen) @ maria

Wie Kollege Junge bereits kommentiert hat, heißt es:
"... In Betrieben und Dienststellen mit in der Regel
mehr als 100 schwerbehinderten Menschen kann sie nach Unterrichtung des
Arbeitgebers das mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stelvertretende
Mitglied zu bestimmten Aufgaben heranziehen, in Betrieben mit mehr als 200
schwerbehinderten Menschen, das mit der nächsthöchsten Stimmzahl gewählte
weitere Mitglied. Die Heranziehung zu bestimmten Aufgaben schließt die
Abstimmung untereinander ein."
Übersehen wurde der Nachsatz, in Betrieben mit mehr als 200....
Somit steht dir das Recht zu, die zweite Stellvertretung ebenfalls
heranzuziehen.
Den Faden mal anders gesponnen:
ab 200 SB hast du eine komplette Freistellung, da diese für die
Aufgabenbewältigung nicht ausreicht, kannst du den ersten und zweiten
Stelli zu gewissen Aufgaben heranziehen.
Ab 400 SB hättest du rein rechnerisch 2 Freistellungen, könntest also die
erste Stellvertretung auch komplett freistellen lassen usw.

Setze dich umgehend mit deinem Integrationsamt in Verbindung und hole dir
von dort den entsprechenden Rat. Auch ein Gewerkschaftssekretär könnte dir
möglicherweise Beistand leisten.
Die Integrationsämter sind auch für solche Rechtsfragen zuständig.

Grüße
Jürgen

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