Beteiligung § 95 Abs. 2 SGB IX Zuversetzungsgesuch (Einstellung)

Surf-Tiger, Friday, 02.11.2007, 12:14 (vor 6038 Tagen)

Hallo, ich habe eine Frage zum Thema § 95 Abs. 2:
Ist ein Zuversetzungsgesuch eines Schwerbehinderten ( hier: Deutsche Telekom AG) so zu behandeln wie eine Bewerbung> Hintergrund ist, dass mein BASchwb mir die Beteiligung abspricht. Er behauptet, dass auf Grund eines Beschlusses der Geschäftsleitung solche Gesuche abgelehnt werden. Weiter behauptet er, dass ich nur zu beteiligen bin, wenn eine Auswahl stattfindet. Ich bin der Meinung, dass ich auf jeden Fall zu beteiligen bin nach § 95.
Wer liegt nun richtig>
Danke für Mithilfe....

Beteiligung § 95 Abs. 2 SGB IX Zuversetzungsgesuch

hackenberger, Friday, 02.11.2007, 12:41 (vor 6038 Tagen) @ Surf-Tiger

Hallo,

Du hast Recht, ganz klar § 95, der AG hat Unrecht. Hier müsste doch vorher schon eine Stellenausschreibung/ freier Ap vorgelegen haben. Hier hätte die SchwbV gem. § 81 (1) i.V. mit § 95 (2) beteiligt werden müssen. Weiter lag vermutlich auch eine Bewerbung des Koll. vor. Auch hier hätte die SchwbV gem. § 81 (1) i.V. mit § 95 (2) beteiligt werden müssen.

Es gibt keine Rechtsgrundlage welche es der GL ermöglicht, per Beschluss das SGB IX außer Kraft zu setzen. Es gibt aber den § 156 SGB IX und arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren welche es der GL "erläutern" dass die hier gegen Gesetze verstößt und dieses Geld kosten kann.

Wenn der AG/ die GL nicht einsichtig wird hilft nur § 156 SGB IX anwenden und bzw. Beschlussverfahren vor dem ArbG einleiten.

Weiter auch einmal die GL nochmals an das AGG und die hier möglichen Folgen hinweisen.

Ihr habt bei der Telekom eine sehr gute KSchwbV, ich kenne diese Koll. wende Dich doch auch einmal an diese und bitte diese um Unterstützung.

Weiter sollte die GL sich einmal die Unterlagen der gemeinsamen Veranstaltungen der SchwbV und AG-Vertretern zum Thema SGB IX mit Herr Franz Düwell ansehen, hilft ihnen vielleicht ihrer Pflichten und die Rechte der SchwbV wieder zu erkennen.

PS: Fand hier eine Prüfung statt, ob es im Betrieb bereits beschäftigten Schwerbehinderte gibt, welche ggf. sogar beschäftigungsgefährdet sind und hier hätten berücksichtigt werden müssen. Wurde diese Stelle intern ausgeschrieben>

Beteiligung § 95 Abs. 2 SGB IX Zuversetzungsgesuch

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Friday, 02.11.2007, 12:45 (vor 6038 Tagen) @ Surf-Tiger

Hallo Tiger,
die Antwort ergibt sich aus dem Wortlaut des BetrVG §99 in dem es heisst:
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen.

Eine "Zuversetzung" ist genau so zu behandeln wie eine Einstellung. Und dass du bei dieser zu beteiligen bist nach §95 SGB IX ist eindeutig. Näheres findest du im Knittel-Kommentar zum §95 Rn 18 bis 20i.

--
Herzlichen Gruß
Hans-Peter

Beteiligung § 95 Abs. 2 SGB IX Zuversetzungsgesuch

Surf-Tiger, Friday, 02.11.2007, 12:58 (vor 6038 Tagen) @ Hans-Peter-Semmler

Danke für die Antworten. Nur zur Klarstellung. Es war keine Bewerbung auf eine freie Stelle sondern ein Gesuch des Kollegen ob er bei unserer Niederlassung beschäftigt werden kann. Ändert aber meiner Meinung nach nichts am Sachverhalt der Beteiligung.

Beteiligung § 95 Abs. 2 SGB IX Zuversetzungsgesuch

hackenberger, Friday, 02.11.2007, 13:03 (vor 6038 Tagen) @ Surf-Tiger

Hallo Tiger,
» Es war keine Bewerbung auf
» eine freie Stelle sondern ein Gesuch des Kollegen ob er bei unserer
» Niederlassung beschäftigt werden kann. Ändert aber meiner Meinung nach
» nichts am Sachverhalt der Beteiligung.

Nein, ändert nichts, über dieses Gesuch (ein solches Gesuch ist eine Bewerbung, also § 81 (1) Satz 4) hätte die SchwbV gem. § 81 (1) i.V. mit § 95 (2) informiert/beteiligt werden müssen. Weiter ein Gesuch, kann immer nur positv enden, wenn eine freie Stelle/freier Ap gegeben ist, hier sind wir dann wiederum beim § 81 (1).

Also den AG mal etwas aufkären und wieder auch meine Empfehlung, den AG nach der Rechtsgrundlage (also nicht seine Beschlüsse) befragen und ihn auch verstehen lassen, dass man diese ggf. rechtlich prüfen lässt.

Beteiligung § 95 Abs. 2 SGB IX Zuversetzungsgesuch

Surf-Tiger, Monday, 05.11.2007, 10:25 (vor 6035 Tagen) @ hackenberger

Mir liegt jetzt die schriftliche Antwort des AG vor. Er behauptet, dass auf Grund eines Beschlusses der GL, keine Versetzungsgesuche berücksichtigt werden, die von außerhalb kommen. Somit würde die Beteiligung der SchwbV nichts anderes ergeben. Und da das klar sei, wurde ich hier nicht beteiligt. Eine solche Rechtssprechung konnte ich nicht finden.
Es kann doch nich sein, dass eine GL Beschlüsse faßt und hier die Beteiligungsrechte ausgehebelt werden.
Ist euch so eine Rechtssprechung bekannt>>

Beteiligung § 95 Abs. 2 SGB IX Zuversetzungsgesuch

hackenberger, Monday, 05.11.2007, 10:42 (vor 6035 Tagen) @ Surf-Tiger

Hallo Tiger,

» Mir liegt jetzt die schriftliche Antwort des AG vor. Er behauptet, dass auf
» Grund eines Beschlusses der GL, keine Versetzungsgesuche berücksichtigt
» werden, die von außerhalb kommen.

Dieses kann die GL durchaus. Sie kann also grundsätzlich feststellen, dass sie Zuversetzungen ablehnt aus personalpolitischen Gründen. Genau so könnte auch eine GL festlegen, sie nimmt keine Einstellungen vor. Ob dieses aber mit der Einstellung des Unternehmens zu vereinbaren ist, wäre ggf. zu hinterfragen.

» Somit würde die Beteiligung der SchwbV nichts anderes ergeben.
» Und da das klar sei, wurde ich hier nicht beteiligt.

Ist zwar grundsätzlich unter Beachtung des Beschlusses der GL nachzuvollziehen, aber rechtlich nicht richtig und muss auch nicht zwingend so sein.

Die GL muss die SchwbV über eingehende Bewerbungen gem. § 81 informieren. Die Aufgabe der SchwbV wäre es dann im Einzelfall die GL davon zu überzeugen, dass sie im Rahmen ihrer sozialen Verantwortung und sofern die Pflichtquote nicht erfüllt ist auch, wegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung, hier von ihrem Beschluss abzuweichen.

Tipp: Mit der GL in Ruhe reden, die Fakten nennen und auch darauf hinweisen, dass hier ein Verstoß gegen das SGB IX gegeben ist. Dieser zum einen eine Grundlage darstellt, gegen den hier Verantwortlichen ein Bußgeld gem. § 156 SGB IX, in einer Höhe von bis zu 10.000,- €, persönlich, bei der Regionalverwaltung der AfA, zu beantragen. Weiter wegen Missachtung des SGB IX ein berechtigtes Indiz für einen Verstoß gegen das AGG gegeben ist und man letztlich auch ein Arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren einleiten könnte, mit dem Ziel einer Androhung eines Bußgeldes bei weiterem Verstoß gegen das SGB IX.

Ein schwerbhinderter Bewerber (Zuversetzung) dessen Bewerbung der SchwbV nicht zur Kenntniss gebracht wird, könnte hier den AG/ die GL wegen Verstoßes gegen das AGG, wegen Nichtbeachtung des § 81 SGB IX, verklagen.

Dieses wolle man ja aber nicht, man möchte nur im Rahmen des SGB IX vertrauensvoll zusammen arbeiten.

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