längere oder wiederholte Arbeitsunfähigkeitszeiten (BEM)

Helmut Folwaczny ⌂, Bayern, Wednesday, 02.01.2008, 15:32 (vor 5981 Tagen)

Hallo zusammen,

ich habe mit dem Begriff "wiederholte Arbeitsunfähigkeitszeiten" so meine Probleme. Müssen diese "wiederholte Arbeitsunfähigkeitszeiten" erst zusammen einen Zeitraum von 6 Wochen ergeben, dass ich tätig werden kann, oder reicht es wenn ein Mitarbeiter innerhalb der 12 Monate z. B. 5x (wiederholt) ein paar Tage arbeitsunfähig war, oder muß der Mitarbeiter wiederholt 6 Wochen Arbeitsunfähig sein.
Wer kann mir hier fundiert weiterhelfen>

Ein gesundes neues Jahr wünscht Euch allen
Helmut

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Mit freundlichen Grüßen
Helmut Folwaczny

längere oder wiederholte Arbeitsunfähigkeitszeiten

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Wednesday, 02.01.2008, 16:49 (vor 5981 Tagen) @ Helmut Folwaczny

Hallo Helmut,
deine Frage wird im Knittel-Kommentar zum § 84(2) Rn 64-69 SGB IX ausführlich dargelegt:

Der Sechswochenzeitraum kann auch durch die Summe einzelner Fehltage erfüllt werden. Die Frist ist auf der Grundlage der üblichen Arbeitswoche zu berechnen. Bei einer Fünf-Tage-Woche sind die Voraussetzungen für ein BEM erfüllt nach 30 Tagen Arbeitsunfähigkeit, bei einer Sechs-Tage-Woche sind es 36 Tage (Ernst / Adlhoch / Seel / Seel Rdnr. 66; Zorn BehindertenR 2006, 42; Gagel / Schian BehindertenR 2006, 46 [47]).

In die Berechnung der Sechs-Wochen-Frist fließen zunächst alle Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit ein, also auch AU-Zeiten wegen Kuren, Rehamaßnahmen usw. Die Gründe für krankheitbedingte Fehlzeiten werden erst im weiteren Verlauf des BEM berücksichtigt, regelmäßig bereits beim Erstgespräch (Zorn BehindertenR 2006, 42).
Für die zu zählenden Tage muss nicht sämtlich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegen. Häufig verlangt der Arbeitgeber erst ab dem dritten Tag einer Erkrankung eine solche ärztliche Bescheinigung. Bei den beiden ersten Tagen liegt jedoch eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung vor, sodass beide Tage mitzuzählen sind (Zorn BehindertenR 2006, 42).

Der Arbeitgeber orientiert sich regelmäßig an der Zahl der Tage, für die ihm Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorliegen; berücksichtigt werden dabei auch arbeitsfreie Tage, für die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden ist. In der Praxis ist das aber nicht unproblematisch, weil nicht alle Ärzte die Arbeitsunfähigkeit auch für die arbeitsfreien Tage bescheinigen, auf die sie sich erstreckt. Auch sieht der Beschäftigte nicht immer Anlass, sich an arbeitsfreien Tagen krankschreiben zu lassen oder zu melden. Dadurch spiegelt die Zahl der bescheinigten oder gemeldeten Arbeitsunfähigkeitstage nicht immer die tatsächliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit wider (näher hierzu Gagel / Schian BehindertenR 2006, 46).

Für die Einleitung des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist ausschließlich auf die zeitliche Komponente der wiederholten Arbeitsunfähigkeit abzustellen, nämlich die Sechs-Wochen-Frist. Welche Ursachen zu der Arbeitsunfähigkeit geführt haben, ist unerheblich (Zorn BehindertenR 2006, 42; Gagel / Schian BehindertenR 2006, 46 [48]). So können auch ganz unterschiedliche Symptome eine gemeinsame physische oder psychische Ursache haben. Diese ist allerdings im weiteren Verlauf abzuklären. Der Sinn und Zweck des BEM erfordert regelmäßig, dass die Arbeitsunfähigkeit jeweils auf dieselben Ursachen zurückzuführen ist oder zumindest auf solche Gründe, die in einem medizinischen Zusammenhang zueinander stehen, weil nur dann gezielte Präventionsmaßnahmen sinnvoll sind (vgl. Balders / Lepping NZA 2005, 854).

Ist ein Arbeitnehmer in einem längeren zusammenhängenden Zeitraum erkrankt, knüpft die Vorschrift nicht an die gesunde Rückkehr der betroffenen Person an. Das BEM ist kein “Krankenrückkehrgespräch” (Zorn BehindertenR 2006, 42 [43]).

Ich hoffe, dass dir die Ausführungen weiter helfen.

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Herzlichen Gruß
Hans-Peter

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