Dolmetschereinsatz (Hilfsmittel)

Surf-Tiger, Monday, 08.09.2008, 08:49 (vor 5715 Tagen)

Hallo, heute mal ne rechtliche Frage zu §9 SGB IX. Ein Taubstummer Kollege behauptet, dass er bestimmen kann, welcher Dolmetscher ihn dolmetscht. Er beruft sich auf o.g. Paragrafen. Hintergrund ist der, dass die Dolmetscherin vom Integrationsfachdienst (ist wohl nur im Saarland so)ist und keine diplomierte Dolmetscherin ist. Das hat jahrelang recht gut geklappt mit ihr. Jetzt auf einmal will er oder kann er sie nicht mehr verstehen. Der Arbeitgeber ist stinksauer, da der behinderte Kollege die Dolmetscherin schriftlich ablehnt wenn sie zu Teambesprechungen kommen soll.
Meine Frage ist, ob sich ein solches Wahlrecht überhaupt aus dem § 9 ableiten läßt und kann ein Taubstummer bestimmen wer ihn dolmetscht> Er bekommt auch kein persönliches Budget.

Dolmetschereinsatz

hackenberger, Monday, 08.09.2008, 11:14 (vor 5715 Tagen) @ Surf-Tiger

Hallo "Surf-Tiger",

hier geht nach meiner Einschätzung die Auslegung des Koll. bezgl. des § 9 zu weit ist also fehlerhaft.

Aus eigener Erfahrung kenne ich aber das Problem, dass es schon einmal technische Verständigungsschwierigkeiten zwischen dem Schwerbehinderten und dem Gebärdendolmetscher geben kann auch weil es Unterschiede in der Gebärdensprache gibt. Weiter kann es besonders bei sehr technischen Gesprächen Schwierigkeiten beim dolmetschen geben. Der Dolmetscher muss also in der Lage sein, alle Gesprächsinhalte übersetzen zu können. Hierauf sollte man soweit möglich Rücksicht nehmen. Man kann dieses alles auch unterstützen in dem man sowohl dem Dolmetscher wie auch dem betroffenen AN viele schriftl. Unterlagen zur Verfügung stellt bzw. soweit möglch mit Schaubildern arbeitet. Der Gebärdendolmetscher muss in der Lage sein, den Gesprächsinhalt sachlich und fachlich richtig in die Gebärdensprache übersetzen zu können. Bitte auch unbedingt darauf achten, dass die Zeiten/ Dauer des Gespräches nicht zu lange wird, bzw. notwendige Pausen eingelegt werden. Notalls muss man auch, wegen der Dauer auch mit zwei Gebärdendolmetscher arbeiten welche sich zeitlich abwechseln.

Hier gibt es wohl aber andere Gründe. Denn Du schreibst ja es wäre jahrelang gut gegangen. Daher würde ich ein Gespräch mit dem Integrationsfachdienst und dem Gebärdendolmetscher suchen um zu klären wo hier die Gründe liegen könnten um diesen ggf. abhelfen zu können.

Man kann dann ja auch prüfen ob ggf. ein anderer Gebärdendolmetscher in Anspruch genommen werden kann.

Wer an Teambesprechungen teilnimmt bestimmt der AG. Sofern also keine technische Verständigungsschwierigkeiten zwischen dem Schwerbehinderten und dem Gebärdendolmetscher beim Dolmetschen bestehen, kann der AN den Gebärdendolmetscher und die Teilnahme an den Teamsitzungen nicht verweigern, es könnte sonnst als Arbeitsverweigerung mit all den rechtlichen Folgen ausgelegt werden.

Dolmetschereinsatz

Surf-Tiger, Monday, 08.09.2008, 13:03 (vor 5715 Tagen) @ hackenberger

Vielen Dank.
So seh ich das auch. Ich weiß nicht, was den Kollegen treibt. Ein Gespräch kommt nicht zustande, da er klagen will gegen das Integrationsamt. Meine Frage bezüglich der jahrelangen guten Zusammenarbeit hat er so beantwortet, dass sie kein Diplom hat. Den "genauen" Grund konnte oder wollte er mir nicht nennen.
Ich bin aber voll auf deiner Seite, dass sich der Kollege selber schadet.

Dolmetschereinsatz

hackenberger, Monday, 08.09.2008, 13:11 (vor 5715 Tagen) @ Surf-Tiger

Hallo "Surf-Tiger",

hast Du schon einmal ein gespräch mit dem IA und dem Gebärdendolmetscher geführt um so etwas über die möglichen Gründe zu erfahren> Kann der Dolmetscher die Gespräche sachlich und fachlich ausreichend dolmetschen>

Der "Geschäfts"-Partner des IA/ Dolmetscher ist der AG und nicht der schwerbehinderte AN. Die Beauftragung des Dolmetschers erfolgt ebenfalls durch den AG und nicht durch den schwerbehinderte AN.

Vielleicht auch einmal in einem Gespräch mit dem betroffenen Schwerbehinderten erwähnen, dass ein solches Verhalten, sofern es nicht nahvollziehbar ist, die Akzeptanz und das Verständnis für Schwerbehinderten und die Belange der Schwerbehinderten nicht fördert, auch nicht beim AG.

Dolmetschereinsatz

Surf-Tiger, Monday, 08.09.2008, 13:17 (vor 5715 Tagen) @ hackenberger

ja, hab ich. Hintergrund ist, dass die Kollegin vom Fachdienst für die Telekom nichts kostet. Sie übersetzt bei uns im Konzern auch die "Filmchen" des Arbeitgebers. Somit entstehen für den Arbeitgeber keine Kosten.
Das IA bezahlt keine andere Dolmetscherin, es sei denn, diese ist verhindert. Ansonsten wird immer auf die Kollegin des Fachdienstes verwiesen bzw. diese gebucht für Teambesprechungen etc.

Dolmetschereinsatz

hackenberger, Monday, 08.09.2008, 13:51 (vor 5715 Tagen) @ Surf-Tiger

Hallo "Surf-Tiger",

der AG muss gem. § 81 (4) für die notwendige Beistellung eines geeingneten Gebärdendolmetscher Sorge tragen, der in der Lage ist das Gespräch sachlich und fachlich richtig übersetzen kann. Er hat auch die hierfür notwendigen Kosten zu tragen und er kann hierfür Mittel der SchwbAV beantragen. Der AN hat hier also "nur" Ansprüche gegenüber dem AG nicht gegenüber dem IA. Von daher verstehe ich auch nicht, was der AN mit einer Klage gegen das IA erreichen will.

Er kann also seine Entscheidung für einen bestimmten Gebärdendolmetscher nicht davon abhängig machen, dass der Gebärdendolmetscher des Integrationsfachdienstes kostenfrei bereitgestellt wird. Es geht nur um darum, dass er sachlich und fachlich richtig übersetzen kann.

Hierzu und über die Gründe der Ablehnung aus Sicht des Gebärdendolmetscher hast Du keine Aussagen gemacht.

Dolmetschereinsatz

Surf-Tiger, Monday, 08.09.2008, 14:54 (vor 5715 Tagen) @ hackenberger

Nach Aussagen vom Arbeitgeber und Dolmetscherin wurden die Inhalte sachlich und inhaltlich richtig übersetzt. Die bestätigte mir auch der Hörbehinderte.
Der Grund ist das fehlende Diplom.
Aber wenn er klagen will gegen das IA, dann ist das seine Sache.
Bin gespannt wie das ausgeht.

Dolmetschereinsatz

Deafsaxonia, München (Bayern), Monday, 02.02.2009, 16:03 (vor 5568 Tagen) @ Surf-Tiger

Es ist zu unterscheiden, ob der Arbeitgeber selbst (nach §34 SGB IX) oder der Arbeitnehmer selbst (nach §33 SGB IX) die Kosten für den Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern beantragt hat> Das ist wichtig für die Frage, wer wen anklagen kann>

Mir scheint es, dass es hier erhebliche Kommunikationsschwierigkeiten gibt, da Sie nicht erreicht haben, Ihren gehörlosen Kollegen wirklich zu verstehen! Vielleicht war sein "Dolmi" doch nicht gut genug>

Nun zu den möglichen Gründen:
In einigen Bundesländern werden festangestellte Mitarbeiter des Integrationsfachdienstes zum Gebärdensprachdolmetschen abbestellt. Diese haben nicht immer das entsprechende Wissen, die beim Dolmetschen von anspruchsvollen oder auch von berufsfachspezifischen Themen notwendig wären.

Die gehörlose Person hat ein Wahlrecht nach §9 SGB IX und der Integrationsfachdienst oder das Integrationsamt kann nicht sagen: "Nehmen Sie nur die Mitarbeiter des Integrationsfachdienstes", vor allem dann nicht, wenn seine beruflichen Anforderungen so sind, dass diese nur eine diplomierte Dolmi erfüllen kann.

Ich nehme an, Ihr gehörloser Kollege hat jahrelang diese Krux geduldet (so ungefähr wie: naja, ich verstehe noch grad so) und möchte nun qualifizierte Dolmetschdienste in Anspruch nehmen.

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