Sozialplan / Infomationsmaterial (Kündigung)

Udo27, Bielefeld, Friday, 03.04.2009, 08:32 (vor 5528 Tagen)

Hallo Kollegen,
Ich hatte im Forum gelesen, das hier einige Informationen zu dem Thema Sozialplan sind. Heute haben wir erfahren müssen, dass wir bis zu 50% unserer Kollegen und Kolleginnen abbauen werden. Wir haben vom AG die Kommentierung bekommen. Mit der Entscheidung zum BAG vom 12.03.2009 2 AZR 408/07, wonach wir uns über eine Altersgruppenbildung und den üblichen 4 gesetzlichen gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1KschG uns Gedanken machen sollen.
Frage:
Kann ich darauf drängen, für den Fall der Entlassung von Schwerbehinderten eine Härtfall Regelung zu formulieren und wie>
• Mehrgeld oder Qualifizierungsmaßnahmen; Versetzung>
• besondere Behinderungen, welche einer weiteren Arbeitsvermittlung erheblich entgegenstehen
• besondere Pflegebedürftigkeit von Familienmitgliedern
Ich würde mich freuen, von Euch einige Informationen zu bekommen, vielleicht hat einer von Euch bereits einen Sozialplan oder ein IV abgeschlossen>.
Ich möchte mich schon jetzt für deine Bemühungen und Arbeit bei Dir ganz herzlich bei Euch bedanken.
:-)Gruß Udo
Bielefeld; BetrVG;

Sozialplan / Infomationsmaterial

hackenberger, Friday, 03.04.2009, 10:36 (vor 5528 Tagen) @ Udo27

Hallo "Udo27",

eine Altersgruppenbildung bei betriebsbedingten Kündigungen ist statthaft aber keine Pflicht. Sie ist auch mit dem AGG vereinbar, also KEIN Verstoß gegen das AGG.

Altergruppenbildung bedeutet, man betrachtet die Beschäftigtenstruktur nach Altersgruppen (Prozentual) vor den beabsichtigten Kündigungen und diese soll/ muss nach den Kündigungen wieder in gleicher Struktur (Prozentual) bestehen.

Beispiel:
Vor der Kündigung:

30% der beschäftigten zwischen 20 und 30 Jahre
20% der beschäftigten zwischen 30 und 40 Jahre
40% der beschäftigten zwischen 40 und 50 Jahre
10% der beschäftigten zwischen 50 und 60 Jahre

Der AG will 10% der AN durch betriebsbedingte Kündigung abbauen, so muss nach den Kündigungen die gleiche Struktur (prozentuale Anzahl der AN der Altergruppen) bestehen

Nach der Kündigung:

30% der beschäftigten zwischen 20 und 30 Jahre
20% der beschäftigten zwischen 30 und 40 Jahre
40% der beschäftigten zwischen 40 und 50 Jahre
10% der beschäftigten zwischen 50 und 60 Jahre

Gleiches gilt auch für die geschlechtliche Struktur der Beschäftigten.

» Kann ich darauf drängen, für den Fall der Entlassung von Schwerbehinderten
» eine Härtfall Regelung zu formulieren und wie>
» • Mehrgeld oder Qualifizierungsmaßnahmen; Versetzung>
» • besondere Behinderungen, welche einer weiteren Arbeitsvermittlung
» erheblich entgegenstehen
» • besondere Pflegebedürftigkeit von Familienmitgliedern

Darauf versuchen hinzuwirken ja, wäre auch kein Verstoß gegen das AGG da man hier die Ausnahme (ggf. höhere Abfindung) mit den größeren Schwierigkeiten einen neuen Job zu finden begründen kann. Ein Rechtsanspruch besteht aber nicht.

Weiter, bei euch ist zurzeit ganz klar der Fall des § 84 (1) Satz 1, 1. Halbsatz gegeben. Daher hat der AG diesen zu beachten und anzuwenden.

Als Ergebnis aus der Anwendung/ Umsetzung/ Versetzung des § 84 (1) könnte sich dann z.B. ergeben, dass man die Schwerbehinderten in Bereiche versetzt, ggf. auch mit einer zusätzlichen Qualifizierung, in welchen sie nicht durch betriebbedingte Kündigungen bedroht sind, weil diese Bereiche (Tätigkeiten) nicht zu denen zählen in welchen der AG Stellen reduzieren möchte. Dieses bedingt aber freie Stellen und Bedarfe in diesen Bereichen. Im Rahmen dieser Prüfung sollte man dann auch das IA und die AfA mit einbinden, um mit diesen zu klären ob hier ggf. Mittel der SchwbAV oder der AfA zum Erhalt des Beschäftigungsverhältnisses, z.B. für notwendige Qualifizierungsmaßnahmen, zu erhalten sind

Die Beachtung des § 84 (1) gehört zu den nebenvertraglichen Rechtspflichten des AG. Eine Missachtung könnte zur Sozialwidrigkeit einer Kündigung führen, wenn unter Beachtung/ Anwendung dieses eine Kündigung vermeidbar gewesen wäre. Denn dann wäre ein Verstoß gegen das Ultima-Ratio-Prinzip einer Kündigung gegeben.

Hätte aber eine Beachtung des § 84 (1) nicht zu einem positiven Ergebnis geführt, also eine Kündigung nicht vermieden, bleibt ein Verstoß hiergegen Folgenlos und begründet auch keinen Anspruch auf Schadenersatz gem. BGB.

Es ist hier also wichtig, dass die SchwbV und BR möglichst eine positive Anwendung des § 84 (1) prüft und entsprechende positive Erkenntnisse, einer ggf. möglichen Weiterbeschäftigung, in ihren Stellungnahmen darstellt.

Sozialplan / Infomationsmaterial

J_Neumann, BW, Friday, 03.04.2009, 13:21 (vor 5528 Tagen) @ Udo27

Hallo,
bei uns konnte ich eine besere Abfindung für SB und Gleichgestellte nach Abhängigkeit vom GdB erreichen. GdB * 100= zusätzliche Abfindung. Dies berücksichtig dann auch die schwere der Behinderung.
Bei uns gab es Einwände ses AG, daß ein Gleichgestellter mit nur weinigen gesundheitlichen Einschränkungen ja nicht so große Probleme auf dem Arbeitsmakt hätte. Bei der von mir dann vorgeschlagenen Regelung konnten Sie mir dann folgen.

Bei danach anstehenden Gesprächen über Aufhebungsverträgen konnte dann auch noch für alle die einen solchen Vertrag angenommen haben ein längerer Verbleib in der Transfergesellschaft erreicht werden.

Gruß Joachim

Sozialplan / Infomationsmaterial

hackenberger, Friday, 03.04.2009, 13:39 (vor 5528 Tagen) @ J_Neumann

Hallo Udo,

in die beiden Verfahren gem SGB IX, also § 81 (1) und Antrag auf Zustimmung zur Kündigung § 85 wird ja das IA eingebunden. Hier kann man dann ggf. mit Unterstützung des IA versuchen, für die Schwerbehinderten eine bessere Absicherung in der Abfindung umzusetzen.

Sozialplan / Infomationsmaterial

Udo27, Bielefeld, Friday, 03.04.2009, 18:17 (vor 5528 Tagen) @ hackenberger

:-)
Hallo Bernhard,
ich danke Dir für die zusätzlichen infomationen, denke in den kommenden Wochen werden ich Euch weiter Informieren.
Zunächst haben wir vom Gremium einen Arneitskreis gebildet, um alle unsere Gedanken zusammeln.
Bis dahin
Udo

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