Fragen zur Vorbereitung der Jahresversammlung (Allgemeines)

Claudia @, Wednesday, 09.03.2005, 11:18 (vor 6992 Tagen)

Hallo, liebe Mitstreiter,

in Vorbereitung auf die Jahresversammlung der Schwerbehinderten unseres Unternehmens sind u.a. folgende Fragen an die SBV herangetragen worden:
1. wer muss bei Betriebsstättenverlegungen das Versorgungsamt/I-Amt
einschalten>
2. wie wird das Versorgungsamt/I-Amt in Sozialplan-Verhandlungen eingebunden>
3. wie darf ein Rollstuhlfahrer von Security (Personenkontrolle mit
Handsonde) kontrolliert werden>
4. wie kann/muss das Versorgungsamt/I-Amt in die Erarbeitung von Betriebsvereinbarungen eingebunden werden> (z.B. Kamera
Überwachung)
5. welche Ausstattung muss ein behindertengerechter
Bildschirmarbeitsplatz haben>
6. welche Bedingungen gelten für Fluchtwege für Rollstuhlfahrer> (Rampe
>)
7. wie weite Wege zur Behindertentoilette sind zumutbar>
(Rollstuhlfahrer)
8. wie wird die Reinigung einer Behindertentoilette gehandhabt, wenn die
nächste Behindertentoilette über 500m weit weg ist> (Reinigung nur außerhalb der Arbeitszeit>)
Einiges habe ich mir selbst schon zusammengesucht. Ich wäre Euch sehr dankbar, wenn Ihr mir bei der Beantwortung der Fragen ein wenig helfen könntet.
Besten Dank im voraus und viele Grüße,
Claudia

Re: Fragen zur Vorbereitung der Jahresversammlung

Andrea W., Wednesday, 09.03.2005, 14:01 (vor 6992 Tagen) @ Claudia

Hallo claudia,
also erst einmal Integrationsamt und VErsorgungsamt sind zwei paar Stiefel. Das Versorgungsamt hat, was betriebliche Entscheidungen betrifft gar nichts zu tun, sondern ist für die Ausstellung von SB-Ausweisen und Feststellung von Behinderungen etc. zuständig,
zu 1. Ein Arbeitgeber muß das IGA nicht von einer Betriebsverlegung (>) oder Ausgliederung eines Betriebsteils informieren, wenn in diesen Bereichen keine Schwerbehinderte beschäftigt sind. Wenn doch, kommt es darauf an ob die Schwerbehinderten dies hinnehmen oder nicht oder ob betriebsbedingte Kündigungen oder Änderungskündigungen anstehen. Dann muß das IGA entweder vom AG oder auch von den Beschäftigten selbst bzw. deren Vertreter kontaktiert werden. Der AG braucht zur Kündigung jeglicher Art die Zustimmung vom IGA.
zu 2. Sozialplan - kann ich Gott sei Dank nicht viel dazu beitragen, da wir den Fall noch nie hatten. Die Vorgehensweisen sind aber im Betriebsverfassungsgesetz und Schwerbehindertengesetz nachzulesen (unter Kündigung, Kündigungsschutz etc.) VErsuch es doch mal mit der Stichpunkt-Suche "Sozialplan" oder schau mal rein in www.sozialportal.de. Da gibts sicher einige Links oder sonstige Möglichkeiten Informationen zu kriegen.
zu 3. Kontrolle eines sb-Arbeitnehmers, wozu, warum> Ohne Zustimmung des Betroffenen und des Betriebsrates sowieso nicht, oder verwaltet ihr ein "Arbeitslager">
4. Das Integrationsamt hat m.E. damit gar nichts zu tun.
5. Kommt ganz auf die Behinderung an, ansonsten gelten die üblichen Arbeitsplatzbestimmungen (Arbeitssicherheitsfachkraft,Betriebsarzt wissen mehr darüber- mit einbeziehen. Notfalls ERkundigungen beim Gewerbeaufsichtsamt einholen, besser: Kontakt mit dem IGA aufnehmen und einen Technischen Berater kommen lassen. Bei entsprechender Behinderung gibts auch Möglichkeiten von finanziellen Zuschüssen für die Arbeitsplatzausstattung durch das IGA oder auch Arbeitsamt und Berufsgenossenschaft, je nach vorliegendem Fall.
zu 6. Könnte ebenfalls die Arbeitssicherheitsfachkraft beantworten, ggf. darüberhinaus entsprechende Vereinbarungen treffen falls erforerlich. Integrationsamt Kontakt aufnehmen wg evtl. baulicher Maßnahmen und deren Finanzierung, wenn von der Brandschutzordnung her erforderlich.
zu 7.u.8. Kann ich so nicht beantworten, denke aber dass 500 m schon zu viel ist. Man bedenke doch auch den Verlust der Arbeitszeit durch die Hin-und Rückwege. Die Reinigung der Toilette ist m.E. genauso zu erfolgen wie bei den anderen, wo gibts da ein Problem> Ich gehe ja nicht davon aus, dass der Behinderte selbst seine Toilette reinigen muss>
Hoffe einige Fragen beantwortet zu haben. Wenn Du keine Literatur hast, wo Du Dich belesen kannst, setzt dich doch einfach mit dem Integrationsamt in Verbindung, die werden Dir sicher kompetent helfen in rechtlichen Fragen. Ich bin auch nur "Laie" und kann mich in dem einen oder anderen Punkt auch mal täuschen. Aber vielleicht gibts ja noch ein paar alte gewitzte Hasen, die Dir noch mehr Tipps geben können. Viel Erfolg A.

Re: Fragen zur Vorbereitung der Jahresversammlung

Andrea H., Wednesday, 09.03.2005, 14:54 (vor 6992 Tagen) @ Claudia

Hallo Claudia,
ich finde es toll, dass Du in der Vorbereitung einer Jahresversammlung stehst!
Meine Tipps an Dich zu den ein oder anderen Fragen:
1. Bei betrieblichen Veränderungen, wo das Integrationsamt eingeschaltet werden muss, ist in der Regel der Arbeitgeber in der Melde-Verpflichtung. Hier ist noch zu erwähnen, dass vom Versorgungsamt/Integrationsamt durch Hilfsmittel geförderte Arbeitsplätze, der Arbeitgeber nicht einfach so verlegen kann. Hier gibt es eine zeitliche Bindung für den Arbeitgeber für z.B. 3 Jahre, die er einzuhalten hat.
2. Bei Sozialplan-Verhandlungen und sonstigen betrieblichen Regelungen kann ich mir nur (wenn von AG, BR u. SchwbV gewünscht)eine beratende Funktion des Integrationsamtes vorstellen.
5. Hier ist der Fachdienst des Integrationsamtes der 1. Ansprechpartner, denn wenn Anträge auf Hilfsmittel gestellt werden sollen, muss immer zurerst das Integrationsamt eingeschaltet sein. Ich persönlich bin hier ausschließlich auf sehr kompetente Ingenieure getroffen, die individuell auf die betroffene behinderte Person eingingen. Es braucht einfach bei verschiedenen Behinderungen verschiedene Hilfsmittel, deshalb ist keine Pauschalantwort möglich.
6. Setz Dich doch einfach mal mit Deinem Arbeitsschutzbeauftragten bzw. Brandschutzbeauftragten zusammen. Hier gibt es klare gesetzliche Regelungen, die diese Personen kennen müssten.
Übrigens wird das mit den (zwei verschiedenen Paar Schuhen) Integrationsämtern und Versorgungsämtern in ganz Deutschland sehr unterschiedlich gehandhabt. Es sind zwei verschiedene Institutionen die aber häufig sehr eng zusammenarbeiten/zusammensitzen und vieles mehr.
Herzlichen Gruß
Andrea H.

Re: Fragen zur Vorbereitung der Jahresversammlung

Andrea W., Wednesday, 09.03.2005, 16:02 (vor 6992 Tagen) @ Claudia

Hallo Andrea H.,
ich bin etwas irritiert zu deiner Auffassung über die Aufgaben von Versorgungsamt und Integrationsamt. Mir ist neu, dass das Versorgungsamt Aufgaben üernimmt, die die arbeitsrechtlichen Seiten betreffen. Auch habe ich noch nie gehört, dass das Versorgungsamt Zuschüsse oder Beratung gibt,sondern lediglich über angelegenheiten zur Ausstellung von SB-Ausweisen etc. u.weitergehende Verfahrensweisen, Widerspruch etc. Eine Zusammenarbeit dieser Ämter ist mir daher neu oder ich versteh dich falsch. Aber vielleicht mag das in anderen Regierungsbezirken außer Schwaben und Bayern anders sein. Meine Verhandlungspartner in Bezug auf Arbeitsplätze etc. sind ausschließlich IGA, Arbeitsämter, Reha-Träger/Berufsgenossenschaften. Kannst Du mir das vielleicht näher erläutern, möglicherweise ist mir da was entgangen>

Re: Fragen zur Vorbereitung der Jahresversammlung

hackenberger, Wednesday, 09.03.2005, 19:46 (vor 6992 Tagen) @ Claudia

Hallo,

beide Andrea haben ja schon eigentlich alles gesagt:

Zum Thema Behindertentoilette noch folgende Hinweise:

Der Weg zur Toilette muss so gehalten sein, dass der Schwerbehinderte diesen ohne vermeidbare Probleme erreichen kann. Also gleiche Etage und eine Entfernung, dass ein erreichen auch bei Magen-/Darmprobleme möglich ist. Ggf. ist eine Umsetzung des Koll. zu prüfen, was aber nicht dazu führen darf, dass die notwendige Zusammenarbeit des Schwerbehinderten mit seinen Koll. negativ beeinträchtigt wird, z.B. bei notwendiger Teamarbeit. Wenn das Gebäude zu weitläufig ist muss ggf. eine weitere Behindertentoilette eingerichtet werden.
Sofern der AG alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat und trotzdem eine weitere Behindertentoilette eingerichtet werden muss, kann der AG ggf. hierfür Mittel aus der Ausgleichsabgabe erhalten.
An eine Ausstattung der Behindertentoilette sind höhere Ansprüche zu stellen als an eine „normale“ Toilette. Ebenfalls können bei einer Behindertentoilette höhere Ansprüche für die Reinigung gegeben sein.

Was das Thema „darf ein Rollstuhlfahrer von Security (Personenkontrolle mit Handsonde) kontrolliert werden>“ angeht folgendes: Grundsätzlich unterliegen solche Kontrollen der Mitbestimmung des BR. Wenn eine solche Kontrolle zulässig und notwendig ist, muss selbstverständlich sich auch ein Schwerbehinderter diesen stellen. Hier ist dann eine machbare und vertretbare Lösung zu finden.

Bernhard

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