Betriebsvereinbarung Jobende wg. Rente (Rente / Pension / ATZ)

Deafsaxonia, München (Bayern), Wednesday, 02.09.2009, 10:55 (vor 5359 Tagen)

Mir liegt ein Entwurf einer Betriebsvereinbarung zum Renteneintritt vor.
Ich habe als VP sbM und als BR den zusätzlichen Passus "frühestmöglicher abschlagsfreier Renteneintritt" als Grund für das automatische Ende des Arbeitsverhältnisses streichen lassen, weil ich denke, dass auch sbM die Chance haben sollen, so wie alle anderen nichtbehinderten Arbeitnehmer zum regulären Renteneintritt von 67 (soll in der BV festgeschrieben werden, um alte Regelung Renteneintritt von 65 in Arbeitsverträgen unwirksam werden zu lassen) aus dem Arbeitsleben auszuscheiden.

Habt ihr noch Ideen oder Punkte, was bei einer solchen Betriebsvereinbarung zu beachten ist> Ich befürchte nämlich Aufhebungsverträge für ältere sb AN.

Betriebsvereinbarung Jobende wg. Rente

hackenberger, Wednesday, 02.09.2009, 11:12 (vor 5359 Tagen) @ Deafsaxonia

Hallo "Deafsaxonia",

» Mir liegt ein Entwurf einer Betriebsvereinbarung zum Renteneintritt vor.
» Ich habe als VP sbM und als BR den zusätzlichen Passus "frühestmöglicher
» abschlagsfreier Renteneintritt"
seid ihr tarifgebunden> Habt ihr den § 77 Abs. 3 BetrVG geprüft/ beachtet>

Sofern der § 77 Abs. 3 BetrVG hier nicht zur Anwendung (Ausschluss einer Regelung per BV) kommt, kann man nur bei genauer Kenntnis der BV Vorschläge machen bzw. Hinweise geben.

Weiter könnte hier der AG mit den AN sofern keine Tarifbindung besteht Einzelvertraglich, also im ArbV auch andere Regelungen treffen. Also auch immer wieder darauf achten was in ArbV so alles geregelt wird und ggf. die AN aufkären.

Betriebsvereinbarung Jobende wg. Rente

Deafsaxonia, München (Bayern), Wednesday, 02.09.2009, 11:38 (vor 5359 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

danke für die Hinweise.
Wir sind nicht tarifgebunden. Insofern kommt § 77 Abs. 3 BetrVG nicht zur Regelung.

» Weiter könnte hier der AG mit den AN sofern keine Tarifbindung besteht
» Einzelvertraglich, also im ArbV auch andere Regelungen treffen.

Sicher. Nur, welcher MA denkt schon dran>

In den alten ArbV steht 65 J. als automatisches Ende des Arbeitsverhältnisses ohne diesen zusätzlichen Passus, der nun in einer BV eingeführt werden soll.

Betriebsvereinbarung Jobende wg. Rente

Deafsaxonia, München (Bayern), Tuesday, 15.09.2009, 13:06 (vor 5346 Tagen) @ Deafsaxonia

AG will folgende Klauseln nicht streichen, die ein Ende des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung als Folge hätten, wenn das Alter für den Bezug einer abschlagsfreien Rente vollendet wurde oder ab dem Zeitpunkt, in welchem irgendeine Altersrente (egal aus welchem Rechtsgrund) bezogen wird.

BR und VPsbM möchten nur die Klausel in der BV für ein Ende des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung drin lassen: "wenn das Alter für den Bezug einer Regelaltersrente erreicht wurde".

AG begründet damit, dass sbM den Anspruch einer Regelarbeitsrente nach §35 SGB VI nicht hätten und ihre Altersrente in §37 SGB VI geregelt sei. Durch die Streichung würden die sbM ohne eine Regelung in der BV da stehen.

BR und VPsbM sind jedoch der Meinung, dass §35 SGB VI für alle Versicherten gilt, egal ob nun sb oder nicht. SbM haben nur zusätzliche Ansprüche nach § 37 SGB VI.

Dann bin ich noch über §41 SGB VI gestolpert:

Der Anspruch des Versicherten auf eine Rente wegen Alters ist nicht als ein Grund anzusehen, der die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach dem Kündigungsschutzgesetz bedingen kann. Eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der Arbeitnehmer vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen Alters beantragen kann, gilt dem Arbeitnehmer gegenüber als auf das Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen, es sei denn, dass die Vereinbarung innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen oder von dem Arbeitnehmer innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt bestätigt worden ist.

Meine Fragen nun:
Wie kann ein sbM im Rahmen einer solchen BV geschützt werden, damit er, wenn er es kann, auch bis zur Regelarbeitsrente beschäftigt bleibt>

Was besagt der letzte Satz in §41 eigentlich genau> Was bedeutet diese Zeitspanne von drei Jahren vor besagter Vereinbarung für einen sbM>

Betriebsvereinbarung Jobende wg. Rente

hackenberger, Tuesday, 15.09.2009, 13:54 (vor 5346 Tagen) @ Deafsaxonia

Hallo "Deafsaxonia",

vorab das SGB VI ist nicht unser (SchwbV) Tätigkeitsfeld und auch ich kenne mich da nicht aus und würde auch als SchwbV zu Rentenfragen/ Themen NIE eine Aussage machen/geben, außer wenden sie sich bitte an die Fachleute der Deutschen Rentenversicherung.

Nur soviel zu diesem Themenkomplex dieser Anfrage. Die AN haben i.d.R. einen unbefristeten Arbeitsvertrag. In diesem Arbeitsvertrag oder einem dem Arbeitsvertrag zu Grunde liegenden Tarifvertrag (bei Tarifbindung) sind dann die Aussagen, wann das Beschäftigungsverhältnis ohne Kündigung, also automatisch endet.

Dieses ist dann i.d.R. ein Satz etwas so "das Arbeitsverhältnis endet automatisch mit Eintritt in eine unebfristete Altersrente".

Eine solche Klausel im Arbeits- oder Tarifvertrag kann nicht durch eine BV eingeschränkt oder aufgehoben werden.

Es ist heute aber auch in der rechtlichen Diskussion, ob eine solche Klausel mit dem AGG § 1 vereinbar ist. Es gibt hierzu zwar auch schon Urteile des BAG, welche besagen es ist statthaft und fällt unter die Ausnahmeregelungen des § 10 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters AGG. Es gibt aber auch inzwischen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt welches besagt, nein nicht zulässig.

Ich finde auch, dass die Alterregelung in ArbV/TV, dass das Beschäftigungsverhältnis mit Eintritt der Möglichkeit in eine ungekürzte Altersrente gem. § 33 Abs. 2 SGB VI gehen zu können automatisch endet, mit dem § 10 AGG vereinbar ist. Da hier Beschäftigungsmöglichkeiten für arbeitsuchende Menschen frei werden und die Betroffenen AN eine Altersversorgung beziehen.

Letztlich wird wohl auch hier der EuGH entscheiden müssen.

Kontextlinks:
Beamtenrechtliche Altersgrenzenregelungen in Hessen europarechtswidrig.

Altersgrenze 65, eugh und AGG. Zwangsbeendigung von Arbeitsverhältnissen nur eingeschränkt zulässig

[link=http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php>id=2926]EuGH entscheidet über Zwangspensionierung mit 65[/link]

Der BR sollte/ könnte hier prüfen ob diese BR "Einigungsstellenfähig" ist und dann eine Einigungsstelle (§ 74 (1) BetrVG) zu Klärung und Abschluss der BV in seinem Sinne einberufen.

Betriebsvereinbarung Jobende wg. Rente

Deafsaxonia, München (Bayern), Tuesday, 15.09.2009, 16:43 (vor 5345 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

super, vielen Dank für die Antwort, das sind ja Sachen, die sich mir noch zusätzlich aufgetan haben. Was mich stutzig gemacht hat, ist folgendes:

» Dieses ist dann i.d.R. ein Satz etwas so "das Arbeitsverhältnis endet
» automatisch mit Eintritt in eine unebfristete Altersrente".
»
» Eine solche Klausel im Arbeits- oder Tarifvertrag kann nicht durch eine BV
» eingeschränkt oder aufgehoben werden.

Ich dachte immer, BV "schlägt" AV, sofern keine Tarifverträge vorliegen>>

In unseren AV stehen bei Kündigungen zwei Sätze:

1. Im Hinblick auf eine Begrenzung des Beschäftigungsverhältnisses bei Erreichung einer bestimmten Altersgrenze (z.B. 65 Lebensjahr) gelten die gesetzlichen Bestimmungen.

2. Das Arbeitsverhältnis endet mit Eintritt der unbefristeten Erwerbsunfähigkeit.

Können solche Klauseln durch eine BV "überschrieben" werden>

Betriebsvereinbarung Jobende wg. Rente

hackenberger, Tuesday, 15.09.2009, 19:30 (vor 5345 Tagen) @ Deafsaxonia

Hallo "Deafsaxonia "

» super, vielen Dank für die Antwort, das sind ja Sachen, die sich mir noch
» zusätzlich aufgetan haben. Was mich stutzig gemacht hat, ist folgendes:
»
» Dieses ist dann i.d.R. ein Satz etwas so "das Arbeitsverhältnis endet
» automatisch mit Eintritt in eine unbefristete Altersrente".
»
» Eine solche Klausel im Arbeits- oder Tarifvertrag kann nicht durch eine
» BV eingeschränkt oder aufgehoben werden.
NEIN!

Klauseln/ Regelungen im Arbeitsvertrag können nur durch eine Änderungskündigung oder neuen (freiwilligen) ArbV oder Zusatz (freiwilligen) zum bestehenden geändert werden.

Grundsätzlich gilt auch der [link=http://www.betriebsrat.com/index.php>Site=Betriebsratsvorsitzende&Menue=Betriebsvereinbarung#3]§ 77 Abs. 3[/link] BetrVG "Tarifvorbehalt/-rang" bzw. Tarifvorrang/ -vorbehalt § 75 Abs. 5 BPersVG. Also Angelegenheiten welche im TV geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden können nicht können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

Die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch Alterrente ist ein solcher Fall (oder ich müsste mich schwer irren). Hier kann also eine BV nichts regeln, da ich davon ausgehe, dass es keinen TV gibt welcher hier eine entsprechende Öffnungsklausel hat. Wenn eine Öffnungsklausel doch bestehen würde, könnte per BV hier nur eine positivere Regelung per BV erfolgen.

Eine BV welche den Tarifvorrang § 77 Abs. 3 BetrVG missachtet ist nichtig.

Dafür hatte ich ja auch gleich in meiner ersten Antwort auf den § 77 Abs. 3 BetrVG hingewiesen.

Der BR sollte den § 77 Abs. 3 BetrVG kennen und immer auch prüfen, besteht hier Tarifvorbehalt.

Dieser gilt unabhängig davon, ob der AG Tarifgebunden ist oder nicht!

Kontextlink:
§ 3 TVG, Tarifgebundenheit

Betriebsvereinbarung Jobende wg. Rente

Deafsaxonia, München (Bayern), Wednesday, 16.09.2009, 11:33 (vor 5345 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

wir haben weder einen TV noch sind tarifgebunden. Von daher meine Frage, ob in diesem Falle durch eine BV die o.g. Klauseln in unseren AV "überschrieben" werden können>

Betriebsvereinbarung Jobende wg. Rente

hackenberger, Wednesday, 16.09.2009, 11:40 (vor 5345 Tagen) @ Deafsaxonia

Hallo "Deafsaxonia",

» wir haben weder einen TV noch sind tarifgebunden. Von daher meine Frage,
» ob in diesem Falle durch eine BV die o.g. Klauseln in unseren AV
» "überschrieben" werden können>
Habe ich eigentlich schon beantwortet.

ArbV können NIE durch BV negativ eingeschränkt werden.
Regelungen welche dem Tarifvorbehalt/ Tarifvorrang unterliegen, können nicht durch BV geregelt werden. Ausnahme nur, wenn in einem TV eine Öffnungsklausel enthalten ist.

Betriebsvereinbarung Jobende wg. Rente

Deafsaxonia, München (Bayern), Wednesday, 16.09.2009, 12:14 (vor 5345 Tagen) @ hackenberger

Hallo Bernhard,

dieser Punkt ist für mich neu (unter allen alle Prämissen wie Tarifungebundenheit):
» ArbV können NIE durch BV negativ eingeschränkt werden.

Durch den Entwurf der BV werden sbM schlechter gestellt als es das Gesetz regelt. So haben wir auch den Entwurf der BV abgelehnt.

Mal abwarten, wie es weiter läuft. Vielen Dank für die wertvollen Hinweise.

Betriebsvereinbarung Jobende wg. Rente

Deafsaxonia, München (Bayern), Wednesday, 16.09.2009, 12:16 (vor 5345 Tagen) @ Deafsaxonia

Ein Korrekturhinweis:

» In den alten ArbV steht 65 J. als automatisches Ende des
» Arbeitsverhältnisses ohne diesen zusätzlichen Passus, der nun in einer BV
» eingeführt werden soll.

So steht es nicht in den ArbV, nur bei einer unbefristeten Erwerbsunfähigkeit endet das AV automatisch.

Bitte diesen Satz im 3. Diskussionsbeitrag löschen, danke.

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