Bewerberauswahlgespräche (Allgemeines)

Andrea H., Monday, 21.03.2005, 11:27 (vor 6980 Tagen)

Hallo,
Anfang März bekam ich von der Personalabteilung ein Bewerberverzeichnis, in dem ein schwerbehinderter Kollege aufgeführt war.
Heute habe ich erfahren, dass das Auswahlgespräch bereits stattgefunden hat und an die Einladung der VPSchwb keiner gedacht hat. Den zuständigen Leiter habe ich nicht erreicht, darum rief ich den BR an und fragte, wann das Gespräch stattfand und bemerkte dabei, dass die Schwerbehindertenvertretung nicht zum Auswahlgespräch eingeladen wurde.
Daraufhin sagte BR-Vors, dass der schwb Bewerber sowieso nicht zum Zuge gekommen wäre und dass der BR auch darauf aufpassen würde, dass kein schwb Koll. benachteiligt würde. In anderen Worten: "Auch als es in unserem Betrieb keine SchwbV gab, haben sie diese Aufgaben miterledigt!"
Der BR drückt sich immer so aus, als wenn der BR meine Aufgaben einfach miterledigen will und es dann nicht so schlimm ist, wenn ich nicht dabei bin und außerdem liegt die Entscheidung ja auch beim BR und nicht bei der SchwbV.
Der BR-Vors. ist immer gleich beleidigt, weil ich ihm angeblich die Vertretung der Interessen von schwb Kollegen nicht zutraue (dabei will ich nach SGB IX meine Pflichten erfüllen).
Ich fühle mich, als würde ich gegen Windmühlen rennen, denn mir geht es letztendlich nicht um Kinderspielchen und so´n Hick Hack sondern um die schwb Koll.. Manno da kriegst ´de die Wut!
Könnt ihr mir sagen, was ich diesem BR noch sagen soll/kann, welche Möglichkeiten ich im Nachgang wegen Nichtbeteiligung am Auswahlgespräch habe>
Herzl. Gruß
Andrea

Re: Bewerberauswahlgespräche

hackenberger, Monday, 21.03.2005, 14:32 (vor 6980 Tagen) @ Andrea H.

Hallo Andrea,

also Du hast vollkommen recht, die SchwbV ist zum einen über eingeganege Bewerbungen Schwerbehinderter zu unterrichten. Sie hat weiter ein Teilnahmerecht an den Bewerbungsgesprächen und zwar nicht nur an dem Gespräch mit dem Schwerbehinderten sondern in einem solchen Falle an allen!!!! Also gehen 100 Bewerbungen ein und davon ist 1 eines Schwerbehinderten so ist die SchwbV bei allen 100 dabei!!

Weiter solltes Du den AG in einem Gespräch auf den § 156 SGB IX Straf- und Bußgeld hinweisen. Sofern der AG hier wiederholt so verfährt könnest Du gegen den Beauftragten des AG für die Belange der Schwerbehinderten bis zu 10.000,- € Bußgeld beantragen. Dieses Bußgeld geht gegen den BASchwbV persönlich, also nicht gegen den AG.

Den BR-Vorseitzenden könntest Du darauf hinweisen, dass es zu seinen Pflichten u.a. auch gehöhrt darauf hinzuwirken, dass nicht nur die Rechte der Schwerbehinderten sondern auch der SchwbV durch den AG beachtet werden.

Zu all diesen Themen findest Du aber hier im Forum reichlich Aussagen.

PS: Dem AG könnets Du auch einmal zu verstehen geben, dass sollten die dir gegenüber gemachten Aussagen bzw. die bei Dir gelandeten Eindrücke auch so bei dem schwerbehinderten Bewerber entstanden sein, dieser durchaus Gründe hätte gem. § 81 (2) 3ff Schadenersatzansprüche geltend zu machen.

Bernhard

Re: Bewerberauswahlgespräche

Andrea H., Monday, 21.03.2005, 15:12 (vor 6980 Tagen) @ Andrea H.

Lieber Bernhard,
erst mal vielen Dank für deine Antwort, mir ging es einfach persönlich auf die Nerven, mich mit denen, die mich unterstützen sollten, herumzuärgern.
Manchmal bin ich es einfach leid, mich mit dem BR über die Rechte und Pflichten der SchwbV auseinanderzusetzen.

Aber wie ist das mit dem Hinweis "Den BR-Vorsitzenden könntest Du darauf hinweisen, dass es zu seinen Pflichten u.a. auch gehöhrt darauf hinzuwirken, dass nicht nur die Rechte der Schwerbehinderten sondern auch der SchwbV durch den AG beachtet werden."
Schreib mir bitte, wo finde ich den Satz, dass der BR auf die Einhaltung der Rechte der SchwbV vor dem AG hinwirkt.
Ist ein persönlicher Brief der SchwbV an den BR ratsam (weil die Gespräche einfach nicht fruchten), um den Scherbenhaufen nicht noch höher werden zu lassen>
Herzlichen Gruß
Andrea

Re: Bewerberauswahlgespräche

hackenberger, Monday, 21.03.2005, 16:13 (vor 6980 Tagen) @ Andrea H.

Hallo Andrea,

....Pflicht des BR.... dass ergibt sich aus dem BetrVG § 80 (1) 1 ... das zum Schutze der AN geltende Gesetze eingehalten werden. Das SGB IX ist ein Schutzgesetz und dieses kann zum Schutze der AN nur dann wirkungsvoll wahrgenommen werden, wenn der AG die Rechte der SchwbV gem. SGB IX beachtet.

Bernhard


PS: Zu dem Thema Pflichten des BR und SGB IX/SchwbV findest Du auch schon Beiträge im Forum. Suche benutzen und lesen :-))

Re: Bewerberauswahlgespräche

Andrea H., Monday, 21.03.2005, 16:28 (vor 6980 Tagen) @ Andrea H.

Vielen Dank Bernhard,
ja, diesen § 80 BetrVG kenne ich, hatte jetzt nur die Hoffnung, dass es eínen genaueren Wortlaut gibt. "Strohhalm!>!" Der Kampf für eine gute Zusammenarbeit mit BR ist eben bei mir sehr steinig! :-(((
Trotzdem vielen Dank!
Andrea

Re: Bewerberauswahlgespräche

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Monday, 21.03.2005, 21:14 (vor 6980 Tagen) @ Andrea H.

Hallo Andrea,
ich kann dich gut verstehen, wenn dir der "Kragen platzt" und du dir den Frust von "der Seele" schreiben musst.

Nutzt aber nix - es geht weiter!
Schau nach vorne und denke daran - wie erreiche ich, dass die anderen das tun was ich will bzw. was haben die anderen davon, dass sie das tun, was ich will.
Hier ist strategisches Denken und Handeln angesagt (Schau mal ins Handout vom G+V Seminar).

Rechtlicher Aspekt
In diesem Fall (und allen folgenden) gilt es den "Tatbestand" zu dokumentieren.
Warum> Hier hat der AG versagt, denn er ist derjenige, der dich einladen muss (Genaueres hat der Bernhard bereits geschrieben).
Sollte es mal "gerichtsmassig" werden, dann ist es zwingend erforderlich, dem AG nicht nur einen, sondern mehrere Verstöße nachzuweisen.

Und der BR>
Diesem hast du es (noch) nicht klar machen können, dass er was davon hat, wenn er mit dir zusammenarbeitet. Ich bin aber überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit ist bist du das erreicht hast.
Dein "Herzblut" an der Sache macht mich sicher, dass du den längeren Atem hast.
Und davon werden am Ende alle (Koll. BR und du) profitieren.

Gruß Hans-Peter

Re: Bewerberauswahlgespräche

Andrea W., Tuesday, 22.03.2005, 13:40 (vor 6979 Tagen) @ Andrea H.

Hallo Andrea,
ich hatte auch so meine Probleme mit der Personalabteilung, Gott sei Dank aber nicht mit dem Betriebsrat. Unsere Zusammenarbeit ist vertrauensvoll und ohne Probleme. Um das Problem bei der Wurzel zu packen habe ich damals die Vorgehensweise bei Bewerbungen mit in unsere Integrationsvereinbarung eingebaut und detailliert beschrieben (auch wenn das Gesetz nichts anderes aussagt). Seit sie diese "Vorlage" für den Ablauf haben funktioniert es auch ganz gut. Nicht destotrotz muß ich immer wieder hellwach sein, da sie nach einiger Zeit immer wieder anfangen zu schlampen. Tja Menschen sind eben fehlbar und ich sehe es daher in der Zwischenzeit auch sportlich und ärgere mich nicht mehr darüber. Wenn mir etwas ganz zuwider läuft, gibts immer noch die Möglichkeit Beschlüsse auszusetzen, je nach vorliegendem Fall. Das merken sie sich dann wieder für eine laaaange Zeit und der Betriebsrat unterstützt mich hierbei selbstverständlich. Nachfolgend der Auszug aus unserer Integrationsvereinbarung:

1. Aufgaben des Arbeitgebers
a) Externe Stellenausschreibungen sind unverzüglich an das Arbeitsamt weiterzuleiten. Über die Vermittlungsvorschläge und vorliegenden Bewerbungen Schwerbehinderter ist die Schwerbehindertenvertretung unmittelbar nach Eingang zu unterrichten, so dass ausreichend Zeit zur Prüfung und Abklärung zur Verfügung steht, ob evtl. für die/den Betroffenen Fachdienste (Technischer Dienst, Begleitende Hilfe usw.) zur Beratung hinzugezogen werden müssen.
b) Bei externen Stellenausschreibungen ist zu vermerken, dass Schwerbehinderte bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt werden. Die Stellenausschreibung hat außerdem Tätigkeitsmerkmale zu enthalten, so dass sich die/der BewerberIn sowie auch das Arbeitsamt/igf vorab ein Bild von den Anforderungen machen kann. Falls für die ausgeschriebene Stelle interne geeignete schwerbehinderte BewerberInnen vorhanden sind oder sich ein/e BewerberIn aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen (auch ohne Feststellung des GdB) meldet, sind diese bevorzugt zu berücksichtigen. Von der externen Ausschreibung einer Stelle ist abzusehen, wenn ein dafür geeignete/r schwerbehinderte/r BewerberIn innerhalb des Betriebes bereits vorhanden ist oder ein/e BewerberIn aufgrund gesundheitlicher Einschränkung (auch ohne Feststellung des GdB) sich auf die interne Ausschreibung meldet.
c) Schwerbehinderte, die sich auf eine Ausschreibung beworben haben sind von der Personalabteilung zu einem Vorstellungsgespräch zu laden, an dem die Schwerbehindertenvertretung teilnimmt. Um sich ein objektives Bild über die Eignung einer/s sb Bewerberin/Bewerbers machen zu können, ist die Schwerbehindertenvertretung zu den Vorstellungsgesprächen aller BewerberInnen zu laden, sobald ein sb sich unter den BewerberInnen befindet. Die Schwerbehindertenvertretung hat der Personalabteilung sowie dem Betriebsrat eine schriftliche Stellungnahme zu den Bewerbungsgesprächen abzugeben. Von den Vorstellungsgesprächen ist nur dann Abstand zu nehmen, wenn zwischen der Personalabteilung und der Schwerbehindertenvertretung Einvernehmen besteht, dass die/der BewerberIn für den freien Arbeitsplatz aufgrund der fachlichen Eignung nicht in Betracht kommt. Bei Bewerbungen Schwerbe-hinderter ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen, wenn der Schwerbehinderte die Beteiligung schriftlich ablehnt.
d) Bei Verhinderung der Schwerbehindertenvertretung und deren Stellvertretung durch Urlaub/Krankheit, übernimmt ein freigestelltes Mitglied des Betriebsrates die Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung wie unter „TOP 1 Absatz c“ beschrieben.

Dazu ist noch folgendes zu erwähnen. Oft kann anhand der Bewerbungsunterlagen bereits schon vorab entschieden werden, ob ein sb Bewerber für die Stelle im vergleich zu den nicht behinderten Bewerber fachlich geeignet ist. Wenn das nicht der Fall ist, verzichte ich nach Absprache mit der Personalabteilung darauf, dass der sb geladen wird. Das ist mir aber in meiner Amtszeit erst zweimal vorgekommen. Ansonsten veranlasse ich auch immer, dass die schwerbehinderten Bewerber zuerst geladen werden. Bereits bei den Bewerbungsgesprächen kann es sich schon herauskristallisieren, ob eine weitere Auswahl bzw. Vergleich mit nicht behinderten erforderlich ist oder nicht. Aber das muss dann jeder für sich nach Abwägung der Sachlage entscheiden. Bisher habe ich auch hier etwa zweimal auf eine weitere Teilnahme an Bewerbungsgesprächen verzichtet, weil die sb Bewerber von vornhinein aus verschiedenen Gründen ausschieden.
Hoffe es hat Dir jetzt ein wenig weitergeholfen. Vielleicht kannst mit dem einen oder anderen etwas anfangen. Viel Spass weiterhin bei der Erziehung der Personalabteilung und des Betriebsrates - steter Tropfen höhlt den Stein... Gruß Andrea W

Re: Bewerberauswahlgespräche; Mitwirkung bei Einstellungen

Wolfgang E., Saturday, 02.04.2005, 16:21 (vor 6968 Tagen) @ Andrea H.

Nachfolgend einige Links, die evtl. weiterhelfen:

Kommunikation: Wie sag ich’s meinem Betriebsrat…
www.vera-naumann.de/bva2000.htm

Sozialministerium: "Bei der Einstellung mitreden"
www.bmgs.bund.de/download/broschueren/a283.pdf#page=61

BIH-Fachlexikon: Stichwort SBV, Abschnitt „Mitwirkung“
www.integrationsaemter.de/webcom/show_lexikon.php/_c-578/_nr-292/i.html#teilnahmerecht

Rechtsprechung, Link „Diskriminierung“ (Entschädigung)
www.regierung-oberbayern.de/leitsaetze.htm

Die ÜBERWACHUNG der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen gehört sowohl zu den Aufgaben des BR-Vorsitzenden (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, § 93 SGB IX) als auch des Arbeitgeberbeauftragten ([link=http://beck-online.beck.de/default.aspx>typ=reference&y=400&w=NeumannPMPSGBIXKO_12&name=ID_596]§ 98 SGB IX[/link]).

Nimm doch den BR-VORSITZENDEN einmal zu einem geeigneten SBV-Seminar mit zwecks „Sensibilisierung“ nach § 96 Abs. 2 SGB IX (Amtsbehinderung) und [link=http://beck-online.beck.de/default.aspx>typ=reference&y=400&w=NeumannPMPSGBIXKO_12&name=ID_597]§ 99 SGB IX[/link] (Zusammenarbeit). Auch solche Grundlagenschulungen gehören zu den Amtspflichten des BR, da er sonst seine gesetzlich vorgeschriebenen Überwachungspflichten gar nicht ordnungsgemäß wahrnehmen kann.

Der BEAUFTRAGTE des Arbeitgebers hat vor allem darauf zu achten, dass der Arbeitgeber seine Verpflichtungen nach dem „Schwerbehindertenrecht“ erfüllt, insbesondere aber dass keine Ordnungswidrigkeiten etwa bei Einstellungen nach § 156 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 SGB IX erfolgen. Ansonsten riskiert er bei pflichtwidrigem Handeln bzw. Unterlassen eine „Verwarnung“ oder Geldbuße von der Arbeitsagentur (§ 156 Abs. 3 SGB IX).

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