Abmahnung (Allgemeines)

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Sunday, 12.02.2006, 17:50 (vor 6675 Tagen) @ Fragender

Hallo Fragender,
der voritzende Richter vom BAG, F.J Düwell, meinte in einer seiner Kommentierungen dazu:

Allgemeine Unterrichtungs- und Anhörungspflicht
Der Arbeitgeber hat die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen schwerbehinderten Menschen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung zu hören sowie die danach getroffene Entscheidung ihr unverzüglich mitzuteilen. Diese Unterrichtungspflicht ist weitergehend als das Informationsrecht des Betriebsrats.

Beispiel:
Will der Arbeitgeber einen schwerbehinderten Menschen wegen Schlechtleistung abmahnen, so muss er vorher die Schwerbehindertenvertretung unterrichten und vor seiner endgültigen Entscheidung anhören.

Rechtzeitig ist die Unterrichtung nur dann, wenn die Schwerbehindertenvertretung die Möglichkeit zur eigenen Entscheidungsbildung hat und als Helfer und Berater des schwerbehinderten Menschen noch zeitlich in der Lage ist, auf den Entscheidungsprozess des Arbeitgebers einzuwirken. Deshalb ist eine Anhörung mit gleichzeitiger Abgabe des Abmahnungsschreibens in den Postlauf verspätet.
Umfassend ist die Unterrichtung nur, wenn die Schwerbehindertenvertretung aufgrund der konkret mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird, sich mit dem Sachverhalt auseinander zu setzen. Die Mitteilung von bloßen Werturteilen »Herr X ist zu faul« genügt nicht.
Die Verletzung dieser Unterrichtungs- und Anhörungspflicht kann nach § 156 Abs. 1 Nr. 8 SGB IX mit einer Geldbuße bis zu 5 000 DM (ab 1.1.2002: 2 500 EUR) vom Landesarbeitsamt geahndet werden.

Aussetzungsrecht gegenüber Maßnahmen des Arbeitgebers
Hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nicht unterrichtet und vor seiner Entscheidung angehört, so ist die Durchführung der getroffenen Entscheidung auszusetzen. Die unterlassene Unterrichtung und Anhörung ist dann innerhalb von sieben Tagen vor einer endgültigen Entscheidung vom Arbeitgeber nachzuholen. Dieses Aussetzungsrecht kann sich jedoch nur zugunsten der schwerbehinderten Menschen auswirken, solange die Maßnahme noch nicht durchgeführt ist, z. B. das ohne vorherige Anhörung verfasste Abmahnungsschreiben noch nicht dem schwerbehinderten Menschen ausgehändigt ist.

Eine Kommentierung von ihm wird demnächst erscheinen:
Dau – Düwell - Haines
ISBN 3832909257
[link=http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3832909257/informatio022-21">ISBN 3832909257]Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen[/link]

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Herzlichen Gruß
Hans-Peter


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