Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (Allgemeines)

Hans-Peter-Semmler, Regensburg, Monday, 16.10.2006, 16:13 (vor 6409 Tagen) @ Holger Müller

Hallo Holger,
dein "Bauchgefühl" ist richtig.

Die [link=https://shop.wolters-kluwer.de/wkd/deeplink.html>hnr=00&verlag=rsschulz&artNummer=31146000]Kommentierung zum SGB IX von Knittel[/link] (unbedingt beschaffen) sagt dazu:

Die Schwerbehindertenvertretung ist bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen allerdings dann nicht zu beteiligen, wenn der Betroffene diese Beteiligung ausdrücklich ablehnt (Abs. 1 Satz 10). Eine solche Ablehnung berührt nicht die Beteiligungsrechte der betrieblichen Interessenvertretungen, da diese auch die Interessen anderer nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer vertreten (Müller-Wenner / Schorn Rdnr. 28).

Außerdem gilt stets das allgemeine Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung gem. § 95 Abs. 2 SGB IX, da hier kein Ablehnungsgrund geregelt ist. Die Anhörungs- und Unterrichtungsrechte der Schwerbehindertenvertretung werden deshalb durch die Ablehnung eines einzelnen schwerbehinderten Bewerbers nicht ausgeschlossen.
Er kann lediglich die Erörterung seiner Bewerbung durch diese und deren Teilnahme an seinem eigenen Vorstellungsgespräch ablehnen. Über eine solche behauptete Ablehnung kann die Schwerbehindertenvertretung gegebenenfalls vom Arbeitgeber einen Nachweis verlangen.

Die Ablehnung muss auf Initiative des schwerbehinderten Bewerbers zurückgehen. Der Arbeitgeber kann ihn zwar anlässlich der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch in allgemeiner Form auf dieses Ablehnungsrecht hinweisen. Unzulässig wäre aber die ausdrückliche Nachfrage, ob der Erwerber die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung wünsche. Dies könnte nämlich dem Betroffenen möglicherweise den Eindruck vermitteln, die als gesetzlicher Regelfall vorgesehene Einschaltung der Schwerbehindertenvertretung sei dem Arbeitgeber nicht willkommen und daher eine Ablehnung ihrer Beteiligung durch den Bewerber erwünscht. Es liegt auf der Hand, dass der auf den Erfolg seiner Bewerbung hoffende schwerbehinderte Mensch dann vielleicht aus sachfremden Gründen auf die zur Wahrung seiner Interessen vorgesehene Mitwirkung der Schwerbehindertenvertretung verzichten könnte. Damit liefe aber ein Verlangen des Arbeitgebers nach einer ausdrücklichen Entscheidung des Stellenbewerbers dem Sinn der gesetzlichen Regelung in Abs. 1 Satz 6 und 10 zuwider, nämlich grundsätzlich durch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bereits dem Anschein einer Benachteiligung der schwerbehinderten Bewerber entgegenzuwirken und hiervon nur dann abzusehen, wenn dies der Bewerber selbst – aus von ihm subjektiv wohl erwogenen Gründen – bewusst ablehnt.

Wenn du deinen AG nun nicht mit Worten überzeugen kannst, dann bleibt dir bzw dem PR nur der rechtliche Weg, bei dem euch mit Sicherheit das IA bzw. eurer Gewerkschaftssekretär unterstüzt.

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Herzlichen Gruß
Hans-Peter


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