Mehrarbeit - Was gilt nun? (Allgemeines)

hackenberger, Thursday, 26.10.2006, 09:19 (vor 6413 Tagen) @ Dana01

Hallo Dana,

grundsätzlich ist es auch laut BAG-Rechtsprechung so, dass man unterscheiden muss zwischen Überzeitarbeit und Mehrarbeit (wie auch im § 124 SGB IX). Mehrarbeit lt. BAG ist die tägliche Arbeitszeit über 8 Std. bzw. wöchentliche über 48 Std.

Der § 124 soll ja aber einen Schutz vor Überlastung und auch eine Möglichkeit der Erholung sicherstellen.

Tarifvertragliche oder Einzelvertragliche Arbeitszeitverkürzungen dienen nicht dem im § 124 gedachten besonderen Schutzzweck. Also muss der § 124 SGB IX auf die in diesen arbeitsrechtlichen Vertragsgrundlagen aufsetzen um seinen Schutzzweck zu entwickeln. Damit greift der § 124 auf die im TV oder ArbV geregelten Arbeitszeiten um seinen Schutzzweck gerecht werden zu können.

Es greift hier der Rechtsbegriff: „Meistbegünstigung“. Sprich, das günstigere Recht bzw. der günstigere Rechtsanspruch. Also bei Teilzeit, die Arbeitszeit welche über die geschuldete hinausgeht.

Es macht auch Sinn, da ja sehr oft gerade wegen der Behinderung die Arbeitszeit reduziert wird und der Behinderte ja auch einen besonderen Rechtsanspruch auf Teilzeit gemäß SGB IX § 81 hat.

Ich füge einmal einige Auszüge aus einem Kommentar bei:

Deshalb ist jegliche Form von Überarbeit im Sinn von Überstunden und Überschichten als Mehrarbeit im Sinne von § 124 anzusehen. Mehrarbeit ist demnach die Zeit, die über die tariflich, betrieblich oder einzelvertraglich festgelegte Arbeitszeit hinausgeht, gleich ob sie täglich oder wöchentlich zu berechnen ist. Die von der Rechtsprechung herangezogene Acht-Stunden-Grenze kann dann als zusätzliches Korrektiv gegen Festlegungen zulasten des schwerbehinderten Arbeitnehmers dienen .

Bei diesem Verständnis der Vorschrift erübrigt sich auch der vom BAG a. a. O. erhobene Einwand, tarifliche Arbeitszeitverkürzungen gewährleisteten den erforderlichen Schutz der schwerbehinderten Menschen nicht, weil sie häufig die Arbeitszeitverkürzung erst innerhalb eines längeren Ausgleichszeitraums umsetzten und daher Arbeitnehmer zeitweilig längere tägliche und / oder wöchentliche Arbeitszeiten sowie damit erhebliche körperliche und geistige Belastungen hinnehmen müssten. Nach der hier vertretenen Auffassung ist die individuelle bzw. tarifliche regelmäßige Arbeitszeit nicht der alleinige Maßstab für die Bestimmung des Begriffs der Mehrarbeit nach § 124 SGB IX, sondern es gilt das Prinzip der Meistbegünstigung entweder durch die tarifliche oder gesetzliche Arbeitszeitbegrenzung.

PS: Ich weis, auch ich habe so glaube ich dieses schon einmal anders gesehen, aber man darf sich ja weiterentwickeln bzw. schlauer werden. ;-)


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