Urlaub / Resturlaub 06 (Allgemeines)

hackenberger, Wednesday, 07.02.2007, 14:54 (vor 6295 Tagen) @ Joerg

Hallo Jörg,

lese einmal hier:

Immer häufiger können Arbeitnehmer ihren Jahresurlaub nicht in dem Kalenderjahr nehmen, für den er eigentlich vorgesehen ist. Zu geringe Personaldecke und Arbeitsüberlastung führen zunehmend dazu, dass aus dem vergangen Jahr noch Urlaubstage übrig sind. Diese werden nach der gesetzlichen Bestimmung des § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) auf das jeweils kommende Jahr übertragen, wenn sie aus dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht in Anspruch genommen werden konnten.

Der Übertragungszeitraum ist jedoch beschränkt. Nach § 7 Abs. 3 BUrlG muss dieser übertragene Urlaub bis zum 31.03. des Folgejahres genommen werden. Andernfalls verfällt er, wobei allerdings Tarifverträge zum Teil längere Übertragungszeiträume vorsehen.

Durch diese Regelung sind insbesondere längerfristig erkrankte Arbeitnehmer benachteiligt, die im Folgejahr noch über den 31.03. hinaus arbeitsunfähig sind. Bei ihnen lag zwar ein in ihrer Person bestehender Übertragungsgrund vor, ihr Urlaubsanspruch aus dem vergangenen Jahr ging aber mit Ablauf des 31.03. unter.

Nach einer neueren Entscheidung des BAG (Urteil vom 21.06.2005 - 9 AZR 200/04, Arbeitsrechtsberater 2006, Seite 39) kann diese nachteilige Folge unter Umständen vermieden werden. Das BAG hatte in der genannten Entscheidung die Frage zu klären, ob Arbeitgeber und Arbeitnehmer überhaupt wirksame Vereinbarungen treffen können, nach denen Urlaubsansprüche des Vorjahres auf den Zeitraum bis zum Ende des Folgejahres übertragen werden können. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich hierbei jedoch um eine für den Arbeitnehmer stets günstige Regelung, sodass von den ansonsten zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes abgewichen werden kann (Günstigkeitsprinzip).

Es bedarf dabei nicht einmal einer ausdrücklichen mündlichen oder schriftlichen Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Ausreichend ist, dass die Übertragung im Rahmen einer betrieblichen Übung erfolgt. Können betroffene Arbeitnehmer darlegen (und beweisen), dass der Arbeitgeber in den zurückliegenden Jahren die Urlaubsansprüche der Beschäftigten aus dem abgelaufenen Jahr regelmäßig noch bis zum Ende des Folgejahres gewährte, so wird daraus ein entsprechender Verpflichtungswille des Arbeitgebers abgeleitet, diese Praxis auweiterhin zu handhaben. Die erweiterte Übertragungsregelung wird so zum Gegenstand der rechtlichen Grundlagen des Arbeitsverhältnisses, von denen der Arbeitgeber sich nicht mehr einseitig lossagen kann.

Diese Entscheidung des BAG kann sich auch finanziell vorteilhaft in einem gekündigten Arbeitsverhältnis auswirken. Denn nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist ein Urlaubsanspruch, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, abzugelten. Da die Urlaubsabgeltung den Grundsätzen der Urlaubsgewährung folgt, sollte darauf geachtet werden, ob noch Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr in die Urlaubsabgeltungsberechnung aufgenommen werden können.

Auch wenn die Entscheidung im vorliegenden Fall für den klagenden Arbeitnehmer eine positive Auswirkung hatte, so darf doch nicht übersehen werden, dass sie auch Gefahren birgt. Grundsätzlich soll der Urlaub in dem Jahr genommen werden, für den er vorgesehen ist. Das gebietet der Schutz der Arbeitnehmer vor Arbeitsüberlastung. Nicht umsonst heißt der Urlaub ja eigentlich "Erholungsurlaub" Die neuere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes darf keinesfalls dazu führen, dass es Arbeitgebern zukünftig leichter gemacht wird, den Urlaub in das kommende Jahr zu übertragen.


Quelle: Mandanteninfo Juni 2006, RA Bell & Windirsch Düsseldorf


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