Bewerbungsverfahren - fehlendes Anforderungskriterium (TVöD / TV-L)

hackenberger, Tuesday, 08.09.2009, 18:11 (vor 5351 Tagen) @ Gudrun

Hallo Gudrun,

zum einen schaltet eueren Beauftragten des AG für die belange der Schwerbehinderten (gem. § 98 SGB IX) ein. Sprecht diesen darauf an, dass er seinen Aufgaben gem. § 98 SGB IX bitte nachkommen möge, da sonst die SchwbV ein Ordnungsgeld gem. § 156 Abs. 1 Satz 9 prüfen müsste.

Rechtsstellung und Aufgaben des BASchwb:

Schließlich ist die Aufgabe des Beauftragten des Arbeitgebers gesetzlich allgemein dahingehend umschrieben, dass er „vor allem” auf die Erfüllung der dem Arbeitgeber obliegenden Verpflichtungen zu achten habe (Satz 3). Zu diesen Verpflichtungen gehört, dass– die Beschäftigungspflichtquote nach § 71 SGB IX erfüllt wird,
– besonders betroffene schwerbehinderte Menschen beschäftigt bzw. eingestellt werden (vgl. § 72 SGB IX),
– geprüft wird, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können und bei dieser Prüfung die Schwerbehindertenvertretung beteiligt wird (§ 81 Abs. 1 und 6 SGB IX),
– Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen mit der Schwerbehindertenvertretung erörtert werden (§ 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX),
– schwerbehinderte Menschen so beschäftigt werden, dass diese möglichst ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiterentwickeln können (§ 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX),
– schwerbehinderte Menschen zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung bevorzugt berücksichtigt werden (§ 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB IX),
– die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend unterrichtet und vor einer Entscheidung angehört wird (§ 95 Abs. 2 SGB IX),
– die Schwerbehindertenvertretung zu Besprechungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat hinzugezogen wird (§ 99 Abs. 5 SGB IX),
– die Schwerbehindertenvertretung ihr Amt ohne Behinderung wahrnehmen kann (§ 96 Abs. 2 SGB IX).
ihr Amt ohne Behinderung wahrnehmen kann (§ 96 Abs. 2 SGB IX).

Ein Verstoß des Beauftragten gegen die ihm obliegenden Pflichten kann ggf. als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Das gilt insbesondere dann, wenn der Beauftragte des Arbeitgebers als Personalleiter selbstständig Einstellungen und Entlassungen vornehmen darf. Als mögliche Bußgeldtatbestände nach § 156 SGB IX kommen bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Begehung namentlich in Betracht (vgl. GK-SGB IX / Schimanski Rdnr. 42).

Ebenfalls den AG darauf hinweisen, dass eine Missachtung des § 82 SGB IX ein Verstoß gegen das AGG mit den rechtlich möglichen Folgen darstellt. Ihr also in diesem Fall dem Betroffenen die Empfehlung geben müsstet, hier eine entsprechende Kalge zu erheben und den AG auf Schadenersatz und ggf. Schmerzensgeld gem. § 15 AGG zu verklagen.

Lese auch einmal diese Beiträge:
• Gagel "Klarstellungen zu § 82 SGB IX"!
[link=Hier geht es zum Artikel "Einladungspflicht zu Vorstellungsgesprächen"]• Einladungspflicht zu Vorstellungsgesprächen mit schwerbehinderten Bewerbern[/link]
• Entschädigungsanspruch
• Unter Punkt 6 auf dieser Webseite: Vorstellungsgespräch


Wichtig ist auch:
Der § 82 SGB IX ist "nur" eine Konkretisierung der Pflichten des öffentl. AG aus § 81 SGB IX.


Hier zum Schluss auch noch ein Auszug aus dem [link=http://shop.wolterskluwer.de/wkd/product/31146000/>sid=ff6rjb9su70frrnlearro4m583]Knittel-Kommentar[/link] zum § 82 SGB IX

Rn 12
Einladung zum Vorstellungsgespräch
Öffentliche Arbeitgeber müssen schwerbehinderte Bewerber und solche, die von der Agentur für Arbeit bzw. einem Integrationsfachdienst gemeldet werden, zu einem Vorstellungsgespräch einladen (Satz 2). Ein solcher persönlicher Kontakt soll dem Arbeitgeber bzw. dessen Personalreferenten einen persönlichen Eindruck vom Bewerber verschaffen, weil dies häufig die Einstellungschancen von Bewerbern verbessern kann. Diese zwingende Pflicht besteht auch dann, wenn sich bereits abzeichnet, dass der Bewerber nicht für die engere Auswahl vorgesehen ist (Neumann u. a. / Neumann Rdnr. 5).

Zu beachten ist hier der 1 Satz, und dort das Wort "und" im 1. Halbsatz. Also Schwerbehinderte Bewerber und die von der Agentur...

Rn 14
Die Einladungspflicht entfällt nur dann, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt (Satz 3). Das ist dann der Fall, wenn zweifelsfrei erkennbar ist, dass der Bewerber den Tätigkeitsanforderungen der zu besetzenden Stelle nicht gewachsen ist (Kossens u. a. / Kossens Rdnr. 5). Ferner ist ein Bewerber offensichtlich ungeeignet, wenn er die beamtenrechtlich zwingenden Einstellungsvoraussetzungen nicht erfüllt, z. B. nicht über die vorausgesetzte Schul- oder Hochschulausbildung verfügt. Ergibt sich aus dem beruflichen Werdegang eines Schwerbehinderten, dass er nicht im Ansatz Tätigkeiten verrichtet hat, die denen entsprechen, die im Rahmen der ausgeschriebenen Stelle verrichtet werden sollen, dann ist er für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich ungeeignet. Dies hat zur Folge, dass er auch nicht zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen ist (ArbG Münster Urteil vom 30. September 2005 – 4 Ca 1279/05, zit. nach JURIS).

Diese Frage von Dir noch:
» Ist das SBG IX nicht ein Bundesgesetz, dass über irgendwelchen
» Dienstvereinbarungen (hier: DV über die Personalauswahlverfahren bei
» unserer Stadt) steht und daher vorrangig zu berücksichtigen ist.
Ja, das SGB IX ist ein Bundesgesetz, also Bundesrecht und hat hier Vorrang vor einer BV/ DV, da diesbezüglich es keine Öffnungsklausel (abweichende Regelungsmöglichkeit) hat.

PS: Hast Du einen guten Kommentar zum SGB IX. Du erkennst eine unverzichtbare notwenige Arbeitsunterlage!


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