Einladung zu Vorstellungsgesprächen im Öffentlichen Dienst (Einstellung)

phcosc, Wednesday, 02.03.2011, 23:35 (vor 4822 Tagen)

Ich bin neu im Amt als Schwerbehindertenvertretung und brauche dringend Eure Hilfe.

Zu meinem aktuellen Problem:
Einstellungsverfahren im Öffentlichen Dienst: Es liegen Bewerbung von Schwerbehinderten vor, die die zwingenden Einstellungsvoraussetzungen lt. Stellenbeschreibung erfüllen (i. d. R.abgeschlossene Berufsausbildung als xyz..)
Im weiteren Verlauf der Stellenausschreibung wird geschrieben: Bewerber mit folgenden .... Kenntnissen werden bevorzugt. Die Tätigkeitsbeschreibung der Stelle ist im Ausschreibungstext ausführlich beschrieben.

Muss ein Bewerber, der lediglich die zwingenden Voraussetzungen, nämlich eine entsprechende Berufsausbildung, voweisen kann, jedoch in allen anderen Bereichen keine aureichenden Kenntnisse bzw. Erfahrungen hat zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden> Oder kann man sich auch auf die Tätigkeitsbeschreibung und erwünschten Kenntnissen und Fähigkeiten berufen>

Die Sachlage ist sowohl für die Dienststelle, als auch SBV eindeutig, der/die Bewerber/in ist aufgrund der vorliegenden Bewerbungsunterlagen für diese Tätigkeit nicht geeignet, wäre als Nichtbehinderter absolut chancenlos und würde auf keinen Fall zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden.

Mir persönlich fällt es schwer, den Bewerber für ein von vorneherein aussichtsloses Gespräch anreisen zu lassen.
Ich bedanke mich für euren fachkundigen Rat.

Einladung zu Vorstellungsgesprächen im Öffentlichen Dienst

Manfred Lehmann, Mainz, Rheinland-Pfalz, Thursday, 03.03.2011, 08:08 (vor 4822 Tagen) @ phcosc

» Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zur Wahl und viel Spaß bei der Arbeit.
Nun zu Deiner Frage. Wenn der Bewerber die formellen Voraussetzungen erfüllt, sollte ihm auf jeden Fall das Bewerbungsgespräch ermöglicht werden. Die restlichen Stelleninhalte, die wie es aussieht bei ihm nicht oder nur unzureichend vorhanden sind, können sich in einem persönlichen Gespräch ja ganz anders darstellen. Außerdem seid ihr bei Einladung im Sinne des AGG auf der sicheren Seite.

Gruß
Manfred

Einladung zu Vorstellungsgesprächen im Öffentlichen Dienst

hackenberger, Thursday, 03.03.2011, 10:27 (vor 4822 Tagen) @ phcosc

Hallo "phcosc",

erst einmal als Neue(r) willkommen hier im Forum. :flower:

» Zu meinem aktuellen Problem:
» Einstellungsverfahren im Öffentlichen Dienst: Es liegen Bewerbung von
» Schwerbehinderten vor, die die zwingenden Einstellungsvoraussetzungen lt.
» Stellenbeschreibung erfüllen (i. d. R.abgeschlossene Berufsausbildung als
» xyz..)
Also ganz klar! Gemäß § 82 SGB IX sind (müssen) diese zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden!

» Im weiteren Verlauf der Stellenausschreibung wird geschrieben: Bewerber
» mit folgenden .... Kenntnissen werden bevorzugt. Die
» Tätigkeitsbeschreibung der Stelle ist im Ausschreibungstext ausführlich
» beschrieben.
Hier wäre auch zu beachten, kann der schwerbehinderte Bewerber dieses ggf. in Kürze auch nachholen/ erreichen> Wenn ja, kein KO Kriterium für eine Einstellung.

» Muss ein Bewerber, der lediglich die zwingenden Voraussetzungen, nämlich
» eine entsprechende Berufsausbildung, voweisen kann, jedoch in allen
» anderen Bereichen keine aureichenden Kenntnisse bzw. Erfahrungen hat zu
» einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden> Oder kann man sich auch auf
» die Tätigkeitsbeschreibung und erwünschten Kenntnissen und Fähigkeiten
» berufen>
Ja, sie vorgehende Aussagen!

» Die Sachlage ist sowohl für die Dienststelle, als auch SBV eindeutig,
» der/die Bewerber/in ist aufgrund der vorliegenden Bewerbungsunterlagen für
» diese Tätigkeit nicht geeignet, wäre als Nichtbehinderter absolut
» chancenlos und würde auf keinen Fall zum Vorstellungsgespräch eingeladen
» werden.
Vorsicht, hier bekommt ihr u.U. ein Problem mit dem Gesetz, dem AGG und SGB IX. Siehe hierzu auch dieses aktuelle Urteil [link=http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/page/bslaredaprod.psml>pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=22&numberofresults=2620&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE100075392%3Ajuris-r03&doc.part=K&doc.price=0.0&doc.hl=1]"LArbG Frankfurt, Urteil vom 05.10.2010, 13 Sa 488/10"[/link]

» Mir persönlich fällt es schwer, den Bewerber für ein von vorneherein
» aussichtsloses Gespräch anreisen zu lassen.
Woher willst Du wissen ob es aussichtslos ist>> Es kann sich doch im persönlichen gespräch vieles ganz anders ergeben.

Unterlässt der AG die Einladung, besteht ein sehr berechtigtes Indiz für einen Verstoß gegen das AGG und der Bewerber sollte klagen. Gute Erfolgsaussichten. In diesem Pkt. ist nun auch auf Grundlage des o.a. Urteils der "Erlass über die Fürsorge für schwerbehinderte Angehörige des öffentlichen Dienstes im Saarland" einmal kritisch zu prüfen.

» Ich bedanke mich für euren fachkundigen Rat.
Bitte.
PS: Als SchwbV vertrittst Du die Interessen der Schwerbehinderten unter Beachtung der geltenden Gesetze. Diese sind dann auch stets positiv für die Betroffenen auszulegen. Das andere wäre die Aufgabe des AG und ggf. der Gerichte.


Kontextlink:
BAG, Urteil v. 21.07.2009 - 9 AZR 431/08
[link=http://www.talentplus.de/arbeitgeber/neueinstellung/Fachkraefte/Rund_um_Einstellung/Auswahlverfahren/Schwerbehindertenvertretung/index.html>infobox=/arbeitgeber/neueinstellung/Fachkraefte/Rund_um_Einstellung/Auswahlverfahren/Schwerbehindertenvertretung/infobox1.html&serviceCounter=1&wsdb=RES&connectdb=rechtsprechung_detail&gix=R/R2456&detailCounter=11]LAG-HAMM - Urteil vom 17.11.2005, Aktenzeichen: 8 Sa 1213/05[/link]

PS: Bitte Profil vollständig ausfüllen und Beiträge hier mit Anrede lesen sich schöner. ;-)

Einladung zu Vorstellungsgesprächen im Öffentlichen Dienst

albarracin, Baden-Württemberg, Thursday, 03.03.2011, 19:29 (vor 4822 Tagen) @ hackenberger

Hallo,

auch in diesem von Bernhard bereits verlinkten Urteil hat sich das BAG umfangreich zu einem diskriminierungsfreien Bewerberverfahren geäußert - gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Erfüllung formaler Vorraussetzungen durch den schwerbehinderten Bewerber:

[link=http://]http://www.schwbv.de/urteile/190.html[/link]

--
&Tschüß

Wolfgang

Einladung zu Vorstellungsgesprächen im Öffentlichen Dienst

Mensch, Friday, 04.03.2011, 16:21 (vor 4821 Tagen) @ phcosc

» Muss ein Bewerber, der lediglich die zwingenden Voraussetzungen, nämlich
» eine entsprechende Berufsausbildung, voweisen kann, jedoch in allen
» anderen Bereichen keine aureichenden Kenntnisse bzw. Erfahrungen hat zu
» einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden> Oder kann man sich auch auf
» die Tätigkeitsbeschreibung und erwünschten Kenntnissen und Fähigkeiten
» berufen>

Ich befinde mich zurzeit in einem Bewerbungsprozess auf eine Stelle, im öffentlichem Dienst und auf diese Stelle hat sich auch ein SB beworben.

Wo sie wahrscheinlich auch nur die zwingenden Voraussetzungen hat, ich weiß es jetzt nicht genau. Darum habe ich mich in den letzten Tagen sehr intensiv mit der Prozedur, von der Einstellung SB Menschen im öffentlichem Dienst beschäftigt, umzuschauen wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, damit ich den Job bekomme.(ich weiß, ich wurde schon woanders dafür zerfleischt, dass ich dem SB den Job nicht gönnen würde).

Mit der zuständigen SBV für den Fall habe ich auch schon geschafft zuschreiben. Sie hat mir die Sachlage erklärt und mir gesagt, sie ist dazu verpflichtet und der SB hat gesetzlich einen Anspruch auf solche Bevorzugung.

Das ist auch vielleicht nüchtern betrachtet, richtig so und das beste für den SB aber ich weiß nicht ob euch klar ist, welche Folgen und Auswirkungen und welcher Arbeitsaufwand, das für alle Beteiligten ist und welchen Preis der SB dafür zahlen muss.

Jetzt wo ich über das ganz mehr oder weniger gut bescheid weiß, finde ich das erschrecken und ich kann die Gewissensbisse des Trend -Erstellers verstehen. Mir tut nur die SB in meinem Fall unsagbar leid, weil ich weiß was der Abteilungsleiter erwartet und das für ihn das alles nur eine Pflichtübung ist und der mit der Situation auch überfordert ist, weil er so einen Fall mit einen SB Bewerberin noch nie hatte und sie offensichtlich nach dem Papier nicht will, weil sie nicht das nötige Wissen mit bring.

Gut die Gesetze sind so wie sie sind und sie sollen eingehalten werden, auch wenn ich es unmenschlich finde, für den SB. Aber okay, das ist ja nicht mein Problem.

Einladung zu Vorstellungsgesprächen im Öffentlichen Dienst

hackenberger, Friday, 04.03.2011, 16:31 (vor 4821 Tagen) @ Mensch

Hallo "Mensch",

leider können dürfen wir Dir hier nicht helfen. Wir sind ein Forum ausschließlich für Mandatsträger. Siehe auch Kopf der Webseite.

Weiter gibt es bei uns ein Rechtsberatungsgesetz welche regelt wer rechtlich wen beraten darf. Dieses müssen auch wir beachten.

PS: Aber einfach mitlesen darf jeder.


Sorry, aber eine andere Antwort ist nicht möglich!


Ach ja! Was hier für die Betroffenen Schwerbehinderten unmenschlich sein soll, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Eine solche Aussage kann nach meiner Meinung, die falsch sein kann, nur von Nichtbehinderten kommen.

Ich kenne auch keinen Schwerbehinderten der nicht gerne auf alle seine Rechte und Nachteilsausgleiche verzichten würde, wenn damit auch der Grund der Schwerbehinderung nicht gegeben würde. Diese "Schutzrechte" bedarf es leider auch sehr, da wir, die Schwerbehinderten leider immer noch zu oft ausgegrenzt und benachteiligt werden. Auch haben wir es leider deutlich schwerer einen Arbeitsplatz zu finden.

Einladung zu Vorstellungsgesprächen im Öffentlichen Dienst

Mensch, Friday, 04.03.2011, 17:27 (vor 4821 Tagen) @ hackenberger

» Ach ja! Was hier für die Betroffenen Schwerbehinderten unmenschlich
» sein soll, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Eine solche
» Aussage kann nach meiner Meinung, die falsch sein kann, nur von
» Nichtbehinderten kommen.
»
» Ich kenne auch keinen Schwerbehinderten der nicht gerne auf alle seine
» Rechte und Nachteilsausgleiche verzichten würde, wenn damit auch der Grund
» der Schwerbehinderung nicht gegeben würde. Diese "Schutzrechte" bedarf es
» leider auch sehr, da wir, die Schwerbehinderten leider immer noch zu oft
» ausgegrenzt und benachteiligt werden. Auch haben wir es leider deutlich
» schwerer einen Arbeitsplatz zu finden.

Danke für die Aufklärung aber ich brauche keine Hilfe, in dem Bewerbungsprozess, wenn es so ausschaute, dann sorry

Ich finde es heftig, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden und das immer wieder und wieder, mit dem Wissen, der Arbeitgeber muss das machen, weil ich nur die zwingend notwendigen Voraussetzungen erfülle.

Gut wenn Sie dieser Recht haben wollen, immer eingeladen zu werden, ohne große weiter Aussichten, dann gönne ich Ihnen das Recht wirklich, weil ich das nicht haben möchte. Ich bekomme nicht gerne Absagen aber ich möchte nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werde, nur weil ein Gesetz sagt, es reichen die zwingend notwendigen Voraussetzungen, wie eine Ausbildung, aus, damit ein SB eingeladen werden muss. Dieses Recht möchte ich nicht haben.

Einladung zu Vorstellungsgesprächen im Öffentlichen Dienst

hackenberger, Friday, 04.03.2011, 17:42 (vor 4821 Tagen) @ Mensch

Hallo,

in über 20 Jahren Mandatstätigkeit habe ich an sehr vieln Vorstellungsgesprächen als BR/SBV teilgenommen. Stets mit sehr vielen Bewerbern. Das auch wenn es ganz klar nur um 1 oder 2 bis 3 Einstellungen ging. Dann gab es immer ganz nachvollziehbar viele Absagen. Also, wo ist der Unterschied> Oftmals haben aber auch Bewerber, wo man auf Grund der Unterlagen gedacht hat, dass wird nichts, dann im persönlichen Vorstellungsgespräch überzeugt.

Es ist also ein leider notwendiges Mittel um Schwerbehinderten zu mindest eine kleine Chance zu geben einen Arbeitsplatz doch zu finden. Denn leider haben zu viele AG unverständliche Vorbehalte gegen die Beschäftigung von Schwerbehinderten. Dieses auch weil sie das SGB IX nicht richtig verstehen. So z.B. auch fälschlicher wiese denken, Schwerbehinderte sind unkündbar und können nicht die Leistung erbringen wie Nichtbehinderte.

Daher auch ganz zu Recht für den öffentl. AG den § 82 SGB IX und die dort geltenden Fürsorgeerlasse/-richtlinien. Leider gibt es diese "strengeren" Regelungen nicht für private AG. Da hilft dann nur das AGG auch voll mit einzubinden.

Daher ist für mich die o. gemachte Aussage eher eine aus der traurigen Richtung von "Nichtbehinderten" welche der fehlerhaften Ansicht sind, die Schwerbehinderten werden bevorzugt. Diese Gruppe gibt es ja leider in merklichem Umfang. Also, sie zeigt Frust und ggf. unverständlich Neid.

Dann habe ich stets immer nur gesagt, jeder kann Schwerbehindert werden wenn er denkt dann hätte er Vorteile :-(

Einladung zu Vorstellungsgesprächen im Öffentlichen Dienst

Mensch, Friday, 04.03.2011, 18:08 (vor 4821 Tagen) @ hackenberger

Ich bin gerate aus einer Diskussion, in die Andere, dabei wollte ich mich hier nur etwas informieren.

Und auf Grund meiner Krankengeschichte habe ich die Aussicht auf einen Behindertenausweis, aber mir geht es jetzt nicht darum, wer was verdient oder nicht.

Und ob SB bevorteilt werden bei einem Job, so weit würde ich nicht gehen. Aber sie haben ganz einfach eine gesetzliche Regelung, die ihnen ein Vorstellungsgespräch garantiert, wenn die mindest Voraussetzungen für die Stelle vorhanden sind, zu mindestens im öffentlichem Dienst.

Vielleicht kann ich es wirklich nicht beurteilen, was dieses Recht für Sie als SB bedeutet aber ich bin halt zurzeit dieser Meinung, dass es für viele SB nicht leicht sein muss, immer wieder und wieder zu Vorstellungsgesprächen eingeladen zu werden, oft nur mit mindest Voraussetzungen für den Beruf, weil das Gesetzt so ist.

Ich bin auch ein Mensch, bei dem die Hoffnung oft als letztes stirb und die Vergangenheit hat bewiesen, das Leben ist voller Überraschungen und ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn.

Aber vielleicht muss man eine so offensichtliche Behinderung haben, damit man dieses Gesetz gut findet, das weiß ich gerade nicht genau.

Schönes Wochenende

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