Mehrarbeit (Gleichstellung)

sandra72, Bayern, Friday, 27.03.2015, 08:22 (vor 3323 Tagen)

Guten Morgen!

Ich habe beim Durchlesen nichts passendes gefunden, deshalb meine Frage:


Folgender Fall:
Wir haben einige Mitarbeiterinnen, die einen GdB von 30 haben und wir gerade Antrag auf Gleichstellung gestellt haben. Diese Mitarbeiterinnen arbeiten Teilzeit (30 h Woche/ 6h am Tag). Es soll Mehrarbeit geleistet werden, statt 6 h dann 8 h täglich. Wie sieht es mit diesen Mitarbeiterinnen aus? Müssen sie, weil sie noch keine Gleichstellung haben, diese Mehrarbeit leisten oder nicht? Wie gesagt, die befinden sich alle gerade im Gleichstellungsverfahren.....


Danke für eure Hilfe!!!

Mehrarbeit

WoBi, Friday, 27.03.2015, 08:33 (vor 3323 Tagen) @ sandra72

Hallo,

falls die Personen auf § 124 SGB IX schauen, gilt dieser erst ab erreichen der Normalarbeitszeit von 8 Stunden. Hier ist der Betriebsrat gefordert. Den Mehrarbeit ist mitbestimmungspflichtig. Die SBV kann ihre Bedenken wegen Gesundheitsschutz durch Teilnahme im Gremium einbringen.

--
Gruß
Wolfgang

Mehrarbeit

sandra72, Bayern, Friday, 27.03.2015, 08:58 (vor 3323 Tagen) @ WoBi

Danke WoBi!

Kann ich hier auch den §81 Abs.5 Satz 3 SGB IX anbringen?

Mehrarbeit

albarracin, Baden-Württemberg, Friday, 27.03.2015, 12:08 (vor 3323 Tagen) @ sandra72

Hallo,


Kann ich hier auch den §81 Abs.5 Satz 3 SGB IX anbringen?

Ja, das ist sogar der in der Literatur allgemein empfohlene Weg, wenn man mit § 124 nicht mehr "weiterkommt".
Da eine Gleichstellung bei entsprechender zügiger Bearbeitung der Stellungnahme von SBV und BR nicht viel länger als 6 Wochen dauern sollte, können sich die AN ruhig schon jetzt um eine entsprechende ärztliche Empfehlung bemühen und dann am Tag der Gleichstellung eine entsprechende Eingrenzung der Arbeitszeit beim AG geltend machen.

--
&Tschüß

Wolfgang

Mehrarbeit

sandra72, Bayern, Friday, 27.03.2015, 12:15 (vor 3323 Tagen) @ albarracin

Vielen Dank für eure Hilfen! :-)
Ich komme gerade aus der Personalabteilung, um über dieses Thema zu sprechen. Da wurde mir gesagt, dass die Mitarbeiterinnen einen Vertrag unterzeichnet hätten, zwar mit wöchentlicher AZ 30h und tägl. 6 h bei 5 Tagewoche, was aber variabel auf 9 Stunden Arbeitszeit täglich, erhöht werden kann.
Tja und da falle ich mit dem Begriff "Mehrarbeit" wohl hinten runter. :-(

Mehrarbeit

albarracin, Baden-Württemberg, Friday, 27.03.2015, 16:22 (vor 3323 Tagen) @ sandra72

Vielen Dank für eure Hilfen! :-)

Hallo,

Ich komme gerade aus der Personalabteilung, um über dieses Thema zu sprechen. Da wurde mir gesagt, dass die Mitarbeiterinnen einen Vertrag unterzeichnet hätten, zwar mit wöchentlicher AZ 30h und tägl. 6 h bei 5 Tagewoche, was aber variabel auf 9 Stunden Arbeitszeit täglich, erhöht werden kann.
Tja und da falle ich mit dem Begriff "Mehrarbeit" wohl hinten runter. :-(

Ja, aber nicht mit dem § 81 Abs. 5 SGB IX, denn dieser "bricht" auch arbeitsvertragliche Regelungen.

--
&Tschüß

Wolfgang

Mehrarbeit

WoBi, Friday, 27.03.2015, 22:53 (vor 3323 Tagen) @ sandra72

Da wurde mir gesagt, dass die Mitarbeiterinnen einen Vertrag unterzeichnet hätten, zwar mit wöchentlicher AZ 30h und tägl. 6 h bei 5 Tagewoche, was aber variabel auf 9 Stunden Arbeitszeit täglich, erhöht werden kann.
Tja und da falle ich mit dem Begriff "Mehrarbeit" wohl hinten runter.

Hallo sandra72,
die Lage der Arbeitszeit, deren Ausweitung und Mehrarbeit unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrates nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Da kann der Arbeitgeber in einem Vertrag regeln was er will, das Gesetz ist höherwertiger und muss beachtet werden. Ab 8 Stunden sind es Mehrarbeit im Normalfall. Dies wird im Arbeitszeitgesetz festgelegt. Ausnahmen gibt es per Tarifvertrag, da das Gesetz Öffnungsklauseln hat.

Da es hier anscheinend um "vorformulierte" Verträge handelt, könnte eine AGB-Kontrolle die Ungültigkeit der Vertragsklausel ergeben. Beratung über Gewerkschaft oder Rechtsanwalt. Ist nicht Aufgabe der SBV.
Dies ist ein Fall für die gute Zusammenarbeit der Mitarbeitervertretungen.

Der Weg über § 81 Absatz 5 SGB IX ist gegenüber dem Teilzeit- und Befristungsgesetz bei Schwerbehinderten oder Gleichgestellten in der Regel vorzuziehen. Eine Änderung der Arbeitszeit wirkt hier unmittelbar und zwingend ohne Änderung des Arbeitsvertrags. Die Rückkehrmöglichkeit zur ursprünglichen Arbeitszeit in der Mitteilung mit aufnehmen, wenn sich die Ursache für die Absenkung ändert.

Bei Schwerbehinderten oder Gleichgestellten könnten sich auch Informationsrechte nach § 95 Absatz 2 SGB IX ergeben.

--
Gruß
Wolfgang

Mehrarbeit

Heinrich, Friday, 27.03.2015, 10:48 (vor 3323 Tagen) @ sandra72

Hallo,

sofern die Gleichstellung noch nicht zuerkannt ist, kann sie ein Beschäftigter hier NICHT auf das SGB IX berufen.

Da eine Gleichstellung, wenn sie zuerkannt wird, aber ab dem Tag/der Stunde der Antragstellung zuerkannt wird, kann der AG hier in ein Problem gelangen. Denn verweigert er den Betroffenen im lfd. Antragsverfahren die Rechte des SGB IX, macht er sich bei Zuerkennung nachträglich eines Verstoßes gegen das SGB IX schuldig. Ob und wie diese dann rechtlich zu würdigen ist bleibt offen.

PS: Es gibt Rechtsmeinungen die besagen, dass der § 124 SGB IX schon greift, wenn die geforderte Mehrarbeit die Arbeitsvertragliche Arbeitszeit überschreitet.

Dieses mit der Begründung, dass der Betroffene sich ja aus Gründen der Behinderung für die geringere Arbeitszeit entschieden hat.

Leider gibt es aber nur das sehr alte BAG Urteil vom 08.11.1989 (es hatte damals hierfür die damals geltende Arbeitszeitordnung § 3 als Grundlage herangezogen, also noch vor Inkrafttreten des Arbeitszeitgesetzes) welches noch von mehr als 8 Std ausgeht. Hier wäre es daher einmal von Interesse dieses Thema erneut zum BAG zur Entscheidung zu bringen.

Betroffene können sich hier ggf auch hilfsweise auf den § 81 Abs. 4 SGB IX berufen. Dazu sollten sie aber dann ein ärztliches Attest vorlegen aus dem hervorgeht, dass sie aus GRÜNDEN der BEHINDERUNG nicht mehr als die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringen können.

Auf alle Fälle sollten ALLE betroffenen die sich auf § 124 und/oder § 81 Abs. 4 hier berufen beachten, dass die dann eigentlich auch nicht in einem Nebenjob noch zusätzlich arbeiten können. Denn dann wird die Berufung auf diese §§ aus Gründen der Behinderung ggf unglaubhaft.

lese auch einmal unter A-Z: Mehrarbeit http://www.schwbv.de/mehrarbeit.html

RSS-Feed dieser Diskussion