Wie weit muss ich mein Ehrenamt "transparent" machen? (Umgang mit Arbeitgeber)

lolarollt, Baden-Württemberg, Saturday, 19.09.2015, 17:22 (vor 3174 Tagen)

Hallo zusammen,

vielleicht haben andere ähnliches erlebt: Mein Vorgesetzter is not very amused über mein durch Nachrücken erfolgtes neues Ein-Personen-Mandat als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung. Er möchte mit mir einige Dinge abstimmen, wo ich zum Teil das Gefühl habe, dass es zu weit geht und es vielleicht auch schon in Richtung Behinderung des Amtes tendiert, wohl aus Unwissen heraus, was er alles darf. Die Stimmung bei uns in der Abteilung ist von je her angespannt, da der Vorgesetzte Druck von oben einfach nach unten an uns weitergibt und nicht wirklich hinter seinem Team steht, nicht unbedingt für uns einsteht, wenn es darauf ankäme. Wir sind quasi meistens Einzelkämpfer in eigener Sache.

Nachfolgend habe ich die einzelnen Punkte aufgezählt und wollte von Euch wissen, wo ich vielleicht falsch liege und was richtiger Weise von mir zu tun wäre. Bitte alle Fragen zuerst durchlesen, damit der Eindruck meiner Situation klarer wird:

  • Vom Vorgesetzten kommen Vorwürfe, im Bereich IT wäre es ihm unmöglich mit einem AN zu planen, der durch ständige Beratung, der als Ehrenamt der Vorrang gegeben werden soll, Projekte nicht unmittelbar umsetzen kann, sondern immer mit Verzögerung und Ausfall meiner Arbeit rechnen muss. Und dass wäre ja auch dem Team gegenüber ungerecht, wenn diese mein Jobs übernehmen müssten! Im Moment kriege ich alles noch recht gut gleichzeitig gebacken durch Überstunden, niemand muss mir etwas abnehmen, aber ich befürchte, bei der Leistungsbeurteilung durch "Projektverzögerung" herunter gestuft zu werden von ihm, was dann letzten Endes weniger Gehalt bedeuten würde!
    Inwieweit muss ich wie genau dokumentieren, dass mir keine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch die Ausübung des Ehrenamtes vorgeworfen werden kann?


  • Mein Vorgesetzter will die Zeit dokumentiert haben, die ich für das Amt der SBV bisher benötigt habe und auch künftig als Nachweis meiner "Ausfallzeit"! Er will alles, was ich an Terminen, Beratung, Schriftverkehr, Telefon, Recherche etc. an Arbeitszeit täglich verbrauche. Kann er soweit gehen? Ich melde mich für jeden Termin ausserhalb meines Arbeitsplatzes bei ihm rechtzeitig persönlich ab. Reichen diese Angaben nicht?! MMn will er mit meinem dokumentierten Zeitaufwand Argumente haben, warum ich bestimmte Projekte nicht mehr alleine stemmen kann aus seiner Sicht und er eine zusätzliche Arbeitskraft an meiner Stelle einfordern kann. Ich finde es völlig übertrieben, weil wir im Team seit Jahren unterbesetzt sind und nichts daran verbessert wurde auf mehrfache Nachfrage hin, ich soll jetzt als "Problemverursacher" ausgemacht werden mMn...
    Inwiefern darf der zeitliche Aufwand meines Amtes eine personelle Neubesetzung bedingen bzw. kann per Dokumentation vom Vorgesetzten herangezogen werden? Wie soll ich das verlässlich darstellen, da (zumindest im Moment noch) kein Tag wie derselbe ist von den Aufgaben her, ich arbeite mich ja erst ein...


  • Eine Liste meiner von mir geplanten Seminare musste ich ihm erstellen. Diese habe ich schon im Vorfeld mit Projekten in 2015/2016 abgestimmt. Dass mein Vorgesetzter mit mir planen können muss und ich mich baldmöglichst bzw. rechtzeitig mit ihm abstimme, ist mir klar, damit er uU eine Verschiebung des Seminars fordern kann. Mein Vorgesetzter hat sich wegen der Liste an höherer Stelle über mich beschwert, seine Zustimmung zu mehr als einem Seminar pro Jahr verweigert und wohl ein Mitbestimmungsrecht bei Seminaren als Ausnahme für unsere Abteilung eingefordert.
    Auf meine Nachfrage beim Betriebsrat hin, welche Anzahl pro Jahr vertretbar wäre, erhielt ich die Auskunft, mehr als zwei Seminare pro Jahr wären zuviel. Wundert mich dann doch, warum derselbe Betriebsrat selber recht häufig auf Seminar ist?
    Dass das eingeforderte Mitbestimmungsrecht nur bedingt greift ist mir klar.
    Inwiefern kann mein Vorgesetzter diesen Sachverhalt aber gegen mich verwenden und mir vorwerfen, das Team damit rücksichtslos zu belasten (ich schiele wieder Richtung Leistungsbeurteilung)? Wieviel Seminare haltet Ihr für einen "guten" Schnitt im ersten Jahr, wieviel danach?


Vielen Dank vorab für Eure Antworten,
lollarollt

Wie weit muss ich mein Ehrenamt "transparent" machen?

Heinrich, Saturday, 19.09.2015, 20:59 (vor 3173 Tagen) @ lolarollt

Hallo,

transperant muss man gar nichts machen. Einfach nur zur Mandatsarbeit auch innerbetrieblich abmelden.

Abmeldung vom Arbeitsplatz - aber wie?

Auch entscheidet der AG nicht welche Seminare erforderlich sind, auch muss er diese nicht genehmigen. Hier entscheidet die SBV nach bestem Wissen und Gewissen. Der AG kann ggf das Arbeitsgericht anrufen. Die SBV auch ggf via Anwalt, wenn es hier Probleme gibt.

Schulungsanspruch für die Vertrauenspersonen (VP) der schwerbehinderten Menschen.

Ich würde den Beauftragten des AG, § 98 SGB IX hier einbinden und auffordern seinen Pflichten nachzukommen. Hier dafür Sorge zu tragen, dass der AG seinen Pflichten, hier der Beachtung der Rechte der SBV und der unbehinderten Mandstswahrnehmung nachzukommen. Ihm auch erklären, dass ein Verstoß gegen seine Pflichten mit einem Bußgeld gem § 156 SGB IX, gegen Ihn persönlich belegt werden kann.

Dem AG erklären, dass man das Verhalten als Mandatsbehinderung ansieht und ggf leider sollte es nicht beendet werden via Anwalt den Rechtsweg beschreiten müsste.

Gleiches, wenn wegen des Mandates man berufliche, finanzielle Nachteile erfahren würde.

PS: Einfach einmal unter A-Z lesen und Seminar besuchen.

Wie weit muss ich mein Ehrenamt "transparent" machen?

joro, Heuberg, Saturday, 19.09.2015, 23:20 (vor 3173 Tagen) @ lolarollt

Hallo lolarollt

Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch.

Die wenigsten Vorgesetzen sind davon begeistert wenn du dieses Ehrenamt übernommen hast.

Sinn deines neuen Ehrenamts ist nicht das du die Zeit durch Überstunden ausgleichen sollst oder musst.

Deine Leistungsbeurteilung hat nichts mit deinem Ehrenamt zu tun.
Deine Leistung sollte beurteilt werden, wieviel Zeit du für das Projekt gebraucht hast in der du nicht als SchbV gearbeitet hast.
Durch die Ausübung des Ehrenamts kannst du keine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzen

Schreib ihm doch einfach alles auf, nicht was du gemacht hast, sondern nur die Zeiten.

z.B. 1.9 8.10 - 9:15/ 11:20 - 11:45 .....
4.9 14:20 - 15:10 ......
11.9. 8:00 - 11:00 ......

Wenn Ihr sowieso unterbesetzt seid, kann der Vorgesetzte beweisen, das eine neue Kraft eingestellt werden sollte. Oder ist das ein Problem für dich?

Das mit dem "Problemverursacher" würde ich in deinem Fall erstmal positiv sehen.
Das kein Tag wie der andere ist, daran wird sich auch nichts ändern wenn du eingearbeitet bist.
Wenn du dich mit deinem Vorgesetzten abgestimmt hast wann du ein Seminar besuchst, kann er nicht so leicht eine Verschiebung fordern.
Der Vorgesetzte kann sich lange beschweren, und eine Zustimmung brauchst du von niemanden.
Du stellst den Antrag zum Seminar ab besten über das Personalbüro, und die melden dich an.
Du schreibst hier von einer "Liste". Was hast du den grösseres vor ?

Der Antwort über 2 Seminare im 1. Jahr kann ich zustimmen.
BR 1 und Schwb 1. Dann im nächsten Jahr Schw 2.

Das sind nach meiner Ansicht schon alle Seminare, ausser es liegen besondere Umstände vor.
Sprichst du beim "derselben Betriebsrat" von einem oder dem ganzen Gremium ?

Der BRV geht auf mehrere Seminare die ein anderes BRM gar nicht braucht.
Die anderen BRM gehen zu Seminaren die über bestimmte Sachgebiete unterrichten aber nicht alle zu einem Thema. Auch sollte mindestens 1 BRM die Seminare Schwb 1 und 2 besuchen.
Wenn du deine Arbeit als SchwbV mit klarem Menschverstand machts kannst du das Team gar nicht belasten, weil Schwerberhindertentätigkeit vor geht.

Das ist nur meine Meinung, und jemand sieht es anders, dann gut.

Gruß joro

Wie weit muss ich mein Ehrenamt "transparent" machen?

lolarollt, Baden-Württemberg, Saturday, 19.09.2015, 23:36 (vor 3173 Tagen) @ Heinrich

Ich würde den Beauftragten des AG, § 98 SGB IX hier einbinden und auffordern seinen Pflichten nachzukommen.
Danke für den Tipp, werde ich machen, gute Idee!

Wie weit muss ich mein Ehrenamt "transparent" machen?

Heinrich, Saturday, 19.09.2015, 23:48 (vor 3173 Tagen) @ joro

Hallo lolarollt.

ein wichtiges und sinnvolles Seminar, auch im 1 Jahr ist ein Seminar zum Thema "Arbeits- und Gesundheitsschutz und BEM", denn dieses sind wichtige Themen die stets anfallen. Ohne Schulung kann man hier nicht sinnvoll und hilfreich beraten. Hier sind ja die wichtige §§ 81,4 und 84 SGB IX betroffen. Für die SBV zwei wichtige Beratungs und Unterstützungs Bereiche/ Themen.

Wie weit muss ich mein Ehrenamt "transparent" machen?

lolarollt, Baden-Württemberg, Saturday, 19.09.2015, 23:58 (vor 3173 Tagen) @ joro

Danke für den Glückwunsch!

Wenn Ihr sowieso unterbesetzt seid, kann der Vorgesetzte beweisen, das eine neue Kraft eingestellt werden sollte. Oder ist das ein Problem für dich?
Er selber hat bisher nicht viel Anstrengung unternommen, personell unsere Situation zu verbessern. Und jetzt darf ich herhalten, weil ich in seinen Augen projektmässig ausfalle... Komme mir schon wie das "schwarze Schaf" vor...

Du schreibst hier von einer "Liste". Was hast du den grösseres vor ?
Mein Schulungsbedarf als Stelli wurde bisher total vernachlässigt, mir fehlen so ziemlich alle Grundlagen, wie durch meine bisherigen comments wohl unschwer zu erkennen ist. Die bisherige Vertrauensperson war ein alter Hase, seit etlichen Jahren sehr erfahren im Amt und wäre auch nie abgewählt worden, hat einen super Job gemacht. Ich musste ihn nie vertreten, habe so aber auch keinerlei Praxiserfahrung. Sein Unfall veränderte dann alles. Ich habe eben gerade das unsichere Gefühl, all das Wissen, dass ich jetzt brauche, so schnell garnicht aufholen zu können...

Viele Grüße,
lollarollt

Wie weit muss ich mein Ehrenamt "transparent" machen?

joro, Heuberg, Sunday, 20.09.2015, 15:12 (vor 3173 Tagen) @ lolarollt

Hallo lolarollt

Wer sagt dir das dein Vorgesetzter nichts unternommen hat ?

Vielleicht sagt die Gl. "Es geht ja auch so"
Nun ist aber eine andere Lage eingetreten, und dein Vorgesetzter hat einen neuen Grund vorzusprechen.
Als "schwarzes Schaf" das etwas bewegt fühle ich mich gern.

Das Gesetz mit dem Schulungsbedarf als Stelli finde ich auch nicht gut.
Aber das ist einfach so.

Wenn dein Vorgänger einen guten Job gemacht hat, ist es doch viel einfacher für dich.
Natürlich wird nun die GL neu testen wie weit sie mit dir gehen kann.

Ich halte es für wichtig, nun nicht gleich mit z.B. 5 Seminaren für dieses und nächtes Jahr zu kommen, sondern langsam anfangen und aufbauen.
Für dich sind die Grundseminare zu erst wichtig.
Wo du dich zu Spezialfragen noch nicht auskennst, frage einen BR der sich auskennt,oder das Forum. Auch bei der Gewerkschaft gibt es eine Sekretär für Schwb.

Du kannst und wirst niemals alles wissen.
Wissen musst du wer Bescheid weiß. oder wo es geschrieben steht.

Gruß joro

Wie weit muss ich mein Ehrenamt "transparent" machen?

barevi, Bayern, Unterfranken, Monday, 21.09.2015, 07:10 (vor 3172 Tagen) @ lolarollt

Hallo lolarollt,

aus Deinem Profil geht leider nicht hervor für wieviele sbMA Du zuständig bist. Vielleicht würde sich Dein Problem ja mit einer generellen zeitlichen (anteiligen) Freistellung verkleinern.

Hier in A-Z > Freistellung und Teilfreistellung findest Du z.B. folgende Aussage:

Hilfreich ist eine Überschlagsrechnung, wie sie in größeren Betrieben praktiziert wird:
•Eine Grundzeit von ca. 6 Std/Woche
•Zahl der Schwb 13 Min/Woche (für Betreuung/Beratung und Unterstützung der Schwerbehinderten/Gleichgestellten.
•Bei mehreren Betriebsteilen einen Zuschlag für Fahrzeiten auf Grund der Kontaktaufnahme vor Ort, gestaffelt nach Entfernung/km.

Lies Dich einfach mal durch die relevanten Seiten und dann verhandle (ggf. zusammen mit dem Beauftragten des AG) direkt mit der GL. Immer mit dem Bäcker direkt sprechen, nicht mit dem Brötchen :-)

Viel Erfolg
und liebe Grüße
barevi

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