Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA (Gleichstellung)

BR-Laukner, Weilheim i.OB, Tuesday, 05.01.2016, 13:18 (vor 3039 Tagen)

Kann der Betriebsrat der SBV die Bearbeitung eines Fragebogens zur Gleichstellung entziehen, wenn er berechtigte Bedenken hat das die SBV befangen ist?

Dazu gibt es konkrete Aussagen von der SBV persönlich und auch von dem MA um den es sich in diesem Gleichstellungsantrag dreht.

Es existiert nur ein SBV nach Austritt und ob Neuwahlen möglich sind für einen Stelllvertreter muss geprüft werden, da die es nach Pensionierung keine 5 Schwerbehinderte im Betrieb gibt.

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

albarracin, Baden-Württemberg, Tuesday, 05.01.2016, 13:29 (vor 3039 Tagen) @ BR-Laukner

Hallo,

Kann der Betriebsrat der SBV die Bearbeitung eines Fragebogens zur Gleichstellung entziehen, wenn er berechtigte Bedenken hat das die SBV befangen ist?

Der BR hat der SBV gar nichts zu "entziehen", da die SBV nach bestem Wissen und Gewissen ihre Aufgaben eigenständig wahrnimmt. Dazu gehört auch die eigenständige Stellungnahme zu einer Gleichstellung.

Der BR ist weder Vormund noch Erziehungsberechtigter der SBV - ob es ihm passt oder nicht !

--
&Tschüß

Wolfgang

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

Heinrich, Tuesday, 05.01.2016, 13:41 (vor 3039 Tagen) @ BR-Laukner

Hallo,

der BR kann und darf nicht hier in die Rechte und Pflichten der SBV eingreifrn, wäre Mandatsbehinderung. Damit ein Fall für das ArbG via Anwalt.

Die Agentur für Arbeit fordert beide Mitarbeitervertretungen zu getrennten Stellungnahmen auf.

Auszug aus dem Antrag!

Hinweis für beschäftigte Antragsteller:

Zur Entscheidung über Ihren Antrag auf Gleichstellung ist es notwendig Stellen nach § 93 SGB IX (Betriebs-/Personalrat) und Ihren Arbeitgeber und soweit vorhanden, die Schwerbehindertenvertretung zu Ihrer Arbeitsplatzsituation zu befragen.

Ich bin damit einverstanden, dass der Arbeitgeber, der Betriebs/ Personalrat (Stellen nach § 93 SGB IX) und die Schwerbehindertenvertretung befragt wird.

Ja Nein

Sollten Sie mit der Befragung Ihres Arbeitgebers nicht einverstanden sein, kann Ihr Antrag aufgrund fehlender Mitwirkung abgelehnt werden. (§ 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch).

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

joro, Heuberg, Tuesday, 05.01.2016, 15:21 (vor 3039 Tagen) @ BR-Laukner

Hallo BR-Laukner

Wie kann ein SBV bei einem Antrag auf Gleichstellung befangen sein.
Er entscheidet ja nichts, sondern gibt nur eine Stellungnahme ab.

Auch wenn der SBV selbst der Antragsteller ist, oder ein naher Familienangehöriger, ist er nicht befangen.

Zum Fehlen eines Stellvertreters, sehe ich kein Problem einen nachzuwählen.

Gruß joro

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

Cebulon, Tuesday, 05.01.2016, 16:12 (vor 3039 Tagen) @ BR-Laukner

Hallo BR-Laukner,
hier besteht nicht mal ansatzweise ein Anhaltspunkt für eine individuelle, gerade seine Person betreffende Angelegenheit im Sinne der Rechtsprechung. Und dass der BR gegenüber der eigenständigen SchwbV nicht weisungsbefugt ist, steht in jedem Standardkommentar zum SGB IX.

Auch wenn der SBV selbst der Antragsteller ist, oder ein naher Familienangehöriger, ist er nicht befangen.

Diese Ansicht von joro sehe ich kritisch. Wenn es um den eigenen Antrag einer VP geht oder um den ihres Ehegatten, wäre das m.E. eine Interessenkollision.

Zum Fehlen eines Stellvertreters, sehe ich kein Problem einen nachzuwählen.

Auch diese Ansicht von joro sehe ich kritisch. Wenn zum Zeitpunkt der Einladung zur Wahlversammlung für eine Nachwahl keine fünf sbM mehr beschäftigt sind nach § 94 Abs. 1 SGB IX, dann kann m.E. keine Stellvertretung nachgewählt werden.

Gruß,
Cebulon

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

WoBi, Tuesday, 05.01.2016, 18:58 (vor 3039 Tagen) @ Cebulon

Hallo Cebulon,

eine Anmerkung zu deiner gesehenen Interessenskollision.
"Auch wenn der SBV selbst der Antragsteller ist, oder ein naher Familienangehöriger, ist er nicht befangen.
Diese Ansicht von joro sehe ich kritisch. Wenn es um den eigenen Antrag einer VP geht oder um den ihres Ehegatten, wäre das m.E. eine Interessenkollision."

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte ein Fall, wo sich die Schwerbehindertenvertretung und die Stellvertretung um eine Stelle beworben haben. In der Urteilsbegründung zu 8 AZR 574/12 vom 22.08.2013 wird ab Randnummer 40 und folgende Ausführungen wird die Unabhängigkeit bzw. Befangenheit der SBV dargelegt.

Auszug:
" 43) Anders als ein Betriebsrat ist jedoch eine Schwerbehindertenvertretung kein Organ, sondern eine „Ein-Personen-Institution“ (§ 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Der oder die Stellvertreter treten im Fall der Verhinderung der Vertrauensperson der Schwerbehinderten an deren Stelle, es bleibt bei einer EinPersonen-Institution. Bereits dies spricht gegen eine Übertragung von Befangenheitsregeln, die für die Mitglieder mehrköpfiger Gremien gelten.

44) Darüber hinaus fehlt es dem Schwerbehindertenrecht an einer hinreichend offenen Vertretungsregelung. Die Vertretung der Vertrauensperson durch das stellvertretende Mitglied wegen Betroffenheit in eigener Sache sieht das Gesetz gerade nicht vor."

Diese Betrachtungsweise des obersten Arbeitsgerichts ist auch hier anwendbar. Oder? Selbst bei der eigenen Bewerbung hat das BAG keine Interessenskollision zwischen Ehrenamt und Arbeitnehmer gesehen.

--
Gruß
Wolfgang

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

Cebulon, Wednesday, 06.01.2016, 15:44 (vor 3038 Tagen) @ WoBi

Schwerbehindertenvertretung kein Organ?

Hallo WoBi,
mit der Begrifflichkeit scheint hier der Achte Senat allerdings etwas überfordert zu sein. Es ist seit Jahrzehnten ständige Rechtsprechung und einhellige Ansicht, dass die SchwbV ein eigenständiges "Organ" der Betriebsverfassung bzw. der Dienststellenverfassung ist. Ebenso Düwell, § 95 SGB IX RdNr. 106, 108/109, 116, welcher gleichfalls von einer Organstellung der SchwbV ausgeht aufgrund der langjährigen übereinstimmenden Rechtsprechung der Ersten, Siebten und Neunten Senate des BAG, so zuletzt BAG vom 11.09.2013 - 7 ABR 18/11, Rn. 22, wonach die SchwbV selbstverständlich ein "gesetzliches Organ innerhalb der Verfassung der Dienststelle" ist.

Der Achte Senat scheint aber diese Rechtsprechung der anderen drei BAG-Senate nicht zu kennen. Würde man hier der These des Achten Senats folgen, wonach die "Schwerbehindertenvertretung kein Organ" sei, weil Ein-Personen-Vertretung, dann wäre nach dieser "Logik" der Bundespräsident kein Oberstes Staatsorgan, weil ja gleichfalls kein Kollegialorgan... Und Ein-Personen-Betriebsräte in Kleinbetrieben bis 20 Wahlberechtigte wären nach dieser abwegigen Theorie gleichfalls kein Organ.

Gruß,
Cebulon

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

joro, Heuberg, Wednesday, 06.01.2016, 11:32 (vor 3038 Tagen) @ Cebulon

Hallo

Die 2. Frage ist leider untergegangen.

Die Firma hat nach der Wahl der Schwerbehindertenvertretung durch Rente Kündigung unsw keine 5 SB / Gleichgestellte sowie Stelli mehr.

Nach meiner Meinung kann ein Stellvertreter trotzdem nachgewählt werden.
Was ja Cebulon in Frage stellt.

Gruß joro

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

Heinrich, Wednesday, 06.01.2016, 13:54 (vor 3038 Tagen) @ joro

Hallo,


NEIN!! Eine grundsätzliche Wahlvorraussetzung ist, dass es mind. 5 Wahlberechtigte gibt! Dieses gilt auch für die Nachwahl von Stellvertretern. Dieses ist in der Grundnorm des § 94 SGB IX abschließend und klar geregelt.

Daher ist es wichtig, ggf rechtzeitig Nachwahlen durchzuführen. Weiter und noch besser stets mehr als 1 Stellvertreter zu wählen, wie in der Literatur empfohlen.

Dass eine gewählte SBV bis zum Ablauf der Wahlperiode im Amt bleit, auch wenn die Anzahl der Wahlberechtigten unter 5 ggf sogar auf 0 sinkt, ist zum einen Bestandsschutz und zum andern, weil der Gesetzgeber beim SGB IX keine dem BetrVG entsprechende negative Regelung beim Absinken der Wahlberechtigten getroffen hat.

Er hat im SGB IX "nur" bzw abschließend geregelt, wann das Mandat endet.

Also muss hier die SBV in der lfd. Wahlperiode alleine, ohne Stellvertreter klar kommen. Auch darf die GSBV hier bei Verhinderung der SBV nicht stellvertretend aktiv werden, denn es gibt ja eine gewählte örtliche SBV. Dieses ginge nur, wenn die SBV ihr Mandat niederlegen würde.

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

Heinrich, Tuesday, 05.01.2016, 19:19 (vor 3039 Tagen) @ BR-Laukner

Hallo,


der 8. Senat hat ausdrücklich festgestellt, das es bei der SBV KEINE Befangenheit gibt.

BAG, 08.08.2002 - 8 AZR 574/01

Sogar bei eigener Betroffenheit ist sie zu beteiligen.

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

WoBi, Tuesday, 05.01.2016, 19:39 (vor 3039 Tagen) @ Heinrich

Hallo Heinrich,

dein genanntes Urteil BAG v. 08.08.2002 - 8 AZR 574/01 liegt irgendwie "daneben".

Leitsatz: Der Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB setzt ein Auflösungsverschulden mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes voraus. Auf die Form der Vertragsbeendigung kommt es nicht an.

Ein Link zum Urteil wäre schön und vereinfacht die Sache ;-)

--
Gruß
Wolfgang

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

Heinrich, Tuesday, 05.01.2016, 20:33 (vor 3039 Tagen) @ WoBi

Hallo Wolfgang,

leider habe ich den falschen Link erwischt! Doch informierten SBV sollte das gemeinte/richtige BAG Urteil bekannt sein. Zumindest auf Grund der weiteren Angaben!

Das richtige/ gemeinte Urteil
BAG, 22.08.2013 - 8 AZR 574/12

Die entscheidende Aussage im Urteil lautet: Keinen Ausschluss usw wegen Befangenheit auch und sogar bei eigener Betroffenheit.

Fakt ist, dass SGB IX und auch das BAG stellen klar fest, es gibt bei der SBV im Gegensatz zum BR/PR keine Befangenheit. Wohl weil es sich 1. um eine Einpersonenvertretung handelt, somit ggf keine Vertretung / Wahrnehmung der Rechte möglich wäre und 2. weil die SBV im Gegensatz zum BR/PR KEINE Mitbestimmung war nimmt! Der AG zwar die Stellungnahme der SBV zur Kenntnis nehmen muss, aber eben nicht so umsetzen muss. Auch kann die SBV im Gegensatz zum BR/PR die Umsetzung ihrer Stellungnahme NICHT einklagen kann.

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

WoBi, Tuesday, 05.01.2016, 22:26 (vor 3038 Tagen) @ Heinrich

Hallo Heinrich,

genau dieses Urteil habe ich bereits vor deiner Anmerkung verlinkt und Auszugsweise wiedergegeben.

--
Gruß
Wolfgang

Befangenheit der SBV bei Antrag auf Gleichstellung eines MA

Cebulon, Thursday, 18.08.2016, 19:25 (vor 2813 Tagen) @ Heinrich

Fakt ist, dass SGB IX und auch das BAG stellen klar fest, es gibt bei der SBV im Gegensatz zum BR/PR keine Befangenheit.

Ja, das soll so in § 94 Absatz 1 Satz 1 SGB IX stehen, wonach es bei Interessenkollision und bei Befangenheit keine Vertretung gebe. Und genau dieser von diesen BAG-Richtern "herausgelesene" gesetzliche "Nonsens" soll durch das BTHG zum Jahresende 2016 geändert werden wie folgt:

“In Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, werden eine Vertrauensperson und wenigstens ein stellvertretendes Mitglied gewählt, das die Vertrauensperson im Falle der Verhinderung vertritt.“ Das entspricht dann (wieder) dem BetrVG und dem BPersVG.

Gruß,
Cebulon

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