Anfechtung der Wahl; Gestellungsvertrag (Wahlen)

traute, Monday, 27.02.2006, 21:44 (vor 6641 Tagen)

folgende situation liegt vor:
mein betrieb ist eine anstalt des öffentlichen rechts mit 2 standorten. das bildungszentrum BIZ wurde outgesourct und in eine gGmbH umgewandelt. die MA der mutter arbeiten dort mit einem gestellungsvertrag. ferner sind dort schüler und MA, die beim BIZ angestellt sind.
aus meinem bereich (mutter)kommen 3 SB mit gestellungsvertrag. mit dem 2. standort zusammen gibt es 5 SB. letzte woche wurde dort eine vertrauensperson gewählt. diese ist jedoch dirket beim land angestellt und ihre dienststelle war die mutter, bzw. wurde sie ins BIZ abegordnet.

nach meiner meinung ist diese ganze wahl nichtig, und ich möchte sie anfechten. frage daher, bin ich berechtigt> die genannten personen sind in meiner liste für die ausgleichsabgabe. müßte ich das als feststellungsklage beim arbeitsgericht einreichen, gibt es fristen>

als hintergrundinfo: es gibt einen BR, der nach dem gleichen schema aufgezogen ist. leute mit gestellungsvertrag "spielen" BR. alle beteiligten sind happy...wo kein kläger, da kein richter.

im ernstfall, nämlich bei einer KÜ sieht es jedoch anders aus, denn dann wird ein richter feststellen müssen, das der BR gar keine befugnis hat, dasselbe bei SBV vertretung.

bernd, wie siehst du das>

Anfechtung der Wahl; Gestellungsvertrag

hackenberger, Tuesday, 28.02.2006, 09:26 (vor 6640 Tagen) @ traute

Hallo Traute,

hier sind einige Punkte zu klären:

1. Liegen die Grundsätze /Anforderungen aus § 94 SGB IX zur Wahl einer SchwbV vor> Also 5 Wahlberechtigte>
2. Hier wurden scheinbar mehrere Betriebe für die Wahl zusammengefaßt, dieses ist aber an Randbedingungen gekünft, "räumlich nahe liegenden Betrieben des Arbeitgebers oder gleichstufigen Dienststellen derselben Verwaltung zusammengefasst"! Also Frage naheliegend und vor allem der gleiche Arbeitgeber>

Es gibt im BetrVG z.B. die Möglichkeit, dass ein AN in 2 Betrieben das aktive Wahlrecht hat. Im Entleiher- und Verleiherbetrieb. Dieses Recht dürfte, so schätze ich es ein, auch auf das aktive Wahlrecht gem. SGB IX übertragbar sein.

Leztlich wäre die Frage zu klären, ist die Wahl Anfechtbar oder Nichtig>> Hier wären so meine gerade erhaltenen Infos unterschiedliche Wege und Fristen zu beachten! Bei Anfechtung gibt es die Anforderung, dass diese zum einen an die 14 Tage-Frist gebunden ist und offenbar auch von mind. 3 Personen erfolgen muss. Aber hier kann ich nur vom Hörensagen anworten.

Der Herr Ulrich Adlhoch, Schriftleitung der Zeitschrift "Behindertenrecht" bzw. auch beim http://www.lwl.org/LWL/portal/ ist hier ein Spezialist in Sachen Wahlrecht. Er gibt auch einen guten Kommentar heraus.

Aber frage doch einfach bei dem für dich zuständigen Integrationsamt nach, die dürften auch weiter helfen können.

Anfechtung der Wahl; Gestellungsvertrag

traute, Tuesday, 28.02.2006, 15:32 (vor 6640 Tagen) @ hackenberger

» Hallo Traute,
»
» hier sind einige Punkte zu klären:
»
» 1. Liegen die Grundsätze /Anforderungen aus § 94 SGB IX zur Wahl einer
» SchwbV vor> Also 5 Wahlberechtigte>

es gibt 12 behinderte an 2 campi, die alle einen gestellungsvertrag haben. es gibt eine verwaltung, einen AG und 81 km räumliche distanz.

wenn ich denn das integrationsamt mal endlich an die strippe bekommen könnte....außerdem wissen die das auch nicht genau. vor jahren habe ich die info von dort erhalten, dass DRK mitarbeiterinnen zb nicht wählen können. die arbeiten bei uns mit einem gestellungsvertrag.

werden die kosten für eine feststellungsklage vom AG bezahlt>
traute


» 2. Hier wurden scheinbar mehrere Betriebe für die Wahl zusammengefaßt,
» dieses ist aber an Randbedingungen gekünft, "räumlich nahe liegenden
» Betrieben des Arbeitgebers oder gleichstufigen Dienststellen derselben
» Verwaltung zusammengefasst"! Also Frage naheliegend und vor allem der
» gleiche Arbeitgeber>
»
» Es gibt im BetrVG z.B. die Möglichkeit, dass ein AN in 2 Betrieben das
» aktive Wahlrecht hat. Im Entleiher- und Verleiherbetrieb. Dieses Recht
» dürfte, so schätze ich es ein, auch auf das aktive Wahlrecht gem. SGB IX
» übertragbar sein.
»
» Leztlich wäre die Frage zu klären, ist die Wahl Anfechtbar oder Nichtig>>
» Hier wären so meine gerade erhaltenen Infos unterschiedliche Wege und
» Fristen zu beachten! Bei Anfechtung gibt es die Anforderung, dass diese
» zum einen an die 14 Tage-Frist gebunden ist und offenbar auch von mind. 3
» Personen erfolgen muss. Aber hier kann ich nur vom Hörensagen anworten.
»
» Der Herr Ulrich Adlhoch, Schriftleitung der Zeitschrift "Behindertenrecht"
» bzw. auch beim http://www.lwl.org/LWL/portal/ ist hier ein Spezialist in
» Sachen Wahlrecht. Er gibt auch einen guten Kommentar heraus.
»
» Aber frage doch einfach bei dem für dich zuständigen Integrationsamt nach,
» die dürften auch weiter helfen können.

Anfechtung der Wahl; Gestellungsvertrag

Wolfgang E., Tuesday, 28.02.2006, 18:57 (vor 6640 Tagen) @ traute

» es gibt 12 behinderte an 2 campi, die alle einen gestellungsvertrag haben. es gibt eine verwaltung, einen AG und 81 km räumliche distanz. wenn ich denn das integrationsamt mal endlich an die strippe bekommen könnte....außerdem wissen die das auch nicht genau. vor jahren habe ich die info von dort erhalten, dass DRK mitarbeiterinnen zb nicht wählen können. die arbeiten bei uns mit einem gestellungsvertrag. werden die kosten für eine feststellungsklage vom AG bezahlt>

Bei einer so großen Entfernung von über 80 km geht schon deshalb regelmäßig nichts mit „Zusammenfassung“, da es sich nicht um „räumlich nahe liegende Betriebe des Arbeitgebers“ handelt (§ 94 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Eine Zusammenfassung hat zudem kraft Gesetzes „im Benehmen“ mit dem Integrationsamt zu erfolgen (§ 94 Abs. 1 Satz 5 SGB IX).
www.integrationsaemter.de/files/601/WahlbroschuereStandNovember2005.pdf#page=13

Etwa anderes könnte dann gelten, wenn in tarifvertraglichen bzw. betrieblichen Vereinbarungen (abweichend vom gesetzlichen Regelfall des § 1 BetrVG mit einem Betriebsrat pro Betrieb) besondere unternehmensspezifische Betriebsstrukturen für BR-Wahlen ausgehandelt wurden (§ 3 Abs. 1 und 2 BetrVG n.F). In diesem Sonderfall käme es nicht auf die Entfernung an.
http://www.integrationsaemter.de/files/601/WahlbroschuereStandNovember2005.pdf#page=10

Bei einer Zusammenfassung darf jedenfalls kein vereinfachtes Wahlverfahren durchgeführt werden, da es sich bei 81 km um „weit auseinanderliegende“ Standorte handelt (§ 18 SchwbVWO).
www.integrationsaemter.de/files/601/WahlbroschuereStandNovember2005.pdf#page=20

Bei Wahlanfechtungsklagen beim Arbeitsgericht dürften jedenfalls keine Gerichtskosten mehr anfallen, da nicht per Urteil entschieden wird, sondern im kostenfreien Beschlussverfahren (§ 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG n.F).
www.schwbv.de/beschlussverfahren.html

Von einer Feststellungsklage wegen Nichtigkeit (anstelle einer fristgebundenen Wahlanfechtungsklage) ist eher abzuraten, da nur in ganz extremen Ausnahmefällen Erfolg versprechend, etwa bei bewusstem Ausschluss aller Gleichgestellen von der SBV-Wahl oder bei nicht geheimer Wahl durch Handheben.
www.integrationsaemter.de/files/601/WahlbroschuereStandNovember2005.pdf#page=38

Anfechtungsklagen müssen von mindestens drei Wahlberechtigten mit aktivem Wahlrecht bzw. dem Arbeitgeber fristgerecht erhoben werden, ansonsten wird die Anfechtung vom Arbeitsgericht aus formalen Gründen zurückgewiesen. Betriebsräte, Personalräte und Gewerkschaften haben kein Anfechtungsrecht.
www.integrationsaemter.de/files/601/WahlbroschuereStandNovember2005.pdf#page=39

Rechtsprechung zu sog. Gestellungsverträgen unter
www.lexrex.de/rechtsprechung/entscheidungen/ctg1079949678963/1214.html

Anfechtung der Wahl; Gestellungsvertrag

traute, Tuesday, 28.02.2006, 20:27 (vor 6640 Tagen) @ Wolfgang E.

wolfgang, ich danke dir. das hilft mir entschieden weiter. die ganze situation ist für alle neu (und auch spannend, da noch nie dagewesen). im benehmen mit den IA hat niemand etwas abgesprochen. der beauftrage des AG sucht genau wie ich (wir suchen gemeinsam) nach einschlägigen infos.
ich habe ihm heute den link zu dieser seite gegeben.

sicher dürfte diese thema auch andere interessieren. deshalb werde ich weiter berichten. hoffe, das ist ok>
traute

Anfechtung der Wahl; Gestellungsvertrag

traute, Thursday, 02.03.2006, 22:03 (vor 6638 Tagen) @ traute

nachdem ich der dienststelle mitgeteilt habe, dass ich die wahl anfechte, wurden alle hellhörig, und es wurde ausgeforscht, was da abgegangen ist. alles ist sehr unklar, und inzwischen ist die gewählte zurück getreten. erstmal hat sich dieses problem erledigt. vermutlich wird es darauf hinauslaufen, dass der BR auch nichtig ist. insgesamt ist diese merkwürdige situation auf unkenntnis der gesetzlichen grundlagen geschehen. ganz schön heftig...

gruß, traute

PS, mir ist bekannt, dass ich nicht berechtigt bin, die wahl anzufechten. die dienststelle hatte es vor, nachdem sie von mir den hinweis erhalten hatte.

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